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Elektromagnetische Induktion

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Unter elektromagnetischer Induktion (kurz: Induktion) versteht man das Entstehen einer elektrischen Spannung entlang einer geschlossenen Linie durch die Änderung des magnetischen Flusses durch die von der Linie umschlossene Fläche. Die elektromagnetische Induktion wurde 1831 von Michael Faraday bei dem Bemühen die Funktionsweise eines Elektromagneten („Strom erzeugt Magnetfeld“) umzukehren („Magnetfeld erzeugt Strom“) entdeckt. Der Zusammenhang wird in seiner integrierten Form auch als das faradaysche Induktionsgesetz bezeichnet und ist Teil der maxwellschen Gleichungen.

Die Induktionswirkung wird technisch vor allem bei elektrischen Maschinen wie Generatoren, Elektromotoren und Transformatoren genutzt. Bei den meisten dieser Anwendungen treten Wechselspannungen auf. Es gibt aber auch Anwendungen, bei denen direkt und ohne eine Gleichrichtung Gleichspannungen durch die elektromagnetische Induktion entstehen, wie es bei der Unipolarinduktion der Fall ist.

Ein bewegter Permanentmagnet erzeugt an den Klemmen einer Spule eine elektrische Spannung

Geschichtliche Entwicklung und Zusammenhang

Michael Faraday – Entdecker der Induktion

Die elektromagnetische Induktion als Teil der maxwellschen Gleichungen und der klassischen Elektrodynamik (KED) spiegelt den Kenntnisstand aus dem Ende des 19. Jahrhunderts wider. Es wurden damals teilweise andere Begriffe und Nomenklaturen als heute für die Darstellungen benutzt, die grundlegenden Vorstellungen über den Induktionsvorgang waren vorhanden.

Anfang des 20. Jahrhunderts erfolgte die relativistische Eingliederung des Induktionsgesetzes im Rahmen der speziellen Relativitätstheorie, und es wurde auf die Verhältnisse bei Geschwindigkeiten nahe der Lichtgeschwindigkeit Rücksicht genommen. Dabei ändern sich beispielsweise die Beträge der elektrischen und magnetischen Feldkomponenten in Abhängigkeit von der Bewegung zwischen einem Beobachter und einer beobachteten elektrischen Ladung. Diese Abhängigkeiten in der relativen Bewegung zueinander zwischen verschiedenen Bezugssystemen werden durch die Lorentz-Transformation beschrieben. Dabei zeigt sich, dass das Induktionsgesetz, so wie die restlichen maxwellschen Gleichungen, „lorentzinvariant“ ist. Das heißt, die Gleichungen werden durch die Lorentz-Transformation zwischen verschiedenen Bezugssystemen nicht verändert. Dabei wird auch besonders deutlich, dass die elektrischen und magnetischen Felder nur zwei Erscheinungsformen desselben Phänomens sind.

In der Mitte des 20. Jahrhunderts gelang im Rahmen der Elektrodynamik die Verbindung der Quantenmechanik mit der speziellen Relativitätstheorie, und es wurde auch das Induktionsgesetz im Rahmen einer Quantenfeldtheorie des Elektromagnetismus formuliert. Diese Quantenfeldtheorie wird als Quantenelektrodynamik (QED) bezeichnet. Sie stellt heute, auch aufgrund des großen technischen Anwendungsgebietes, eine der durch Experimente am genauesten überprüften Theorien der Physik dar.

Allgemeines

Das Gesetz der elektromagnetischen Induktion, kurz Induktionsgesetz, beschreibt im Grundsatz die Bedingungen, unter denen entlang einer in sich geschlossenen elektrischen Feldlinie eine Spannung hervorgerufen (induziert) wird. In besonders häufigen Formulierungen wird das Induktionsgesetz auch beschrieben, indem diese geschlossene Feldlinie als Leiterschleife dargestellt wird, an deren offenen Enden dann diese durch Ladungsverschiebung entstandene Spannung anliegt.

Die zum Verständnis sinnvolle Beschreibung gliedert sich in zwei mögliche Darstellungsformen:

  1. Die Integralform oder auch globale Form des Induktionsgesetzes. Dabei werden die globalen Eigenschaften eines räumlich ausgedehnten Feldgebietes, über den Integrationsweg, beschrieben.
  2. Die Differentialform oder auch lokale Form des Induktionsgesetzes. Dabei werden die Eigenschaften einzelner lokaler Feldpunkte in Form von Dichten beschrieben. Die Volumina der globalen Form streben gegen null, und die auftretenden Feldstärken werden differenziert.

