Herbert Böhme (Schriftsteller)
Herbert Böhme (* 17. Oktober 1907 in Frankfurt (Oder); † 23. Oktober 1971 in Lochham) war in der Zeit des NS-Regimes ein deutscher nationalsozialistischer Lyriker, Schriftsteller und Publizist. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er zu einem rechtsextremen Kulturfunktionär, der 1950 das Deutsche Kulturwerk Europäischen Geistes (DKEG) gründete.
Biografie
Vor 1933
Siegfried Herbert Böhme wurde als Sohn des Lehrers Wilhelm Böhme, später auch Gewerbeschuldirektor war, und Anna Luise Böhme, geborene Krebs, zur Welt. Er wuchs in Frankfurt Oder auf, machte aber auch die Angabe, dass er viel Zeit seiner Jugend in der Heimat seiner Mutter, auf einen Bauernhof in Pinnow bei Bottschow, verbrachte. Nach vierjährigem Besuch der Volks- und Vorschulen trat er Ostern 1918 in das staatliche Friedrichsgymnasium ein. Nach dem Abitur studierte er von 1928 bis 1932 in München und Marburg Germanistik und Philosophie, zeitweise aber auch Geschichte, und wurde in Marburg mit seiner Arbeit Tuberkulöse Dichter der S1 Struktur – Ein Beitrag zur Integrationstypologie, welche sich auf die Typologie nach Erich Rudolf Jaensch bezog, zum Dr. phil. promoviert. Zwar war er im 1932 Rigorosum durchgefallen, doch durch eine Sondergenehmigung des Reichsbildungsministerium im Jahr 1939 wiederholen (siehe Promotionsakte der Universität Marburg 307d, Nr. 806)
1933-1945
Am 1. Mai 1933 wurde er Mitglied der NSDAP mit der Mitgliedsnummer 2828213. Am 1. September 1933 trat er der SA bei und wurde Mitglied im Kulturkreis der obersten SA-Führung.In einer Beurteilung der SA heißt es: „Können und Wissen auf den einzelnen Gebieten des SA-Dienstes können nur im Bezug auf die von ihm bearbeiteten kulturellen Angelegenheiten beurteilt werden, er besitzt gute Urteilskraft und ist einer Kritik an seinen eigenen Werken zugänglich, bemüht sich sehr, seinen Dichtungen SA-mäßige Formen zu geben.“ Außerdem sei sein Charakter gefestigt, seine körperliche Veranlagung entspräche den Anforderungen und sei in seinem geistigen Verhalten „intelligent, rege“ und er habe eine schnelle Auffassung. Sein Verhalten und Auftreten seien einwandfrei. [1] Laut Personenregister der Gemeinde Gräfeling bei München lebte Böhme mit seiner Frau Käte Johanna Ella Kichler (Registernummer der Eheschließung 41/1936 Stadt Frankfurt (Oder)) seit 1937 in Loccham. Er wurde Mitglied einer Gruppe von Parteidichtern, die sich selbst Junge Mannschaft bezeichnete und zu der neben Böhme unter anderem Heinrich Anacker und Baldur von Schirach gehörten.[2] Nach 1933 wurde er Abteilungsleiter für Dichtung beim Reichssender Berlin. 1935 avancierte er zum Hauptschriftleiter in der Reichsleitung der NSDAP und war Leiter der Fachschaft Lyrik der Reichsschrifttumskammer.[3] Er wurde als „führender dichterischer Gestalter nationalsozialistischer Ideen“ verehrt. Im Meyers Lexikon von 1936 wird Böhme als „Leidenschaftlicher Verkünder der Ideale des Dritten Reichs“ beschrieben. Er war Herausgeber der Gedichtsammlungen Rufe in das Reich und Gedichte des Volkes sowie der Schriftenreihe Junges Volk. Ab 1937 war er für die Reichspropagandaleitung der NSDAP sowie als Lektor des NSDAP-Zentralverlags tätig. Ab 1944 war Böhme Lehrbeauftragter in München. Im selben Jahr wurde er Ordinarius für Kultur, Philosophie und Volkskunde der „Reichsuniversität“ Posen.
