Definition
Eine Definition (lateinisch definitio = Abgrenzung aus de = ab/weg und finis = Grenze) ist je nach der Definitionslehre, der hierbei gefolgt wird, entweder 1. eine Bestimmung des Wesens einer zu erklärenden Sache oder 2. eines Begriffs oder 3. die Feststellung eines tatsächlich geübten Sprachgebrauchs, oder 4. die Festsetzung oder Vereinbarung eines solchen.[1]
Definieren ist grundlegend für jegliche Kommunikation; es prägt die sprachliche Entwicklung eines Menschen mit. Die Definitionen der alltäglichen Begriffe werden im Laufe des Lebens ins Unbewusste übernommen, so dass sich Menschen der gleichen Sprache, der gleichen Kultur und ähnlicher Lebensumstände meist ohne klar bewusstes Definieren der verwendeten Begriffe verständigen können.[2] Erst in Grenzfällen werden, damit eine Botschaft so verstanden wird, wie sie gemeint ist, ausdrücklich formulierte Definitionen geradezu unvermeidlich.
Fast jeder Logiker trifft seine eigene Definition von Definition; gewöhnlich trägt er aber seine Auffassung „mit einer Bestimmtheit und Kürze“ vor, als könne es sich hierbei um keinerlei Streitfrage handeln.[3] Daher werden Charakter, Zweck und grundsätzliche Bedeutung von Definitionen sowie die Kriterien für deren Eignung oder Fruchtbarkeit für jeden Autor durch dessen besondere Definitionslehre angegeben und für sich konsequent dargestellt. Die Definitionslehre bildet einen Teil der Logik, sofern diese als Methodenlehre aufgefasst wird.[4] Der logische Charakter von „Definition“ ergibt sich hierbei „teleologisch“ aus deren daraus bestimmbarer methodologischer Funktion.
Zur Herkunft des Begriffes: Das klassisch-griechische Begriffsgefüge (griech. ορίζειν (ορίζεσθαι) ορισμός) wurde bei der Übersetzung in das Lateinische aufgespalten in definire / definitio und determinare / determinatio. Dabei ist die definitio (Begriffs-Erklärung) vom zu definierenden „Objekt“ her, die determinatio (begriffliche Festlegung) vom definierenden „Subjekt“ her bestimmt. Für die klassisch-griechische Denkform war beides noch in einen einzigen Begriff zusammengefallen.[5]
Syntax von Definitionen
Prinzipiell bestehen keine syntaktischen Einschränkungen für Definitionen. Jeder Satz, in dem ein neues Zeichen eingeführt wird und der den Kriterien der Eliminierbarkeit und Nichtkreativität genügt, ist eine Definition des neuen Zeichens. Deutlich wird dies mit der Definition der Modulo-Äquivalenz:
Die am weitesten verbreitete Form von Definition stellt die Definitionsgleichung dar.
- Beispiele:
- Dattel ≡ die Frucht der Palme; Lagmy ≡ der Wein der Palme; Wein ≡ gegorener Saft
Wenn man sich das Grundmuster einer Definition ansieht, so ist in Form eines Satzes formuliert, was die Definitionsaussage enthält. Diese informiert uns darüber, dass eine bestimmte Beziehung zwischen Begriffen vorliegt und wie bestimmte Regeln eingesetzt werden können.[6]
Der Ausdruck, welcher definiert werden soll, heißt „Definiendum“ (lateinisch „das zu Definierende“) und steht links vom Äquivalenzzeichen (≡). In unserem Beispiel sind „Dattel“, „Lagmy“ und „Wein“ die Definienda.
Der Satzteil, der die definitorische Erklärung liefert, „Definiens“ genannt (lateinisch „das Definierende“), steht rechts vom Äquivalenzzeichen (≡). „Dattel“ ist also dadurch definiert, dass es dasselbe bedeuten soll wie „die Frucht der Palme“.
Funktionen von Definitionen in der Wissenschaft
- Wissenschaftliche Definitionen werden in der Regel dann gefordert, wenn Hypothesen und Theorien aufgestellt oder Modelle konstruiert werden, die von anderen Wissenschaftlern nachvollzogen und diskutiert werden können sollen. Um den Kriterien der Intersubjektivität zu genügen, soll hierbei Einvernehmen über die Bedeutung der verwendeten Begriffe erzielt werden. – Nach der Definitionslehre von Karl Popper hingegen wird die Definitionsfrage dadurch miterledigt, dass man die Theorie als Ganzes auf einen Objektbereich anwendet und einzelnen Folgerungen daraus an Beobachtungssätzen überprüft.
