Direkte Demokratie in Berlin
Die Volksgesetzgebung im Stadtstaat Berlin, bezeichnet die Elemente der direkten Demokratie, mit der die wahlberechtigte Bevölkerung unmittelbar an der Gesetzgebung des Landes mitwirkt. Sie ergänzt die bestehenden Instrumenten der repräsentativen Demokratie (Indirekte Demokratie), also die Wahl von Volksvertretern in das Abgeordnetenhaus, die dort ebenfalls über die Gesetzgebung abstimmen.
Gesetzliche Bedingungen
Die rechtlichen Grundlagen finden sich in den Artikeln 59, 62, 63 und 100 der Landesverfassung, sowie §§ 29–40 des Abstimmungsgesetzes.
Die Verfassungsartikel in Ihrer gültigen Fassung wurden in einer vom Abgeordnetenhaus initiierten Volksabstimmung, welche parallel zur Abgeordnetenhauswahl 2006 am 17. September 2006 abgehalten wurde, angenommen. Das Abstimmungsgesetz wurde in seiner jetzigen Fassung am 20. Februar 2008 beschlossen und erleichterte die Volksgesetzgebung. Vor der jetzt gültigen Verfassungsrechtslage gab es kaum Volksgesetzgebungsverfahren.
Instrumente der Volksgesetzgebung

Das Land Berlin kennt vier Instrumente mit denen die wahlberechtigte Bevölkerung unmittelbar auf den Gesetzgebungsprozess einwirken kann:
Während die Volksinitiative als Instrument für sich alleine steht, bauen Antrag auf Einleitung eines Volksbegehrens, Volksbegehren und Volksentscheid in einem dreistufigen Verfahren aufeinander auf.
Generelles zu den Verfahren
Gegenstand und Zulässigkeit
In Berlin sind Volksinitiativen und Volksentscheide grundsätzlich zur Verfassung, zu Gesetzen und zu allgemeinen Fragen der politischen Willensbildung – sofern diese in der Entscheidungszuständigkeit des Abgeordnetenhauses liegen – zulässig. Zusätzlich ist es bis maximal 46 Monate nach der Konstituierung des Abgeordnetenhauses möglich per Volksbegehren und Volksentscheid Neuwahlen herbeizuführen. Ausschließlich zum Landeshaushaltsgesetz (als Ganzes), zu Abgaben, Tarifen öffentlicher Unternehmen und Personalentscheidungen sind Volksbegehren nicht gestattet.
Verbindlichkeit
Sofern ein Volksbegehren ein Gesetz oder eine Verfassungsänderung zum Inhalt hat, ist das Ergebnis eines Volksentscheides hierzu verbindlich. Ein auf diesem Weg beschlossenes Gesetz muss also in Kraft treten. Ein irgendwie gearteter Schutz vor anschließender Änderung durch das Abgeordnetenhaus besteht allerdings nicht.[1]
Hat ein Volksbegehren einen allgemeinen Gegenstand der politischen Willensbildung zum Inhalt, hat der Volksentscheid nur empfehlenden Charakter. Von den in der Verfassung festgehaltenen Ausnahmen (bspw. Abgaben und Tarife öffentlicher Unternehmen) einmal abgesehen, kann per Volksentscheid also zu allen Fragen verbindlich entschieden werden, zu denen auch das Abgeordnetenhaus verbindlich entscheiden kann. Kann das Abgeordnetenhaus lediglich eine Empfehlung zu einer Frage aussprechen, hat auch ein Volksentscheid zur gleichen Frage lediglich einen empfehlenden Charakter.
Rechtliche Prüfung
In Berlin ist die Senatsverwaltung für Inneres und Sport für die rechtliche Prüfung einer Volksinitiative oder eines Volksbegehrens zuständig. Die Prüfung findet dabei grundsätzlich nach Einreichung der gesammelten Unterschriften statt. Seit einem Urteil des Landesverfassungsgerichts von Oktober 2009 darf die Senatsverwaltung die eingereichten Anliegen lediglich noch oberflächlich auf offensichtliche Verstöße gegen die Landesverfassung oder das Grundgesetz prüfen.
Bis 2009 prüfte die Senatsverwaltung alle eingereichten Anliegen umfassend auf deren rechtliche Zulässigkeit und verweigerte mehreren Anträgen auf Einleitung eines Volksbegehrens mit Verweis auf vermeintliche Verstöße gegen die Landesverfassung die Zulassung. Die Initiatoren des unter anderem von diesem Vorgehen betroffenen Volksbegehrens “Unser Wasser” klagten gegen diesen Entscheid vor dem Verfassungsgericht von Berlin. Dieses lehnte einen materiellen Entscheid zur Frage der Zulässigkeit dieses einen Volksbegehrens ab und urteilte vielmehr, dass eine umfassende verfassungsrechtliche Prüfung von Anliegen der Volksgesetzgebung generell erst nach deren Inkrafttreten (also bspw. nach einer etwaigen Annahme in einem Volksentscheid) auf dem Klageweg möglich sei.
Eintragungsmöglichkeiten
Volksinitiative, Antrag und Volksbegehren können in Berlin sowohl auf den Bürgerämtern als auch in so genannter Freier Sammlung “auf der Straße” durch Eintragung in, den gesetzlichen Vorgaben entsprechenden, Unterschriftslisten unterzeichnet werden. Eine postalische, meint das direkte Zusenden der Unterschriftenbogens an das Bezirksamt, oder Online-Eintragung ist hingegen in Berlin nicht möglich.
Vertrauenspersonen
Für Volksinitiative, Antrag und Volksbegehren müssen in Berlin fünf Vertrauenspersonen benannt werden; für Bürgerbegehren und Bürgerentscheid sind es drei. Diese fungieren sowohl für den Senat bzw. das Bezirksamt als auch die Bürger als Ansprechpartner und sind berechtigt, verbindliche Erklärungen im Rahmen eines direktdemokratischen Verfahrens abzugeben.
Kostenschätzung
Jedes Volks- oder Bürgerbegehren muss eine Schätzung enthalten, welche Kosten durch seine Umsetzung mutmaßlich entstehen werden. Neben der Kostenschätzung der Initiative fertigt auch der Senat eine solche an. Beide Angaben müssen zwingend auf Unterschriftslisten enthalten sein.
