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Benutzerschnittstelle

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Historische Mensch-Maschine-Schnittstelle einer Dampflokomotive
Moderne Mensch-Maschine-Schnittstelle eines Hochgeschwindigkeitszugs
Benutzerschnittstelle einer japanischen Toilette
Not-Aus-Knopf

Die Benutzerschnittstelle ist ein Untersystem in einem Mensch-Maschine-System, welches der Interaktion zwischen Mensch und Maschine dient. Um eine Benutzerschnittstelle für den Menschen nutzbar zu gestalten, muss sie auf die Bedürfnisse des Menschen angepasst sein. Die Wissenschaft behandelt dieses Thememgebiet in der Mensch-Computer-Interaktionsforschung, die sich insbesondere – neben der Informatik – auch aus Bereichen der Kognitionsforschung zusammensetzt.

Die Benutzerschnittstelle wird auch Mensch-Maschine-Schnittstelle (MMS) oder HMI (englisch für human-machine interface) genannt und erlaubt dem Bediener das Bedienen der Maschine, das Beobachten der Anlagenzustände und – falls erforderlich – das Eingreifen in den Prozess. Die Bereitstellung der Informationen erfolgt entweder hardwaretechnisch über Bedienpulte mit Signallampen, Anzeigefeldern und Tastern oder softwaretechnisch über ein Visualisierungssystem, das auf einem Terminal läuft.

Der Austausch der Informationen, vereinfacht dargestellt: Mensch ↔ Mensch-Maschine-SchnittstelleMaschine

Ein alltägliches Beispiel ist die Schnittstelle Auto/Fahrer: Das Armaturenbrett mit den verschiedenen Anzeigen gehört zur Informationsebene. Pedale, Lenkrad, Schalthebel usw. gehören zu den Befehlsgebern. Die gesamte Gestaltung ist übersichtlich und leicht (meist intuitiv) erlernbar.

Der Erfolg sowie die Beliebtheit eines technischen Produktes (Maschine, Anlage, System) hängt nicht nur von den Faktoren Preis, Zuverlässigkeit und Lebensdauer ab, sondern auch vom Faktor Handhabbarkeit bzw. Bedienungsfreundlichkeit. Idealerweise ist eine Benutzerschnittstelle intuitiv, also ohne Schulungsaufwand zu bedienen. Die Grundlagenkenntnisse für eine benutzerfreundliche Schnittstellengestaltung werden in der Wissenschaftsdisziplin der Ergonomie erarbeitet. Die konkreten Tätigkeitsfelder besitzen die Bezeichnungen "Kognitive Ergonomie", "Systemergonomie" oder "Usability Testing".

Je nach Anwendung hat das Thema völlig andere Schwerpunkte, wenn man beispielsweise den Lokomotivführer im Führerstand oder den Fahrgast am Fahrscheinautomaten betrachtet.

Kennzeichnungen

Weil von vielen Maschinen eine erhebliche Gefahr ausgehen kann, soll eine Mensch-Maschine-Schnittstelle so übersichtlich und eindeutig sein, dass sie selbst in Panik sicher bedient werden kann. An den Notausschalter werden deshalb besondere Anforderungen gestellt. Internationale Standards nach IEC/EN 60073 (VDE 0199), IEC/EN 60204-1 (VDE 0113 Teil 1) orientieren sich für Anzeigeleuchten an den vertrauten Farben von Lichtzeichenanlagen im Straßenverkehr und leiten davon die Farben der Bedienteile von Drucktastern ab. Die Farben bei Anzeigesäulen von Maschinen sollen in der dargestellten Reihenfolge verwendet werden.


Anzeige
Farbe Bedeutung   Bemerkung
  Rot gefährlicher Zustand Warnung vor möglicher Gefahr oder Zuständen, die ein sofortiges Eingreifen erfordern
  Gelb anormaler Zustand bevorstehender kritischer Zustand
  Blau Handeln zwingend Handeln durch Bediener erforderlich
  Grün normaler Zustand Anzeige sicherer Betriebsverhältnisse oder Freigabe eines Betriebsablaufs
  Weiß Neutral Bestätigung oder jede andere Bedeutung, wenn nicht klar ist, welche der Farben ROT, GELB, BLAU oder GRÜN geeignet wäre

Bedienteil
Farbe Bedeutung Funktion Bemerkung
  Rot im Notfall betätigen Not-Aus, Stop, Brandbekämpfung Darf nicht für Start/Ein verwendet werden
  Gelb anormalen Zustand beheben Neustart, Eingriff, um unnormale Bedingung oder unerwünschte Änderung zu vermeiden Darf nicht für wechselweise Start/Ein und Stop/Aus und nicht für Tipbetrieb verwendet werden
  Blau erforderlichen Vorgang einleiten Start Rückstellung
  Grün üblichen Zustand einleiten Start aus sicherem Zustand Darf nicht für Stop/Aus verwendet werden
  Weiß keine spezielle Bedeutung Start/Ein (bevorzugt), auch Stop/Aus
  Grau Start/Ein und Stop/Aus
  Schwarz Stop/Aus (bevorzugt), auch Start/Ein

Zusätzlich sind Symbole vorgesehen, nach IEC 60417-5007 zum Beispiel:

Symbol Funktion
Start
Stop

Solche Symbole sind aufgrund der verbreiteten Farbenfehlsichtigkeit vorteilhaft, aber wie einige Warnzeichen erklärungsbedürftig.