Schriftstellerische Tätigkeit im Dritten Reich
„Hans Friedrich Blunck, der als erster Dichter der Kriegsgeneration den jungen Rufer entdeckt hatte, schrieb 1931 schon über seine Gedichte: „Ich glaube, einen starken und eigenwilligen Dichter in Ihnen begrüßen zu können“[4] , heißt es in der zeitgenössischen Kurzbiographie über Böhme. Weitere Einblicke, wie der Schriftsteller von seiner Zeit verstanden wurde, geben uns Lexikoneinträge wie im Brockhaus von 1936. Hier wurde er als einer der „führenden dichterischen Gestalter nationalsozialistischer Ideen“ bezeichnet. Im Meyers-Lexikon lesen wir 1936, dass Böhme ein „leidenschaftlicher Verkünder der Ideale des Dritten Reiches“ sei. Im Herder-Volks-Lexikon von 1939 heißt es „Dichter der preußischen Ostmark, schuf leidenschaftliche Verse des nationalsozialistischen Kampfes.“ Böhme schrieb unzählige Gedichte auf Hitler, die Titel trugen wie „Bekenntnis zum Führer“, „An Adolf Hitler“ oder „Adolf Hitler“. Doch am bekanntesten ist sein Trommelgedicht „Der Führer“, dass nahezu in allen wichtigen Zeitschriften oder Zeitungen im Dritten Reich abgedruckt wurde. Der Führer Eine Trommel geht in Deutschland um, Und der sie schlägt, der führt, Und die ihm folgen, folgen stumm, Sie sind von ihm gekürt. (Hier gemeint als: gewählt)
Sie schwören ihm den Fahnenschwur, Gefolgschaft und Gericht, Er wirbelt ihres Schicksals Spur Mit ehernem Gesicht. (Hier gemeint als: ernst)
Er schreitet hart der Sonne zu Mit angespannter Kraft. Seine Trommel, Deutschland, das bist du! Volk, werde Leidenschaft.
Besonders beachtet wurde die von ihm herausgegebene Anthologie „Rufe in das Reich“ (1934) Namhafte nationalsozialistische Autoren wie Hanns Johst, Agnes Miegel, Will Vesper, Hans Friedrich Blunck und viele mehr veröffentlichten in „Rufe in das Reich“ ihre Gedichte, und wie es 1940 heißt „deren Gedichte und Lieder wir bei Feiern, auf Fahrt, am Feuer und in der marschierenden Kolonne sprechen und singen.“ Gemessen an seiner Auflagenzahl war es Böhmes erfolgreichstes Buch. Es erschien fast durchgängig bis 1942 und hatte eine Gesamtauflage von etwa 116.-142.000 Stück. Seine wenigen Prosaarbeiten und Theaterstücke fanden dagegen kaum Beachtung. So wurde sein Stück „Volk bricht auf“ nicht nur als einziges gespielt, sondern das Stück selbst wurde insgesamt nur zwei Mal zur Aufführung: Bei der Uraufführung am 20. Januar 1934 in Frankfurt/Oder und am 15. Januar 1935 in Eisenach. Am 23. Februar 1937 soll anlässlich des Todestages von Horst Wessel eine Uraufführung seiner Feierdichtung „Das deutsche Gebet“ durch SA-Einheiten stattgefunden haben.