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Zensur (Informationskontrolle)

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Das Wort Zensur (lat. censura = Prüfung, Beurteilung, zu: censere, zensieren) hat mehrere Bedeutungen:

1. Zensur ist die als Zahlenwert ausgedrückte Benotung einer Leistung, u.a. in der Schule. Hierbei werden in Deutschland die Noten 1 für sehr gut bis 6 für ungenügend vergeben. In den zwei bis drei Jahren der gymnasialen Oberstufe wird mit Punkten zensiert, in diesem Fall entsprechen 15 Punkte dem sehr gut und 0 Punkte dem ungenügend.

Siehe auch: Schule, Zeugnis, Quantisierung


2. Zensur ist der Versuch eines Staates oder einer Gemeinschaft, Meinungsäußerungen in Medien zu unterdrücken oder im eigenen Sinn zu steuern.

Definition

In Artikel 5, Abs. 1 Satz 3 des Grundgesetzes heißt es:

(1) [...] Eine Zensur findet nicht statt.

Damit ist ausschließlich die Vorzensur gemeint (BVerfGE 33, 52 [1]). Unter Vorzensur versteht man einschränkende Maßnahmen vor der Herstellung oder Verbreitung von Geisteswerken. Vor allem die Abhängigkeit der Veröffentlichung von einer behördlichen Vorprüfung und Genehmigung ist kennzeichnend.

In Absatz 2 heißt es weiter:

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

Das betrifft die Nachzensur. Unter Nachzensur versteht man Kontrollmaßnahmen nach der Veröffentlichung eines Geisteswerkes.


Umgangssprachlich werden auch andere organisierte Versuche (nicht nur von staatlicher Seite), Informationen oder Meinungen zu unterdrücken, als Zensur bezeichnet. In organisierten Religionen, Vereinen, gesellschaftlichen Gruppen und Staaten (besonders beim Militär) kommt diese Form der "Zensur" häufig vor und dient der Aufrechterhaltung des Status quo der sozialen Strukturen. Sie wird von denjenigen installiert oder unterstützt, die von dem augenblicklichen Status profitieren.

Der Zensur entgegen stehen die Ideale der Demokratie.

Meinungs- und Pressefreiheit

Vor allem Nachrichten, künstlerische Äußerungen und Meinungsäußerungen sind Opfer der Zensur. Als Kriterien werden dabei meist politische, gesetzliche, sittliche und/oder religiöse Konformität herangezogen.

Durch Gesetze legalisierte Einschränkungen gibt es in drei Formen:

  1. Zum Zweck des Jugendschutzes müssen bestimmte Medien, Filme bzw. DVDs und Videokassetten und ebenso Computerspiele, nicht jedoch etwa Bücher, eine Altersfreigabe durch die FSK bzw. USK erhalten. Ansonsten dürfen diese nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden.
  2. Im Falle einer angenommenen erheblichen Gefährdung von Jugendlichen kann darüber hinaus eine Indizierung erfolgen, die insbesondere mit einem weitreichenden Verbot der Werbung verbunden ist.
  3. Bei einem Verstoß gegen strafrechtliche Bestimmungen können Medien verboten und beschlagnahmt, ihre Verfasser bestraft werden. Hier einschlägig ist "harte" Pornographie (StGB, § 184), Gewaltdarstellungen (§ 131), "Gotteslästerung" (§ 166), die Verwendung von Symbolen verfassungsfeindlicher Organisationen (§ 86a), Anleitung zu Straftaten (§ 130a) oder Volksverhetzung einschließlich der Leugnung des Holocaust (§ 130).

Straftatbestände wie "Beleidigung" oder "Verleumdung" (StGB § 30, § 185, § 187) sind keine Zensur, da hier der Schutz der Persönlichkeitsrechte des Opfers (Art. 2 GG) im Vordergrund stehen.

Zensur kann auch in Form von Selbstzensur und vorauseilendem Gehorsam ausgeübt werden. In diesen Fällen zensiert sich der Publizist selbst in der Erwartung, dass dies aus bestimmten Gründen besser sei. Beispielsweise ist die Kritik an Unternehmen, die gleichzeitig Werbekunden einer Zeitung oder Zeitschrift sind, oft weniger stark ausgeprägt als an anderen Unternehmen. Ein weiteres Beispiel sind Computerspiele, Filme und DVDs bzw. Videos: Hier werden insbesondere für den deutschen Markt häufig "entschärfte" Versionen produziert, um eine günstigere FSK- bzw. USK-Einstufung zu erhalten bzw. um eine Indizierung oder sogar eine Beschlagnahme zu verhindern.

