Clemens Krauss (Dirigent)

Clemens Heinrich Krauss (* 31. März 1893 in Wien; † 16. Mai 1954 in Mexiko-Stadt) war ein österreichischer Dirigent und Theaterleiter.
Leben
Der Sohn einer Hofoperntänzerin und späteren Sängerin und von Hector Baltazzi (1851-1916, Onkel von Mary Vetsera, der minderjährigen Geliebten von Kronprinz Rudolf von Österreich, die zusammen mit dem Kronprinzen am 30. Januar 1889 im Jagdschloss Mayerling unter mysteriösen bis heute ungeklärten Umständen ums Leben kam) wurde 1902 Hofsängerknabe, studierte am Wiener Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde Klavier, Komposition und Chorleitung und wurde 1913 Chordirektor in Brünn. Nach Stationen am Deutschen Theater in Riga (1913-14), Nürnberg (1915-16), Stettin (1916-21) und Graz (1921) war er 1922-24 neben Franz Schalk Dirigent an der Wiener Staatsoper, wo er Richard Strauss kennenlernte. 1924 ging Krauss als Intendant an die Frankfurter Oper und leitete gleichzeitig die Museumskonzerte. 1929 wurde er als Musikdirektor an die Wiener Staatsoper berufen und wechselte 1935 in gleicher Funktion an die Berliner Staatsoper.
NS-Zeit
Clemens Krauss war ein Intimus von Reichsminister Joseph Goebbels,[1] der ihm 1941 die Leitung der Salzburger Festspiele übertrug. Krauss hatte im "Dritten Reich" zahlreiche künstlerische Tätigkeiten inne. Seit 1936 wirkte Clemens Krauss an der Bayerischen Staatsoper in München, wurde 1937 zum Generalmusikdirektor ernannt und hatte dort, bis 1940, auch die Intendanz inne.
Nach dem „Anschluss“ Österreichs (10. April 1938) wollte Clemens Krauss erneut Direktor der Wiener Staatsoper werden. Bereits am 25. April 1938 schrieb er einen Brief an Adolf Hitler und machte Vorschläge für seinen Wiedereinzug in Wien. Clemens Krauss' Ansuchen wurde indirekt negativ beschieden. 1940 schrieb Krauss wieder einen Brief in dieser Sache. Krauss strebte die freigewordene Position des Direktors der Wiener Akademie für Musik und darstellende Kunst an. Er sondierte bei Propagandaminister Goebbels. Es sei Krauss eine vertrauliche Mitteilung zugegangen, daß „Hitler im Zuge sehr intensiver Bemühungen maßgebender Kreise in Wien, die mich für eine leitende Position gewinnen wollten", nun entschieden habe, der Münchner Intendant müsse sich voll auf München konzentrieren. Krauss schlug vor, auch in Wien eine dem Mozarteum angenäherte Lösung anzustreben, dessen Leiter er bereits am 13. Juni 1939 geworden war. „Die Wiener Akademie solle von einer Persönlichkeit geleitet werden, die dem Wiener Boden entstammt“ schrieb Krauss an Ministerialrat Bade im Propagandaministerium. Am 23. Februar 1941 hatte Krauss eine Unterredung mit Wiens Gauleiter Baldur von Schirach, der Krauss gern in Wien gehabt hätte. Es wurde vereinbart, dass eine zukünftige Tätigkeit von Krauss in Wien, als „reine Gastspiele zu deklarieren sind, damit der Führer sich nicht ärgert“. Im Mai 1941 hatte Krauss nach sechs Jahren wieder eine Unterredung mit Hitler, in der es nur um Krauss‘ Wiener Ambitionen ging. Hitler lehnte es rundherum ab, Krauss nach Wien gehen zu lassen. Am 13. September erfolgte die Ernennung zum Leiter der Salzburger Festspiele. (Signe Scanzoni/Götz Klaus Kende: "Der Prinzipal Clemens Krauss Fakten, Vergleiche Rückschlüsse" Clemens Krauss-Archiv Wien, Schneider Tutzing, 1998)
Mozarteum