[5] Die ersten Prosatexte wurden in Verbindung mit der Schriftenreihe „Junges Volk“ veröffentlicht. Böhme war für diese Schriftenreihe Lektor gewesen, nutze sie aber auch selbst um prosaische Texte, aber auch Gedichtsammlungen, zu veröffentlichen wie „Der Glaube lebt. Rufe der Zeit“ (1935) oder „Der Kirchgang des Großwendbauern“(1936). Die Schriftenreihe erschien im parteieigenen Verlag der NSDAP, dem Eher-Verlag in München, und hatte von sich selbst den Anspruch: „Diese Schriftenreihe sieht in sich die Aufgabe, den Geist der Kameradschaft zu wahren und ihn in seinen wertvollsten Äußerungen, - sei es in Prosa, Dichtung und Sprechchorspiel, wiederzugeben und somit den jüngsten Baustein anzufügen an das große Schrifttumswerk ihres Volkes.“
Nach 1945
Durch seine Bekanntheit als „SA-Lyriker“ war Böhme nach 1945 einer der wichtigsten rechtsextremen Kulturfunktionäre der jungen Bundesrepublik. Er war 1949 Gründer und Leiter des Türmer-Verlags. Böhme war Mitglied im Witikobund und gründete zur Pflege nationalistischen Kulturgutes 1950 das Deutsche Kulturwerk Europäischen Geistes (DKEG). Bis zu seinem Tod 1971 war er dessen Präsident. 1971 erhielt er den vom DKEG verliehenen Schiller-Preis. 1951 war er Mitgründer und Herausgeber des Publikationsorgans der DKEG, der Zeitschrift Klüter Blätter, die 1982 in Deutsche Monatshefte umbenannt wurde und 1990 mit Nation Europa (NE) fusionierte, einer Zeitschrift, die Böhme 1951 zusammen mit Arthur Ehrhardt gegründet hatte.
Während seiner Inhaftierung als Kriegsgefangener engagierte sich Böhme in religiöser Hinsicht. Im Internierungslager Hohenasperg beteiligte er sich 1947 an der Gründung einer Gruppe der von Rudolf Walbaum geleiteten Religionsgemeinschaft Freier Protestanten - Deutsche Unitarier. Walbaum bestimmte Böhme zum 1947 zum Ersten Sprecher des „Klütkreises“ (Arbeitskreis für Grundsatzfragen). Diese Position hielt er bis Anfang 1955 inne. Auf der Hauptversammlung der Deutschen Unitarier 1950 war er an der Umbenennung und Satzungsänderung in Deutsche Unitarier Religionsgemeinschaft e.V. beteiligt. Bis 1954 war Böhme Erster Sprecher der Deutschen Unitarier.[6] In einem Nachruf bescheinigte Eberhard Achterberg, Böhme habe die Religionsgemeinschaft „ganz entscheidend geprägt und bestimmt“.[7]
Herbert Böhme war Gründer einer Deutschen Unitarier-Jugend.[8] Diese schloss sich 1952 mit der Reichsjugend und dem Vaterländischen Jugendbund zur rechtsextremen Wiking-Jugend zusammen, die sich als Bewahrer des Erbes der Hitler-Jugend begriff.[9] 1955 gründete Böhme den „Schillerbund deutscher Jugend“, dem als erstes die Wiking-Jugend (WJ) als korporatives Mitglied beitrat. 1961 war er Mitbegründer der Gesellschaft für freie Publizistik e.V. (GFP). 1965 wurde er Mitglied der NPD sowie Mitbegründer des Arbeitskreises Volkstreuer Verbände (AVV). 1970 war er Mitbegründer der Aktion Widerstand und der „Deutschen Bürgergemeinschaft“.
