Gravis (Typografie)
Òò Ùù `
Ein Gravis (lat. gravis „schwer“, „heftig“), frz. accent grave, ist ein diakritisches Zeichen, genauer ein Akzent zur Kennzeichnung einer besonderen Aussprache, Betonung oder Bedeutung eines Buchstabens. Es ist ein in Schreibrichtung schräg abfallender, kurzer Strich über dem Buchstaben (z. B. à, è), das Gegenstück zum Akut. Der Gravis wird in verschiedenen Sprachen verwendet; die genaue Bedeutung unterscheidet sich dabei von Sprache zu Sprache.
Verwendung
Griechisch
Der Gravis trat zuerst im Altgriechischen auf, wo er βαρεῖα bareía („Schwere“, neugr. Aussprache varía) genannt wurde. Einführung im 3. Jahrhundert v. Chr. Im Neugriechischen ist er seit 1976 obsolet.
Französisch
Heute kommt er insbesondere im Französischen vor und wird dort accent grave ([]) genannt. Seine Bedeutung ist abhängig vom Vokal, auf dem er eingesetzt wird.
- à und ù treten nur in wenigen Fällen auf und haben in der Regel keine phonetische, sondern lediglich eine semantische Differenzierung zum Zweck. Wortbeispiele: a („[er/sie/es] hat“) – à („nach“, „je“, „zu“) oder ou („oder“) – où („wo“).
- è (Lautwert: []) zeigt ein offenes e an (es entspricht dem deutschen ä). Es unterscheidet sich phonetisch klar vom é mit Accent aigu (Lautwert [], entspricht einem kurz gesprochenen deutschen eh) oder von e, das entweder den Schwa-Laut anzeigt (Lautwert entspricht ungefähr unbetontem deutschen e wie in murmeln) oder gar nicht ausgesprochen wird (vor allem am Wortende). Das è wird genauso wie ê mit Accent circonflexe ausgesprochen.
Der accent grave zeigt jedoch nicht die Betonung an, da im Französischen immer nur das Endes eines Wortes oder Syntagmas betont wird. Unbetontes è ist nicht sehr häufig, kommt jedoch in einigen Wörtern vor (z. B. in évènement).
Andere romanische Sprachen
Auch in anderen romanischen Sprachen tritt der Gravis auf. Im Italienischen zeigt er insbesondere die Betonung des jeweiligen Vokals an, beispielsweise in caffè („Kaffee“; im Gegensatz hierzu im Französischen café mit Accent Aigu), kann aber auch zum Ausdruck eines Bedeutungsunterschiedes eingesetzt werden, beispielsweise in den Wörtern è („[er/sie/es] ist“) gegenüber e („und“).
Chinesisch
Für die Lautumschrift der chinesischen Sprache (Hanyu Pinyin) wird der Gravis verwendet, um den vierten Ton (fallend) zu verdeutlichen.
IPA
Analog zum Doppelakut « ̋» gibt es auch einen Doppelgravis « ̏», der u. a. im Internationalen Phonetischen Alphabet verwendet wird.
Informatik
In der Informatik wird das alleinstehende Zeichen fachsprachlich als Backtick oder Backquote (engl. für „rückwärts geneigtes Hochkomma“ bzw. „einfaches Anführungszeichen“) bezeichnet und paarweise zur Klammerung etwa von Bezeichnern (MySQL) oder eingebetteten Kommandozeilenbefehlen (Unix-Shell, Perl etc.) verwendet.
Darstellung auf dem Computer

Zeichensätze
Im Zeichensatz ASCII kommt das Zeichen ` vor, das für den Gravis verwendet wird. In den Zeichensätzen der ISO 8859-Familie kommen ausgewählte Zeichen mit Gravis vor, ISO 8859-1 beispielsweise enthält die Zeichen À, à, È, è, Ì, ì, Ò, ò, Ù und ù.
Unicode enthält weitere fertig zusammengesetzte Zeichen mit Gravis. Außerdem kann auf Unicodebasis jedes beliebige Zeichen mit Gravis durch Nachstellen eines kombinierenden Gravis dargestellt werden. Das einzelne Zeichen hat die Unicode-Bezeichnung GRAVE ACCENT (Nummer U+0060).
TeX und LaTeX
TeX und LaTeX können beliebige Zeichen mit Gravis darstellen. Es gibt dazu zwei verschiedene Befehle.
- Im Textmodus für den Textsatz erzeugt
\`aein à. - Im mathematischen Modus für den Formelsatz erzeugt
\grave adie Formel .