Füllfederhalter

Ein Füllfederhalter, kurz auch Füllhalter, Füllfeder oder Füller genannt, ist ein Schreibgerät in Stiftform, das mittels einer Metallfeder Tinte auf Papier überträgt. Die Tinte fließt dabei durch die Kapillarwirkung von einem Speicher (z. B. Tintenpatrone, Konverter oder integriert als Kolbenfüller) an die Spitze der Metallfeder und wird dort vom Papier aufgesaugt.
Geschichte
Die älteste historische Aufzeichnung eines Füllfederhalters datiert aus dem 10. Jahrhundert, der früheste erhaltene Füllfederhalter stammt aus dem 18. Jahrhundert. Bis zum Anfang des 19. Jahrhundert gab es nur langsame Fortschritte in der Entwicklung des Füllfederhalters, danach beschleunigte sich die Entwicklung und die Anzahl der produzierten Füllfederhalter stieg stetig. Dass der Füllfederhalter ein so beliebtes Schreibgerät wurde, verdankt er drei entscheidenden Erfindungen: der Goldfeder mit Iridiumspitze, dem Hartgummi und der gleichmäßig fließenden Tinte.
Die ersten Füllfederhalter, die mit diesen drei Schlüsseltechnologien ausgestattet waren, entstanden in den 1850ern, und in den 1880ern begann dann die Ära des Füllfederhalters als Massenprodukt. Die dominierenden amerikanischen Produzenten in dieser Pionierära waren die Firmen Waterman in New York City und Wirt in Bloomsburg, Pennsylvania. Waterman überflügelte bald Wirt und die vielen anderen Firmen, die zu dieser Zeit entstanden, und blieb Marktführer bis die frühen zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts.
In Deutschland begann der Fabrikant Günther Wagner 1871 mit der Produktion und die Firma Pelikan wurde in den 1890ern einer der Hauptproduzenten von Füllfederhaltern. Die Firma erwarb Patente für Füllfederhalter mit Festtinte des kroatischen Chemikers Slavoljub Eduard Penkala (patentiert 1907, Massenproduktion seit 1911) und 1925 das Patent des ungarischen Ingenieurs Theodor Kovacs für den modernen Kolbenfüller.
In den folgenden Jahrzehnten gab es viele technologische Innovationen in der Herstellung der Füllfederhalter. Zelluloid ersetzte stufenweise das vulkanisierte Hartgummi, was die Produktion einer viel breiteren Palette von Farben und Designs ermöglichte. Gleichzeitig experimentierten die Hersteller mit neuen Füllsystemen. Die Zwischenkriegszeit sah die Einführung von einigen der bemerkenswertesten Modelle, wie des Parker Duofold und Vacumatic, der Sheaffer's Lifetime Balance Reihe und des Pelikan 100.
Während der vierziger und fünfziger Jahre des 20. Jahrhunderts behaupteten die Füllfederhalter ihre beherrschende Stellung unter den Schreibgeräten, denn frühe Kugelschreiber waren teuer, neigten zum Auslaufen und hatten einen nur unregelmäßigen Tintenfluss, während der Füllfederhalter weiterhin von der Kombination aus Massenproduktion und Kunstfertigkeit profitierte. Diese Periode sah die Produkteinführung von erfinderischen Modellen wie des Parker 51, des Sheaffer Snorkel und des Eversharp Skyline, während die Esterbrook J Serie mit den Hebelfüllermodellen mit auswechselbaren Stahlspitzen billige und zuverlässige Massenprodukte anbot.
Ab den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts errang dann der Kugelschreiber im Alltag durch Verbesserungen in der Herstellung stufenweise seine Vorherrschaft über den Füllfederhalter. Obwohl Patronenfüllfederhalter in Deutschland und Frankreich noch immer insbesondere in der Schule in Gebrauch sind, vermarkten moderne Hersteller (besonders Montblanc) Füllfederhalter heutzutage eher als Sammelobjekt und Statussymbol, und nicht mehr als Schreibgerät für den alltäglichen Gebrauch.
Zu den gegenwärtigen Herstellern von Füllfederhalter gehören Cross, Lamy, Montblanc, Parker, Pelikan, Rotring, Omas, Sheaffer und Waterman. Qualitativ hochwertige Tinte wird von den Firmen Aurora, Cross, Lamy, Montblanc, Parker, Pelikan, Barock, Private Reserve, Sheaffer, Jansen sowie der französischen Firma Herbin hergestellt. Pilot ist eine von nur wenigen Firmen, die Wegwerffüllfederhalter herstellen.
Verwendung der Füllfederhalter
Zusammen mit dem Massenprodukt Bleistift und der Einführung von preiswerten Papier auf Holzbasis, war der Füllfederhalter verantwortlich für eine weitreichende Umwälzung in der Art des Schreibes und der Form der Schreibarbeit während des 19. Jahrhunderts. Sie wurden so zum Vorläufer des modernen Büros, das etwa am Ende des 19. und am Anfang des 20. Jahrhunderts mit der stufenweisen Einführung der Schreibmaschine und der frühen Kopierer entstand.
