Volksbefreiungsarmee (Jugoslawien)
Die Volksbefreiungsarmee (serbisch/kroatisch: Narodnooslobodilačka vojska, NOV; auch Tito-Partisanen) war eine kommunistische Partisanenorganisation in Jugoslawien während des Zweiten Weltkriegs. Sie kämpften von 1941 bis 1945 gegen die nationalsozialistischen bzw. faschistischen Besatzungsmächte Deutschland und Italien, die kroatischen faschistischen Ustascha, und kroatische Heimwehr (Domobrani), slowenische Heimwehr (Domobranzen), gegen die serbischen nationalistisch-monarchistischen Tschetniks und später auch gegen die italienischen (Foibe-Massaker), deutschen (AVNOJ-Beschlüsse) und ungarischen Minderheiten (Délvidéki vérengzések).
Gründung
Am 22. Juni 1941 wurde im Wald Brezovica bei Sisak in Kroatien die erste Partisaneneinheit gegründet. Dies war die erste antifaschistische Militäreinheit. Heute ist dieser Tag in Kroatien ein Feiertag (Tag des antifaschistischen Kampfes).
Die jugoslawischen Partisanen waren eine kommunistisch dominierte Volksbewegung, bestanden allerdings aus einem Bündnis verschiedener Gruppen und Parteien. Die Kommunistische Partei Jugoslawiens (KPJ) übernahm von Anfang an eine organisatorische Führungsrolle, nicht zuletzt wegen ihrer großen Erfahrung als Untergrundbewegung. Die KPJ hatte sich schon 1934 für eine föderative Staatsordnung mit der Gleichberechtigung aller Völker eingesetzt, was es wohl den Mitgliedern der verschiedenen Nationalitäten einfacher machte, sich unter ihrer Führung zu vereinigen.
Kampf gegen die Besatzer
Unter der Führung von Josip Broz, genannt Tito, erkämpften sich die Partisanen im Schatten der alliierten Luftangriffe die Befreiung vom Faschismus und die Wiederherstellung Jugoslawiens in neuer Form als sozialistischer Bundesstaat (Föderative Volksrepublik Jugoslawien).
Die Partisanen waren anfangs schlecht und meist nur mit Flinten ausgerüstet, später änderte sich dies durch Beutewaffen, Überläufer und die Unterstützung der Alliierten, die Ausrüstung und Waffen abwarfen. Während die Partisanen 1941 nur kleine Gebiete kontrollierten, wurden diese Gebiete bis 1943 immer größer. Die Kampftaktiken der Partisanen waren der Zermürbungskrieg und die Sabotage beim Feind. Deutsche Truppen schlugen mit großer Brutalität zurück, konnten die Partisanen aber kaum abhalten, immer mehr Gebiete unter ihre Kontrolle zu bringen.
Beziehungen mit den Alliierten
Die Westalliierten sahen zunächst noch die jugoslawische königliche Exilregierung in London und die königstreuen Tschetniks als rechtmäßige Vertreter des besetzten Jugoslawien an. Erst als die militärischen Erfolge der Partisanen und die Kollaboration der Tschetniks mit den Besatzern bekannt wurden, führte dies zur umfassenden Anerkennung und Unterstützung durch die Alliierten. Zwischen 1942 und 1943 schwenkte auch Großbritannien schrittweise auf eine Unterstützung der Tito-Partisanen um, die es inzwischen als die stärkere Widerstandsgruppe ansah.
Im Oktober 1944 einigten sich Stalin und Churchill auf einen jeweils fünfzigprozentigen Einfluss in Jugoslawien. Tito aber hatte bereits einen Monat zuvor mit Stalin die Modalitäten des Einmarsches der Roten Armee besprochen. Am 20. Oktober 1944 wurde Belgrad durch jugoslawische Truppen überraschend eingenommen, nachdem Tito zuvor durch eine List die sowjetischen Verbündeten von einem Einmarsch in die Hauptstadt abgehalten hatte. In Kroatien und Slowenien dauerten die Kämpfe gegen die slowenische und kroatische Heimwehr des Ustascha-Regimes noch bis zum Frühling 1945 an.
Das Bewusstsein, das Land selbst befreit zu haben, trug wohl auch zum Bruch zwischen Tito und Stalin 1948 bei.
Neugründung Jugoslawiens
Schon während des Krieges kontrollierten die Partisanen große Teile Jugoslawiens. 1943 wurden auf der zweiten Tagung des Antifaschistischen Rats der Nationalen Befreiung Jugoslawiens (Antifašističko vijeće narodnog oslobođenja Jugoslavije, kurz AVNOJ) in Jajce (Bosnien-Herzegowina) die Grundlagen der späteren Föderativen Volksrepublik Jugoslawien beschlossen. Die Partisanen befreiten Jugoslawien weitgehend ohne sowjetische Hilfe, allerdings mit großen Verlusten. Deutsche Vergeltungsmaßnahmen an der Zivilbevölkerung, der Genozid der Ustascha und die Kampfhandlungen im Allgemeinen forderten schätzungsweise mindestens 500.000 Opfer.
Unter Vermittlung von Großbritannien wurde 1944 eine neue jugoslawische Regierung als Koalitionsregierung aus Vertretern der Partisanen und der Exilregierung gebildet. Da die Kommunisten unter der Führung von Tito mit dem Oberbefehl über die Volksbefreiungsarmee die tatsächliche Macht ausübten, konnten sie auch andere Schlüsselpositionen besetzten und so die Oberhand in der neuen Regierung gewinnen. Mit Errichtung regulärer Streitkräfte ging die Volksbefreiungsarmee in der Jugoslawischen Volksarmee (Jugoslovenska narodna armija, JNA) auf.
Menschenrechtsverletzungen und Kriegsgräuel
Die Partisanen und ihre Rolle wurden im Nachkriegs-Jugoslawien mythologisiert und stellten einen wichtigen Teil des Selbstverständnisses des sozialistischen Jugoslawien dar. Die Vertreibung, Enteignung, Internierung und Ermordung von Gottscheern und Donauschwaben, ungarischen und italienischen Minderheiten (Foibe-Massaker) und die von der Volksbefreiungsarmee nach Kriegsende begangenen Verbrechen wie die Hinrichtungen von Kroaten, Slowenen und Serben, die als Massaker von Bleiburg bekannt wurden, wurden meist verschwiegen. Orte mit Massengräbern wie im Gottscheer Hornwald (Kočevski Rog), in Tezno bei Maribor oder der Barbara-Stollen von Huda Jama waren als militärische Sperrgebiete gegen die Öffentlichkeit abgeschirmt.
Siehe auch
- Osvobodilna Fronta (Slowenien)
Literatur
- Barbara N. Wiesinger: Partisaninnen. Widerstand in Jugoslawien. L'homme Schriften 17. Böhlau Verlag, 2008.
- Heinz Kühnrich, Franz-Karl Hitze: Deutsche bei Titos Partisanen 1941-1945. GNN-Verlag, Schkeuditz 1997, ISBN 3929994836. Rezension