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Jugoslawien

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Jugoslawien (»Südslawien«) war ein Zentralstaat, später Bundesstaat in Europa.

Die im Jahr 1992 aus Teilen der ehemaligen Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien (SFRJ) entstandene Bundesrepublik Jugoslawien bestand von 1992 bzw.1995 bis zum 4. Februar 2003 aus den beiden Republiken Serbien und Montenegro. Sie grenzte an Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Mazedonien und Albanien und war ein Anrainerstaat des Mittelmeers.

  • Fläche: ca. 102 000 km²
  • Einwohner: ca. 11 000 000
  • Hauptstadt: Belgrad (Beograd), 1.5 Mio. Einwohner
  • Amtssprache: Serbisch
  • Nationalfeiertag: 29. November

Geschichte

Das alte, bis zum Bürgerkrieg in den 1990er bestehende Jugoslawien entstand als Serbo-Kroatisches Staatsgebiet 1918 nach dem Ersten Weltkrieg aus Teilen Österreich-Ungarns (hpts. Krain, Kroatien-Slawonien, Dalmatien, Bosnien und die Vojvodina) und den vorher unabhäbgigen Königreichen Montenegro und Serbien. Es nannte sich zunächst Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen (SHS-Staat). Am 3. Oktober 1929 ließ es König Alexander I. während einer Staatskrise in Jugoslawien umbenennen.

Im Zweiten Weltkrieg wurde in der Westhälfte des Königreiches ein "unabhängiger" faschistischer Satellitenstaat Kroatien eingerichtet. Im östlichen Teil wurden in Serbien und Montenegro einheimische Regierungen unter deutscher bzw. italienischer Besatzungshoheit eingesetzt, während die peripheren Teile Jugoslawiens (Slowenien, Dalmatien, Vojvodina, Mazedonien) von den Nachbarstaaten annektiert wurden. Parallel zu den Kriegshandlungen Italiens und der deutschenWehrmacht fand ein Bürgerkrieg zwischen Kommunisten und Monarchisten statt, den die Kommunisten unter Josip Broz Tito für sich entscheiden konnten.

Nach dem zweiten Weltkrieg wurde Jugoslawien als sozialistischer Bundesstaat aus 6 Teilrepubliken (Slowenien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Montenegro, Serbien und Mazedonien) und zwei Autonomen Provinzen innerhalb der Republik Serbien Vojvodina und Kosovo wiederhergestellt.

Nachdem sich Tito mit Stalin zerstritten hatte, wurde Jugoslawien Hauptakteur der Bewegung der Blockfreien Staaten. Innenpolitisch wurde der immer wieder aufflackernde Nationalismus restriktiv unterdrückt. Nach dem Tode Titos kam es anfangs im Kosovo, danach auch in Slowenien, Kroatien und Bosnien-Herzegowina zu Separationstendenzen, die im bosnisch-kroatischen und im Kosovo - Krieg gipfelten.

Restjugoslawien überstand nach dem Sturz Slobodan Miloševićs nur noch wenige Jahre. 2002 wurde vereinbart, dass sich Jugoslawien im Jahr 2003 endgültig auflöst. Nachfolger ist ein loser Verbund »Serbien und Montenegro«, dem beide Staaten als quasi unabhängige Staaten angehören. Sie streben offensichtlich die eigenständige Mitgliedschaft in der UNO an. 2006 soll die Bevölkerung über den Fortbestand dieser losen Vereinigung abstimmen.

Chronologie

Von Rom zum Frankenreich

Reiche im Mittelalter

  • 9./10. Jahrhundert: Serbien, Bosnien und Mazedonien bilden einen Teil des Bulgarischen Reiches; Kroatien und Slowenien bilden ein unabhängiges Königreich (845-1091).
  • 1089/1091: Das Königreich Kroatien wird ungarisch.
  • 1180: Bosnien wird unabhängig (ab 1203 zu Ungarn).
  • 1180: Serbien wird unabhängig und 1217 Königreich.
  • 1331: Begründung des Großserbisches Reichs, das neben Serbien auch Herzegowina, Montenegro, Albanien, Mazedonien und Nordgriechenland (bis Epirus) umfasst.
  • 1355-1402: Vordringen der Türken (Osmanen) auf dem Balkan, der Teil des Osmanischen Reiches wird.
  • 1389: In der Schlacht auf dem Amselfeld (Kosovo Polje im heute autonomen Kosovo) unterliegen die Serben endgültig der osmanischen Herrschaft.