Spendentransparenz
Im Gegensatz zu anderen Bundesländern gibt es in Berlin keine Spendentransparenz bei Volks- und Bürgerbegehren. Das heißt eine Initiative ist nicht verpflichtet, ihr zugehende Spenden ab einer gewissen Höhe anzuzeigen und die Namen der Spender offen zu legen.
Volksinitiative
| Datum der Abgabe  | 
Titel | abgegebene Unterschriften  | 
gültige Unterschriften  | 
Votum des Abgeordnetenhauses  | 
|---|---|---|---|---|
| 30.09.1998 | Gegen Transrapid | 122.910 | unbekannt | abgelehnt (100:79 Stimmen) | 
| 23.11.2010 | Schule in Freiheit | 28.717 | in Zählung | noch nicht behandelt | 
Mit der Volksinitiative kann ein Gesetz oder Anliegen dem Abgeordnetenhaus vorgelegt werden. Eine Volksinitiative kommt zustande, wenn 20.000 Einwohner Berlins, welche das 16. Lebensjahr vollendet und ihren Erstwohnsitz seit mindestens drei Monaten in Berlin haben diese in den sechs Monaten vor Einreichung unterzeichnen. Eine Volksinitiative kann auch ohne deutsche Staatsbürgerschaft unterstützt werden.
Nach der Einreichung der Volksinitiative werden die Unterzeichnungen von den Bezirksämtern mit den Meldelisten abgeglichen und auf Korrektheit überprüft. Die Senatsverwaltung für Inneres prüft das Anliegen der Volksinitiative auf offensichtliche rechtliche Unzulässigkeit.
Nach erfolgreicher Einreichung und Prüfung einer Volksinitiative muss das Abgeordnetenhaus diese in einer Frist von vier Monaten behandeln und abstimmen. Das Abgeordnetenhaus kann die Volksinitiative annehmen oder ablehnen, darf diese aber in ihrem Wesensgehalt nicht abändern. Die Vertrauenspersonen der Volksinitiative können bei den Beratungen im Abgeordnetenhaus teilnehmen.
Nach erfolgter Behandlung im Abgeordnetenhaus ist der Verfahrensweg abgeschlossen. Im Gegensatz zu einigen anderen Bundesländern kann in Berlin mit einer Volksinitiative also kein Volksbegehren und Volksentscheid initiiert werden.
Antrag auf Einleitung eines Volksbegehrens
| Datum der Abgabe  | 
Name | abgegebene Unterschriften  | 
gültige Unterschriften  | 
weiterer Verlauf | 
|---|---|---|---|---|
| 30.03.2007 | THF | 32.000 | 29.878 | bis Volksentscheid | 
| 29.11.2007 | Pro Reli | 37.389 | 34.472 | bis Volksentscheid | 
| 31.01.2008 | Wasser[4] | 38.600 | 36.062 | Volksentscheid am 13.02.2011 | 
| 23.04.2008 | Raucher | 26.000 | 23.252 | bis Volksbegehren | 
| 27.07.2008 | Kindergärten[5] | 66.181 | 58.270 | Verhandlungslösung | 
| 27.07.2008 | Wahlrecht | 24.021 | 21.040 | kein Volksbegehren eingereicht | 
| 29.04.2009 | THF/Unesco | 24.946 | 21.414 | Volksbegehren in Teilen zulässig | 
| 30.11.2010 | Grundschulen[6] | 28.255 | In Zählung | offen | 
Der erste Schritt zur Erwirkung eines Volksentscheids in Berlin ist der Antrag auf Einleitung eines Volksbegehrens. Der Antrag muss eine Verfassungsänderung, ein Gesetz oder einen allgemeinen Gegenstand der politischen Willensbildung beinhalten, über den auch das Abgeordnetenhaus entscheiden könnte. Das Landeshaushaltsgesetz, Abgaben, Tarife öffentlicher Unternehmen sowie Personalentscheidungen oder gegen geschlossene Verträge gerichtete Anliegen dürfen nicht Gegenstand eines Antrags auf Einleitung eines Volksbegehrens sein. Des weiteren kann innerhalb einer Wahlperiode über den selben Sachverhalt nur einmal ein Volksentscheid abgehalten werden.
Für einen erfolgreichen Antrag müssen 20.000 gültige Unterschriften nachgewiesen werden, die maximal 6 Monate vor Einreichung geleistet wurden. Für einen Antrag der eine Verfassungsänderung oder Neuwahlen zum Ziel hat, sind 50.000 Unterschriften nötig. Unterschriftsberechtigt sind alle Bürger die ihren Erstwohnsitz seit mindestens drei Monaten in Berlin haben, die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen und das 18. Lebensjahr vollendet haben.
Nach der Einreichung des Antrags werden die Unterzeichnungen von den Bezirksämtern mit den Meldelisten abgeglichen und auf Korrektheit überprüft. Die Senatsverwaltung für Inneres prüft das enthaltene Anliegen auf offensichtliche rechtliche Unzulässigkeiten. Die Prüfungen müssen in einer Frist von 15 Tagen nach Einreichung der Unterlagen abgeschlossen sein.
Nach erfolgreicher Einreichung und Prüfung kann das Abgeordnetenhaus den Antrag auf Einleitung eines Volksbegehrens in einer Frist von vier Monaten behandeln und abstimmen. Im Gegensatz zur Volksinitiative ist die Behandlung allerdings nicht zwingend vorgeschrieben.
