Parodie
Viele Menschen verwenden den Begriff "Parodie", wenn sie in einem literarischen Werk oder in einem Film humorige Anspielungen auf andere, ihnen bekannte Werke entdecken, aber die wenigsten wissen offenbar, was genau mit diesem Begriff gemeint ist.
Definieren wir daher zunächst einmal, was Parodie eigentlich bedeutet:
Parodie ist normalerweise die verzerrende, übertreibende oder verspottende Nachahmung (griech. Parodia, "Gegengesang, Gegengedicht") eines bekannten Werkes, wobei zwar die Form beibehalten, aber auf einen anderen, nicht dazu passenden Inhalt angewendet wird.
Es gibt Parodien, welche sich in der Verspottung ihrer Vorlage erschöpfen. Das wäre sozusagen die simpelste Möglichkeit der Parodie, die nicht sehr niveauvoll zu sein braucht. Daneben gibt es auch Parodien, die über die Verulkung des Originals hinausgehen und eine zusätzliche kritische Absicht verfolgen. Diese Möglichkeit sollte man zu den anspruchsvolleren Parodien rechnen. Das kann soweit gehen, dass als Objekt der Parodie nicht mehr allein das parodierte Werk selbst gilt, sondern viel mehr ein "Zeitproblem", ein "Gegenwartsbefund", ein "Gesellschaftszustand". Die parodierte Vorlage wird so zu einer weitergehenden Gesellschaftskritik genutzt.
Erwin Rotermund, einer der besten Kenner der modernen Parodie, schrieb folgendes zur literarischen Parodie:
"Eine Parodie ist ein literarisches Werk, das aus einem anderen Werk beliebiger Gattung formal-stilistische Elemente, vielfach auch den Gegenstand übernimmt, das Entlehnte aber teilweise so verändert, dass eine deutliche, oft komisch wirkende Diskrepanz zwischen den einzelnen Strukturschichten entsteht. Die Veränderung des Originals, das auch ein nur fiktives sein kann, erfolgt durch totale oder partiale Karikatur, Substitution (Unterschiebung), Adjektion (Hinzufügung) oder Detraktion (Auslassung) und dient einer bestimmten Tendenz des Parodisten, zumeist der bloßen Erheiterung oder der satirischen Kritik. Im zweiten Falle ist das Vorbild entweder Objekt oder nur Medium der Satire."
Diese Definition bezieht sich zwar nur auf literarische Werke, schließt aber sicher auch Filmparodien mit ein, wenn man den Begriff "literarisches Werk" durch "Film" ersetzt.
Abzugrenzen wäre der Begriff "Parodie" auch noch gegenüber dem Begriff "Satire", denn eines steht fest: Viele parodistische Schriften und Filme sind auch satirisch gemeint. Aber was ist eine Satire?
Satire (lat. Satura, "satt, fruchtbar, voll"; in Verbindung mit laux, Schüssel: eine mit allerlei Früchten gefüllte Schale), ursprünglich ein kritisch-spöttisch-humoriges Gedicht, zusammengesetzt aus gemischten Elementen und mit gewissem Tiefgang zum Nachdenken verfasst. Im filmischen Sinne sicher auch: filmisches Allerlei, Mixtur aus unterschiedlichen Elementen mit dem Ziel einer spöttischen Kritik an bestehenden Zuständen.
Aber wie sehen die Elemente einer solchen Mixtur aus? Unter der literarischen Satire wird im allgemeinen eine Spottdichtung mit erzieherischer Tendenz verstanden.
Rudolf Sühnel hat die im Laufe der Jahrhunderte entwickelten Definitionen wie folgt zusammengefasst:
1. Es wird Kritik geübt an Verächtlichkeiten in Charakteren, Konventionen, Institutionen. 2. Diese Kritik bewegt sich auf einer weiten Skala der Ausdrucksintensität, von überlegener Heiterkeit bis hin zu tragischem Pathos. 3. Die verbindliche Norm, die die Satire attackiert, wird nicht direkt sichtbar gemacht, sondern in ihrem negativen Gegenbild dargestellt: Die Satire ist daher eine Kunst der indirekten Aussage, der Verschlüsselung, der parodistischen Aufhebung überlieferter Formen.
Gerade das geschickte Verschlüsseln der intendierten Aussagen macht die Qualität der Satire aus. Ziemlich hohe Ansprüche also.
Eine platte, slapstickartige Film-Produktion kann solchen Ansprüchen nie genügen. Auch reicht es für eine echte Satire wohl kaum aus, wie in der erfolgreichsten deutschen Nachkriegs-Filmkomödie Der Schuh des Manitu Indianer bayrisch sprechen und Handlungsmuster aus Winnetou-Filmen der 60er Jahre imitieren zu lassen, oder wie im Vorbild für diesen Kinofilm, der TV-"Bullyparade", bestimmte Charaktere, etwa Raumschiff-Commander, als dümmlich-schwul auftreten zu lassen. So etwas ist ziemlich billig und unterste Schublade, reicht aber offenbar für etliche Lacher bei naiven Zuschauern aus. (Etwas, das man als "Schenkelklopf-Humor" bezeichnen sollte.) Bei einer guten Filmsatire dagegen sollte einem jeder Lacher im Halse steckenbleiben und einem selber der kritische Satire-Spiegel vorgehalten werden.