- Definitionen sind Abkürzungen und erleichtern daher zu formulieren und sich besser verständlich zu machen.
- Definitionen sind als Festsetzungen weder wahr noch falsch. Sie erleichtern es jedoch, entsprechende Aussagen einfacher, das heißt verständlicher, zu formulieren.
Arten von Definitionen
Deiktische Definition
Eine „deiktische“ (oder „epideiktische“[7]) Definition ist eine Begriffsdefinition, sagen wir eines „Elefanten“, die im hinweisenden Zeigen auf ein Exemplar der durch den betreffenden Begriff bezeichneten Klasse besteht (siehe Deixis).
Explizite gegenüber implizite Definition
Das Grundmodell ist die explizite Definition, wie sie in einer Definitionsgleichung erfolgt. Im weiteren Sinne können noch Definitionen hierzu gerechnet werden, die sich in eine solche Grundform überführen lassen.[6] Regel: Das Definiendum darf im Definiens selbst nicht vorkommen.
Beispiele hierfür sind die im Bereich der Rechtswissenschaft gebräuchlichen Legaldefinitionen. So wird der zivilrechtliche Begriff „unverzüglich“ in § 121 BGB mit den Worten „ohne schuldhaftes Zögern“ legaldefiniert. Der Begriff „schuldhaft“ wird sodann in §§ 276 bis 278 BGB definiert; die dort verwendeten Begriffe von Vorsatz und Fahrlässigkeit sind ihrerseits Gegenstand der Begriffsarbeit in der Rechtslehre, also außerhalb des Gesetzeswortlautes.
Im Gegensatz dazu steht die implizite Definition. Dort wird ein Objekt durch seine charakteristische Eigenschaft festgelegt. Dazu muss nachgewiesen werden, dass diese Eigenschaft genau einem Objekt zukommt (Wohldefiniertheit). Beispiel: „Die Quadratwurzel aus einer nicht-negativen reellen Zahl ist definiert als diejenige nicht-negative reelle Zahl , für die gilt .“ Die Wohldefiniertheit dieser impliziten Definition besagt, dass es für jede nicht-negative reelle Zahl genau eine nicht-negative reelle Zahl gibt mit der Eigenschaft .
Als Grenzfall einer Definition kann man die implizite Definition durch ein monomorphes Axiomensystem ansehen. Dadurch dass dem, was in den Axiomen formal fixiert ist, jeweils ein Name gegeben wird, ist die semantische Seite des Systems festgelegt, d. h. was es für uns bedeuten soll. Die Begriffe jedoch werden strukturell exakt durch die Einordnung in die Axiome und damit durch das axiomatische System bestimmt.[8]
Rekursive Definition
Die rekursive Definition – veraltet auch induktive Definition genannt – unterscheidet sich von der expliziten Definition dadurch, dass das Definiendum im Definiens vorkommt. Rekursive Definitionen eignen sich dazu, den Wert einer mathematischen Funktion auf den Wert derselben Funktion an einer kleineren Stelle zurückzuführen. Auch hier muss die Wohldefiniertheit nachgewiesen werden, damit die Definition zulässig ist. Das geschieht in Form von Rekursionstheoremen, die nachweisen, dass durch wiederholtes Anwenden der Definition kein Infiniter Regress stattfindet.
Beispiele sind die rekursive Definition eines Fibonacci-Baumes oder jene rekursive Definition eines Palindromes.
Identität gegenüber Gebrauchsdefinition
Man spricht von Gebrauchsdefinition (oder Kontextdefinition), weil das Definiendum darin nur so definiert wird, wie man es innerhalb von Sätzen gebraucht.
Fällt beispielsweise eine allgemeine Definition des Prädikates „adäquat“ schwer, so lässt sich leicht definieren, dass die Aussage „X ist ein adäquater Kalkül“ genau dann wahr ist, wenn X ein Kalkül ist, der vollständig und korrekt ist.
Adäquatheit wurde damit nur im Kontext „Kalkül“ definiert, und die Frage, wann überhaupt etwas adäquat ist, bzw. welche Dinge unter diesen Begriff fallen, stellt sich nicht. Dieser ontologische Unterschied erspart etwa der modernen Mathematik die philosophische Frage nach dem Wesen der Zahl (empirisch, psychologistisch oder logisch). Denn die mathematischen Axiome sagen nicht, was eine Zahl ist, sondern wann sich etwas Zahl nennen darf und welche arithmetischen Eigenschaften sodann für diese gelten.