Volksbegehren
| Nr | Bezirk | EW | WBer | THF[7][8] 14.02.08  | 
ProReli[9]  21.01.09  | 
Raucher[10] 25.05.09  | 
Wasser[11] 27.10.10  | 
|---|---|---|---|---|---|---|---|
| 1 | Mitte | 190.550 | 10.956 | 16.199 | 5.612 | 19.804 | |
| 2 | Friedrichshain-Kreuzberg | 266.583 | 165.331 | 5.569 | 9.232 | 4.688 | 28.981 | 
| 3 | Pankow | 274.380 | 4.794 | 16.830 | 5.317 | 36.125 | |
| 4 | Charlottenburg-Wilmersdorf | 323.507 | 216.374 | 28.730 | 34.717 | 6.912 | 27.030 | 
| 5 | Spandau | 160.411 | 18.650 | 24.093 | 6.573 | 11.697 | |
| 6 | Steglitz-Zehlendorf | 295.786 | 213.787 | 37.668 | 45.554 | 4.247 | 29.961 | 
| 7 | Tempelhof-Schöneberg | 337.361 | 231.249 | 40.622 | 38.186 | 5.984 | 27.782 | 
| 8 | Neukölln | 193.014 | 24.079 | 23.728 | 5.622 | 21.025 | |
| 9 | Treptow-Köpenick | 288.802 | 193.936 | 6.341 | 11.127 | 3.343 | 25.929 | 
| 10 | Marzahn-Hellersdorf | 282.847 | 201.209 | 2.394 | 6.797 | 2.998 | 16.671 | 
| 11 | Lichtenberg | 201.096 | 3.123 | 7.009 | 3.947 | 18.561 | |
| 12 | Reinickendorf | 184.143 | 21.981 | 32.351 | 6.401 | 17.321 | |
| Berlin insgesamt | 3.685.265 | 2.425.480 | 204.907 | 265.823 | 61.644 | 280.887 | |
| EW: Einwohner WBer: Wahlberechtigte (2006)[12]  Farben der Bezirksnummern: ehem. West-, ehem. Ost-, West/Ost Fusionsbezirk  | |||||||
Bis maximal sieben Monate nach der Einreichung eines erfolgreichen Antrags auf Einleitung eines Volksbegehrens bzw. maximal drei Monate nach der Behandlung und ausdrücklichen Ablehnung des Antrags im Abgeordnetenhaus, haben die Initiatoren die Möglichkeit ein Volksbegehren durchzuführen. Das Anliegen des Antrags kann dabei in seiner Ausführung verändert werden, soweit sein Wesensgehalt unberührt bleibt.
Für ein erfolgreiches Volksbegehrens müssen in einer Frist von vier Monaten 7 % der Bürger unterzeichnen. Hat das Volksbegehren eine Änderung der Verfassung oder die Herbeiführung von Neuwahlen zum Ziel, müssen in der gleichen Frist 20 % der Abstimmungsberechtigten unterzeichnen. Unterschriftsberechtigt sind ebenso wie beim Antrag alle deutschen Staatsangehörigen die das 18. Lebensjahr vollendet haben und mit Erstwohnsitz seit mindestens drei Monaten in Berlin gemeldet sind. Nach der Einreichung des Volksbegehrens werden die Unterzeichnungen von den Bezirksämtern mit den Meldelisten abgeglichen und auf Korrektheit überprüft. Fällt die Prüfung positiv aus, muss innerhalb von vier Monaten (bei einem Begehren auf Neuwahlen innerhalb von zwei Monaten) ein Volksentscheid durchgeführt werden, sofern das Abgeordnetenhaus das Anliegen des Begehrens nicht unverändert übernimmt bzw. bei einem Begehren auf Neuwahlen nicht selbst seine Auflösung beschließt.
Volksentscheid
| Nr | Bezirk | THF WB  | 
THF Ja(SB)  | 
THF Ja(T)  | 
THF Nein(T)  | 
ProReli WB  | 
ProReli Ja(SB)  | 
ProReli Ja(T)  | 
ProReli Nein(T)  | 
|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
| 1 | Mitte | 30,9 % | 18,0 % | 58,4 % | 41,4 % | 24,3 % | 10,9 % | 44,8 % | 55,0 % | 
| 2 | Friedrichshain-Kreuzberg | 30,6 % | 12,0 % | 39,2 % | 60,5 % | 26,2 % | 6,7 % | 25,8 % | 74,0 % | 
| 3 | Pankow | 28,3 % | 9,6 % | 34,0 % | 65,8 % | 27,9 % | 8,0 % | 28,7 % | 71,2 % | 
| 4 | Charlottenburg-Wilmersdorf | 43,2 % | 31,0 % | 71,6 % | 28,2 % | 34,3 % | 20,7 % | 60,3 % | 39,6 % | 
| 5 | Spandau | 36,4 % | 27,6 % | 75,8 % | 24,0 % | 28,1 % | 19,4 % | 69,2 % | 30,7 % | 
| 6 | Steglitz-Zehlendorf | 50,8 % | 37,5 % | 73,8 % | 26,0 % | 41,4 % | 27,4 % | 66,3 % | 33,5 % | 
| 7 | Tempelhof-Schöneberg | 47,1 % | 33,0 % | 70,1 % | 29,7 % | 33,6 % | 20,5 % | 60,9 % | 38,9 % | 
| 8 | Neukölln | 41,7 % | 30,9 % | 74,1 % | 25,7 % | 26,5 % | 16,4 % | 61,8 % | 37,9 % | 
| 9 | Treptow-Köpenick | 33,2 % | 14,7 % | 44,3 % | 55,5 % | 27,7 % | 7,2 % | 26,1 % | 73,7 % | 
| 10 | Marzahn-Hellersdorf | 23,1 % | 7,7 % | 33,4 % | 66,3 % | 21,6 % | 4,9 % | 22,8 % | 77,0 % | 
| 11 | Lichtenberg | 24,8 % | 7,6 % | 30,4 % | 69,4 % | 23,2 % | 5,0 % | 21,3 % | 78,5 % | 
| 12 | Reinickendorf | 43,3 % | 33,3 % | 77,0 % | 22,8 % | 33,2 % | 22,9 % | 69,1 % | 30,7 % | 
| Berlin insgesamt | 36,1 % | 21,7 % | 60,1 % | 30,7 % | 29,2 % | 14,1 % | 48,4 % | 51,4 % | |
| WB: Wahlbeteiligung,  Ja(SB): Zustimmungsanteil der Wahlberechtigten,Ja(T): Zustimmungsanteil der Teilnehmer,  Nein(T): Ablehnungsanteil der Teilnehmer, Farben der Bezirksnummern: ehem. West-, ehem. Ost-, West/Ost Fusionsbezirk  | |||||||||
Ein Volksentscheid muss spätestens vier Monate (bei Begehren auf Neuwahlen spätestens zwei Monate) nach der Einreichung des Volksbegehren durchgeführt werden. Findet in den acht Monaten nach der Einreichung eine reguläre Wahl in Berlin statt, kann der Volksentscheid mit dieser zusammengelegt werden. Bis spätestens 60 Tage vor dem Volksentscheid kann das Berliner Abgeordnetenhaus einen Alternativentwurf zum Anliegen des Begehrens formulieren, die dann zusammen im Volksentscheid abgestimmt werden.