Beide Darstellungsformen beschreiben denselben Sachverhalt. Je nach konkretem Anwendungsfall und Problemstellung kann es sinnvoll sein, die eine oder die andere Form zu benutzen. Im Folgenden sind beide Darstellungsformen beschrieben.

Induktionsgesetz in Integralform

Grundvorstellung zur elektromagnetischen Induktion: Ändert sich die Flächendichte B des magnetischen Flusses durch ein Areal, wird es dadurch von einem elektrischen Wirbelfeld E umgeben, das, wenn möglich, einen der Flussänderung entgegenwirkenden Strom induziert.

Ein sich zeitlich ändernder magnetischer Fluss induziert in einer ihn umgebenden geschlossenen Linie eine Spannung Uind. Diese Spannung lässt sich mittels eines Spannungsmessgerätes messen, wenn man entlang der geschlossenen Linie eine Leiterschleife anbringt und diese auftrennt. Die eigentliche Induktionswirkung kommt dadurch zustande, dass ein sich zeitlich ändernder Fluss dΦ/dt von einem elektrischen Wirbelfeld mit in sich geschlossenen Feldlinien umgeben ist. Dieses elektrische Wirbelfeld Etan, es spielt nur die tangentiale Feldkomponente eine Rolle, führt entlang eines infinitesimalen Stückes dr der Leiterschleife zu einer induzierten Spannung dUind:

.

Durch Aufsummieren aller infinitesimalen Spannungen längs der Leiterschleife ergibt sich die zwischen den beiden Punkten rA und rB der Leiterschleife induzierte Spannung Uind:

.

Lässt man nun den Punkt rB entlang der Kontur C der Leiterschleife weiterwandern, bis er das Magnetfeld genau einmal umrundet hat und wieder mit Punkt rA identisch wird (rA = rB), ergibt sich als Gesamtwert der in der geschlossenen Leiterschleife induzierten Umlaufspannung Uind:

.

Der dritte Ausdruck obiger Gleichungen ist dabei die dem zweiten Ausdruck gleichwertige vektorielle Darstellung des tangentialen Feldstärkeanteils mit Hilfe des Skalarproduktes, und die beiden Integrale sind sogenannte Ringintegrale, die immer dann verwendet werden, wenn, wie hier, längs eines in sich geschlossenen Weges integriert wird, in diesem Fall entlang der Kontur der Leiterschleife C.

Die Umlaufspannung Uind ist identisch mit der bei Transformatorberechnungen verwendeten Windungsspannung, welche die induzierte Spannung für eine Windung angibt. Die praktische Bedeutung der Umlaufspannung liegt darin, dass sich mit ihrer Hilfe die in Windungen von elektrischen Maschinen induzierten Spannungen berechnen lassen. Die Umlaufspannung ist der zeitlichen Änderungsrate des magnetischen Flusses direkt proportional und somit auch ein Maß für die Wirbelstärke des elektrischen Wirbelfeldes.

Das negative Vorzeichen in der obigen Gleichung ergibt sich dabei aus dem Prinzip der Energieerhaltung, dessen Auswirkungen in Bezug auf die elektromagnetische Induktion durch die sogenannte Lenzsche Regel zusammengefasst werden. Das induzierte Feld ist danach immer so gerichtet, dass eine von ihm bewirkte Stromänderung bzw. zugehörige Magnetfeldänderung der verursachenden Strom- bzw. Magnetfeldänderung entgegenzuwirken versucht:

Baut sich ein magnetisches Feld auf (dB/dt > 0, Abb. oben links), versucht das induzierte elektrische Feld einen Strom fließen zu lassen, der ebendas durch Aufbau eines entgegengesetzten zweiten Magnetfelds zu verhindern sucht; bricht dagegen umgekehrt ein magnetisches Feld zusammen (dB/dt < 0; Abb. oben rechts), versucht das induzierte elektrische Feld einen Strom fließen zu lassen, der den Zusammenbruch des ersten Feldes durch Aufbau eines gleichgerichteten zweiten Magnetfelds zu verhindern sucht.

