Heinrich von Brühl
Graf Heinrich von Brühl (* 13. August 1700; † 28. Oktober 1763) war sächsischer Premierminister und eine der umstrittensten Figuren der sächsischen Geschichte.
Seine Karriere
Heinrich von Brühl wurde 1729 "Vortragender Kammerjunker" August des Starken und 1730 organisierte er die Lustbarkeiten im Militärlager von Zeithain, mit dem der Kurfürst-König die Bündnisfähigkeit Sachsens unter Beweis stellen wollte (vor allem gegenüber den Preußen). Mit dem Erfolg des Zeithainer Lagers kletterte Brühl die Karriereleiter steil empor, wurde mit 31 Jahren einer der jüngsten Geheimräte und Minister.
Nach dem Tod August des Starken 1733 war Brühl maßgeblich an der polnischen Königswahl beteiligt, er beschaffte die Gelder und leitete zusammen mit Alexander Sulkowski die Außenpolitik (vgl. Polnischer Thronfolgekrieg). Das Vortragsrecht beim Kurfürsten Friedrich August II. (in Polen August III.) wurde Nov. 1733 auf Brühl und Sulkowski beschränkt.
Es war eigentlich nur die Frage, ob Brühl oder Sulkowski die Arbeit des willensschwachen und trägen Kurfürsten übernehmen würden. 1738 entschied sich der Kurfürst-König zugunsten Brühls. In diesem Jahr konzentrierte Brühl alle Departements auf sich, darunter solche, zu denen er keinerlei Fähigkeiten oder Begabung besaß, insgesamt ca. 30 Ämter. Das Militärwesen war ihm fremd, von Wirtschaft und ihrer Förderung verstand er nichts. Allerdings war er ein erfolgreicher Diplomat und erprobter Organisator. Seine Ernennung zum Premierminister 1746 war nur eine Formfrage.
Als Premierminister
Bereits 1748 zeichnete sich die finanz. Katastrophe ab. Die von Brühl zur Deckung der laufenden Ausgaben bereitgestellten Summen reichten nicht einmal für die Zinsen früherer Schulden. Der Wert staatlicher Schuldverschreibungen sank auf 1/3 des Nennwertes. Brühl tauschte gerichtlich verwaltete Vermögenswerte in solche Schuldverschreibungen um. Das betraf u.a. die hinterlegten Wertpapiere vieler Gewerbetreibender, die daraufhin ihre Kreditwürdigkeit verloren. Zudem ließ er die rückständigen Gehälter der Beamten und Offiziere damit begleichen.
Die Ständevertretung (d.h. der Landtag) protestierte mit einer Sonderkommission gegen Brühls abenteuerliche Finanzpolitik, mußte sie aber dulden (1749). Um die folgende öffentliche Kampagne gegen Brühl zu entwaffnen, wurden einige Leute, u.a. der schottische Finanzfachmann A. M. de Bishopfield verhaftet.
Weiterhin wurde 1748 die Armee verringert, von 32 000 auf 17 000 Mann, zu wenig, um damit noch einen Faktor in der Außenpolitik darzustellen. Dann wurden staatliche Hoheitsrechte verpachtet, so 1750 und besonders 1754/55 die Generalkonsumakzise (eine Verbrauchssteuer, entspricht etwa der heutigen Mehrwertsteuer), die vom Einspruch der Ständevertretung unabhängige Einnahmequelle des Landesherren. Trotzdem betrugen die Staatsschulden 1749-1756 30-35 Millionen Taler. Kurz, Sachsen war bankrott.
Der Siebenjährige Krieg tat ein übriges. Preußen besetzte Sachsen, gab monatlich eine Million Taler für seine Armee aus, verfügte aber über nicht mehr als 6,5 Millionen Taler an jährlichen Steuereinnahmen. Die Differenz der Kriegskosten mußte in erster Linie Sachsen bezahlen. Friedrich II. hatte da keinerlei Skrupel und somit am damaligen Ruin Sachsens nicht weniger Anteil als Brühl. Mit dem Tod August III. trat Brühl von seinen Ämtern zurück.
Nach dem Ableben Brühls wurde 1763 ein Prozeß gegen den Verstorbenen und seine engsten Mitarbeiter angestrengt, der allerdings nie zu einem Ergebnis kam. Denn Brühl handelte in allen Punkten mit der Einwilligung des Landesherren und diesen konnte der Regent Prinz Xaver nicht verurteilen, ohne den Staat insgesamt in Frage zu stellen.