Goebbels Tagebuch 17.November 1938: "Mit Krauß Frage Mozarteum in Salzburg besprochen. Er übernimmt die Leitung und errichtet hier eine richtige Dirigentenschule". Auf Krauss' Initiative wurde das Mozarteum am 13. Juni 1939 zur Hochschule erklärt. Clemens Krauss wurde am selben Tag zum Oberleiter der Musikhochschule Mozarteum und Leiter der Stiftung Mozarteum ernannt. Worte von Clemens Krauss aus dessen Ansprache im feierlichen Eröffnungsakt der Musikhochschule Mozarteum in Anwesenheit des preußischen Kultusministers und Reichsministers für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung, Bernhard Rust, von Gauleiter Friedrich Rainer und hohen Vertretern der Partei im Großen Saal des Mozarteums: "Ich übernehme in diesem feierlichen Moment die künstlerische Oberleitung der Musikhochschule. Ich gelobe an dieser Stelle, das mir anvertraute Gut als eine hohe Schule der Kunst zu führen mit all der Ehrfurcht, die uns Künstler in dieser Stadt befältt, wo Mozart als Schüler gelernt, mit tiefer Demut vor dem Genius Mozart und vor dem vorwärts stürmenden erhabenen Meister und Künstler Adolf Hitler." [2]
Exakt zwei Monate nach der Eröffnung der Musikhochschule Mozarteum gaben die Wiener Philharmoniker unter Leitung von Clemens Krauss am 13. August 1939 im Großen Saal des Mozarteums ihr "Drittes Orchesterkonzert" im Rahmen der Salzburger Festspiele 1939: "Werke von Johann Strauß Sohn". Das Programm dieses Konzertes war identisch mit dem des "Außerordentliches Konzert" der Wiener Philharmoniker unter der Leitung von Clemens Krauss am 31. Dezember 1939 im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins, welches als Beginn der Neujahrskonzerte der Wiener Philharmoniker gilt. Auf Krauss geht daher das zur Tradition gewordene philharmonische Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker zurück (am 31. Dezember 1939 erstmals als "Philharmonische Silvester-Akademie" - Programm wie bei den Salzburger Festspielen 1939, seit 1941 am Neujahrstag). Näheres zu den Umständen der Entstehung siehe [[[Johann_Strauss#Sohn Johann Strauss]].
In der Endphase des Zweiten Weltkriegs, als zum 1. September 1944 die Theater geschlossen wurden, stand Krauss auf der Gottbegnadeten-Liste, einer vom Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda und Adolf Hitler zusammengestellten Liste, in der die wichtigsten Künstler des NS-Regimes aufgeführt waren. Diese Nennung befreite ihn vom Kriegseinsatz.
Nachkriegsschilderung von Clemens Krauss über seine Tätigkeit bei den Salzburger Festspielen 1939
In einem Brief an Oberregierungsrat Horner vom Amt für Sicherheitswesen der Stadt Salzburg nahm Clemens Krauss nach Kriegsende am 30. November 1945 Stellung zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen "... Der dritte Vorwurf, daß ich mir nach dem nationalsozialistischen Umsturz aus Gewinnsucht die Leitung der Salzburger Festspiele angeeignet habe, ist eine völlige Entstellung der Tatsachen. Wenn dies meine Absicht gewesen wäre, hätte ich schon im Jahre 1938 in Salzburg dirigiert. Im Jahr 1939 bewog mich die Festspielleitung, eine recht alte verschlampte Vorstellung von "Don Giovanni" zu dirigieren. Ich gabe auf Bitten von Dr. Kerber meine Zusage, was ich später bereute. Die Vorstellung war schlecht, da nur geringe Probemöglichkeiten waren und die Besetzung trotz guter sänger nicht einheitliches Niveau, geschweige denn Festspielniveau hatte. Aufgrund dieser Erfahrung sagte ich die Leitung von Opernaufführungen für die nächsten Jahre ab. Im Jahre 1941 dirigierte ich daher nur zwei Orchesterkonzerte im Hinblick auf meine langjährige Verbundenheit mit den Wiener Philharmonikern. ..." (Scanzoni/ Kende: "Der Prinzipal")
Die "recht alte verschlampte Vorstellung von 'Don Giovanni" war die Wiederaufnahme der Produktion der Salzburger Festspiele von 1938 (Dirigent Karl Böhm). Clemens Krauss erwähnte in seinem langen Brief an das Amt für Sicherheitswesen in Salzburg das von ihm geleitete Johann Strauss-Konzert der Salzburger Festspiele vom 13. August 1939 und die zwei weiteren von ihm geleiteten Strauss-Konzerte vom 23. August 1942 und 22. August 1943 nicht.