Da sich Flüsse nicht einzelnen Raumpunkten, sondern nur Flächen A zuordnen lassen, drückt man den magnetischen Fluss meist durch die entsprechende magnetische Flussdichte aus:

.
Da es sich bei der Integrationsvariablen um eine infitesimale Fläche, also etwas Zweidimensionales handelt, wird aus didaktischen Gründen zur Kennzeichnung der Flussintegrale oft ein Doppelintegral anstelle des einfachen Integralzeichens verwendet, was allerdings mathematisch nicht ganz korrekt ist:
Das Induktionsgesetz ließe sich somit in der üblichen integralen Form auch wie folgt schreiben:
.
Für ruhende Leiter lässt sich die Reihenfolge der Integration bzw. Differentiation vertauschen.

Geschlossene elektrische Feldlinien (elektrische Wirbel) existieren bei zeitlich veränderlichen magnetischen Flüssen nicht nur entlang der Leiterschleife, sondern beispielsweise auch im Inneren des Eisenkernes eines Transformators. Sie sind dort die Ursache der meist unerwünschten Wirbelströme und der sogenannten Wirbelstromverluste. Ebenso können elektrische Wirbel bei der Ausbreitung einer elektromagnetischen Welle im materiefreien oder materiebehafteten Raum auftreten.

Bei der Anwendung des Induktionsgesetzes ist zu beachten, dass sich die genannten Größen , , sowie entsprechende Flächen- und Weglängen jeweils auf das Bezugssystem der Leiterschleife beziehen.

Induktionsgesetz in Differentialform

Der Übergang von der Integralform in die Differentialform ist nichts anderes als die Überführung der globalen Wirbel- und Quellenstärken in lokale, diskrete Wirbel- bzw. Quellendichten welche einzelnen Raumpunkten (Punkten eines Vektorfeldes) zugeordnet sind. In der Integralform sind es dimensionsbehaftete Zahlenwerte wie der magnetische Fluss, in der Differentialform des Induktionsgesetzes wird der Übergang auf Funktionen im Bezug zur Funktionentheorie vollzogen.

Ausgegangen wird vom globalen Induktionsgesetz für ruhende Körper, wobei die Einschränkung auf ruhende Körper im Folgenden wesentlich ist:

.

Wird nun die Fläche der Kontur C in jener Gleichung laufend verkleinert, man lässt sie gegen null konvergieren, um einen Punkt zu erhalten, strebt bei „naiver“ Behandlung auch die zugehörige Wirbelstärke gegen null und es scheinen sich schwer überwindliche Probleme zu ergeben.

Ursache der Probleme ist, dass hier ein eindimensionales Konturintegral mit einem Flächenintegral, also einer zweidimensionalen Größe verglichen wird. Ein Ausweg besteht darin, das Konturintegral in ein Flächenintegral umzuwandeln (siehe Satz von Stokes). Auf elementare Weise geht das so: vor dem Übergang wird zunächst ein Verhältnis der Wirbelstärke mit der zugeordneten berandeten Fläche gebildet und im weiteren mit diesem Verhältnis gearbeitet.

Mathematisch wird dieser Weg dahin beschritten, dass zunächst obige Gleichung in Relation (Verhältnis) zu einem Flächenelement gesetzt wird, dessen Normalenvektor in Flussrichtung zeigt (, gesetzt wird (es erfolgt konsequenterweise eine Grenzwertbestimmung für ΔA → 0). Damit ergibt sich nunmehr eine konsequente Darstellung durch Flächenintegrale:

.

Die dabei auftretende und zunächst kompliziert wirkende Abfolge von links, beginnend mit der Konturintegration, gefolgt von der Division und Grenzwertbildung, drückt man in der Vektoranalysis zusammengefasst als speziellen Vektoroperator mit der Bezeichnung rot (für Rotation, engl. curl) aus, womit die differentielle Darstellung des Induktionsgesetzes die Form

annimmt. Die lokale Wirbeldichte des elektrischen Feldes ist somit gleich der negativen zeitlichen Änderung der lokalen magnetischen Flussdichte .

Für die praktische Anwendung ist nicht  wichtig, dass sich die Vektoroperationen wie rot auf ein bestimmtes Koordinatensystem beziehen: Man muss nur voraussetzen, dass der Einheitsvektor die zu gehörige Richtung beschreibt (sog. Normalenvektor). Je nach frei wählbarem Koordinatensystem ergeben sich für die Vektoroperation verschiedene Darstellungen, die alle äquivalent sind.

