Etruskische Sprache
Die etruskische Sprache wurde vom 9. Jahrhundert v. Chr. bis zu ihrem Aussterben, ca. im 2. Jahrhundert in der damaligen Provinz Etrurien im Gebiet der heutigen Toskana gesprochen (die den Etruskern ihren Namen zu verdanken hat: Tusci war der gebräuchliche Name für die Etrusker).
Es existiert ein sog. corpus, eine Sammlung etruskischer Texte, die bis heute überdauert hat und aus Kampanien, dem Latium, von Falerii und den Faliskern, Veji, Cerveteri (Caere), Tarquinia und deren Umgebung stammt, aber auch von Gebieten außerhalb Etruriens, mit denen die Etrusker diplomatische und Handelskontakte pflegtem, wie die spätere Gallia Narbonensis, aber auch Korsika, Sardinien und das karthagische Nordafrika.
Etruskisch wurde in einer Variante des altitalischen Alphabets geschrieben.
Die Texte
Außer ein paar Fibeln, den Epigraphien, die man auf vielen Geräten und Objekten findet, wie Töpfereien und Spiegeln, auf Grabwänden und auf Särgen (recht kurz, da oft nur der Name des Toten draufsteht), sind die bekanntesten erhaltenen Texte in etruskischer Sprache folgende:
- Der Ziegelstein von Capua
- Ein Text, 10 Absätze und 62 Linien lang, jede jeweils durch eine waagrechte Linie voneinander geteilt, wo ung. 300 Wörter noch heute lesbar sind. Der Text ist religiöser Natur und beinhaltet Anweisungen zur Vorbereitung zu einem Bestattungsritus.
- Die Urne von Perugia
- 46 Linien und ung. 100 Wörter; beim Text auf der sog. Urne handelt es sich um ein Abkommen von zwei Familien, und er regelt die Grenzen beider Grundstücke.
- Vier Inschriften auf Bleitabletten
- Die erste wurde in San Marinella bei Rom gefunden und scheint eine Voraussage eines Orakels zu beinhalten. Die zweite fand man in Magliano, sie ist in Spiralenform geschrieben und ist eine Liste von Opfergaben an mehreren Göttern. Die dritte fand man in Volterra, und sie ist wahrscheinlich ein magisch-ritueller Text. Die vierte fand man in Campiglia Marittima, und handelt von einem Fluch, den eine Liberte auf mehrere Personen gehetzt hatte.
- Die Tafeln von Pyrgi
- ein auf Goldplatten gemeißelter zweisprachiger Text (auch in Punisch verfasst), den man in einem der Göttin Astarte (Etruskische "Version" der Babylonischen Göttin Ishtar) gewidmeten Heiligtum fand. Der erste Text, von einem gewissen Thefarie Velianas, "Magistrat", "Statthalter" oder "Herr" von Caere (heute: Cerviteri) verfasst, und richtet sich an die Etruskische Göttin Uni (Hera-Juno), die zweite ist eine Anweisung bezüglich der Zeremonien, die ihr zu Ehren stattfinden sollten.
- Die Mumie von Zagreb
- Der bisher bedeutendste Text, den man gefunden hat. Es ist ein regelrechtes "Buch", auf Leinen geschrieben, das man als Band für eine ägyptische Mumie benutzt hat. Diese Mumie befindet sich im Nationalmuseum in Zagreb, daher der Name. Der Text, der aus dem 1. Jahrhundert n. Chr. stammt, ist in roter und schwarzer Tinte kalligraphiert, und erstreckt sich in ungefähr zwölf senkrechten Zeilen, 230 Linien und ungefähr 1200 lesbaren Wörtern. Dazu kommen noch rund 100 weitere Wörter, die man leicht vom Kontext her erraten kann. Ungefähr 500 verschiedene Wörter befinden sich in diesem liber linteus, die Wiederholungen erklären sich durch den rituellen Charakter der Schrift. Man bezeichnet diesen Text als "religiösen Kalender", der für jeden Tag die zur Ehrung der Götter vorgesehenen Zeremonien, mit Orts- und Zeitangaben vorschreiben.