"Krach" mit den Wiener Philharmonikern ab 1933
"Im Jahre 1941 dirigierte ich daher nur zwei Orchesterkonzerte im Hinblick auf meine langejährige Verbundenheit mit den Wiener Philharmonikern"
Seit April 1933 waren Clemens Krauss und die Wiener Philharmoniker verkracht. Die "offizielle Versöhnung mit dem Orchester" war am 27. März 1943 erfolgt.
In der Hauptversammlung der Wiener Philharmoniker vom 24. April 1933 hatten 85 Mitglieder in einer geheimen Abstimmung "die offene Kampfansage an Direktor Krauss" befürwortet. "Damit war das Ende der Ära Krauss besiegelt." (Clemens Hellsberg: "Demokratie der Könige", Schweizer Verlagshaus, Schott, Kremayr & Scherau, Zürich, Mainz, Wien, 1992, S. 440)
Am Folgetag, 25. April, hatte Clemens Krauss in sein Datenbuch eingetragen: "Wegen einer inferiören Handlungsweise eines neu gewählten Vorstandes der Wiener Philharmoniker lege ich mein Amt als ständiger Dirigent der philharmonischen Abonnementskonzerte nieder."(Scanzoni/Kende: "Der Prinzipal")
Bezüglich der "offieziellen Versöhnung mit dem Orchester" schreibt Philharmonikervorstand Prof. Dr. Clemens Hellsberg in "Demokratie der Könige" im Kapitel "Volkssturmeinheit Wiener Philharmoniker (S.497):
"Während die Rote Armee schon vor den Toren Wiens stand, spielten die Philahrmoniker unter der Leitung von Krauss Werke Debussy und Ravels ein!" (verbotene Kompositionen aus Feindesland)Der ehemalige Operndirektor war der einzige prominente Dirigent, der sich nicht abgesetzt hatte. Furtwängler und Böhm waren 'krank' gemeldet, aber Clemens Krauss blieb in Wien, bei den Philharmonikern und machte damit vieles wieder gut. Die offizielle Versöhnung mit dem Orchester war übrigens schon am 27. März 1943 erfolgt, als Krauss anläßlich seines 50. Geburtstags den Ehrenring der Wiener Philharmoniker erhalten und vor versammelten Plenum betont hatte,für ihn als Leiter der Salzburger Festspiele kämen nur die Wiener Philharmoniker als Orchester des Festivals in Betracht."
1. August 1942 Der Vertreter der Wiener Philharmoniker Leopold Kainz "Gedächtnisprotokoll":
"Die in Wien verbreiteten Gerüchte, Gen. Int. Clemens Krauss sei Wien gegnerisch eingestellt und Gegner der Wiener Philharmoniker und umgekehrt, die Wr. Philh. Gegner des Gen. Int. Krauss, waren Anlaß einer Aussprache zwischen dem Herrn Gen. Int. Krauss und mir als Vertreter der Wr. Philh., die ich hiermit in Form eines Gedächtnisprotkolles festhalte.
Gen. Int. Krauss eröffnete die Aussprache mit der Bemerkung, er möchte feststellen, daß an dem unsicheren Kommen der Wr. Philh. nach Salzburg nicht er Schuld trage, sondern die Reichsstatthalterei in Wien. Gen. Int. Krauss war kurz nach Erhalt des Führerauftrages an ihn, die Salzburger Festspiele als künstlerischer Chef zu übernehmen und zwar war dies am 2. Jänner 1942 (s.o. 13. September 1941), bei Reichsleiter von Schirach und besprach mit ihm die Salzburger Festspiele. Gen. Intendant Krauss betonte bei diesem Gedankenaustausch, daß er nach wie vor Wert darauf lege, daß die Wiener Staatsoper bei diesen Festspielen maßgeblich vertreten sei, allerdings käme eine solche Einladung nur für jene Körperschaften in Betracht, die noch intakt und auf künstlerischer Höhe sind. Reichsleiter von Schirach gab ihm seine volle Zustimmung zu seinen Plänen und vor allem die bestimmte Zusicherung, daß er für die Salzburger Festspiele die Wiener Philharmoniker haben kann. Überraschender Weise bekam er kurz vor seiner Spanienreise die Mitteilung von der Reichsstatthalterei, daß eine Teilnahme der Wr Philh. und auch des Staatsopernchores an den Sazburer fFstspielen für dieses Jahr nicht in Frage käme, weil die Oper über Auftrag des Wehrkreiskommandos Wien in Wien ab 15. August Wehrmachtsvorstellungen zu geben habe.