Nebenbei hat man so den Integralsatz von Stokes, bewiesen.

Anwendung auf verschiedene Geometrien

Das Induktionsgesetz beschreibt das Auftreten der Induktion bei verschiedenen Geometrien:

  • Eine Leiterschleife dreht sich in einem konstanten B-Feld.
  • Eine Leiterschleife wird von einem sich ändernden B-Feld durchsetzt.
  • Eine Leiterschleife ändert die vom B-Feld durchsetzte Fläche.

Unterbrochene metallische Leiterschleife

Leiterschleife im Magnetfeld

Im einfachsten Fall liegt eine metallische Leiterschleife mit Unterbrechung vor. Da das Innere eines Leiters vereinbarungsgemäß feldfrei ist (E=0), tritt die gesamte Umlaufspannung an den Klemmen als Spannung

auf.

Bei Zunahme des B-Felds während des Zeitschrittes dt liegt eine Vergrößerung des magnetischen Flusses vor, da das B-Feld und die Fläche in die gleiche Richtung zeigen. Dem Minuszeichen im Induktionsgesetz entsprechend, ist die Spannung negativ.

Bei Abnahme des B-Felds während des Zeitschrittes dt, liegt eine Verringerung des Flusses vor. Dem Minuszeichen im Induktionsgesetz entsprechend ist die Spannung positiv.

Bei der Beschreibung wurde selbstverständlich eine Integration in positiver Zeitrichtung () vorausgesetzt.

Geschlossene ideal-leitende Leiterschleife

Kurzschlussschleife

Eine geschlossene Leiterschleife mit idealer Leitfähigkeit verhindert, dass sich der magnetische Fluss durch die Leiterschleife ändert, denn wegen der idealen Leitfähigkeit des Metalls ist das Umlaufintegral der Spannungen gleich null, und es gilt:

Das Entstehen der Flussänderung wird durch die in der Leiterschleife induzierten Ströme verhindert, was lokale Änderung der Flussdichte nicht ausschließt, da das magnetische Feld der induzierten Ströme in Leiternähe am größten ist und somit in der Nähe der Leiter die größte Kompensationswirkung stattfindet. Der Gesamtfluss, d. h. die über die ges. Schleifenfläche integrierte Flussdichte ändert sich dabei jedoch nicht.

In der Praxis ist der elektrische Widerstand der Kurzschlussschleife geringfügig größer als null. Beträgt der elektrische Widerstand des Leiters R, so gilt:

Wegen des geringen Widerstands des elektrischen Leiters fließen hohe elektrische Ströme, die dem magnetischen Feld die Momentanleistung entziehen und die Leiterschleife erhitzen. Nach diesem Prinzip arbeiten u. a. Induktionsbremsen und Induktionsherde. Bei Induktionsbremsen stammt die Energie, die für die Aufrechterhaltung des B-Feldes kommt, aus der Bewegung des zugehörigen Fahrzeugs. Diese nimmt stetig ab, bis das Fahrzeug sich verlangsamt hat. Bei Induktionsherden stammt die Energie zur Aufrechterhaltung des Magnetfeldes aus dem Haushaltsnetz.

Die Aussage, dass der Strom seiner Ursache entgegenwirkt, ist im Sinne des gewählten Beschreibungsmodells problematisch. Tatsächlich fließt bei steigendem magnetischen Fluss wegen des Minuszeichens im Induktionsgesetz ein Strom entgegen der eingezeichneten positiven Stromrichtung. Dieser Strom erzeugt gemäß dem Durchflutungssatz eine magnetische Feldstärke H, die andersherum zeigt als das B-Feld. Es ist jedoch zu beachten, dass das Induktionsgesetz nicht zwischen Selbsterregung und Fremderregung unterscheidet. Insofern ist die Kompensationswirkung des induzierten Stromes schon im magnetischen Fluss , der in das Induktionsgesetz eingeht, enthalten.

Ist das B-Feld von außen aufgeprägt (d. h. lastunabhängig), so ändert sich der Fluss durch den entstehenden induzierten Strom nicht. Vielmehr kompensiert die Quelle, die das Magnetfeld erzeugt, die durch den induzierten Strom erzeugte Flussänderung, indem sie zusätzliche Energie zur Aufrechterhaltung des B-Feldes bereitstellt.