Der Füllfederhalter und in geringerem Umfang der Bleistift, ersetzten die nur schwer zu benutzende Kombination aus Tauchfeder, Tintenfass, Löschwiege sowie des Löschsandes, die bis dahin zum Schreiben eingesetzt wurde. Die Benutzung einer Tauchfeder war wegen des unregelmäßigen Tintenflusses und der Neigung zu Klecksen eine komplizierte und häufig auch frustrierende Angelegenheit. In dieser Hinsicht kann die Einführung des Füllfederhalters mit der Ablösung der frühen kommandozeilenorientierten Textverarbeitungsprogramme und des Matrixdruckers durch die graphischen Textverarbeitungsprogramme und den Laserdrucker verglichen werden.
Füllfederhalter werden im Allgemeinen als das geeignetste Schreibwerkzeuge betrachtet, um mit Tinte auf Papier zu schreiben oder zu zeichnen. Sie sind jedoch kostspieliger, aufwändiger zu pflegen und empfindlicher als Kugelschreiber. Darüberhinaus können sie nicht mit den verschiedenen Pigment-, Schellack-, Eisengallus- oder Acryltinten und -tuschen verwendet werden, wie sie von Künstlern bevorzugt in Kombination mit (Eintauch-)Stahlfedern, Federkielen oder Rohrfedern benutzt werden. (Ausnahme: Pelikans füllfederhaltertaugliche, pigmentierte Fount India)
Federn
Die Feder eines Füllfederhalters wird normalerweise aus rostfreiem Stahl oder aus Gold hergestellt. Goldfedern werden mit einer Spitze aus einer harten, haltbaren Legierung versehen, gewöhnlich ein Metall aus der Platingruppe. Das Material der Spitze wird häufig einfach als Iridium bezeichnet, obwohl nicht alle Hersteller dieses spezielle Metall noch in ihren Legierungen für die Federspitzen verwenden. Auch Stahlfedern haben gewöhnlich Spitzen aus einem härteren Metall, da reine Stahlspitzen sich auf dem Papier relativ schnell abnutzen.
Die Feder ist normalerweise von der Mitte zur Spitze mit einem dünnen Schnitt versehen, durch den die Tinte von dem Vorratsbehälter zur Federspitze fließt. Bei den üblichen Federn von Füllfederhaltern verengt sich die Spitze zu einem Punkt, wodurch die Tinte in einer dünnen, gleichmäßigen Linie zu Papier gebracht wird. Breite Kalligraphiefedern haben teilweise mehrere solche Einschnitte zur Spitze, um den Tintenfluss zu erhöhen, und so auch die breiten Linien gleichmäßig mit Tinte zu füllen. Spitz zulaufende Federn mit zwei Einschnitten werden im Allgemeinen als Notenfedern bezeichnet, da durch die doppelte Einkerbung ein großer Strichstärkenkontrast erreicht werden kann, der für das Schreiben von Musiknoten notwendig ist.
Obwohl die üblichen Federn eine punktförmige Spitze besitzen, die in verschiedenen Größen erhältlich sind (häufig: F=fein, M=mittel, B=breit, seltener: EF=extra fein, BB=doppelbreit), sind auch Federn mit anderen Spitzenformen erhältlich. Beispiele sind links bzw. rechts abgeschrägte Federn (Oblique, Reverse Oblique), breite Federn, die einen Band- bzw Wechselzug ergeben (Stub) sowie elastische, schmale Federn, meist ohne gehärtete Spitze (Italic).
Die Füllfederhalter, die aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts stammen, haben normalerweise eine flexible Feder, wie sie zum Schreiben der bevorzugten Handschriften dieser Zeit benötigt wurden. Ab den vierziger Jahren hat sich die Präferenz in Richtung der steiferen Spitzen verschoben, die dem größeren Druck standhielten, der für das Schreiben durch Kopierpapier zum Erstellen von Dokumenten mit Durchschlag erforderlich war.
Füllfederhalter als Kunstwerke
Füllfederhalter werden häufig als Kunstwerke angesehen. Aufwändige Federn werden aus teuren Metallen und Juwelen hergestellt; andere sind mit einem aus Japan stammenden aufwändigen Lackdesign verziert, der als Maki-e bekannt ist. Eine aktive Gemeinschaft von Füllfederhalterenthusiasten sammelt und benutzt antike und moderne Füllfederhalter und sammelt und tauscht Informationen über alte und moderne Tinten, Tintenfässer und -flaschen. Sammler bevorzugen häufig auch bei antiken Schreibgeräten diejenigen, die tatsächlich zum Schreiben benutzt werden können anstatt derer, die nur in einer Vitrine zum Anschauen liegen. Einer der teuersten ist der "Montblanc Black Diamond", der mit Diamanten besetzt ist und einen Wert von über 120.000 € hat.
Dieses soll aber nicht heißen, dass alle Füllfederhalter Sammlerstücke sind; gute Qualitätsstahlfedern sind billig, und es gibt sogar »Wegwerf«-Füllfederhalter.
Weblinks
Siehe auch: Federkiel, Schreibfeder, Tintenlöschstift