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Gregor Gysi

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Dr. Gregor Gysi

Gregor Gysi (* 16. Januar 1948 in Berlin) ist ein deutscher Politiker (Die Linkspartei)

Er war von 1989 bis 1993 Bundesvorsitzender der PDS und 2002 Senator für Wirtschaft, Arbeit und Frauen des Landes Berlin.

Ausbildung und Beruf

1966 erwarb Gysi sein Abitur auf einer Erweiterten Oberschule (EOS), auf der er gleichzeitig ab 1962 zum Facharbeiter für Rinderzucht ausgebildet worden war. Danach absolvierte er ein Studium der Rechtswissenschaft an der Humboldt-Universität Berlin, welches er 1970 als Diplom-Jurist beendete. Ab 1971 war Gysi einer der wenigen freien Rechtsanwälte in der DDR. In dieser Funktion verteidigte er auch Systemkritiker und Ausreisewillige, darunter bekannte Personen wie Robert Havemann, Rudolf Bahro, Bärbel Bohley und Ulrike Poppe. 1976 erfolgte seine Promotion zum Dr. jur. mit der Arbeit Zur Vervollkommnung des sozialistischen Rechts im Rechtsverwirklichungsprozeß. Im Herbst 1989 übernahm er noch vor der politischen Wende in der DDR das Mandat des oppositionellen Neuen Forums. Von 1988 bis 1989 war er Vorsitzender des Kollegiums der Rechtsanwälte in Berlin und gleichzeitiger Vorsitzender der Kollegien der Rechtsanwälte in der DDR.

Familie

Gregor Gysi wuchs in einer kommunistischen Funktionärsfamilie auf. Sein Vater Klaus Gysi arbeitete als Botschafter, Kulturminister und Staatssekretär in der DDR, seine Schwester ist die Schauspielerin Gabriele Gysi.

Gregor Gysi ist in zweiter Ehe verheiratet mit Andrea Gysi und hat drei Kinder.

Partei

Seit 1967 ist er Mitglied der SED (ab 1990: PDS). Als er 1989 in den Blickpunkt der Öffentlichkeit tritt, arbeitete er an einem Reisegesetz mit. Am 4. November 1989 spricht Gysi vor 500.000 Menschen auf der legendären Massenkundgebung auf dem Berliner Alexanderplatz und fordert ein neues Wahlrecht sowie ein Verfassungsgericht. Seine Eloquenz und rhetorische Begabung lassen ihn schnell zu einem der Medienstars des Herbstes werden. Ab dem 3. Dezember 1989 gehörte er dem Arbeitsausschuss zur Vorbereitung des außerordentlichen Parteitages der SED an und wurde am 9. Dezember 1989 zum Vorsitzenden der PDS gewählt - die heute den Namen Linkspartei trägt. Am 16. Dezember 1989 spricht er sich auf dem Sonderparteitag der SED/PDS, für eine Zusammenarbeit beider deutscher Staaten bei voller Wahrung ihrer Souveränität aus. Im Winter 1989/1990 lehnt Gysi als Parteivorsitzender der PDS deren Auflösung mit der Begründung ab, das Eigentum der Partei, viele Arbeitsplätze innerhalb des Apparates und letztlich das milliardenschwere Vermögen retten zu wollen. Bis heute ist nicht restlos geklärt, wie es der PDS unter Gysi gelang, das weit verzweigte Parteivermögen bzw. wie viel davon zu retten. Den Parteivorsitz hatte er bis zum 31. Januar 1993 inne.

Gysi ist Spitzenkandidat der Linkspartei in Berlin für die vorgezogene Bundestagswahl 2005 und kandidiert außerdem direkt im Wahlkreis 85 Berlin-Treptow-Köpenick.

Abgeordneter

Von März bis Oktober 1990 war er Abgeordneter der ersten frei gewählten Volkskammer der DDR. Am 3. Oktober 1990 wurde er Mitglied des Deutschen Bundestages, aus dem er am 1. Februar 2002 ausschied. Hier war er von 1990 bis 1998 Vorsitzender der Gruppe der PDS im Deutschen Bundestag, dann bis zum 2. Oktober 2000 Vorsitzender der PDS-Bundestagsfraktion.

Gregor Gysi war zuletzt (14. Wahlperiode 1998) mit 46,7 % der Stimmen direkt gewählter Abgeordneter des Wahlkreises Berlin-Hellersdorf - Marzahn.

Von 2001 bis 2002 war er Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin.

Für die Bundestagswahl 2005 kehrt er als Spitzenkandidat der Linkspartei zurück. Er ist Direktkandidat für den Wahlkreis Treptow-Köpenick und führt die Landesliste der Linkspartei Berlin an. Neben den aussichtsreichen Berliner Direktkandidaten der Linkspartei Petra Pau, Gesine Lötzsch, Cornelia Reinauer und Stefan Liebich hofft die Linkspartei auf ein Direktmandat durch Gysi.

