Schienenverkehr in Libyen



Derzeit gibt es keinen Schienenverkehr in Libyen. Jedoch gab es in der Vergangenheit dort zwei Schmalspurbahnnetze. Derzeit baut Libyen an einem neuen, normalspurigen Streckennetz, das in den nächsten Jahren in Betrieb gehen soll.
Geschichte
Das Königreich Italien errichtete als Kolonialmacht in Libyen von den Städten Tripolis und Banghazi (Benghasi) ausgehend zwei schmalspurige Eisenbahnnetze in unterschiedlichen Spurweiten in das Umfeld beider Städte, die zusammen etwa 400 km lang waren.
- Das Netz um Tripolis wurde in 950 mm-Spur errichtet und die erste Strecke ging am 12. März 1912 in Betrieb. Die Strecken führten von Tripolis
- Das Netz um Banghazi wurde zwischen 1911 und 1927 in 750 mm-Spur errichtet und später auf 950 mm umgespurt. Die Strecken führten von Banghazi
- 110 km nach Al Marj (damals: „Barce“)
- 56 km nach Suluq
- 40 km Verlängerung von Barce nach Derna für militärische Zwecke im Zweiten Weltkrieg. Dies war die letzte Strecke, die in Libyen noch in Betrieb war – bis 1965.
Während des Zweiten Weltkriegs wurde 1941 eine Verbindungsstrecke zwischen Tripolis und Benghazi begonnen, aber aufgrund der italienischen Niederlage nie vollendet.[1]
Weiter wurde während des Zweiten Weltkriegs seitens der Alliierten von Ägypten aus eine normalspurige Bahnstrecke durch Libyen nach Westen vorangetrieben. Diese setzte 10 km von Marsa Matruh am ägyptischen Netz an und führte nach Tobruk. Die Strecke war 350 km lang, von denen, westlich von Sollum, 125 km in Libyen lagen. Nachdem die Strecke am 20. Dezember 1946 stillgelegt worden war, wurde der in Libyen liegende Abschnitt demontiert.
Seit der Betriebseinstellung der letzten Schmalspurbahn im Jahre 1965 existierte in Libyen kein Schienenverkehr mehr.
Zukunft

Für den Betrieb der künftigen Eisenbahn wurde eine Eisenbahngesellschaft gegründet, die in Englisch als Lybien Railroad firmiert.[2]
Projekte
Seit etwa 1998 wird daran gearbeitet, dass Libyen wieder – diesmal ein landesweites – Eisenbahnnetz erhält. Geplant ist ein Netz im Umfang von 3170 km, das in Normalspur ausgeführt wird.[3] Davon werden derzeit vom Libyan Railroad Board mehrere Neubauprojekte umgesetzt:
- Die nordafrikanische Bahntransversale entlang der südlichen Mittelmeerküste von Marokko bis Ägypten. Sie wird zweigleisig ausgeführt und besteht künftig in Libyen aus folgenden Abschnitten:
- im Westen: die Bahnstrecke Ras Ejder–Sirt (995 km). Diese Strecke bindet an der Westgrenze Libyens, nahe Ras Ejder, an das tunesische Eisenbahnnetz an und führt entlang der Küste durch das Ballungszentrum von Tripolis weiter nach Sirt. Eine 5 km lange Teststrecke steht bei Tripolis in Betrieb.[4]
- im Zentrum: die Bahnstrecke Sirt–Banghazi (550 km), die in einem Bogen um die Große Syrte verläuft und mehrere GMMR-Trassen kreuzt. Zwischenstationen sind u.a. Ras Lanuf, Al Brayqah (Port Brega) und Ajdabiya.
- im Osten: die Bahnstrecke Banghazi–Musaid, die nahe Sollum an die bestehende ägyptische Bahnstrecke in Richtung Nildelta anschließen soll. Sie befindet sich derzeit erst in der Planung und zwar durch das deutsche Büro Dorsch Afrique.[5][6]
- Eine Verbindung ins Landesinnere für den Schienengütertransport von Rohstoffen, z.B. Eisenerz aus dem Gebiet von Sabha, Kaolin und Quarzsand an Seehäfen und Industriestandorte an der libyschen Küste: Die nord-süd-gerichtete Bahnstrecke Misrata–Sabha, die eingleisig ausgeführt wird. In einem späteren Stadium soll diese nach Süden über Al Gadrun und Toumu in Richtung des Nachbarlandes Niger verlängert werden. [7] Anknüpfungspunkte zur Küstenstrecke sind in Al Hayshah / Abu Qurayn (zwischen Misratah und Sirt) sowie später in Sirt geplant.[8]
Die Kosten für der in Angriff genommenen Vorhaben werden auf 7 Mrd. Euro veranschlagt.[9]
Stand der Arbeiten
Libyen hat sich einer Bestellung von dieselelektrischen Lokomotiven der Ägyptischen Staatsbahnen bei General Motors angeschlossen und wird daraus 16 Lokomotiven erhalten.[10]
Der italienische Premierminister Silvio Berlusconi hat als Staatsgeschenk dem libyschen Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi zum 40. Jahrestag seiner Revolution 2010 einen zum Salotriebwagen umgebauten IC4 aus der laufenden Produktion dieser Züge für die Dänische Staatsbahn übereignet.[11]
Nach dem Ausbruch des Bürgerkrieges in Libyien im Februar 2011 wurden alle Bauarbeiten eingestellt. Die ausländischen Firmen, die die Baustellen betrieben, evakuierten ihre Mitarbeiter[12] oder diese flohen.[13]
Einzelnachweise
- ↑ Italian colonial railways in Libya (in Italienisch)
- ↑ Laut jst: Libyen wird zum Eisenbahnland. In: Eisenbahn-Revue International 4/2011, S. 173, ist eine Anbindung nur in Sirt vorgesehen.
- ↑ Earthworks 60% complete on first section of Libyan network In: Railway Gazette International, 1. Januar 2001
- ↑ Laut jst: Libyen wird zum Eisenbahnland. In: Eisenbahn-Revue International 4/2011, S. 173, ist eine Anbindung nur in Sirt vorgesehen.
- ↑ jst: Libyen wird zum Eisenbahnland. In: Eisenbahn-Revue International 4/2011, S. 173.
- ↑ Dorsch Afrique
- ↑ Laut jst: Libyen wird zum Eisenbahnland. In: Eisenbahn-Revue International 4/2011, S. 173, ist eine Anbindung nur in Sirt vorgesehen.
- ↑ Laut jst: Libyen wird zum Eisenbahnland. In: Eisenbahn-Revue International 4/2011, S. 173, ist eine Anbindung nur in Sirt vorgesehen.
- ↑ jst: Libyen wird zum Eisenbahnland. In: Eisenbahn-Revue International 4/2011, S. 173.
- ↑ Laut jst: Libyen wird zum Eisenbahnland. In: Eisenbahn-Revue International 4/2011, S. 173, ist eine Anbindung nur in Sirt vorgesehen.
- ↑ jst: Libyen wird zum Eisenbahnland. In: Eisenbahn-Revue International 4/2011, S. 173; Walter Rothschild: Libyen. In: HaRakevet 24/1 (März 2011), S. 19..
- ↑ Zu den Evakuierungsmaßnahmen ausländischer Staaten
- ↑ Walter Rothschild: Libyen. In: HaRakevet 24/1 (März 2011), S. 19..