Um im Volksentscheid angenommen zu werden, muss die Mehrheit der Abstimmenden, mindestens aber 25 % – unabhängig von der tatsächlichen Beteiligung – der abstimmungsberechtigten Berliner diesem im Volksentscheid zustimmen (so genanntes Zustimmungsquorum). Zu den Teilnehmern zählen auch ungültig abgegebene Stimmen. Bei einer Verfassungsänderung oder einem Begehren auf Neuwahlen müssen 50 % der Abstimmungsberechtigten und mindestens zwei Drittel der tatsächlich Abstimmenden mit “Ja” stimmen.
Stehen zwei konkurrierende Vorlagen zur Abstimmung, wird zusätzlich eine Stichfrage gestellt. Auch wenn es hierzu auf Landesebene in Berlin bislang noch nicht kam, dürfte sich die Ausgestaltung der Stichfrage an dem bereits in einigen Bürgerentscheiden auf Bezirksebene praktizierten Verfahren orientieren. Die Abstimmenden können hierbei für beide Vorlagen jeweils mit “Ja” oder “Nein“ stimmen und in der Stichfrage angeben, welche der beiden Vorlagen (“A“ oder ”B”) sie präferieren.
Anliegen bisheriger Volksinitiativen
Schule in Freiheit
Die Volksinitiative „Schule in Freiheit“ fordert die finanzielle Gleichstellung bei der Förderung von staatlichen und privaten Schulen sowie eine stärkere Unabhängigkeit von Schulen in freier Trägerschaft und staatlichen Schulen. Durch die Gleichstellung bei der Finanzierung glaubt die Initiative das die privaten Schulen auf Schulgeld verzichten können. Am 23. November 2010 übergab Sie Walter Momper, dem Präsidenten des Abgeordnetenhauses, 28.717 Unterschriften.
Gegen den Transrapid
Die Volksinitiative „Bürger/innen gegen den Transrapid“ wandte sich gegen den geplanten Bau der Transrapid-Strecke von Berlin nach Hamburg. Vom 1. April bis zum 30. September 1998 sammelte die Initiative 122.910 Unterschriften, welche Sie am 14. Oktober 1998 einreichten. Die Anhörung von fand am 13. Januar 1999 statt, die dazugehörige Abstimmung am 25. Februar. Das Anliegen der Initiative wurde mit 100 zu 79 Stimmen bei vier Enthaltungen abgelehnt. Die Initiative wurde unterstützt vom BUND und 30 weitere Gruppen darunter Bürgerinitiativen, Umweltverbänden, den Grünen der PDS sowie Teilen der SPD.
Die Transrapid-Strecke wurde aufgrund steigender Kosten schließlich von der Rot-Grünen Bundesregierung abgebrochen und die ICE-Strecke zwischen Berlin und Hamburg ausgebaut.
Anliegen bisheriger Volksgesetzgebungsverfahren im Einzelnen
Seit der Reform der Volksgesetzgebung in Berlin im Jahre 2006 wurde eine ganze Reihe von Volksbegehren initiiert. Nachfolgend ein Überblick über alle Volksbegehren die im Land Berlin seit 2006 angestoßen wurden.[13]
Offenlegung der Wasser-Privatisierungsverträge
Das Volksbegehren “Schluss mit Geheimverträgen – Wir Berliner wollen unser Wasser zurück” zielt auf eine Offenlegung der Privatisierungsverträge zwischen dem Berliner Senat und den Unternehmen Veolia Wasser und RWE Aqua welche an den Berliner Wasserbetrieben beteiligt sind. Diese unter Geschäftsgeheimnis stehenden Verträge wurden von dem Rot-roten Senat geschlossen um Schadensersatzforderungen zu verhindern, welche im Zuge eines Gerichtsurteils des Berliner Verfassungsgerichts entstanden sind. Diese drohten fällig zu werden da bei der Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe vom damaligen Senat der großen Koalition beschlossene Gesetze vom Berliner Verfassungsgericht kassiert worden sind. Gegenstand dieser Verträge sind Gewinngarantien welchen unterstellt wird sie seinen an der Wasserpreissteigerung verantwortlich.
Im Frühjahr 2007 formierte sich das Bündnis “Berliner Wassertisch” als ein Netzwerk von verschiedenen Gruppen, Initiativen und interessierten Personen.[14] Die Initiative setzte sich zum Ziel, per Volksbegehren und Volksentscheid eine Änderung des Berliner Informationsfreiheitsgesetzes zu erreichen und über diesen Weg eine Veröffentlichung der Privatisierungsverträge zu bewirken.
Im Sommer des gleichen Jahres begann der Wassertisch mit der Sammlung von Unterschriften für einen Antrag auf Einleitung eines Volksbegehrens.[15] Nach zunächst eher schleppendem Beginn, konnten schließlich am 1. Februar 2008 dem Landeswahlleiter 39.659 Unterschriften übergeben werden, von denen 36.062 für gültig befunden wurden. Am 4. März 2008 erklärte der Berliner Senat das Volksbegehren für ungültig. Noch am gleichen Tag kündigte die Initiative eine Klage vor dem Verfassungsgerichtshof von Berlin gegen den Entscheid an.
Am 6. Oktober 2009 urteilte das Gericht schließlich, dass das Volksbegehren zuzulassen sei. In der Begründung äußerte sich das Gericht allerdings nicht zur Frage, ob dieses Volksbegehren gegen die Landesverfassung verstieße, sondern sprach dem Senat vielmehr grundsätzlich das Recht ab, über die Zulässigkeit eines Volksbegehrens materiell zu entscheiden. Da eine Verhandlungslösung scheiterte, startete die Initiative am 28. Juni 2010 das eigentliche Volksbegehren. Am 27. Oktober 2010 überreichte die Initiative schließlich über 265.400 Unterschriften. Zusammen mit den auf den Bürgerämtern geleisteten Unterstützungen kamen so insgesamt 320.700 Unterschriften zusammen, von denen am 9. November 280.887 für gültig befunden wurden. Das notwendige Unterschriftenquorum von 172.000 gültigen Unterschriften war damit deutlich überschritten und Ende November stellte der Senat dann das erfolgreiche Zustandekommen des Volksbegehrens fest.