Dass zum Beispiel die Gruppenaxiome gerade davon leben, dass sie verschiedenste Interpretationen erlauben, widerspricht übrigens der klassischen Anschauung, Definitionen müssten eindeutig sein.
Totale gegenüber partielle Definition
In totalen Definitionen sind Definiendum (das zu Definierende) und Definiens (das Definierende) logisch äquivalent, also problemlos austauschbar.
Partielle Definitionen gelten nur für einen bestimmten Teilbereich. Sie sind anwendbar nur für den Fall, dass eine gewisse Vorbedingung erfüllt ist.
Operationale Definitionen sind häufig partiell. Hier stellt die Vorbedingung eine Operation dar, womit man die zu definierende Eigenschaft überprüft (siehe Operationalisierung).
Die dazu gehörige Gattung der „Dispositionsbegriffe“, wie zum Beispiel „wasserlöslich“, beschreibt nicht Eigenschaften, die direkt durch Beobachtung ablesbar sind, sondern solche, die an eine (Prüf-) Bedingung geknüpft sind.[9]
Zum Beispiel: Wenn man den Gegenstand in Wasser gibt, dann löst er sich auf.
Nominal- gegenüber Realdefinitionen
Im Anschluss an die Topik des Aristoteles werden Nominal- und Realdefinition unterschieden.
Mittels einer Nominaldefinition setzt der jeweilige Sprecher durch seine eigene Entscheidung fest, was ein Name benennen bzw. ein sprachlicher Ausdruck bedeuten soll (siehe Hauptartikel Nominaldefinition). Eine Nominaldefinition kommt in der Verwendung dem gleich, was man heute "Explizitdefinition" nennt.
Eine Realdefinition beinhaltet im aristotelischen Verständnis eine Aussage darüber, was eine Sache in Wirklichkeit ist. Darüber hinaus beinhaltet sie bestimmte theoretische und philosophische Voraussetzungen, etwa was bestimmte Dinge sind, oder welche es überhaupt gibt, und wie diese geordnet sind (Ontologie). Es werden bei Aristoteles hierbei auch Unterschiede der Art und der Gattung nach gemacht, bzw. die Begriffe in eine Ordnung untereinander gebracht (Taxonomie).
Hinter dem Gebrauch von Realdefinitionen steht somit mehr oder weniger deutlich ausgeprägt eine bestimmte philosophische Auffassung von Sein und Wesen (Essentialismus) oder Annahmen über das Vorliegen einer bestimmten Gesetzmäßigkeit, die im Wesen der Sache ihren Ausdruck findet.
Weniger philosophisch verfänglich ist es, Realdefinitionen dem Verfahren der Bedeutungsanalyse oder Explikation zu unterziehen. Das Ergebnis eines solchen Explikationsversuchs kann dann wie eine explizit eingeführte Definition behandelt werden, ohne dass man sich dabei unbedingt auf eine spezielle philosophische Position festlegen muss.
Definitionsregeln und -anforderungen
Welche Regeln des Definierens man einhält, ist grundsätzlich abhängig davon, welcher Definitionslehre zu folgen man sich entschieden hat.
In den nicht formalen Wissenschaften werden meist folgende Anforderungen für sinnvoll erachtet:
- Die Anzahl unterschiedlicher Interpretationsmöglichkeiten soll, so weit wie möglich, reduziert werden.
- Dennoch soll eine Definition so einfach wie möglich sein.
- Eine Definition ist umso besser, je schärfer die Grenzen zu anderen Begriffen gezogen sind.
- Es dürfen nur Begriffe verwendet werden, die schon als Allgemeinbegriff eindeutig sind oder die bereits innerhalb derselben Wissenschaft definiert sind.
- Eine Definition soll möglichst keine Ausnahmeregeln enthalten.
- Definitionen sind weder wahr noch falsch; doch Realdefinitionen sollten (nach Carnap) diese vier Kriterien zur Adäquatheit erfüllen:
- Ähnlichkeit von Explikat und Explikandum
- Exaktheit des Explikats
- Fruchtbarkeit für das Aufstellen vieler Gesetze
- Einfachheit der Definition selbst und der resultierenden Gesetze
In der betriebswirtschaftlichen Literatur wurden von Wacker (2004) acht Regeln für eine "gute" formale konzeptionelle Definition aufgestellt.[10]
Beispiele
- Deiktische Definition: Dies hier ist rot: rot
- Realdefinition: "Lagmy" ≡ Wein, der hergestellt wird aus der Vergärung des Saftes der Dattelpalme
- Nominaldefinition: Unter "AWT" sei im nachfolgenden Text "Arbeitswerttheorie" verstanden.