Diese Situation liegt in sehr guter Näherung beispielsweise beim Transformator mit eingeprägter Primärspannung vor. Sobald im Sekundärkreis ein Strom fließt, erhöht sich in der primärseitigen Spannungsquelle der Quellenstrom, so dass der magnetische Fluss im gemeinsamen Kern konstant bleibt.

Induktionsspannung durch Bewegen eines elektrischen Leiters in einem Magnetfeld (1. Induktionsphänomen)

Bewegt man einen elektrischen Leiter in einem Magnetfeld, entsteht aufgrund der Verschiebung der Leitungselektronen innerhalb des Leiters quer zu seiner Bewegungsrichtung eine Induktionsspannung, dessen Ursache die Lorentzkraft ist, die auf bewegte Ladungsträger in Magnetfeldern wirkt und diese stets senkrecht zu ihrer aktuellen Bewegungsrichtung ablenkt. Findet nun die Bewegung des Leiters, z.B. Metalldrahts, so statt, dass nicht nur seine Bewegungsrichtung senkrecht zur Richtung des Magnetfelds verläuft, sondern außerdem auch noch seine Längsrichtung senkrecht zu den beiden ebengenannten, entsteht am einen Ende des Leiters ein Elektronenüberschuss, am anderen Ende dagegen ein Elektronenmangel, zwischen beiden Enden also eine elektrische Spannung.

Die induzierte Spannung berechnet sich dabei aus dem Kräftegleichgewicht:

Herauskürzen der, wie zu sehen, hier gänzlich unerheblichen Ladung und skalare Multiplikation mit dem Vektor der gerichteten Leiterlänge liefert uns die Gleichung für die gesuchte Induktionsspannung :

Verlaufen alle drei Vektoren, wie eingangs verlangt, senkrecht zueinander, vereinfacht sich das Spatprodukt l·(v×B)=(l×v)·B zu der bekannten Formel

in der das Minuszeichen andeutet, dass die Induktionsspannung stets ihrer Ursache entgegenwirkt (vgl. Lenzsche Regel).

Induktionsspannung durch Änderung des magnetischen Flusses (2. Induktionsphänomen)

Jedes Flächenstück besitzt einen senkrecht auf ihr stehenden Normalenvektor A, auch die Querschnittsfläche einer Leiterschleife oder Spule.

Induktionsspannungen treten jedoch nicht nur auf, wenn sich elektrische Leiter gegenüber Magnetfeldern bewegen, sondern auch, wenn umgekehrt der elektrische Leiter ruht und sich das Magnetfeld, z.B. das eines Dauermagneten, ihm gegenüber bewegt, oder schließlich, wenn sich das Magnetfeld „einfach nur so“, d.h. ohne irgendwelche mechanischen Bewegungen, ändert, etwa dadurch, dass man es mit Hilfe eines unbewegten Elektromagneten erzeugt und durch Änderung der Stromstärke auch die Stärke des von ihm erzeugten Magnetfelds verändert.

Um dies zu verstehen, muss eine Modellgröße eingeführt werden: der magnetische Fluss , der für ein homogenes magnetisches Feld wie folgt definiert ist:

wobei der Vektor der magnetischen Flussdichte und A die Fläche der Leiterschleife ist, deren Raumorientierung durch ihren Normalenvektor bestimmt wird.

Um das Skalarprodukt mathematisch weiter zu behandeln, wird es, wie im rechten Teil der obigen Gleichung geschehen, in das Produkt der Beträge beider Vektoren und des Cosinus des von ihnen eingeschlossenen Winkels zerlegt, was erste Schlussfolgerungen zur Größe des magnetischen Flusses zulässt: Steht nämlich das Magnetfeld senkrecht auf dem Spulenquerschnitt, so dass und parallel zueinander verlaufen, wird der Cosinus des von ihnen eingeschlossenen Winkels gleich 1, der magnetische Fluss also maximal. Vom umgekehrten Vorzeichen abgesehen geschieht das aber auch, wenn man die Spule um 180° dreht, also antiparallel zu verläuft und der Cosinus des von ihnen eingeschlossenen Winkels damit gleich -1 wird. Minimal dagegen wird der magnetische Fluss erst dann, wenn die Feldlinien von parallel zur Querschnittsfläche der Spule und damit senkrecht zu verlaufen, der Cosinus des von ihnen eingeschlossenen Winkels also - wie auch selbst - den Wert 0 annimmt.

