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Crackpot

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Crackpot ist ein oft abschätzig gemeinter Begriff für eine Person mit exzentrischen Ansichten, die dem Stand der Wissenschaft grundlegend widerspricht.[1] Als direkte deutsche Übersetzung käme bspw. "jemand mit einem Sprung in der Schüssel" relativ nahe. Ein Crackpot verteidigt seine Ansichten in obsessiver Weise und versucht andere davon zu überzeugen. Als Synonym wird heutzutage der Begriff Crank verwendet.[2][3] Die Bezeichnung stammt ursprünglich aus den Wissenschaften, wird mittlerweile aber auch in Teilen der Netzkultur verwendet.

Eine frühe Definition für Crank lautet:

“A crank is defined as a man who cannot be turned.”

Nature, 8 Nov 1906[4]

Verwendung innerhalb der Netzkultur

In Wissenschaft und Netzkultur hat der Begriff jeweils unterschiedliche Konnotationen. In der Netzkultur versteht man darunter eine Person, die sich unkonventionelle Ideen – in oft obsessiver Form – zu eigen macht und sich auch durch stichhaltige Gegenargumente nicht mehr von ihnen abbringen lässt. Fehler in ihren Einschätzungen (selbst grundlegende), die leicht aufgezeigt werden können, werden von ihr nicht als solche anerkannt. Crackpots verwenden dabei selten wissenschaftliche Methodik, sondern argumentieren mit Phrasen wie „… es ist logisch …“ oder „… es ist offensichtlich …“. Ihr Fachwissen beziehen sie meist aus eigenen Interpretationen von veralteten Theorien oder vereinfachten Darstellungen in den Medien. Ein charakteristisches Merkmal von Crackpots ist die Behauptung, ihre Hypothesen könnten verschiedenste Beobachtungen in der Natur besser erklären als gängige wissenschaftliche Theorien. Zur Unterstützung ihrer Theorien verwenden sie oft anekdotenhafte Auszüge aus seriösen wissenschaftlichen Arbeiten, die, aus dem Zusammenhang gerissen, ihre Argumentation zu stützen scheinen.[5][6] Im Bereich der Netzkultur werden auch Begriffsbildungen wie Crackpottery (zu deutsch etwa: Crackpotterei) und Crackpotism (deutsch etwa: Crackpottismus) verwendet.

Insbesondere community-basierte Internetportale wie Wikipedia sind anfällig gegenüber Crackpots.[7]

Verwendung innerhalb der Wissenschaft

Innerhalb des wissenschaftlichen Diskurses wird der Begriff weniger restriktiv verwendet. So definiert B. Martin (1978) ihn wie folgt:

“Typical ‘cranks’ are non-scientists who claim serious consideration for ideas that are considered unsupportable or outrageous according to the currently accepted views of the scientific community.”

„Typische Cranks sind Nicht-Wissenschaftler, die ernsthafte Beachtung für Ideen fordern, die von den zur Zeit akzeptierten Ansichten der wissenschaftlichen Gemeinschaft als unhaltbar oder hanebüchen betrachtet werden.“

Martin, B. (1978)[8]

Beispiel für die Verwendung innerhalb der Geowissenschaften

In einer 2002 veröffentlichten Studie unterscheidet R. J. Huggett zwei grundlegende Arten von Cranks. Zum einen Cranks mit „antrainiertem“ (im Sinne von „indoktriniertem“) oder autodidaktischem Wissen, er nennt sie hier auch "kreationistische Cranks", die besonders lautstark seien und versuchten, die Erdgeschichte mittels den aus der Bibel entnommenen „Fakten“ zu deuten. Als Beispiel nennt er Donald Wesley Patten, den Autor von Büchern wie The biblical flood and the ice epoch (1966) (dt.: Die biblische Flut und das Eiszeitalter).[9]

Zum Zweiten nennt er "professionelle Cranks", die eine angemessene universitäre Ausbildung durchlaufen hätten und nicht durch extreme religiöse Überzeugungen in ihrem Urteil beeinflusst seien. Diese verwendeten eine fragwürdige Methodik für ihre Forschungstätigkeit, welche an Pseudowissenschaft grenze oder derselben zuzuordnen sei. Eine Beeinflussung durch ihr kulturelles und soziales Umfeld sei aber auch hier nicht auszuschließen. Als Beispiel nennt er Immanuel Velikovsky, einen umstrittenen Vertreter des Katastrophismus.[9]