In der Sowjetischen Besatzungszone wurden zahlreiche seiner Schriften auf die Liste der auszusondernden Literatur gesetzt.[10][11][12]
Auszeichnungen und Ehrungen
Werke (in Auswahl)
- Gedichte, 1931
- Morgenrot, 1933
- Führer und Fanfaren, 1933
- Sommersonnenwende. Arbeitslagerroman, 1933
- Des Blutes Gesänge, 1934
- Volk bricht auf, 1934
- Gesänge unter der Fahne, 1935
- Der Glaube lebt. Rufe der Zeit, 1935
- Das deutsche Gebet, 1936
- Volk der Arbeit (Musik von Erich Lauer), 1936
- Fahne, steh auf! Neue Lieder für die Feier, 1936
- Der Kirchgang des Großwendbauern, 1936
- Kampf und Bekenntnis, 1937
- Die Losung. Ein Weihespiel, 1937
- Nacht der Verschwörung, Novelle, 1938
- Sommersommerwende. Eine Feier, 1938
- Das Großdeutsche Reich. Ein Appell auf die Befreiung Österreichs mit Liedern, 1938
- Gedichte des Volkes, 1938
- Ruf der SA. Ein Appell mit Liedern, 1938
- Männer, Kämpfer, Soldaten. Eine Morgenfeier, 1938
- Andreas Jemand, Roman, 1939
- Die guten Sterne sind mit uns vereint. Gedichte, 1944
- Feder und Schwert, 1944
- Die Deutschen Unitarier. Weg und Weisung. Festschrift zum 75jährigen Bestehen, 1951
- Die steinerne Woge, Erzählung, 1952
- Mit gelösten Schwingen, Gedichte, 1953
- Ein gewonnenes Leben, Novelle, 1955
- Die Flucht, Novelle, 1956
- Anruf und Gesang, Gedichte, 1957
- Bekenntnisse eines freien Mannes, 1960
- Auf der Brücke. Heiter-besinnliche Erzählungen, 1960
- Preußische Balladen, 1964
- Am Wohnsitz der Götter. Balladen, Gedichte und ein dramatischer Entwurf, der Seele Griechenlands zu begegnen, 1964
- Wir banden den Strauß Immortellen. Gedichte und Lieder, 1966
- Reden und Aufsätze, 1967
- Die Ordnung der Werte. Reden, Aufsätze, Bekenntnisse, 1967
- Vermächtnis und Auftrag. Letzte Reden, Aufsätze, Sprüche, Gedichte, 1973, ISBN 3-87829-044-6
Literatur
- Kurt Fischer: Herbert Böhme. Dt. Volksverlag, München 1937.
- Kapitel Herbert Böhme (1907–1971). In: Jürgen Hillesheim und Elisabeth Michael: Lexikon nationalsozialistischer Dichter. Verlag Königshausen & Neumann, 1993, S. 75–83.
Einzelnachweise
- ↑ Joseph Wulf: "Literatur und Dichtung im Dritten Reich" S. 429.
- ↑ Walter Hinderer: Geschichte der politischen Lyrik in Deutschland, Königshausen & Neumann, 2007, S. 312.
- ↑ Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Fischer Taschenbuch Verlag, Zweite aktualisierte Auflage, Frankfurt am Main 2005, S. 59.
- ↑ Kurt Fischer: "Herbert Böhme" S. 16.
- ↑ Henning Rischbieter: "Theater im Dritten Reich" S. 502.
- ↑ Deutschland-Jahrbuch 1953. Hrsg. von Klaus Mehnert und Heinrich Schulte. Rheinisch-Westfälisches Verlagskontor, Essen 1953, S. 482.
- ↑ Eberhard Achterberg in Glaube und Tat 1971, S. 372.
- ↑ Dokumentation der Zeit 1957 (136), S. 24
- ↑ Helmut Blazek: Männerbünde. Aufbau Verlag, Berlin 2001, S. 204; siehe auch Artikel auf MDR.de
- ↑ http://www.polunbi.de/bibliothek/1946-nslit-b.html
- ↑ http://www.polunbi.de/bibliothek/1946-nslit-k.html
- ↑ http://www.polunbi.de/bibliothek/1948-nslit-b.html
| Personendaten | |
|---|---|
| NAME | Böhme, Herbert |
| KURZBESCHREIBUNG | nationalsozialistischer Dichter und Lyriker |
| GEBURTSDATUM | 17. Oktober 1907 |
| GEBURTSORT | Frankfurt (Oder) |
| STERBEDATUM | 23. Oktober 1971 |
| STERBEORT | Lochham, bei München |