Westlicher Balkan unter den Osmanen

Königreiche 1849-82, 1918 und 1929

  • 1849: Slowenien und Kroatien bilden ein Königreich innerhalb der Monarchie Österreich-Ungarn und ab 1868 im Zuge des "Ausgleichs" eine Union mit Ungarn.
  • 1852: Montenegro wird eigenständiges Fürstentum.
  • 1867: Die Osmanen räumen die letzten militärischen Festungen.
  • 1878: Serbien bildet ein unabhängiges Fürstentum und wird 1882 Königreich. Auch Montenegro wird unabhängig. Bosnien und der Sandschak werden von Österreich besetzt und verwaltet.
  • 1908: Bosnien und Herzegowina werden von Österreich annektiert und der Österreichisch-Ungarischen Monarchie eingegliedert.
  • 1912/1913: Balkankriege und Aufteilung der europäischen Türkei (Ende der osmanischen Vorherrschaft auf dem Balkan).
  • 1913: Teil Mazedoniens wird serbisch (Vardarska banovina).
  • 1914 (28.6.): Die Ermordung des österreichischen Thronfolgers Franz Ferdinand in Sarajewo durch serbische Nationalisten führt zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs.
  • 1914-1918: Im Ersten Weltkrieg besetzen die Mittelmächte (Deutsches Reich und Österreich Ungarn) Serbien und Montenegro.
  • 1918 (1.12.): Nach dem Zerfall der Österreichisch-Ungarischen Monarchie bilden Slowenien, Kroatien, Bosnien, Montenegro und Serbien das Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen. Erster König wird Peter I. Karajordjević (*1844, †1921).
  • Um 1920: etwa 100.000 Donauschwaben müssen aus Jugoslawien fliehen oder ziehen es vor, nach Deutschland oder Österreich auszuwandern.
  • 1921 (16.8): Alexander I. (*1888) wird neuer König. Er wird 1934 bei einem Besuch in Frankreich von kroatischen und mazedonischen Extremisten ermordet.
  • 1928: Anhaltende Zwistigkeiten zwischen Serben und Kroaten gipfeln in der Ermordung des Kroatenführers Stjepan Radić (*1871), der sich gegen den serbischen Zentralismus auflehnt und die kroatische Unabhängigkeit fordert.
  • 1929 König Alexander I. löst das Parlament auf und errichtet die Königsdiktatur
  • 1929 (3.10.): Das Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen wird in Königreich Jugoslawien umbenannt.
  • 1931 (3.9.): Eine neue Verfassung zementiert die serbische Vorherrschaft.
  • 1934 (9.10.): Nach der Ermordung Alexander I. wird der elfjährige Peter II. (*1923, †1970) neuer König. Er wird während des Krieges am 17.4.1941 abgesetzt.
  • 1939 durch eine Abkommen zwischen Ministerpräsident Cvetković und dem Vorsitzenden der Kroatischen Bauernpartei, Maček, das die Schaffung einer autonomen Banovina Kroatien innerhalb Jugoslawiens vorsieht, wird versucht, den serbisch-kroatischen Gegensatz zu überwinden