Der Termin für den Volksentscheid wurde auf den 13. Februar 2011 festgesetzt.
Verbesserung der Kita-Ausstattung
Der Landeselternausschuss Kita Berlin (LEAK) startete im Februar 2008 die Sammlung von Unterschriften zum Antrag auf das Volksbegehren „Kitakinder + Bildung von Anfang an = Gewinn für Berlin“.[16] Ziel war es, Kindern ab drei Jahren ohne Bedarfsprüfung ein Teilzeitkindergartenplatz zuzusichern, mehr pädagogisches Personal an den Berliner Kitas einzusetzen und diesen mehr Vor- und Nachbearbeitungszeit einzugestehen sowie deren Fortbildung zu intensivieren.
Der Antrag übersprang mit 66.181 abgegebenen Unterschriften mühelos das Unterschriftenquorum von 20.000 und war damit der bislang erfolgreichste Antrag auf Einleitung eines Volksbegehren in der Geschichte Berlins. Aufgrund der geschätzten jährlichen Mehrkosten von ca. 100 Millionen Euro erklärte der Senat das Volksbegehren für unzulässig. Die Initiative klagte vor dem Verfassungsgerichtshof gegen diese Entscheidung und erhielt in dessen Urteil vom 3. Oktober 2009 Recht. Das Gericht stellte klar, dass Volksbegehren nur dann unzulässig seien, wenn diese direkt in das Haushaltsgesetz oder den laufenden Haushalt des Landes eingriffen. Eine generelle Unzulässigkeit sei aber nicht allein aus der Tatsache abzuleiten, dass ein Volksbegehren hohe Mehrausgaben für künftige Haushalte vorsehe.
In den sich an das Urteil anschließenden Verhandlungen mit dem Senat konnte schließlich eine Einigung erzielt werden, die eine weitgehende Umsetzung der Anliegen des Volksbegehrens in einem auf mehrere Jahre gestreckten, mehrstufigen Plan vorsieht. Die Initiative verzichtete daraufhin auf die Durchführung des eigentlichen Volksbegehrens.
Religion als Wahlpflichtfach an Schulen

Der Verein Pro Reli e.V.[17] verfolgte mit dem Volksbegehren „Wir wollen Wahlfreiheit! Für die Einführung des Wahlpflichtbereichs Ethik/Religion!“ das Ziel, durch einen Volksentscheid das Schulgesetz Berlins zu ändern.[18] Dieses sieht seit 2006 für die Klassenstufen 7 bis 10 das neu eingeführte Fach Ethik als ordentliches Lehrfach vor, während Religions- und Weltanschauungsunterricht – wie seit 1948 – in Berlin ab der ersten Klasse zusätzlich freiwillig besucht werden kann. Der stark von den christlichen Kirchen unterstützte Verein Pro Reli wollte diese Regelung durch eine nach Konfessionen getrennte Wahlpflichtfachgruppe Ethik/Religion ab der ersten Klasse ersetzen.
Das von Pro Reli initiierte Volksbegehren, war das erste nach der Reform der Direkten Demokratie in Berlin von 2006 durchgeführte Verfahren, mit dem in einem verbindlichen Volksentscheid ein Gesetz geändert werden sollte. Nachdem der Antrag mit 34.472 und das Volksbegehren mit über 265.823 gültigen Unterschriften deutlich erfolgreich waren, scheiterte die Initiative im Volksentscheid am 26. April 2009. Von den ca. 713.000 Berliner die sich an der Abstimmung beteiligten, stimmten lediglich 48,4 % für, 51,4 % aber gegen den Vorschlag. Aufgrund der geringen Beteiligung wäre das Volksbegehren aber auch bei umgedrehten Mehrheitsverhältnissen deutlich am geforderten Zustimmungsquorum von 25 % der Abstimmungsbrechtigten gescheitert.[19]
Offenhaltung des Flughafens Tempelhof
Im Jahre 1996 einigte sich der Berliner Senat mit der Brandenburgischen Landesregierung auf den Bau des Großflughafens Berlin Brandenburg International (BBI), zu dessen Gunsten die beiden innerstädtischen Flughäfen Tempelhof und Tegel geschlossen werden sollte. Nach der Beendigung des Planfeststellungsverfahrens beschloss der Senat im Jahr 2003 endgültig die Schließung von Tempelhof.
Mit dem Volksbegehren „Tempelhof bleibt Verkehrsflughafen!“ wollte die Interessengemeinschaft City-Airport Tempelhof e.V. (ICAT) die Offenhaltung des Flughafen Berlin-Tempelhof erreichen.[20] Starke Unterstützung erhielt die Initiative von Beginn an von den beiden Oppositionsparteien CDU und FDP. Unmittelbar nach Reform der Direkten Demokratie in Berlin, noch im November 2006 begann die Initiative mit der Unterschriftensammlung für den Antrag auf Einleitung eines Volksbegehrens. Dieser konnte im April 2008 mit knapp 30.000 gültigen Unterschriften abgeschlossen werden. Das Volksbegehren fand zwischen dem 15. Oktober 2007 und dem 14. Februar 2008 statt. Da zu diesem Zeitpunkt die notwendigen Durchführungsverordnungen für Volksbegehren noch nicht beschlossen waren, konnten Unterschriften hierfür ausschließlich auf den Bürgerämtern geleistet werden. Bereits am 30. Januar 2008 war das notwendige Unterschriftenquorum von 172.000 gültigen Unterschriften übersprungen worden. Der Volksentscheid fand am 27. April 2008 statt und führte zu einem so genannten “unechten” Scheitern des Anliegens. So stimmten zwar 60,1 % der Abstimmenden für das Volksbegehren, bei nur 36,1 % Nein-Stimmen, allerdings wurde das Zustimmungsquorum von 25 % verfehlt, da insgesamt nur 21,7 % der Abstimmungsberechtigten Berliner mit “Ja” stimmten.
