Peter Dienel
Peter C. Dienel (* 1923 in Berlin) ist promovierter Theologe und emeritierter Professor für Soziologie der Bergischen Universität Wuppertal. Er ist dort weiterhin in der Leitung der "Forschungsstelle Bürgerbeteiligung & Planungsverfahren" tätig.
Er konzipierte als Erster das Bürgerbeteiligungsverfahren "Planungszelle". Für seine Leistungen auf diesem Gebiet wurde er 2003 durch den Bundespräsidenten Johannes Rau mit der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse geehrt.
Leben
Peter C. Dienel entstammt einer baptistischen Arztfamilie. In der frühen Nachkriegszeit nahm er sich in Berlin intensiv der wohnungslosen Jugendlichen "aus der Zone" an. Dabei entstand die bis heute arbeitende freikirchliche diakonische Einrichtung "Jungenheim Steglitz". Danach war Dienel einige Jahre für den Aufbau der Studentenarbeit des Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden tätig. Nach seiner Promotion an der Universität Münster (bei Helmut Schelsky / Dietrich Wendland) wurde er Studienleiter der Evangelischen Akademie Kloster Loccum (1961-68). Dienel gehörte in späteren Jahren dem Präsidium der Deutschen Evangelischen Kirchentages an, war aber auch viele Jahre ehrenamtlich in der Leitung Evangelisch-Freikirchlicher Ortsgemeinden, z.B.Mettmann, tätig.
Von 1968 bis 1969 arbeitete er im Planungsstab der Staatskanzlei des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Heinz Kühn mit. 1969 folgt er einem Ruf der Universität Wuppertal und habiltierte sich dort für Soziologie.
Werk
Während seiner Lehr- und Forschungstätigkeit an der Wuppertaler Universität entwickelte er das Bürgerbeteiligungsverfahren "Planungszelle", das nicht wieder denen noch mehr Zugriff gestattet, die Beteiligung erstreben, weil sie persönliche Interessen haben. Die 4-Tage-Juries einer PZ bestehen vielmehr aus vergüteten "Laien", die im Zufall über das Einwohner-Meldeamt eingeladen wurden. Dieser neuartige Beteiligungs-Baustein "PZ" wurde in Feldstudien erprobt und seitdem bei zahlreichen Konfliktfällen mit Erfolg eingesetzt. Für diese Innovation erhielt Dienel eine Reihe von in- und ausländischen Auszeichnungen.
Planungszellen sind in den vergangenen 30 Jahren hundertfach eingesetzt worden. Öffentlich Anerkennung erfährt diese Arbeit auch dadurch, dass sie in jedem einzelnen Fall von öffentlichen Trägern (Kommune, Land, Bund) angefordert und finanziert wurde. Dienels wissenschaftliche Leistung hat auch auf die Entwicklung ähnlicher Beteiligungsprojekte großen Einfluss gehabt - so zum Beispiel auf die so genannten "Citizen Juries" in Grossbritannien und in den USA. PZ'n haben inzwischen mit konkreten und politisch hilfreichen Ergebnissen auch in Spanien, England, Holland, Australien, Österreich stattgefunden. In Japan, Frankreich, Russland, Polen ist ihre Anwendung jetzt vorgesehen.
Die unerwartete Chance, mit begründeter Aussicht auf Wirkung an der Lösung eines öffentlichen Problems tätig werden zu dürfen, läßt die mitarbeitenden Zufalls-Juroren innerlich aufblühen. Ob alt oder jung, man identifiziert sich mit der Rolle des Souveräns, des Staatsveranstalters, des "Bürgers". Neben dem Planungs-output des Verfahrens erweist sich so das Teilnahme-Erlebnis des Einzelnen als bedeutsam. Was zunächst als Nebeneffekt gesehen wurde, tritt heute in den Vordergrund: Die PZ öffnet die "Bürgerrolle" für jede und jeden. Darüber hinaus ist diese Innovation, weil sie mit den Institutionen des bestehenden Staatsapparates verträglich ist, problemlos vermehrfachbar, - und das langfristig gesehen: massenhaft.
Und heute? Seitdem die EU-Verfassung durch Stimmungsabfragen (Volksab"stimmungen" in F und NL) blockiert ist, geht die - immer noch von Peter C. Dienel geleitete - Forschungsstelle "Bürgerbeteiligung und Planungsverfahren" an der Universität Wuppertal jetzt auf Europa mit seinen zahllosen dringenden Fragen zu. Anders als die sonst gängigen Versuche, Bürger an der Vorbereitung kollektiv bindender Entscheide zu beteiligen, ist die Innovation PZ nämlich auch auf der EU-Ebene, also für den Auftraggeber "Brüssel", problemlos einsetzbar.