Computergestützte Benutzerschnittstelle

Eine computergestützte Benutzerschnittstelle oder Benutzeroberfläche, eigentlich Benutzungsschnittstelle, ist der Teil eines Computerprogramms, der mit dem Benutzer kommuniziert. In DIN EN ISO 9241-110 ist der Begriff der Benutzungsschnittstelle definiert als „alle Bestandteile eines interaktiven Systems (Software oder Hardware), die Informationen und Steuerelemente zur Verfügung stellen, die für den Benutzer notwendig sind, um eine bestimmte Arbeitsaufgabe mit dem interaktiven System zu erledigen.“

Es gibt folgende Arten von computergestützten Benutzerschnittstellen:

  • Kommandozeilen (engl. Command Line Interface; Abk.: CLI)
    Kommandozeilen verlangen, dass der Benutzer per Tastatur die entsprechenden Befehle eingibt. Kommandozeileninterpreter (engl. Command Line Interpreter; Abk. ebenfalls CLI) sind ein Beispiel für Kommandozeilen. Zu Beginn der Computergeschichte waren CLIs die einzige Benutzerschnittstelle, daher wird der allgemeinere Begriff Shell auch heute noch häufig synonym zum Begriff Kommandozeile verwendet.
  • Zeichenorientierte Benutzerschnittstellen (engl. Text User Interface; Abk.: TUI)
    Zeichenorientierte Benutzerschnittstellen sind textbasiert, verlangen aber keine Befehlseingaben vom Benutzer, sondern präsentieren sich meist in Form von Menüs, die mit der Tastatur und selten auch mit der Maus bedient werden. Ein Beispiel für ein Text User Interface ist der Dateiverwalter Norton Commander.
  • Grafische Benutzeroberflächen (engl. Graphical User Interface; Abk.: GUI)
    Mit grafischen Benutzeroberflächen lassen sich komplexe Oberflächen gestalten, die üblicherweise mit der Maus, optional aber auch mit anderen Eingabegeräten bedient werden können. KDE oder Aqua sind Beispiele für GUIs. Bei GUIs werden die Interaktionselemente oft als Bildsymbole ("Icons") dargestellt. GUI-Icons sind symbolisch-bildliche Metaphern und haben ihren Ursprung in der Bürowelt der 1970er Jahre.
  • Sprachbasierte Benutzerschnittstellen (engl. Voice User Interfaces; Abk.: VUI)
    Über sprachbasierte Benutzerschnittstellen kommuniziert der Benutzer per gesprochenem Wort mit einem System. Ausgaben bestehen entweder aus vorab aufgezeichnetem Ton oder aus über eine synthetische Stimme übermitteltem Text. Eingaben erfordern eine Spracherkennung oder eine Kombination mit anderen Eingabeparadigmen wie Texteingabe, Mausklick oder DTMF-Signale an Telefonen. Ein Beispiel für eine VUI sind Sprachdialogsysteme, interaktive Telefon-Ansagedienste und -wählsysteme.
  • Anfassbare Benutzerschnittstellen (engl. Tangible User Interface; Abk.: TUI)
    Dieser (neuere) Ansatz will die Systemfunktionalität durch angepasste Eingabegeräte verkörpern und damit lesbar machen. Eine Maus ist im engen Sinne keine TUI, weil sie ein generisches Eingabegerät darstellt. Ein Handy hingegen ist eine TUI, da die Funktionalität im Gerät ausgeprägt wird.
  • Natürliche Benutzerschnittstellen (engl. Natural User Interface; Abk.: NUI)
    Natürliche Benutzerschnittstellen wie beispielsweise ein Touchscreen sind berührempfindlich und reagieren auf Finger- und Handbewegungen. Die gestenbasierte Bedienung lehnt sich dabei an natürliche, gewohnte Bewegungen an und ermöglicht so einen intuitiven Umgang mit interaktiven Geräten. Ein digitales, künstliches Eingabesystem (wie Maus oder Tastatur) fällt weg, stattdessen erfasst und interpretiert die Oberfläche die Berührungen des Nutzers.
  • wahrnehmungsgesteuerte Benutzerschnittstellen (engl. Perceptual User Interface; Abk.: PUI)
    Dieser Ansatz befindet sich noch in der Entwicklung. Unter anderem beschäftigt sich das Fraunhofer-Institut für Digitale Medientechnologie sich mit diesem Thema.[1] Durch die Kombination von GUI, VUI und elektronischer Gestenerkennung soll die Kommunikation mit dem Computer erleichtert werden.