- Das Goldene Buch
- So nennt man die sechs mit Ringen zusammengehaltenen Tafeln, die man unlängst in Bulgarien fand. Sie befinden sich zurzeit im Nationalmuseum Sofias, nachdem man sie auf ungewöhnliche Weise fand: Sie wurden angeblich 1940 bei einem Kanalbau entdeckt, aber heimlich in Privatbesitz behalten. Sie seien dann vom anonymen, in Mazedonien lebenden 87-Jährigen Besitzer dem Museum zu Beginn des 21. Jahrhunderts gestiftet worden. Diese mit Blattgold beschichteten Texte beinhalten die Illustrationen eines Reiters, einer Meerjungfrau und einer Harfe, sowie einen Text, der derzeit in London entschlüsselt wird.
Linguistische Klassifikation
Das Etruskische ist definitiv keine indoeuropäische Sprache. Manche britische Spezialisten rechnen die etruskische Sprache allerdings zum sog. "Nostratischen", einer "Superfamilie", mit der man bestimmte Ähnlichkeiten zwischen verschiedenen Sprachfamilien (u.a. der indoeuropäischen, der afroasiatischen und der uralischen Sprachfamilie) zu erklären versucht. Die Indizien für solch entfernte Verwandtschaften sind jedoch äußerst spärlich und zweifelhaft.
Versuche, das Etruskische mit dem Baskischen und den kaukasischen Sprachen in Verbindung zu bringen, endeten bislang ebenfalls wenig überzeugend.
Die einzige Sprache, deren Verwandtschaft mit dem Etruskischen wahrscheinlich ist, wurde auf der Insel Lemnos bis zur Invasion der Athener im 6. Jahrhundert v. Chr. gesprochen (siehe auch Lemnische Sprache und Ägäische Sprachen).
Bekannte etruskische Wörter
Durch Grabinschriften bekannte Vornamen
- Weiblich: Ram(a)tha, Tanachilla, Velia, Larthia
- Männlich: Larth, Sethre (Setrius), Aruns, Vel
Numeration
1 thu
2 zal
3 ci
4 sa
5 mach
6 huth
7 zesths
8 cesths
9 nusths
Die etruskischen Zahlwörter ähneln denen anatolischer Völker, wie der Akkader oder Sumerer. Die Zehner nannten sie "Saris" und das Symbol φ stand für die Tausender.
Ein kleinerer Teil des etruskischen Wortschatzes besteht aus "etruskisierten" Wörtern anderer Sprachen, wie dem Griechischen, Persischen, Punischen etc.
Götter
Die Etrusker übernahmen Götter vom Hurritischen und protohellenischen Pantheon. Der Gott Tarshund/Tarhub der Hethiter wird zu Taget bei den Etruskern. Turan (Venus) ist die Himmelsgöttin, Laran ist der Gewittergott (Mars), Fufluns der Sonnengott und Thesan die Lichtgöttin (Aurora).
Etruskisch, Sprache der Tyrrhenier?
Eine neuere These des italienischen Linguisten A. Di Mario behauptet, dass die Tyrrhenier den dritten und letzten Teil des etruskischen Volkes bilden. Seine Spurensuche führt ihn nach Vorderasien, inspiriert von der Aeneas-Sage, nach der die Tyrrhenier mit Aeneas aus Troja kamen. Sie stammten, so Di Mario, aus Datassa an den "Dardanellen", hätten die Ägäis durchquert und Spuren auf Lemnos, Kreta, Sardinien und Korsika hinterlassen, bevor sie sich bei den Sabinern niederliessen und Rom gründeten. Sie hätten auch ihre anatolische und protohellenische Sprache mitgebracht. Von den Griechen Tyrsenoi, "Tyrrhenier" genannt, bezeichneten sie sich selbst Rasenna (von melch rasnal, vom heiligen Rat), aus der Wurzel des Ägyptischen Sonnengottes Râ, sahen sich die Rasenna als Kinder von Tarchun, vel (das Licht) und Râs.
Bibliographie
- Il "mystero" della lingua etrusca von Romolo A. Staccioli
Am Ende dieses Buches findet man ein Glossar von mit Sicherheit übersetzten Etruskischen Wörtern.
- La ricerca dei Tirreni attraverso la lingua von A. Di Mario