Photoelektronenspektroskopie
Die Photoelektronenspektoskopie (PES) ist eine spektroskopische Methode, die auf dem fotoelektrischen Effekt beruht.
Bestrahlt man ein leicht ionisierbares Metall (z.B. ein Alkalimetall) mit monochromatischem Licht variabler Frequenz, so kann man beim Überschreiten einer bestimmten Grenzfrequenz die Emission von Elektronen, den sog. Photoelektonen, aus der Oberfläche des Metalls beobachten. Die Grenzfrequenz entspricht der Energie, die notwendig ist, um ein Elektron aus der Oberfläche herauszulösen („Austrittsarbeit“). Alles was dem Elektron darüber hinaus an Energie zugeführt wird, wird in kinetische Energie (Bewegungsenergie) des emittierten Elektrons umgewandelt.
Bei der Photoelektronenspektroskopie wird eine Probe mit hochenergetischen Photonen bestrahlt und mit einem Elektronenenergieanalysator die kinetische Energie der emittierten Elektronen gemessen. Es können sowohl Festkörper als auch gasförmige Proben untersucht werden. Die Methode erlaubt unter anderem die Bestimmung von Orbitalenergien, die näherungsweise der Energie entsprechen, die notwendig ist, um ein Elektron aus dem jeweiligen Orbital zu entfernen (Koopmans Theorem).
XPS
XPS (x-ray photoelectron spectroscopy) ist eine sehr oft benutzte Methode, um Oberflächen zu analysieren. Man erhält dabei zunächst eine Antwort auf die Frage der qualitativen Elementaranalyse, also aus welchen Elementen die Oberfläche besteht bzw. welche Elemente sich auf der Oberfläche befinden, mit Ausnahme von Wasserstoff und Helium, die sich mit XPS nicht bestimmen lassen. Dann erhält man Informationen zur Fragen der quantitativen Analyse, wobei man in einfachen Fällen eine komplette Analyse ausführen kann. Ferner kann man auch über den Bindungs- oder Oxidationszustand eines Elements Aussagen machen. So kann man zumeist auch bestimmen, welche Verbindungen vorliegen.
Bei XPS werden Röntgenstrahlen auf die Oberfläche geschossen. Dabei werden Elektronen vom Material abgegeben. In einem Detektor werden dann die kinetischen Energien dieser Elektronen gemessen. Aus der kinetischen Energie lässt sich die Bindungsenergie berechnen. Da die Bindungsenergie für jedes Element spezifisch ist, lässt sich so bestimmen, von welchem Element die Elektronen abgegeben wurden. Die grundlegende Gleichung dazu lautet:
oder
wobei Energie der einfallenden Strahlung, Austrittsarbeit des Spektrometers, die kinetische Energie der emittierten Elektronen und die Bindungsenergie der emittierten Elektronen sind.
Technik
Für die Röntgenstrahlen wird normalerweise eine Mg Kα–Quelle oder eine Al Kα–Quelle verwendet. Es werden aber auch Si, Ti oder Zr Quellen benützt. Alle Messungen werden in einer UHV (ultra-high-vacuum) Kammer durchgeführt, um Interaktionen zwischen den Photonen und den emittierten Elektronen mit der Umgebung zu minimieren. Wenn die Photonen (Röntgenstrahlen) auf die Oberfläche auftreffen, werden die Atome ionisiert. In den meisten Fällen wird das Photon absorbiert und alle seine Energie wird auf das ausgestossene Elektron übertragen. Bei diesem Prozess können Elektronen eines Atoms von verschiedenen Elektronenschalen ausgestossen werden. Somit kann ein einzelnes Element mehrere Peaks im Spektrum verursachen. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Elektron emittiert wird, ist für jede Schale verschieden. Dies bewirkt dann die relative Intensität zwischen diesen Peaks [1].
Das ionisierte Atom ist in einem unstabilen Zustand. Daher neigt es dazu, wieder in den Grundzustand zurückzukehren. Dort sind alle Schalen gefüllt und es wird wieder ein neutrales Atom. Dabei können weitere Emissionen entstehen, denn eine Neuanordnung von Elektronen legt Energie (Bindungsenergie) frei. Die freie Energie kann nun als Lichtemission (als Photon) oder als Elektronenemission (als Augerelektron) weggetragen werden. Augerelektronen haben spezifische kinetische Energien, welche in Zusammenhang stehen mit der Energiedifferenz der beiden Schalen [1].
Messbereich
Die Informationstiefe der Methode ist durch die freie Weglänge der Elektronen beschränkt. Für normales Metall beträgt diese Länge 1 bis 2 Nanometer. Diese ist aber im Vergleich zur Eindringtiefe der Röntgenstrahlen (ca. 1-10 μm) sehr klein. Es ist klar, dass nur Elektronen, die aus dem Material herausgehen können, vom Detektor gemessen werden können. Der Intentsitätsbeitrag nimmt mit zunehmender Tiefe exponentiell ab. Elektronen in tieferen Schichten werden zwar angeregt, haben aber nicht die Möglichkeit, aus dem Stoff auszutreten. Durch Veränderung des Winkels des Detektors gegenüber der zu messenden Probe kann eine noch kleinere Informationstiefe erreicht werden. Dies ist beispielsweise hilfreich, wenn man nur die oberste Schicht einer Oberfläche analysieren möchte (Monoschichten) [2].