Bereits im Vorfeld der Abstimmung polarisierte das Volksbegehren aus vielerlei Gründen. So war der Volksentscheid, weil er kein Gesetz sondern mit der Offenhaltung eines Flughafens einen Verwaltungsakt zum Ziel hatte, nicht verbindlich. Der Senat wäre also auch bei einem erfolgreichen Volksentscheid nicht an dessen Umsetzung gebunden gewesen. Der Regierende Bürgermeister Wowereit wies im Vorfeld der Abstimmung mehrmals über die Presse auf diesen Umstand hin und erklärte deutlich, dass der Senat unabhängig vom Ergebnis des Volksentscheids an der Schließung des Flughafens festhalten würde. Die Befürworter des Volksentscheids sahen dies als Ausweis von mangelndem Demokratieverständnis und als Versuch möglichst viele Bürger von der Teilnahme am Volksentscheid abzuschrecken. Die Gegner des Volksbegehrens kritisierten vor allem die undurchsichtigen finanziellen Interessen hinter dem Volksbegehren. So gab die Initiative für den gesamten Abstimmungsprozess mutmaßlich mehr als drei Millionen Euro aus, deren Ursprung nach wie vor nicht eindeutig geklärt ist. Zudem hätten die Unterstützer des Volksbegehrens von Beginn an gewusst, dass ein Volksentscheid unverbindlich sein würde, dies den Bürgern aber nicht klar kommuniziert.
An der Schließung des Flughafen Tempelhof wurde auch nach dem Volksentscheid festgehalten. Das letzte Flugzeug startete am 24. November 2008. Mittlerweile ist das Areal als Park geöffnet und im Jahr 2017 wird auf diesem die Internationale Gartenbauausstellung stattfinden.
Lockerung des Nicht-Raucherschutzes in Gaststätten
Der Verein Initiative für Genuß Berlin e.V.[21] wollte mit dem Volksbegehren „Wahlfreiheit für Gäste und Wirte – kein Rauchverbot in Berliner Gaststätten“ eine Abschwächung des Rauchverbotes durchsetzen.[22] Dies sollte dadurch geschehen das alle lokale wählen können ob sie ein Raucher- oder Nichtraucherlokal sind und dies nur am Eingang kennzeichnen müssen. Bisherige Regelungen welche Größenverhältnisse zwischen Raucher- und Nichtraucherbereichen festlegen oder den Vertrieb von Speisen in Einraumkneipen regulieren sollten abgeschafft werden. Das Volksbegehren war nicht Erfolgreich, da nicht genug Stimmen zusammenkamen.
Verbesserung der Grundschulausstattung
Der Landeselternausschuss Kita Berlin[23] (LEAK), welcher bereits den Volksbegehrensantrag zur Kitaausstattung organisierte, welcher mit einem Verhandlungsergebnis beendet wurde, startete im Juni 2010 die Sammlung von Unterschriften zum Antrag auf das „Volksbegehren-Grunschule“[24] dessen Ziele es sind durch eine Veränderung des Personalschlüssels mehr Stellen an Grundschulen zu schaffen, insbesondere bei einer hohen Anzahl an Kindern mit Migrationshintergrund. Des weiteren soll die Bedarfsprüfung von Grundschulkindern für Schulhorte wegfallen. Darüber Hinaus soll die Schulspeisung und die Fortbildung der Grundschullehrer verbessert werden. Am 30. Oktober 2010 wurden 28.255 Unterschriften übergeben. Die Kosten für die Umsetzung der Anliegen schätzt die Initiative auf 99 Millionen Euro im Jahr. Aufgrund der anstehenden Abgeordnetenhauswahl sehen die Initiatoren gute Umstände für eine Verhandlungslösung, da die Parteien im Abgeordnetenhaus es nicht parralel zum Wahlkampf auf ein Kräftemessen mit den Eltern ankommen lassen möchten.
Flughafen Tempelhof als Weltkulturerbe
Das Aktionsbündnis be-4-tempelhof.de[25], welches auch ein Bürgerentscheid in Tempelhof-Schöneberg zum gleichen Thema erfolgreich durchgeführt hat, möchte durch das Volksgegehren „Weltkulturerbe Tempelhof und mehr Transparenz in der Politik“ bzw. dessen Beantragung erreichen das der Flughafen Tempelhof in seiner jetzigen Form erhalten bleibt, also nicht bebaut wird, das es in die Liste der UNESCO-Weltkulturerbe eingetragen wird, sowie das es für Rosinenbomber und Regierungshubschrauber offen gehalten wird. Am 29. April 2009 wurden zur Beantragung des Volksbegehrens 24.946 abgegeben von denen 21.414 für gültig erklärt wurden. Das Volksbegehren wurde zu weiten Teilen für nicht Zulässig erklärt, da Sie Staatsverträgen widersprechen, außerhalb der Kompetenz des Landes liegen sowie in der gleichen Wahlperiode des Abgeordnetenhauses zu einem Anliegen nur ein Volksbegehren durchgeführt werden darf. Das Aktionsbündnis geht gegen die nicht zugelassenen Teile des Volksbegehrens bei dem Landesverfassungsgericht vor.
Direkte Demokratie in den Bezirken
Neben der Volksgesetzgebung im Land Berlin können die Bürger auch auf die Verwaltung der Bezirke – die in der Einheitsgemeinde Berlin einer Kommune entsprechen – unmittelbar Einfluss nehmen. Die rechtlichen Grundlagen hierzu sind in den §§ 44–47[§ 1] des Bezirksverwaltungsgesetzes geregelt.
Instrumente der bezirklichen Direkten Demokratie
Auf der bezirklichen Ebene stehen den Bürgern drei Instrumente zur Verfügung mit denen sie unmittelbar auf die Verwaltung Einfluss nehmen können:
Bürgerbegehren und Bürgerentscheid bauen im Rahmen eines zweistufigen Verfahrens aufeinander auf. Der Handlungsspielraum dieser Instrumente orientiert sich dabei an den Entscheidungskompetenzen der Bezirksverordnetenversammlung.
Der Einwohnerantrag ist dagegen weit weniger formalisiert und richtet sich an eine verwaltungstechnisch nicht genau abgegrenzte Ebene unterhalb des Gesamtbezirks ("Kiez").
