Dechsel

Die Dechsel (f., regional m.; Plur. -n), auch Deichsel, Dachsbeil oder Querbeil, ist ein Werkzeug aus Stahl, das vor allem zur Holzbearbeitung dient. Anders als bei Axt und Beil ist das Blatt der Dechsel quer zum Stiel geschäftet, so wie bei einer Hacke.
Ältere Wörterbücher nennen regional die maskuline Bezeichnung der Dechsel (Bayern, Schweiz)[1][2] oder auch Dexel [3], der moderne Duden nur den femininen Genus die Dechsel (vgl. Absatz zur → Etymologie).
Prähistorische Dechseln

Dechseln aus Feuerstein, von Archäologen als Scheibenbeil oder Kernbeil bezeichnet, gab es seit der Mittelsteinzeit. Während der ersten bäuerlichen Kulturen im Alt- und Mittelneolithikum war die Dechsel aus geschliffenem Felsgestein (Amphibolit) das typische Holzbearbeitungswerkzeug.[4] Arbeitsspuren von Dechseln wurden vielfach an den Bohlen bandkeramischer Brunnenkästen gefunden. Der schmalhohe Dechseltyp der Bandkeramischen Kultur wird im archäologischen Sprachgebrauch auch Schuhleistenkeil genannt.
Aus dem Alten Ägypten sind Abbildungen von Steinmetzen mit Dechseln überliefert. Während der Römerzeit wurde die Dechsel als Attribut des Zimmermanns dargestellt, wie auf einem römischen Grabstein aus Bordeaux überliefert ist.[5]
Holzdechseln
Es gibt eine Reihe von Ausführungen mit längerem und kürzerem Stiel und verschieden geformten Blättern für unterschiedliche Arbeitszwecke und Methoden. Sie fand in Zimmerei und im Schiffbau Verwendung. Aufgrund der Stellung der Schneide kann die metallische Dechsel gut zum Glätten von Oberflächen eingesetzt werden. Die kleine Handdechsel (Größe des Beils, nicht der Axt) ist in allen möglichen Tätigkeiten, wo es um die Rohzubereitung von Hölzern geht, zu finden – die Feinarbeit (Putzen) wird mit dem Reifeisen, oder Hobeln gemacht. Bei der kleinen Dechsel finden sich auch Formen mit hammerartigem Kopf auf der Rückseite, um mit dem Hammer nachzuschlagen (etwa bei den Böttchern/Küfern).[6] Die Anstellung und Längskrümmung variiert (etwa krumm bei Stellmachern, gerade bei Sattlern, wo man auch Leder damit stanzt).[2] Je nach Querkrümmung des Blatts unterscheidet man Flachdechseln zum Schlichten (Glätten) und Hohldechseln zum Aushöhlen. Hierbei gibt es auch U-fömige und für die Bearbeitung von Innenkanten V-förmige Dechseln, wie bei den analog benannt Stechbeiteln. Um gute Ergebnisse zu erzielen, muss die Schneide der Dechseln extrem scharf sein.
Zum Aushöhlen von Holz (historische Zwecke etwa Einbäume, Brunnentröge, hölzerne Dachrinnen, hölzerne Behälter) ist sie bis heute nur durch die Motorsäge und spezielle Freihand-Fräsmaschinen ersetzbar.
In der Rodehacke (Reuthaue) findet sich eine Übergangsform zur Haue, die für Erdarbeiten ebenso taugt wie zum Hacken von Wurzelwerk, Baumstümpfen oder Schwachholz.
Neben den oben beschriebenen Formen gibt es regionale Abweichungen der Dechselformen in Spanien, Portugal (dort als Aleppo bezeichnet) und Griechenland (mit um 60° gedrehter, gebogener oder in spitzem Winkel gestellter Schneide).
Zimmerhandwerk
Im Zimmerhandwerk werden zur Holzbearbeitung vor allem der Flachdechsel und der Hohldechsel verwendet. Beide gibt es in den Varianten kurzstielig um auf Brusthöhe und langstielig (siehe Bild) um das Werkstück auf Fußhöhe zu bearbeiten. Seit dem Einsatz von Motor- und Elektrowerkzeugen wird der Dechsel vom Zimmerer im Neubau selten eingesetzt, aber zum Beispiel von dem Restaurator im Zimmerhandwerk und im Fachwerkbau. Der Dechsel verleiht dem Bauholz eine charakteristische Oberflächenstruktur (gehacktes Holz, wie es auch durch das Zurichten mit dem Zimmermannsbeil entsteht).
Dechseln in der Pecherei