Messarten

Bei XPS-Messungen gibt es grundsätzlich zwei verschiedene Arten von Spektren: Übersichtsspektren und Detailspektren. Bei Übersichtspektren wird der gesamte messbare Bereich erfaßt um globale Informationen über die zu untersuchende Probe zu erhalten. Man kann sich so einen Überblick darüber verschaffen welche Elemente auf der Oberfläche vorliegen. In gewissem Maße läßt sich auch abschätzen wieviel von jedem Element vorhanden ist.
Um bestimmte Orbitale einzelner Elemente genauer zu untersuchen werden Detailspektren im relevanten Engergiebereich aufgenommen. Diese werden üblicherweiser mit deutlich höherer Auflösung gemessen (~0,05-0,1 eV) als dies bei Übersichtsspektren der Fall ist (~ 0,5-1 eV). Die chemische Umgebung eines Atoms hat Einfluß auf die Bindungsenergien der Elektronen. Ein in einem Kristallgitter gebundenens Atom besitzt eine andere Ladungsverteilung als eines, das beispielsweise mit Sauerstoff oder Kohlenstoff reagiert hat (siehe Abbildung). Die sich daher ergebende Verschiebung der Maxima im XPS-Spektrum (also der Bindungsenergie der Elektronen) heißt „Chemical Shift“. Weiterhin können durch eine exakte Messung der Bindungsenergie verschiedene Oxidationszustände unterschieden werden [2].
Weitere Effekte, die zu zusätzlichen Peaks in XPS-Spektren führen können sind unter anderen Satellitenlinien, Shake Up und Shake Off, Plasmonenanregung, Augerlinien, Koordinationszahlenshift.
Quantitative Aussagen über die Elementverteilung einer Probe sind in gewissem Maße möglich. Dabei werden die Flächeninhalte einzelner Peaks miteinander verglichen. Es ist jedoch zu beachten, dass verschiedene Elemente unterschiedlich stark mit der Röntgenstrahlung wecheslwirken. Dies wird durch den sogenannten Empfindlichkeitsfaktor ausgedrückt, mit dem die Peaks zuvor normiert werden müssen.
Messergebnisse
Die folgende Abbildung zeigt ein typisches XPS-Spektrum von Indium-Zinn-Oxid. Es handelt sich dabei um ein Übersichtsspektrum. Die einzelnen Peaks stehen dabei für die verschiedenen Elemente auf der Oberfläche. Man kann gut sehen, dass von jedem Element mehrere Peaks vorhanden sind. Es ist auch ein Untergrund zu erkennen, ein konstantes Vorkommen von Elektronen. Der Untergrund hat eine spezielle Treppenform. Dies liegt an den inelastischen Elektronen, welche Energie auf dem Weg zum Detektor verlieren; Elektronen, die keinen Energieverlust erleiden werden elastische Elektronen genannt. Aufgrund ihrer Ladung aber neigen Elektronen dazu, mit Materie zu interagieren. Somit verlieren sie einen Teil ihrer kinetischen Energie. Solche Elektronen werden inelastische Elektronen genannt. Eine Treppenstufe im Untergrund wird immer nach einem Peak von elastischen Elektronen beobachtet. Dies liegt daran, dass inelastische Elektronen anfangs mit der kinetischen Energie der elastischen Elektronen emittiert wurden, aber dann einen Teil davon verloren. Da eine kleine kinetische Energie als hohe Bindungsenergie interpretiert wird, erscheinen die vielen inelastischen Elektronen bei hoher Bindungsenergie [1].
Berechnet man die Fläche unter den Peaks (ohne den Untergrund), kann man herausfinden, von welchem Element prozentual wie viel vorhanden ist. Die einzelnen Elemente geben nun aber ihre Elektronen nicht gleich gut ab. Deshalb muss man den erhaltenen Wert für die Fläche noch mit einem Faktor (Coefield-Konstante) multiplizieren. Die Coefield-Konstante ist für jedes Element spezifisch.
Literatur
[1]M. Heuberger, J. Vörös, M. Textor, J.A. Hubbell; Biomaterial Surfaces: Properties and Characterization; ETHZ
[2] S. Tosatti; Selbstorganisierte Monoschichten (SAM) von Alkanthiolen auf Goldoberflächen mit hoher spezifischer Oberfläche (Diplomarbeit, SS 1999, ETHZ)
[3] J. M. Hollas: Moderne Methoden in der Spektroskopie, Vieweg, Braunschweig/Wiesbaden, 1995
[4] Briggs, D. und Seah, M. P. (Hrsg.); Practical Surface Analysis Volume I, John Wiley & Sons, Chichester, 1990
[5] Henzler, M. and Göpel, W.; Oberflächenphysik des Festkörpers, B. G. Teubner, Stuttgart, 1991
[6] Ertl, G. and Küppers, J.; Low Energy Electrons and Surface Chemistry, VCH, Weinheim, 1985,
[7] Hüfner, S.; Photoelectron spectroscopy, principles and applications, Springer, Berlin, 2003