Ändert sich der magnetische Fluss mit der Zeit, sind also , und/oder Zeitfunktionen, entsteht eine Induktionsspannung, deren Wert (pro Windung) man durch Differenzieren von gemäß der Produktregel wie folgt erhält:

  • Der erste der drei Summanden beschreibt den Transformator: Die erzeugte Spannung ist proportional zur Änderungsgeschwindigkeit dB/dt der magnetischen Flussdichte B, Spulenquerschnittsfläche A und Orientierung des Magnetfeldes dagegen bleiben konstant. Beispiel 1: Ändert sich das Magnetfeld in 2 ms um 0,3 T, ist dB/dt = 150 T/s, und bei einer senkrecht zum Feld stehenden Spulenfläche von 6 cm² erhält man dann, solange die Flussänderung andauert, 90 mV pro Windung. Beispiel 2: Folgt die magnetische Flussdichte dem Zeitgesetz B = 0,3 T·sin(2π·50 Hz·t), ist dB/dt = 94,3 T/s·cos(2π·50 Hz·t), und bei einer senkrecht zum Feld stehenden Spulenfläche von 6 cm² erhält man dann 56,5 mV Scheitelspannung pro Windung.
  • Der zweite Summand beschreibt den in der Praxis eher ungewöhnlichen Vorgang, dass sich die Spulenquerschnittsfläche A ändert, während Flussdichte B und Orientierung des Magnetfeldes gleich bleiben, das Magnetfeld sich also weder in seiner Intensität noch Richtung bezüglich des Spulenquerschnitts ändert, und auch der Spulenquerschnitt nicht in seiner Richtung hinsichtlich des Magnetfelds. Dennoch wird auch in diesm Fall eine Spannung induziert, die proportional zur Änderungsgeschwindigkeit dA/dt der Spulenquerschnittsfläche A ist, was aber technisch kaum Nutzung findet: Wollte man den Querschnitt einer Leiterschleife dadurch ändern, dass man sie mal enger, dann wieder weiter biegt, würde sie sich über kurz oder lang mechanisch auflösen. Einfacher schon ist es, die Gesamtfläche unverändert zu lassen und nur den „aktiven“ Teil von A, also denjenigen Teil der Leiterschleife zu variieren, der auch tatsächlich in das Magnetfeld hineinreicht, etwa dadurch, dass man die Leiterschleife in das Magnetfeld hineinschiebt oder wieder aus ihm hervorzieht (im allereinfachsten Fall bewegt man dabei einen Draht einfach quer durch das Magnetfeld, und der Spannungsmesser steht außerhalb).
  • Der dritte Summand beschreibt den elektrischen Generator: Die erzeugte Spannung ist proportional zur Änderungsgeschwindigkeit ω (= 2πf) des von und eingeschlossenen Winkels, magnetische Flussdichte B und Spulenquerschnittsfläche A dagegen bleiben konstant. Dreht sich die Spule mit der gleichbleibenden Winkelgeschwindigkeit ω um ihre Querachse, kann der von und eingeschlossene Winkel also durch die Beziehung wiedergegeben werden, ergibt sich als Ableitung des Ausdrucks nach der Zeit der oben angeführte Term . Beispiel: Eine Spule mit einer Querschnittsfläche von 6 cm² dreht sich in einem Magnetfeld von 0,5 T 100 mal pro Sekunde und erzeugt damit eine Scheitelspannung von 188 mV pro Windung.
  • Wenn man statt einer Leiterschleife eine Spule mit N Windungen verwendet, wird die Induktionsspannung um diesen Faktor N größer.

Zeitlich integrierte Form, Spannungszeitfläche

Die schraffierte Fläche stellt eine beispielhafte Spannungszeitfläche über die Dauer einer ¼ Periode der Sinusschwingung dar.

Aus der obigen Beziehung

folgt durch Integration über die Zeit

Diese Beziehung beschreibt den Flussverlauf als Integralfunktion des Spannungsverlaufs.