Die Mitteilung gab Krauss an das Reichsmin. f. Volksaufkl. u. Propaganda und zwar an den Reichsminister Dr. Göbbels weiter und bat um eine diesbezügliche Intervention bei Reichsleiter von Schirach. Diese fand statt und hatte das Ergebnis, daß eine Erfüllung der Wünsche von Cl. Krauss nur dann in Betracht gezogen werden kann, wenn außer dem Orchester, Chor und technischem Personal, die Wiener Staatsoper geschlossen mit einem Werk und zwar mit Händels 'Rodelinde' teilnehmen kann. Dies mußte Int. Krauss ablehnen, weil dies den Absichten des Führers widerspricht. Der Wunsch des Führers ist es, und auch des Reichsministers Dr. Göbbels,um die Einmaligkeit der Salzburger Festspiele (ähnlich Bayreuth) zu gewährleisten, daß bei den Festspielen in Salzburg nur Opern und Schauspiele in einer bisher nicht gekannten Besetzung, Auffassung, Inszenierung und bis ins kleinste sauberen Einstudierung herausgebracht werden und weder vor- noch nachher in irgendeiner Stadt Großdeutschlands in der in Salzburg herausgebrachten Aufmachung zur Aufführung gelangen. Dennoch verblieb die Reichsstatthalterei auf dem ablehnenden Standpunkt. Daraufhin erklärte Gen. Int. Krauss, daß er sich in dieser Sache an das OKW in Berlin wenden werde, um auf diesem Wege eine Entscheidung herbeizuführen. Um aber auftragsgemäß die Salzburger Festspiele unter allen Umständen zu sichern, tarf er mit Reichsminister Dr. Göbbels die Vereinbarung, falls eine Einigung mit Wien nicht erreicht werden kann, für die Opernaufführungen das Münchner Staatsopernorchester und den Opernchor und für die Konzerte die Berliner Philharmoniker einzuladen. Zur weiteren Bekundung seiner freundschaftlichen Einstellung zu Wien lud Gen. Int. Krauss das Wiener Burgtheater ein, unter der Regieführung von Gen. Int. Müthel ein Schauspiel in Salzburg in neuer Inszenierung zur Aufführung zu bringen, um so einen langgehegten Wusnsch des Burgtheaters, als geschlossenes Ensemble bei den Festspielen aufzuscheinen, zu erfüllen. Zuletzt wurde dann doch eine Einigung erzielt, doch nur unter der Bedingung, daß die Wiener Philharmoniker die Opern nicht als Wr. Philh. spielen, sondern als Staatsopernorchester und nur die Konzerte als von den Wr. Philh. ausgeführt gekennzeichnet werden dürfen. Nach diesen Ausführungen des Herrn Gen. Int. Krauss erkärte ich, daß vom Orchester aus nie eine Salzburg gegnerische Stimmung bestand, obwohl leise Versuche von den vorgesetzten Behörden gemacht wurden, eine solche in uns aufkommen zu lassen. Besonders die Neueinstudierungen im Juni und die beabsichtigten vielen Doppelvorstellungen im Juli, ließ die Meinung aufkommen, als ob darin Methode liege, um das Orchester so arbeitsmüde zu machen, daß es von sich aus die Mitwirkung bei den Salzburger Festspielen ablehnt, weil es physisch und psychisch nach einer so arbeitsreichen Saison und einer Erholungspause von 10 Tagen nicht in der Lage ist, sofort wieder mit einer erhöhten Arbeitskraft einzusetzen, wie dies die Salzburger Festspiele erfordern.
Ebenso unrichtig ist, wenn behauptet wird, daß die Wr. Philh. Gen. Int. Krauss ablehnen. Im Gegenteil, wir arbeiten mit Herrn Gen. Int. Krauss gerne zusammen, soweit die Proben keine ermüdenden Längen aufweisen, da wir gerade das von Zeit zu Zeit sehr wertvolle Durchkämmen, wie es der Gen. Int. Krauss vornimmt, als künstlerisch wichtig, wertvoll und notwendig empfinden. Am Ende der Aussprache dankte ich Gen. Int. Krauss für die Einladung an uns, nach Salzburg zu kommen und für sein wirklich großherziges Einsetzen für unser Orchester und bat ihn, uns auch weiterhin gewogen zu bleiben und die Versicherung entgegenzunehmen, daß wir immer gerne nach Salzburg kommen, da ja diese Stadt durch ihre weltberühnmt gewordenen Festspiele Anteil am Ruhm und Ansehen der Wiener Philharmonniker hat. Zum Schluß sprach ich noch die Bitte aus, bei den vorgesetzten Behörden in Wien und Berlin dahingehend zu wirken, daß das Spielzeitende der Staatsoper und die beginnende Festespielearbeit so gelegt wird, daß dem Orchester ein geschlossener Urlaub von wenigstens vier Wochen gesichert wird, dan das Orchester zur Aufrechtaerhaltung seiner künstlerischen Leistungsfähigkeit unbedingt benötigt. Für die Wiener Philharmoniker gez.Leopold Kainz" (Scanzoni/Kende: "Der Prinzipal", S. 259 ff.)