Peter Dienel - Bibliographie in Auswahl
- Der Soziale Pluralismus als planerisches Problem, in: Stadt - Region - Land, Schriftenreihe des Instituts für Stadtbauwesen. Rhein.-Westf. TH Aachen, Heft 8, 1969
- Raumordnung als Resultat politischer Partizipation, in: Habekost, Heinrich (Hrsg.), Grundlagen der Planung, Veröffentlichungen des Seminars für Planungswesen, TH Braunschweig, Heft 4, Juni 1969
- Demokratie in der Kirche?, in: Kirche ist mehr. Vorträge in d. Arbeitsgruppe "Kirche", 14.Deutscher Evang.Kirchentag, Stuttgart Juli 1969.
- Wie können die Bürger an Planungsprozessen beteiligt werden? Planwahl und Planungszelle als Beteiligungsverfahren, in: Der Bürger im Staat (21.Jhrg.), Heft 3/1971
- Pour de nouvelles structures de participation, in: Futuribles Nr.7, été 1976.
- Bürger planen Hagen-Haspe. Die Testläufe der Planungszelle in Hagen-Haspe; Schriftenreihe Landes- und Stadtentwicklungsforschung des Landes NRW. Bd. 2020. Dortmund 1978.
- Beteiligung betroffener Bürger an den Entscheidungen der Verwaltung, in: zum Thema 1/81. Bürger und Bürokratie. Eine Schriftenreihe des Innenministers des Landes NRW. Düsseldorf 1981.
- Technikfolgenabschätzung in der Telekommunikation: Es geht um die Einbeziehung des Bürgers, in: Garbe, D./Lange, K.(Hrsg.) Technikfolgenabschätzung in der Telekommunikation. Springer-Vlg., Berlin/Heidelberg 1991.
- TA macht die Bürgerin und den Bürger möglich, in: Wechselwirkung Nr. 60, April 1993.
- Zur Funktionalität technologie- und umweltpolitischer Konflikte für eine Modernisierung der Demokratie, in: Zilleßen,H./Dienel,P./Strubelt,W.(Hrsg.) Modernisierung der Demokratie - Internationale Ansätze; Opladen 1993.
- Das Bürgergutachten und seine Nebenwirkungen, in: Feindt, P.H. et al. (Hrsg.), Konfliktregelung in der offenen Bürgergesellschaft, Dettelsbach 1996.
- Beteiligungsmodelle zur Beilegung von Konfliken, in: Kompa,R. / Pidoll,M.v. / Schreiber,B. (Hrgs.): Flächenrecycling, Springer-Vlg., Berlin/Heidelberg 1997.
- Bürgerdiskurs, eine kommende Industrie, in: Demokratische Gemeinde, Heft 2/1999.
- Die Demokratie braucht endlich den Bürger, in: von Arnim, H.H.: Demokratie vor neuen Herausforderungen; Bd.130 Schriftenreihe der Hochschule Speyer. Berlin 1999.
- Stichwort "Bürgergutachten", in: Bröchler/Simonis/Sundermann (Hrsg.), Handbuch Technikfolgenabschätzung, Berlin 1999.
- Das aufregende Problem "Bürgerbeteiligung", in: Siedentopf, H. (Hrsg.), Staatsreform/Europapolitik. Dokumentation zum 7.Deutsch-Französischen Verwaltungskolloquium. Speyerer Arbeitsheft Nr.133; Speyer 2000.
- Die Bremse im Kopf. Ein Statusbericht für Erwachsenenbildner zum Thema Planungszelle, in: Schindler, M. (Hrsg.), Politische Bildung und Partizipation. Einübung in die Zivilgesellschaft, Innsbruck 2000.
- Das Verlangen nach Sinn als Auslöser für die Modernisierung des Staates, in: Hill, Hermann (Hrsg.), Modernisierung - Prozess oder Entwicklungsstrategie? Festschrift für Helmut Klages zum 70.Geburtstag, Campus Vlg., Ffm/New York 2001; sowie in: Zukünfte in Wechselwirkung, Heft Mai/Juni 2002.
- Eine Neue Aufklärung hilft der Stadtentwicklung - Die Stadtentwicklung hilft der Neuen Aufklärung, in: ExWoSt-Infomationen Nr.2; 01/2003.
- Generationengerechtigkeit. Der Bürger bringt den Staat zur Vernunft, in: Generationengerechtigkeit, 2/2003.
- Der Bürger als Chance. Eine Methode der wachsenden Bedeutung der Bürgerrole gerecht zu werden, in: Blätter der Wohlfahrtspflege 1/2004.
- Die Planungszelle - Der Bürger als Chance, Opladen, 5. Auflage 2002, [ISBN 3-531-33028-4]
Literatur
- Bergische Universität GH Wuppertal: Neuss - Innenstadt 2010. Bürgergutachten zur Innenstadtgestaltung. Gutachten im Auftrag der Stadt Neuss (Wuppertal 2000)
Personendaten | |
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NAME | Dienel, Peter |
ALTERNATIVNAMEN | Dienel, Peter C. |
KURZBESCHREIBUNG | Theologe und emeritierter Professor für Soziologie |
GEBURTSDATUM | 1923 |
GEBURTSORT | Berlin |