Titos Jugoslawien

  • 1941 (6.4.): Einmarsch deutscher und italienischer Truppen in Jugoslawien, das am 17.4. kapituliert. Kroatien wird für unabhängig erklärt (10.4.; faschistische Ustaša), Montenegro italienisches Protektorat, der Rest des Landes unter deutsche Militärverwaltung gestellt. König Peter II. bildet in London eine Exilregierung.
  • Ab 1941 wird auf Druck Italiens die deutschsprachige Minderheit der Gottschee in Slowenien in die Untersteiermark ausgesiedelt, von wo sie 1945 nochmals vertrieben wird.
  • 1943 nach dem Seitenwechsel Italiens wird auch die vormals italienische Besatzungszone von deutschen Truppen besetzt
  • 1944: Die Partisanenarmee unter Josip Broz Tito (*1892, †1980) kontrolliert noch vor dem Einmarsch sowjetischer Truppen weite Teile des Landes.
  • 1944 durch ein Abkommen mit der Exilregierung, das eine gemeinsame Koalitionsregierung vorsieht, erreicht Tito die internationale Anerkennung seiner Herrschaft
  • 1945: fast ¼ Million Donauschwaben werden vertrieben, viele erleiden den Tod (nur in Ungarn kann sich die Minderheit als Ungarndeutsche später Rechte erwerben).
  • 1945 (29.11.): Das befreite Jugoslawien wird Republik unter der Bezeichnung Föderative Volksrepublik Jugoslawien. Erster Staatspräsident ist Ivan Ribar (*1881-1968). Erster Ministerpräsident wird Josip Broz Tito.
  • 1953 (14.1.): Josip Broz Tito übernimmt auch das Amt des Staatspräsidenten (bis zu seinem Tod am 4.5.1980) und wird damit Alleinherrscher des nunmehr kommunistisch regierten Jugoslawien.
  • 1946 (30.1.): Die neue Verfassung gliedert Jugoslawien in 6 Republiken: Serbien (mit den autonomen Provinzen Vojvodina und Kosovo), Kroatien, Slowenien, Bosnien-Herzegowina, Mazedonien und Montenegro.
  • 1948: Jugoslawien widerstrebt der sowjetischen Bevormundung, was zum Bruch mit der Sowjetunion führt. Außenpolitisch führt Jugoslawien nun einen unabhängigen Kurs und stellt sich an die Spitze der neutralen und blockfreien Staaten.
  • 1954: Beilegung des Konflikts mit Italien um Triest.
  • 1955: Aussöhnung mit der Sowjetunion.
  • 1963 (7.4.): Die Föderative Volksrepublik Jugoslawien wird in Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien umbenannt.
  • 1971: In Kroatien werden nationalistische Autonomiebestrebungen gewaltsam unterdrückt.
  • 1974: durch eine neue Verfassung erhalten die Teilrepubliken größere Selbständigkiet, und auch die beiden autonomen Provinzen werden direkt an der Verwaltung des Gesamtstaates beteiligt
  • 1980 (4.5.): Tod von Josip Broz Tito. Vereinbarung über zyklischen Wechsel der Präsidentschaft unter den 6 Teilrepubliken. Beginn der politischen und gesellschaftlichen Destabilisierung des Landes.
  • 1981: Unruhen und Demonstrationen der Albaner im Kosovo, das den Status einer eigenständigen Republik innerhalb der Föderation anstrebt. Die Proteste und Forderungen werden mit Waffengewalt unterdrückt. In der Folge werden viele serbische und andere Bewohner aus dem Kosovo vertrieben.
  • 1989 (8.5): Slobodan Milošević (*1941) wird Präsident der Teilrepublik Serbien.
  • 1990: Die Autonomierechte der Provinzen Vojvodina und Kosovo werden aufgehoben. Die beiden Regionen werden der direkten Kontrolle Serbiens unterstellt. Der letzte Präsident Gesamt-Jugoslawiens, der Kroate Stipe Mesić, versucht es vergeblich zu verhindern.