Darstellung von Clemens Krauss gegenüber dem Amt für Sicherheitswesen Salzburg 30.November 1945:
„Im Jahr 1942 waren die Salzburger Festspiele in Gefahr, dem Zugriff der Berliner kunstpolitischen Stellen zum Opfer zu fallen. Die Festspiele sollten von Berlin aus (Reichsdramaturg Dr. Schlösser und Musikstelle des Propagandaministeriums Dr. Drewes) geleitet werden. Es war geplant, den Wiener Philharmonikern ihr Vorrecht auf Salzburg zu entziehen, die Schauspielaufführungen mit Berliner Künstlern durchzuführen etc. Auf Bitten der damaligen Salzburger Behörden stellte ich mich für die Leitung der Salzburger Festspiele zur Verfügung und nahm den Kampf mit den Berliner Behörden auf. Ich erreichte eine ständige Subvention von Rm 1.200.000 jährlich und wachte kraft meiner künstlerischen Autorität darüber, daß den Festspielen der österreichische Charakter gewahrt blieb. Die Programme und Besetzungen zeigen, mit welcher Konsequenz an der österreichischen und Wiener Kunst festgehalten und dieser der Vorrang eingeräumt worden ist. Ich brachte zum ersten Mal das Wiener Burgtheater nach Salzburg, (Iphigenie auf Tauris und Nestroy Eine Jux will er sich machen), außerdem war die Exilbühne (Anzengruber) erstmalig in Salburg engagiert. In der Oper wirkten die Wiener Philharmoniker, der Wiener Staatsopernchor und das Wiener Ballett. Bevorzugt waren außerdem österreichische Sänger aus dem Reich und aus Wien (Zauberflöte als Wiener Volksstück mit Paul Hörbiger als Papageno).
Ich habe von dem Augenblick an, als ich die Salzburger Festspiele übernahm, die Münchner Festspiele nicht mehr durchgeführt, um meine ganze Kraft für Salzburg einsetzen zu können. Daß eine Reihe hervorragender Münchner Sänger in Salzburg mitwirkten ist selbstverständlich, denn München hatte in den Jahren 1942,1943 das führende Opernensemble Deutschlands. Erwähnen möchte ich, daß die meisten der in Salzburg mitwirkenden Sänger geborenen Österreicher waren. Das Wiener Ensemble bestand in diesen Jahren, sowie auch noch heute in der Hauptsache aus reichsdeutschen Sängern. ...
Dr. Kerber sank nicht auf den schlichten Rank eines Sekretärs herab, sondern blieb was er war, der administrative Leiter der Salzburger Festspiele und wurde zur Zeit meines Amtsantritts gleichzeitig Intendant des Salzburger Landestheaters.“
Bereits 1938 Reichspropagandaminsterium der eigentliche Veranstalter der Salzburger Festspiele
hinter Reichsminister Goebbels Abteilung X Musik Leitung Dr. Heinz Drewes
Zur Musikabteilung des Propagandaministeriums Rainer Sieb: "Der Zugriff der NSDAP auf die Musik", Diss. Univ. Osnabrück, 2007 S. 126 ff.
Im am 17. Februar 1938 - Einmarsch der Hitlertruppen in Österreich 12. März 1938 - erstellten Aufgabenspiegel der Musikabteilung des RMVP heißt es (Fred K. Prieberg: Handbuch Deutsche Musiker 1933-1945) :
10060 Mozartmuseum, Salzburg
61 Internationale Stiftung Mozarteum 62 a) Mozarteum- Lehranstalt Inland 63 b) " - Sommerkurse Ausland 64 c) Internatl. Mozartgemeinde Ausland 65 Salzburger Festspielhausgemeinde 66 Festspiele 1938
9. Dezember 1938 Festspiel-Direktor Erwin Kerber wird in das Propagandaministerium nach Berlin beordert und erfährt das mit Hitler besprochene und von diesem fixierte Programm der Salzburger Festspiele 1939: Dauer 30. Juli bis 6. September: Neben Oper und Schauspiel Konzerte: Dirigenten Stokowski, Sabata, Mengelberg. [kein Clemens Krauss]
Weiters wird Dr. Kerber mitgeteilt, daß „das Propaganda-Ministerium der eigentliche und verantwortliche Veranstalter der Festspiele ist.“ (Edda Fuhrich, Gisela Prossnitz: "Die Salzburger Festspiele Band I 1920-1945 Ihre Geschichte in Daten, Zeitzeugnissen und Bildern", Residenz Verlag, Salzburg und Wien, 1990, S. 248 f.)