Des Weiteren unterscheidet er „Konventionalisten mit einer Crank-Ader“, die er weiter in erfolgreiche und erfolglose Konventionalisten unterteilt. Als Beispiel für erstere nennt er Alfred Wegener, den Begründer der Theorie der Kontinentalverschiebung, für letztere nennt er C. Warren Hunt, einen Geologen, der bestimmte Überflutungssedimente mit einer 1500 m hohen Flutwelle, verursacht durch einen Kometen, erklären wollte.[9]

Nach Huggetts Definition ist Crank im wissenschaftlichen Sinne nicht als spöttische oder kritische Bezeichnung zu sehen. Der Ausdruck bezeichne lediglich eine außerordentlich exzentrische Ansicht bezüglich wissenschaftlicher Theorien.[9]

Unterscheidung zwischen Crackpot-Hypothesen und ernstzunehmender Wissenschaft

Ein wichtiges Kriterium für die Unterteilung wissenschaftlich/nicht wissenschaftlich ist, dass wissenschaftliche Theorien Vorhersagen machen sollten. Wendet man dieses Attribut auf die Astronomie an, so zeigt sich, dass, obwohl die Astronomie nach gängiger Vorstellung zu den Wissenschaften gehört, bestimmte Bereiche derselben keine Vorhersagen liefern. Beispielsweise gilt dies für fehlende Vorhersagen von Sternendichten in unerforschten Bereichen des Weltraums. Nach diesem Kriterium also, müssten streng genommen zumindest Teilgebiete der Astronomie als unwissenschaftlich gelten.[10]

Ein wichtiges Problem ist daher, dass es nicht möglich ist, eine Hypothese mittels nur eines einzigen Kriteriums sinnvoll zu bewerten, da stets ein Gegenbeispiel angeführt werden könne. Die Unterscheidung zwischen Crackpot-Wissenschaft und echter Wissenschaft ist dementsprechend insbesondere für den Laien, oft aber auch für den Fachmann, schwierig.[10]

Als Entscheidungshilfe schlug Fred Gruenberger 1964 ein Punktesystem vor, mit welchem es dem Leser ermöglicht werden solle, wissenschaftliche bzw. vermeintlich wissenschaftliche Arbeiten zu bewerten. Zu diesem Zweck sollen diese in 13 verschiedenen Kriterien, wie z. B. experimenteller Überprüfbarkeit oder der Übereinstimmung mit Ockhams Rasiermesser, bewertet werden.[10] Nach seiner Auffassung erreiche die moderne Physik dabei 97 und das Wünschelrutengehen 28 von 100 möglichen Punkten.

Einzelnachweise

  1. Eintrag unter "Crackpot" in merriam-webster.com. Merriam-Webster, Inc., abgerufen am 21. September 2009.
  2. Alan Bradshaw, A. & Brown, S. 2007: Scholars who stare at goats The collaborative circle cycle in creative consumer research,European Journal of Marketing, Vol. 42, No. 11/12,pp. 1396-1414, PDF
  3. Martin, B. 1978: The Determinants of Scientific Behaviour,Society for Interdisciplinary Studies Review, Vol. 2, No. 4, 1978, pp. 112-118,PDF
  4. Phin, J. (1906): Science and Folly. Nature, No. 1932, Vol. 75, p.25/2. PDF
  5. Scientists, Eccentrics, Cranks and Crackpots auf dealingwithcreationisminastronomy.blogspot.com. dealingwithcreationisminastronomy.blogspot.com, abgerufen am 21. September 2009.
  6. Keiner zu klein, ein Einstein zu sein! Matthias Meier, abgerufen am 21. September 2009.
  7. Fact or fiction? Who contributes to Wikipedia? Despite its vulnerability to cranks the online encyclopedia's usefulness should not be underestimated. Global Agenda, abgerufen am 21. September 2009.
  8. B. Martin: The Determinants of Scientific Behaviour. In: Society for Interdisciplinary Studies Review. Band 2, Nr. 4, 1978, S. 112-118, S. 2.
  9. a b c d R. J. Huggett: Cranks, conventionalists and geomorphology. Area, 2002, 34.2. S. 182–189. PDF
  10. a b c Gruenberger, F. J. (1964): A Measure for Crackpots - How does one distinguish between valid scientific work and counterfeit "science"? Science, 45:1413 - 1415. PDF

Siehe auch

Literatur

  • L.J. Lafleur: Cranks and scientists. The Scientific Monthly 73 (1951) 284-290