Betrachtet man den Vorgang in einem Zeitintervall von 0 bis T bei konstanter Fläche, durch welchen der magnetische Fluss tritt – das Zeitintervall kann sich beispielsweise über eine Halbperiode einer Wechselspannung erstrecken –, so folgt daraus für den sich dann ergebenden Fluss

Für den Fall bedeutet das, dass der magnetische Fluss durch eine Leiterschleife bzw. eine Flussänderung in dieser, wie sie sich durch Anlegen einer Spannung nach der gegebenen Zeit T dort einstellt, immer von dem Spannungszeitintegral in den angegebenen Grenzen 0 bis T verursacht sein und diesem auch entsprechen muss. Die dafür relevante Spannung ist jeweils die induzierte Spannung Uind. Diese entspricht der angelegten Spannung abzüglich ohmscher Spannungsabfälle (I·R), soweit diese nicht zu vernachlässigen sind.

Zu veranschaulichen ist das Spannungszeitintegral auch als Fläche zwischen dem Spannungsgraphen und der Zeitachse über dem Intervall [0; T], weshalb man es bisweilen auch als Spannungszeitfläche bzw. Spannungszeitsumme[1] bezeichnet, in meist älterer Literatur in Anlehnung an den Begriff des Kraftstoßes auch als Spannungsstoß [2][3]. (Ursächlich hierfür ist der Umstand, dass messtechnisch früher die Integration von induzierten Spannungsimpulsen mittels ballistischer Galvanometer durchgeführt wurde. Vgl. auch Veranschaulichung des magnetischen Kraftflusses)

Als weiteres Beispiel kann ein vielfach praktiziertes Messprinzip für den magnetischen Fluss dienen. Hier wird der zu messende Fluss von einer Messspule erfasst, die Spannung an der Spule auf einen Integrator gegeben, der an seinem Ausgang als Ergebnis unmittelbar den Fluss anzeigt.

Technische Anwendungen

Historischer Induktionsapparat aus dem Physikunterricht

Eine Spannung wird induziert, solange sich das von der Spule umfasste Magnetfeld ändert. Eine Induktionsspannung ist nur dann vorhanden, wenn sich der magnetische Fluss ändert. Da der Fluss das Produkt aus Flussdichte und Fläche ist, kann sich dazu entweder die Flussdichte B oder die Fläche A ändern. Eine Änderung der Fläche wird erreicht, indem man z. B. die Spule in einem konstanten Magnetfeld oder einen Magneten in einer Spule dreht. Die vom Magnetfeld durchsetzte Fläche ist null, wenn die Spule quer zum Magnetfeld steht, sie ist maximal, wenn das Feld die Spule axial durchsetzt. Nach diesem Prinzip wird in einem Generator (Dynamomaschine) Strom erzeugt.

Eine Änderung der Flussdichte erreicht man durch ein veränderliches Magnetfeld. Nach diesem Prinzip wird in der Sekundärwicklung eines Transformators bei Speisung der Primärwicklung mit einer Wechselspannung eine Wechselspannung induziert, deren Höhe proportional zum Verhältnis der Windungszahlen ist.

Hierunter fallen auch alle Arten der induktiven Erwärmung durch Wirbelstrom: der Induktionsofen, Induktionshärten und das Induktionsfeld usw. Induktive Erwärmung von Werkstoffen: Induktionsöfen werden vorwiegend in der Industrie zum Härten, Löten, Schmelzen usw. eingesetzt. Diese Technik kommt zunehmend in der privaten Anwendung beispielsweise in der Küche als Induktionskochfeld zum Gebrauch.

Selbstinduktion

Literatur

  • Karl Küpfmüller, Gerhard Kohn: Theoretische Elektrotechnik und Elektronik. 14. Auflage. Springer, 1993, ISBN 3-540-56500-0.
  • Adolf J. Schwab: Begriffswelt der Feldtheorie, Elektromagnetische Felder, Maxwellsche Gleichungen. 6. Auflage. Springer, 2002, ISBN 3-540-42018-5.

Einzelnachweise

  1. Grimsehl: Lehrbuch der Physik, Bd. II; Leipzig 1954, S. 321-323
  2. Christian Gerthsen: Physik. 4. Auflage, Springer, Berlin 1956, S. 258
  3. Adalbert Prechtl: Vorlesungen über die Grundlagen der Elektrotechnik, Band 2; Springer-Verlag 2007, S.121