Am 8. April 1939 kündigte die österreichische Volks-Zeitung das Salzburger Johann-Strauss-Konzert bei der Vorstellung des vom Reichspropagandaministerium endgültig festgelegten Spielplanes der Salzburger Festspiele 1939 Salzburger Festspiel-Abc an.
21. Mai 1939 Joseph Goebbels Ansprache auf der Kulturpolitischen Kundgebung im Rahmen der 2. Reichsmusiktage (Düsseldorf) 1939: „[…] Die Salzburger Festspiele und das Mozarteum in Salzburg können heute nicht mehr zu einer etwas verkümmerten und sterilen Repräsentation des sogenannten österreichischen Menschen missbraucht werden. Sie sind Besitz der Kultur unseres nationalsozialistischen Reiches. Wir haben es uns angelegen sein lassen, durch große staatliche Zuschüsse eine absolute Sicherung der drei Wiener Orchester und der Sudetendeutschen Philharmoniker zu gewährleisten. […] Im Übrigen können wir nach der Ausmerzung der Juden aus der ehemaligen sogenannten österreichischen Musik einen ständig zunehmenden organischen Gesundungsprozess auf diesen Sektor unseres musikalischen Schaffens und Nachschaffens feststellen. […]“ Tonausschnitt aus der Goebbels-Ansprache
Die Reichsmusiktage wurden von Dr. Heinz Drewes initiiert und organisiert.
Zum Propaganda-Einsatz der Wiener Philharmoniker und des Berliner Philharmonischen in der NS-Zeit und zu Clemens Krauss siehe Fritz Trümpi: " Politisierte Orchester. Die Wiener Philharmoniker und das Berliner Philharmonische Orchester im Nationalsozialismus", Böhlau, Wien, 2011
Nachkriegszeit
1945 mit Berufsverbot belegt, dirigierte Clemens Krauss seit 1947 wieder regelmäßig an der Wiener Staatsoper, bei den Wiener Philharmonikern und bei den Bayreuther Festspielen. Krauss wurde vor allem als Interpret der Werke seines Freundes Richard Strauss bekannt; er verfasste das Libretto zu dessen Oper Capriccio.
Krauss war in zweiter Ehe mit der rumänischen Sopranistin Viorica Ursuleac verheiratet. Beigesetzt ist er in Ehrwald in Tirol.
Auszeichnungen
- 1932 - Ehrenring der Stadt Wien
Literatur
- Erik Maschat: Krauss, Clemens. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 12, Duncker & Humblot, Berlin 1980, ISBN 3-428-00193-1, S. 712–714 (Digitalisat).
- Götz Klaus Kende, Signe Scanzoni: Der Prinzipal. Clemens Krauss. Fakten, Vergleiche, Rückschlüsse. Hrsg. v. Clemens Krauss-Archiv Wien. Schneider, Tutzing 1988. ISBN 3-7952-0549-2
Weblinks
- Werke von und über Clemens Krauss im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Clemens Krauss Archiv on the Web (jap./engl.)
Einzelnachweise
- ↑ Johannes Hofinger: "Die Akte Leopoldskron", Verlag Anton Pustet, Salzburg/München 2005
- ↑ "Salzburger Landeszeitung" 14. Juni 1939 in Edda Fuhrich, Gisela Prossnitz: "Die Salzburger Festspiele Band I 1920-1945 Ihre Geschichte in Daten, Zeitzeugnissen und Bildern", Residenz Verlag, Salzburg und Wien, 1990, S. 253 "Verstaatlichung des Mozarteum"
Personendaten | |
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NAME | Krauss, Clemens |
ALTERNATIVNAMEN | Krauss, Clemens Heinrich (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | österreichischer Dirigent |
GEBURTSDATUM | 31. März 1893 |
GEBURTSORT | Wien |
STERBEDATUM | 16. Mai 1954 |
STERBEORT | Mexiko-Stadt |