Einwohnerantrag
Mit einem Einwohnerantrag kann ein bestimmtes Anliegen der jeweiligen Bezirksverordnetenversammlung (BVV) zur Behandlung vorgelegt werden. Für einen erfolgreichen Einwohnerantrag muss dieser von mindestens 1% der Einwohner eines Bezirks unterschrieben werden. Unterschriftsberechtigt sind dabei alle Einwohner des Bezirks, die das 16. Lebensjahr vollendet haben. Eine besondere Frist für die Sammlung der notwendigen Zahl an Unterschriften besteht nicht.
Vor Beginn der Unterschriftensammlung muss das Anliegen vom Bezirksamt geprüft werden, ob es den formalen Kriterien entspricht. Nach der Einreichung der Unterschriften werden diese von den Bürgerämtern mit den Meldelisten abgeglichen.
Liegt nach erfolgter Prüfung die notwendige Zahl an Unterschriften vor, muss die BVV in einer Frist von maximal zwei Monaten den Einwohnerantrag behandeln und abstimmen. Die Kontaktpersonen des Einwohnerantrages haben hierbei ein Recht auf Anhörung. Nach erfolgter Behandlung in der BVV ist das Verfahren abgeschlossen.
Bürgerbegehren

Mit einem Bürgerbegehren kann ein Anliegen, das im Verantwortungsbereich des Bezirks liegt, zu einem Bürgerentscheid gebracht werden. Für ein erfolgreiches Bürgerbegehren müssen drei Prozent der bei der Bezirksverordnetenwahl festgestellten Wahlberechtigten dieses innerhalb von sechs Monaten unterschreiben[§ 2]. Unterschriftsberechtigt sind alle Einwohner, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, die Staatsbürgerschaft eines EU-Mitgliedsstaates besitzen und ihren Erstwohnsitz seit mindestens drei Monaten vor Unterschriftsleistung im Bezirk haben.
Vor dem Start eines Bürgerbegehrens muss dieses zunächst beim zuständigen Bezirksamt beantragt und dort innerhalb eines Monats auf seine formale und materielle Zulässigkeit geprüft werden. Nach Übergabe der Unterschriften werden diese mit den Meldelisten abgeglichen und das Bezirksamt muss innerhalb eines Monats über das Zustandekommen des Bürgerbegehrens entscheiden. Fällt die Entscheidung hierüber negativ aus, können die Initiatoren hiergegen klagen.
Ein erfolgreiches Bürgerbegehren muss nicht zwingend in der BVV behandelt werden, allerdings entfaltet es eine Sperrwirkung, indem es den Organen des Bezirks untersagt ist, eine dem Anliegen des Bürgerbegehrens entgegenstehende Entscheidung zu treffen oder mit deren Vollzug zu beginnen[§ 3].
Ein Bürgerentscheid kann dadurch abgewendet werden das die BVV das Bürgerbegehren innerhalb von zwei Monaten in einer von den Vertrauensleuten gebilligten Form, oder unverändert übernimmt[§ 4].
Bürgerentscheid
Ein Bürgerentscheid muss durchgeführt werden, wenn zuvor ein Bürgerbegehren im Bezirk erfolgreich abgeschlossen wurde, oder wenn die Bezirksverordnetenversammlung dies mit 2/3 seiner Stimmen beschließt (so genannter “Ratsentscheid”). Geht der Bürgerentscheid auf ein erfolgreiches Bürgerbegehren zurück, so muss er spätestens vier Monate nach dem Feststellen des Zustandekommens des Bürgerbegehrens durchgeführt werden.
Ein Begehren gilt im Bürgerentscheid ist angenommen, wenn eine Mehrheit der Abstimmenden dafür stimmt und mindestens 15 % der Abstimmungsberechtigten Bürger am Bürgerentscheid teilgenommen haben (so genanntes “Beteiligungsquorum”). Abstimmungsberechtigt sind alle zur Bezirksverordnetenversammlung Wahlberechtigten, also alle Einwohner ab 16 Jahren mit der Staatsbürgerschaft eines EU-Mitgliedsstaates und Erstwohnsitz im Bezirk seit mindestens drei Monaten.[§ 5]
Die Bezirksverordnetenversammlung kann den Abstimmenden im Bürgerentscheid einen Alternativvorschlag vorlegen. Beide Vorlagen werden gleichzeitig (im selben Bürgerentscheid) abgestimmt, wobei zusätzlich noch eine Stichfrage gestellt wird. In dieser können die Bürger angeben, welche der beiden Vorlagen sie im Fall das beide im Entscheid angenommen werden bevorzugen.
Ein Bürgerentscheid hat die gleiche Rechtswirkung wie eine Entscheidung der Bezirksverordnetenversammlung, dass heißt, erstens kann der Entscheid bei erstmaliger Beschlussfassung durch das Bezirksamt abgelehnt werden und zweitens besteht bei den meisten Anliegen die Möglichkeit, dass die Landesebene die Frage an sich zieht und sie damit der Zuständigkeit des Bezirks entzieht.
Anliegen bisheriger direktdemokratischer Verfahren in den Bezirken (Auswahl)
Rudi-Dutschke-Straße in Friedrichshain-Kreuzberg
Von der Bezirksverordnetenversammlung wurde nach langem öffentlichem Diskus beschlossen, das Teile der Kochstraße im Ortsteil Kreuzberg des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg nach Rudi Dutschke zu benennen. Einige Anwohner, darunter auch die Axel Springer AG, wandten sich dagegen. Die CDU initiierte mit einer Unterschriftensammlung den Bürgerentscheid, welcher am 21. Januar 2007 durchgeführt wurde. Dieser scheiterte jedoch, da sich eine Mehrheit gegen den Verzicht auf die Umbenennung votierte.
Mediaspree in Friedrichshain-Kreuzberg
An den Spreeufern in Friedrichshain-Kreuzberg soll ein Gewerbegebiet errichtet werden. Der Bürgerentscheid sprach sich für ein Verzicht auf eine Hochhausbebauung aus, sowie für einen 50 Meter breiten bebauungsfreien Uferstreifen. Der Bürgerentscheid, welcher am 13. Juli 2008 durchgeführt wurde, war erfolgreich (87% Zustimmung bei 19% Wahlbeteiligung), jedoch wurde der Bezirksebene die Kompetenz entzogen, auch um Schadensersatzforderungen abzuwenden.