Die Benutzerschnittstellen können zwar, aber müssen nicht unbedingt, Elemente aus den niedrigeren Stufen enthalten; So hat der Midnight Commander beispielsweise eine Shell integriert, gehört aber dennoch zu den Text User Interfaces.

Menüs sind unabhängig davon, ob eine Benutzungsschnittstelle grafisch, textuell, auditiv oder anders gestaltet ist.

Ein solches Visualisierungssystem besteht häufig aus einem PC mit Bildschirm und einer Tastatur bzw. Maus. Manche Systeme benötigen einen firmenspezifischen Computer, die meisten davon können auf einem gewöhnlichen PC implementiert werden.

Leittechnik

Konfigurierbare computergestützte Benutzerschnittstellen werden in der Leittechnik (auch Supervisory Control and Data Acquisition) zur Kommunikation (Prozessvisualisierung) mit der SPS oder DSC der Maschine und dem Menschen benutzt.

Typisch für ein SCADA-System ist das zentrale Alarmmanagement, die Archivierung von Daten, die Erstellung von Zeitschaltprogrammen und ein Nachrichtenübermittlungsdienst (SMS, E-Mail, Text-to-Speech). Ein SCADA enthält ein HMI-System als Benutzerschnittstelle. Einige dieser System wie z. B. InTouch oder WinCC enthalten einen integrierten Grafikeditor und eine Fülle von industriellen Symbolen z. B. Motoren, Ventile, Rohre oder Schalter.

Mit der Tastatur, Maus oder den Steuerungsinformationen können dann je nach Programmierung die Symbolobjekte verändert werden.

Durch einzelne Bildschirmobjekte, Grafiken und Seiten entsteht dann eine Benutzeroberfläche, welche die Funktionen und die gespeicherten Daten der Maschine wiedergibt.

Richtlinien

Der Anbieter eines Computer-Betriebssystems veröffentlicht in der Regel als Teil der Dokumentation dazu einen Satz Richtlinien zur standardisierten Gestaltung der Benutzerschnittstelle, englisch als Human Interface Guideline oder Styleguide bezeichnet. Dabei werden oftmals die Prinzipien der Software-Ergonomie berücksichtigt. Eine Anwendungssoftware wird dann auch danach beurteilt, wie gut sie diesem Standard nachkommt.

Solche Richtlinien sind z. B. bekannt von OpenStep[2] (Apple,[3] NeXTStep, GNUStep usw.), IBM (Common User Access[4]), GNOME,[5] KDE,[6] Java Swing und Windows.[7]

Siehe auch

Literatur

  • Grund- und Sicherheitsregeln für die Mensch-Maschine-Schnittstelle - Codierungsgrundsätze für Anzeigengeräte und Bedienteile. Europäische Norm 60073:2002, deutsche Fassung. VDE Verlag, Berlin 2003.
  • Grund- und Sicherheitsregeln für die Mensch-Maschine-Schnittstelle - Kennzeichnung der Anschlüsse elektrischer Betriebsmittel und einiger bestimmter Leiter einschließlich allgemeiner Regeln für ein alphanumerisches Kennzeichnungssystem. EN 60445:2000, deutsche Fassung. VDE Verlag, Berlin 2000.
  • Grund- und Sicherheitsregeln für die Mensch-Maschine-Schnittstelle - Kennzeichnung von Leitern durch Farben oder numerische Zeichen. EN 60446:1999, deutsche Fassung. VDE Verlag, Berlin 1999.
  • Grund- und Sicherheitsregeln für die Mensch-Maschine-Schnittstelle - Bedienungsgrundsätze. EN 60447:2004, deutsche Fassung. VDE Verlag, Berlin 2004.
  • Sicherheit von Maschinen - Elektrische Ausrüstung von Maschinen - Allgemeine Anforderungen. EN 60204-1:1997, deutsche Fassung. VDE Verlag, Berlin 1998.
  • Jef Raskin: Das intelligente Interface. Addison Wesley, München 2001, ISBN 3-8273-1796-7
  • Paul Chlebek: User Interface-orientierte Softwarearchitektur, Vieweg, Wiesbaden 2006, ISBN 978-3-8348-0162-3
  • DIN EN ISO 9241-110 Grundsätze der Dialoggestaltung, Beuth Verlag, Berlin 2006

Einzelnachweise

  1. siehe Artikel auf netzspannung.org
  2. GNUStep/OpenStep Interface Guidelines
  3. Apple Human Interface Guidelines
  4. IBM Design Concepts
  5. GNOME Human Interface Guidelines,
  6. KDE User Interface Guidelines
  7. Windows User Experience Interaction Guidelines