Die Zensur im Internet unterscheidet sich nicht grundsätzlich von der Zensur anderer Medien. Ein Unterschied liegt jedoch darin, dass neben dem Staat und den publizierenden Medienunternehmen auch die Intermediäre als Zensor auftreten können und der Veröffentlicher der Information dies nicht merkt. Im Februar 2004 zensierte der Internetprovider Freenet.de Webseiten die sich kritisch zu dem Unternehmen äusserten, indem er einen Teil der Nutzer seines Dienstes, die versuchten die unternehmenskritischen Seiten aufzurufen, auf andere Webseiten umlenkte. Technisch wurde dies durch einen transparenten Proxy realisiert.

Eine subtilere Form der Zensur findet sich manchmal bei der Synchronisation von Filmen, indem missliebige Inhalte des Originaltextes falsch oder gar nicht übersetzt werden. Berühmte Beispiele sind die spanischen Version von Casablanca unter der Franco-Diktatur: (das Liebespaar mutierte zu Geschwistern), die deutsche Nachkriegs-Version von Federico Fellinis Rom, offene Stadt (der kommunistische Partisan wurde wortwörtlich zum Schweigen gebracht) ebenso wie in Alfred Hitchcocks Notorious eine Verschwörung von Alt-Nazis in einen Rauschgiftring mutierte. Neuere Beispiele sind Die Hard (1987 - Der deutsche Chef der Terroristen ist in der deutschen Version nicht deutsch) oder London kills me von 1991 in dem sich nervige deutsche Touristen während der Synchronisation in nervige französische Touristen verwandeln. Angeblich gibt es auch eine heute kaum vorstellbare deutsche Version von Casablanca aus den 1950ern, in denen jegliche Referenz auf das dritte Reich getilgt ist.

In totalitären Staaten wird neben der vollständigen Zensur der Medien auch die kartographische Darstellung des Staatsgebietes auf frei verkäuflichen Landkarten durch Fälschung des Maßstabes und Weglassen wesentlicher Objekte zensiert. Eine besondere Art dieser Zensur bei modernen Medien ist das Verfälschen von GPS-Signalen in Kriegszeiten.

Rezipientenfreiheit

Zensurmaßnahmen zeichnen sich oft dadurch aus, dass sie die Rezipienten- oder Informationsfreiheit einschränken. Die Rezipientenfreiheit ist nach Artikel 5 GG das Recht, sich aus "allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten".

Zum Beispiel hatte im Februar 2002 die Die Bezirksregierung Düsseldorf unter Führung von Jürgen Büssow die Sperrung von Internetseiten verfügt. Betroffen davon waren zahlreiche Internet Zugangsanbieter in Nordrhein-Westfalen, die Webseiten mit rechtsextremistischem Inhalt aus den USA blocken sollten.

Eine subtile Methode der Zensur ist die geschickte Ausnutzung des Urheberrechts.

Kritik

Umstritten ist vor allem die Zweckmäßigkeit von Zensur. Viele Medien werden erst durch Zensurmaßnahmen bekannt, und verbotene Schriften können insbesondere für Jugendliche besonders reizvoll sein. Dieser Umstand führt vielfach dazu, dass Listen zensierter Medien ihrerseits zensiert, also nicht öffentlich zugänglich gemacht werden dürfen.


Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union haben 2003 einer Weiterführung eines Aktionsplans zur sicheren Nutzung des Internet zugestimmt. Es soll stärker gegen illegale und schädliche Inhalte vorgegangen werden. [2]

Siehe auch: Geschichte der Zensur

Literatur und Sprüche

  1. Roland Seim/Josef Spiegel: "Ab 18" Band 1, Münster 1995, ISBN 393306001X
  2. Roland Seim/Josef Spiegel: Der kommentierte Bildband zu "Ab 18", Münster 1999, ISBN 3933060028
  • Johann Nestroy: Die Zensur ist das lebendige Geständnis der Großen, daß sie nur verdummte Sklaven, aber keine freien Völker regieren können.
  • Karlheinz Deschner ("Nur Lebendiges schwimmt gegen den Strom"): Freie Presse: jeder darf lesen, was gedruckt wird.
  • Doeners Sprüchesammlung - Zensur im Internet: Versucht nicht jeden Sumpf zuzubetonieren, sondern bringt euren Kindern das Schwimmen bei!