Die beim Pechen eingesetzten Formen sind sehr kurzstielig, um ein exaktes Arbeiten auch unter schwierigen Verhältnissen (auf hohen Leitern und nahe am Baumstamm) zu ermöglichen. Es gibt zwei Formen dieser Werkzeuge, die Plätzdechsel und die Fürhackdechsel, die sich durch die Breite der Klinge unterscheiden. Während die Plätzdechsel mit der schmalen Klinge eingesetzt wurde, um mit Schlägen von oben nach unten die Rinde vom runden Stamm des Baumes zu entfernen (dabei wäre aufgrund der Krümmung des Stammes eine breite Klinge nutzlos), wurde mit der breiten Klinge der Fürhackdechsel die Laß (eine schräg nach unten verlaufende Rille) in den von der Rinde bereits befreiten Stamm eingehackt, die dann zur Aufnahme der Pechscharten diente. In neuerer Zeit wurde die Dechsel als Werkzeug zum Abtragen der Rinde durch den Hobel ersetzt, der einfacher zu handhaben war und mit nur einem quer geführten Schnitt einen großen Rindenstreifen abtragen konnte.
Da die Dechsel das wichtigste Werkzeug der Pecher war, wurde es auch zu ihrem Zunftzeichen und findet sich auf den Wappen vieler Orte, in denen die Pecherei betrieben wurde.
Steinmetzdechseln
Die Bearbeitung von Stein mit einem Querbeil ist bereits auf altägyptischen Darstellungen zu sehen. Auch in der römischen Antike war dieses Werkzeug verbreitet. Ab dem Mittelalter ist in zeitgenössischen Abbildungen jedoch sehr viel häufiger ein normales Flächbeil mit Schneide parallel zum Griff zu sehen, diese Form wird in Deutschland heute ausschließlich verwendet. In Frankreich dagegen ist ein Kombiwerkzeug aus normalem Beil und Querbeil unter dem Namen polka[7] bis heute in Verwendung. Man benutzt es für schwer zugängliche Ecken. Im Gegensatz zu den hier dargestellten Holzwerkzeugen ist der Winkel zwischen Griff und Schneide beim Steinwerkzeug weniger spitz.
Eine häufige Abart ist das Querbeil mit gezahnter Schneide.
Etymologie
Der Begriff Dechsel kommt aus althochdeutsch 'dëhsa, dëhsala, dësla', mittelhochdeutsch dëhse, dëhsel, davon abgeleitet entwickelten sich mundartlich auch Texel, Tegsel, Deichsel, Dessel, Dissel, Distel, Daxel.[1][2][6] Johann Christoph Adelung führte in seinem 1774 erstmals erschienenen Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart das Holzwerkzeug „Deichsel“ über den Wortstamm ‚stechen‘ = stehen mit dem Begriff Deichsel – der Einspannung am Wagen – zusammen.[2] Dem widersprechen die Brüder Grimm in ihrem um 1850 erstellten Begriff Dechsel des Deutschen Wörterbuches, die den Wortstamm dëhsen = ‚schwingen‘ wahrscheinlich machen, da sich aus dem „ë“ am besten der Lautwechsel zu „i“ und „a“ erkläre.[1] Als Beleg wird das Flachs schwingen genannt, wofür ein „breiter, der Klinge eines Schwerts ähnlicher Stab von Eisen oder Holz“ verwendet wurde, im Mittelhochdeutschen mit dehsîsen oder dehsschît bezeichnet.[1] Diese Herleitung könnte für den unterschiedlichen Genus verantwortlich sein, da in den meisten Landstrichen bis heute – abweichend vom Duden – von dem Dechsel (m.) gesprochen wird.
Die Dechsel in der Heraldik
Die Dechsel[8] findet sich als gemeine Figur im Wappen. Diese heraldischen Darstellungen sind auch werkzeugkundlich interessant, weil sie jeweilige Regionalformen der Dechsel abbilden.
Wappen | Träger | Region | Blason und Anmerkungen | Sinnbild |
---|---|---|---|---|
![]() |
Vinaixa | Vorlage:SortKey ist veraltet; bitte verwende Alternativen gemäß Hilfe:Tabellen/Sortierung #Veraltet. | katalanisch aixa; spanisch azuela , silbern, aufrecht interessante Montierung |
Weblinks
- Urformen der Dechsel, ausgraeberei.de: Wörterbuch
Einzelnachweise
- ↑ a b c d DECHSEL, f. beil, hacke, haue, krummhaue, ascia. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. Hirzel, Leipzig 1854–1961 (woerterbuchnetz.de, Universität Trier).
- ↑ a b c d Die Deichsel. In: Johann Christoph Adelung: Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart. 4. Auflage. Band 1. Leipzig 1793, S. 1439 (zeno.org).
- ↑ F. A. Brockhaus: Der Sprach-Brockhaus. Deutsches Bildwörterbuch für jedermann. Leipzig 1935. S. 112 und S. 118
- ↑ Jürgen Weiner: Zur Technologie bandkeramischer Dechselklingen aus Felsgestein und Knochen - Ein Beitrag zur Forschungsgeschichte. Archaeologia Austriaca 80, 1997, S. 115-156
- ↑ W. Gaitzsch: Römische Werkzeuge. Limesmuseum Aalen, 1978
- ↑ a b Deichsel, eine kurzstielige Axt, horizontal damit zu hauen. In: Johann Georg Krünitz: Oeconomische Encyclopädie. Band 9. Pauli, Berlin 1773–1858, S. 79 (uni-trier.de).
- ↑ vergl. fr:Polka (outil), frz. Wikipedia
- ↑ vergl. commons:Category:Adzes in heraldry