- Gebrauchsdefinition:: „n ist Primzahl n ist eine natürliche Zahl und besitzt genau zwei natürliche Teiler.“
- Rekursive Definition (induktive Definition) : „Die Summe der ersten natürlichen Zahlen ist definiert als 0, falls und sonst.“
- Empirische Definition, besser: empirische Analyse: „Der Mensch ist ein ungefiederter Zweibeiner.“
Siehe auch
- Definitio essentialis
- Definitio abundans
- Substantielle Definition
- Genus proximum et differentia specifica (Definition durch Angabe eines Oberbegriffs und eines spezifischen Artmerkmals)
- Terminus
- Terminologie
- Operationalisierung
- Guidelines for the Definition of Managed Objects
- Rekursion
- Definitionsmacht
- Dogmatische Definitionen: siehe Dogmatik
Einzelnachweise
- ↑ Walter Dubislav: Die Definition. Felix Meiner : Leipzig 3. völlig umgearbeitete und erweiterte Auflage 1931. S. 2.
- ↑ Greta Stanaityte: Alltagsdefinitionen und ihre Funktionen. Diss. Universität Mannheim 2005. (Volltext).
- ↑ Heinrich Rickert: Zur Lehre von der Definition. 3. verb. Aufl. J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) Tübingen 1929. S. 1
- ↑ Heinrich Rickert: Zur Lehre von der Definition. 3. verb. Aufl. J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) Tübingen 1929. S. 6.
- ↑ Johannes Lohmann: Vom ursprünglichen Sinn der aristotelischen Syllogistik. In: Fritz-Peter Hager (Hrg.): Logik und Erkenntnislehre des Aristoteles. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1972, S. 193, Anmerkung 14, ISBN 3-534-04552-1.
- ↑ a b Georg Klaus: Moderne Logik. Berlin 1972. S. 384.
- ↑ Joseph A. Schumpeter, (Elizabeth B. Schumpeter, Hg.): Geschichte der ökonomischen Analyse. Erster Teilband. Vandenhoeck Ruprecht Göttingen 1965. S. 40, Anm. 10
- ↑ Georg Klaus: Moderne Logik. Berlin 1972, S. 385 f.
- ↑ Paul Feyerabend: Das Problem der Existenz theoretischer Entitäten. In: Ernst Topitsch (Hrsg.): Probleme der Wissenschaftstheorie. Festschrift für Viktor Kraft. Wien 1960.
- ↑ J. G. Wacker: A theory of formal conceptual definitions: developing theory-building measurement instruments. Journal of Operations Management Band 22 (2004), Nr. 6, S. 629-650
Literatur
- Walter Dubislav: Die Definition. Meiner, 4. Auflage, Hamburg 1981 (Klassiker).
- Gottfried Gabriel: Definition II. In: Ritter (Hrsg.): Historisches Wörterbuch der Philosophie. 1972, Sp. 35-42.
- Gottfried Gabriel: Definition. In: Jürgen Mittelstraß (Hrsg.): Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie. 2. Auflage 2005, S. 137–139.
- N. Kondakow: Wörterbuch der Logik. Leipzig, 2. Auflage 1983.
- Guy Longworth: Definitions, Uses and Varieties of, wahrscheinlich 2008 erschienen in: K. Brown (Hrsg.): Elsevier Encyclopedia of Language and Linguistics. Elsevier.
- Albert Menne: Definition. In: Krings, Baumgartner, Wild: Handbuch philosophischer Grundbegriffe. 1973.
- Lothar Schmidt: Schlagfertige Definitionen. Von Aberglaube bis Zynismus. Auswahl. 1971, ISBN 3-499-16186-9.
- Wolfgang Stegmüller: Probleme und Resultate der Wissenschaftstheorie und Analytischen Philosophie. Band I: Wissenschaftliche Erklärung und Begründung. Springer, Berlin u. a. 1974 (verbesserter Nachdruck).
Weblinks
- Anil Gupta: Definitions. In: Edward N. Zalta (Hrsg.): Stanford Encyclopedia of Philosophy.
- Kants Äußerungen über das Definieren im Kant-Lexikon von Rudolf Eisler
Vorlage:Link FA Difinitio ist ein schweres Wort was man nich so leicht erklären kann!