Coppi-Gymnasium in Lichtenberg
In Lichtenberg sollte das Coppi-Gymnasium mit dem Kant-Gymnasium zusammengelegt werden. Das Forster-Gymnasium sollte in die Räumlichkeiten des Coppi-Gymnasium zusammengelegt werden. Der Bürgerentscheid wandte sich dagegen und wurde parallel zur Abgeordnetenhauswahl 2006 abgehalten. Bei einer Wahlbeteiligung von 47,4% wurde der Bürgerentscheid mit 65,5% zu 34,5% angenommen.[26]
Flughafen Tempelhof als Weltkulturerbe in Tempelhof-Schöneberg
Das Aktionsbündnis be-4-tempelhof.de, welches auch ein Volksbegehren zu gleichen Thema beantragt, initiierte im Bezirk Tempelhof-Schöneberg das Bürgerbegehren Das Denkmal Flughafen Tempelhof erhalten – als Weltkulturerbe schützen. Der Bürgerentscheid am 7. Juni 2009 ergab bei 37,9 % Wahlbeteiligung 65,2 % Zustimmung[27], womit der erfolgreiche Bürgerentscheid die Rechtskraft eines Beschlusses der Bezirksverordnetenversammlung hat.
Siehe auch
Einzelnachweise
Gesetzesnachweise
- ↑ §§ 44-47 des Bezirksverwaltungsgesetz
 - ↑ § 45 des Bezirksverwaltungsgesetzes
 - ↑ § 45 Abs. 5 des Bezirksverwaltungsgesetzes
 - ↑ § 46 Abs. 1 Satz 1 des Bezirksverwaltungsgesetzes
 - ↑ §§ 46 – 47 des Bezirksverwaltungsgesetzes
 
- Abschnitt V (Art. 59–65) der Landesverfassung von Berlin auf dem Landesportal von Berlin
 - Bezirksverwaltungsgesetz auf dem Landesportal von Berlin
 - Abstimmungsgesetz auf dem Landesportal von Berlin
 
andere Nachweise
- ↑ In Hamburg besteht bei einem per Volksbegehren beschlossenen und anschließend von der Bürgerschaft geänderten Recht bspw. die Möglichkeit eines fakultativen Referendums.
 - ↑ Quelle, falls keine separate angegeben: Mehr Demokratie e.V. (siehe Weblinks)
 - ↑ Quelle, falls keine separate angegeben: Mehr Demokratie e.V. (siehe Weblinks)
 - ↑ Pressemeldung über den Volksbegehrensantrag „Schluss mit Geheimverträgen – Wir Berliner wollen unser Wasser zurück“ auf dem Landesportal von Berlin
 - ↑ Pressemeldung bezüglich des Einspruchs zur Ablehnung des Kita-Volksbegehrens auf dem Internetauftritt der Initiative
 - ↑ Homepage der Kitainitiative mit der Angabe der eingereichten Unterschriften
 - ↑ Endgültiges Ergebnis des Volksbegehrens „Tempelhof bleibt Verkehrsflughafen!” nach Bezirken bei der Landeswahlleiterin von Berlin
 - ↑ Bei der Sammlung der Unterschriften war nur die Amtseintragung möglich, die kurz danach geänderte Gesetzeslage erlaubte auch die freie Sammlung
 - ↑ Endgültiges Ergebnis des Volksbegehrens „Pro Reli” nach Bezirken bei der Landeswahlleiterin von Berlin
 - ↑ Endgültiges Ergebnis des Volksbegehrens „Wahlfreiheit für Gäste und Wirte – kein Rauchverbot in Berliner Gaststätten” nach Bezirken bei der Landeswahlleiterin von Berlin
 - ↑ Endgültiges Ergebnis des Volksbegehrens „Schluss mit Geheimverträgen – Wir Berliner wollen unser Wasser zurück” nach Bezirken bei der Landeswahlleiterin von Berlin
 - ↑ Wahlberechtigte in Berlin zur Abgeordnetenhauswahl 2006 bei der Landeswahlleiterin von Berlin
 - ↑ Vollständige Auflistung aller Volksgesetzgebungsverfahren in Berlin auf dem Internetauftritt des Landesverbands Berlin/Brandenburg von Mehr Demokratie e.V.
 - ↑ http://berliner-wassertisch.net/ Internetauftritt des Berliner Wassertisch
 - ↑ Antrag der Initiative Berliner Wassertisch e.V. auf dem Internetauftritt der Landeswahlleiterin von Berlin
 - ↑ http://www.volksbegehren-kita.de/ Internetauftritt des Volksbegehrens "Kita"
 - ↑ http://www.pro-reli.de/volksentscheid/ Internetauftritt des Vereins "Pro Reli e.V."
 - ↑ Antrag der Initiative Pro Reli e.V. auf dem Internetauftritt der Landeswahlleiterin von Berlin
 - ↑ Abstimmungsergebnisse des Volksentscheids "Pro Reli" auf der Internetpräsenz der Landeswahlleiterin.
 - ↑ Antrag der Initiative Interessengemeinschaft City-Airport Tempelhof e.V. auf dem Internetauftritt der Landeswahlleiterin von Berlin
 - ↑ http://genussinitiative-berlin.de/ Internetauftritt des Vereins "Initiative für Genuß Berlin e.V."
 - ↑ Antrag der Initiative für Genuß Berlin e.V. auf dem Internetauftritt der Landeswahlleiterin von Berlin
 - ↑ http://www.leak-berlin.de/ Internetauftritt des Landeselternausschusses Kita Berlin
 - ↑ http://www.volksbegehren-grundschule.de/ Internetauftritt des Volksbegehrens-Grundschule
 - ↑ http://www.be-4-tempelhof.de/ Internetauftritt des Aktionsbündnisses be-4-tempelhof.de
 - ↑ Auszählung Bürgerentscheid in Lichtenberg - endgültiges Ergebnis -
 - ↑ Informationen zum Bürgerentscheid in Tempelhof-Schöneberg am 7. Juni 2009 auf dem Bezirksportal von Tempelhof-Schöneberg