Zerfall Jugoslawiens

  • 1991 (25.6.): Kroatien und Slowenien erklären ihren Austritt aus dem jugoslawischen Staatsverband und werden unabhängig (definitiv am 8.10.1991). Serbien reagiert mit Waffengewalt gegen die Sezession, doch Slowenien siegt gegen die "Bundesarmee" überraschend schnell. In Kroatien entbrennt ein lang anhaltender Bürgerkrieg.
  • 1991 (15.9.): Auch die "Jugoslawische Volksrepublik Mazedonien" proklamiert die Unabhängigkeit (internationale Anerkennung am 8.4.1993 von der UNO als FYROM).
  • 1991 (15.10.): Bosnien-Herzegowina löst sich ebenfalls von Jugoslawien und erklärt seine Unabhängigkeit (internationale Anerkennung am 7.4.1992). In der Folge kommt es zu lang anhaltenden kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Serbien und Bosnien, aber auch zu Gebietsansprüchen und gewaltsamen Interventionen von kroatischer Seite.
  • 1992 (Jan.): Stationierung von UNO-Truppen in Kroatien.
  • 1992 (21.2.): Der UNO-Sicherheitsrat beschließt die Entsendung einer Friedenstruppe nach Jugoslawien.
  • 1992 (8.4.): Beginn der Offensive der bosnischen Serben mit Luftangriffen in Bosnien.
  • 1992 (27.4.): In einem Referendum votiert die Mehrheit der Bevölkerung von Montenegro für einen Verbleib bei Jugoslawien. Die beiden Staaten bilden die neue Bundesrepublik Jugoslawien. Erster Präsident des neuen Staatenbunds wird Dobrica Ćosić (*1921), beherrschende Figur bleibt aber Slobodan Milošević.

Milosevic, Dayton, Kosovo und Djindjić

  • 1992 (30.5.): Der UNO-Sicherheitsrat verhängt ein Wirtschafts- und Waffenembargo gegen Jugoslawien wegen der Kriegsführung in Bosnien-Herzegowina.
  • 1994 (28.2.): Militärischer Einsatz der NATO gegen Jugoslawien. Fortgang des Bürgerkriegs in Bosnien-Herzegowina.
  • 1995 (April bis Aug.): Kroatien erobert die im Bürgerkrieg an Serbien verloren gegangenen Gebiete (Westslawonien und Krajina) zurück.
  • 1995 (14.12.): Slobodan Milošević unterzeichnet zusammen mit den Präsidenten von Kroatien und Bosnien-Herzegowina - Franjo Tudjman und Alia Izetbegović – das Friedensabkommen von Dayton (USA). Ende der Kriegshandlungen in Kroatien und Bosnien-Herzegowina.
  • 1997 (15.7.): Slobodan Milošević – seit 1989 Präsident Serbiens - lässt sich zum Staatspräsidenten Jugoslawiens wählen.
  • 1999 (24.3. bis 10.6.): Kosovo-Krieg mit heftigen Bombardements der NATO auf Belgrad und andere Städte Serbiens und Montenegros. Die abtrünnige Provinz Kosovo (alban. Kosova) wird von Jugoslawien abgekoppelt und unter die Kontrolle der UNO gestellt.
  • 2000 (5.10.): Sturz von Präsident Slobodan Milošević.
  • 2000 (7.10.): Vojislav Kostunica (*1944) wird neuer Präsident der Bundesrepublik Jugoslawien, drei Monate später der Reformer Djindjić Premier von Serbien.
  • 2001 (1.4.): Ex-Präsident Milošević wird verhaftet und am 28.6. dem UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag (Niederlande) überstellt (Prozessbeginn: 12.2.2002).
  • 2003 (4.2.): Die Bundesrepublik Jugoslawien – bestehend aus Serbien und Montenegro – legt sich auf Betreiben der EU die neue Bezeichnung Republik Serbien und Montenegro zu. Der neue Staatenbund besteht nur noch als lose Föderation.
  • 2003 (12.3.): Zoran Djindjić (*1952, seit Januar 2001 serbischer Ministerpräsident) wird in Belgrad ermordet.

Siehe auch

Geschichte Serbiens, Geschichte Montenegros, Großserbisches Reich, Osmanisches Reich, Sandschak, Erster Weltkrieg.