Öffentliche Ämter

Am 17. Januar 2002 wurde Gysi Bürgermeister und Senator für Wirtschaft, Arbeit und Frauen des Landes Berlin in dem vom Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit geführten Senat.

Am 31. Juli 2002 trat er von allen Ämtern mit der Begründung zurück, er habe beruflich erflogene "Bonus-Meilen" eines Vielfliegerprogramms privat genutzt (siehe auch Bonusmeilen-Affäre).

Kritik

Im Mai 1998 stellte der Immunitätsausschuss des Deutschen Bundestages in seinem Abschlußbericht fest, dass Gysi zwischen 1975 und 1986 für das Ministerium für Staatssicherheit der DDR unter verschiedenen Decknamen, dabei hauptsächlich als IM Notar gearbeitet haben soll, nachdem in einer früheren Version des Abschlussberichtes noch davon die Rede war, dass ein solcher Nachweis aufgrund unzureichender Unterlagen nicht erfolgen konnte. Diese Feststellung des Immunitätsauschusses hatte aber keine Auswirkungen auf Gysis Arbeit als Abgeordneter, der im Abschlussbericht selbst der Beschuldigung widersprach, und auf wesentliche Mängel und Fehler im Verfahren hinwies. Die PDS und die FDP stimmten dem Papier nicht zu; Gysi legte erneut Klage gegen die Feststellung ein.

Gregor Gysi bekannte sich zur Kooperation mit der Staatsgewalt und dem ZK im Interesse und mit Wissen seiner Klienten und ging mehrmals erfolgreich gegen die Verbreitung der Behauptung, er wäre IM Notar, seit den 1990ern vor.

Erkrankung

Am 9. Februar 2004 erlitt Gysi einen Herzinfarkt. Es folgten weitere Krankenhausaufenthalte: Am 15. Mai 2004 wegen Herzbeschwerden und am 1. August 2004 wegen Durchblutungsstörungen. Am 16. November 2004 musste Gysi während einer lebensgefährlichen Gehirnoperation ein Aneurysma verschlossen werden, das zu platzen drohte. Es folgte ein weiterer Infarkt (18. November) und eine Angina.

Zitate

  • Frage: "Wie würden Sie einem Blinden Ihr Äußeres beschreiben?" Gysi: "Groß, stark, schlank, mit tollen Locken"
  • "Sollen nackte Körper und Gewalt aus unserem Fernseher verbannt werden? Nackte Körper gehören glücklicherweise, Gewalt unglücklicherweise zu unserem Leben. Also lautet die eigentliche Frage: Soll das Leben aus unseren Fernsehern verbannt werden?" (in "Talk im Turm" vom 12.12.1993)
  • "In der Wirtschaft finde ich Marktwirtschaft völlig in Ordnung, anders kriegst du weder Qualität noch Effizienz hin, noch kannst du Arbeitsplätze sichern. Nur bitte keine Marktgesellschaft: Das heißt, Gesundheit, Bildung, Kultur, Verkehr und partiell das Wohnen dürfen nicht durchkommerzialisiert werden."

Werke

  • (1990): Handbuch für Rechtsanwälte. o.O.
  • Zs. mit Falkner, Thomas u. Werner Hübner (1990): Sturm aufs große Haus. Der Untergang der SED. Berlin. ISBN 3910164072
  • (1992): Einspruch! Aufsätze, Reden, Briefe, Gespräche. Berlin.
  • Zs. mit Heuer, Uwe-Jens u. Michael Schumann (1992): Zwei geteilt. Über den Umgang mit der SED-Vergangenheit. Hamburg. ISBN 3879756090
  • (1995): Das war's. Noch lange nicht! Autobiographische Notizen. Düsseldorf. ISBN 3548750621
  • (1995): Freche Sprüche. Berlin.
  • (1995): Ingolstädter Manifest. Wir - mitten in Europa. Plädoyer für einen neuen Gesellschaftsvertrag. Berlin.
  • (1998): Nicht nur freche Sprüche. Berlin. ISBN 3896023861
  • (1999): Über Gott und die Welt. Berlin. ISBN 3896023152
  • (2000): Neue Gespräche über Gott und die Welt. Berlin. ISBN 3896023519
  • (2001): Neueste Gespräche über Gott und die Welt. Berlin. ISBN 3896023667
  • (2001): Ein Blick zurück, ein Schritt nach vorn., Hamburg. ISBN 3455093388
  • (2003): Was nun? Über Deutschlands Zustand und meinen eigenen. Hamburg. ISBN 3455093698