Baureihe 38
Die Deutsche Reichsbahn hat die von den Länderbahnen übernommenen Schlepptender-Personenzugzuglokomotiven mit zwei führenden Laufachsen und drei Kuppelachsen in der Baureihe 38 zusammengefaßt.
- Baureihe 38.0 ehemalige Bayerische P3/5 N der Königlich Bayerische Staatsbahn
- Baureihe 38.2-3 ehemalige Sächsische XII H2 der Königlich Sächsische Staats-Eisenbahn
- Baureihe 38.4 ehemalige Bayerische P3/5 H der Königlich Bayerische Staatsbahn
- Baureihe 38.10-40 ehemalige Preußische P8 der Königlich Preußische Eisenbahn-Verwaltung
- Baureihe 38.70 ehemalige Badische IV e der Großherzoglich Badische Staatseisenbahn
Einige preußische P8 sind noch gemäß den neuen Nummernplänen der Deutschen Bundesbahn und der Deutschen Reichsbahn der DDR in Baureihe 038 umgezeichnet worden.
Baureihe 38.0
Baureihe 38.0 P 3/5 N (Bayern) | |
---|---|
Technische Daten | |
Bauart | 2'C n4v |
Läge über Puffer | 18.524 mm |
Ø Treibrad | 1.640 mm |
Ø vorderes Laufrad | 850 mm |
Leistung | k.A. PSi |
Höchstgeschwindigkeit | 90 km/h |
Kesselüberdruck | 147,1 N/cm² |
Zylinderdurchmesser | 340 und 570 mm |
Kolbenhub | 640 mm |
Rostfläche | 2,60 m² |
Verdampfungsheizfläche | 165,50 m² |
Überhitzerfläche | k.A. m² |
Achslast | 150,0 kN |
Lokreibungslast | 443,3 kN |
Lokdienstlast | 674,7 kN |
Die Lokomotiven der späteren Baureihe 38.0 wurden zwischen 1905 und 1907 von Maffei als "bayerische P 3/5 N" für die Königlich Bayerische Staatsbahn (K.Bay.Sts.B.) gebaut. Die P 3/5 N ging aus der Schnellzulokomotive S 3/5 der (K.Bay.Sts.B.) hervor und hatte wie diese ein Vierzylinder-Verbundtriebwerk. Gegenüber der S 3/5 hatte die P 3/5 N einen kleineren Kessel bei gleich gebliebener Zylindergröße. Von den 36 Exemplaren die in Bayern in Dienst gestellt wurden übernahm die Reichsbahn lediglich 13. Nach guten Erfahrungen mit der der bayerischen "P 3/5 H" aus dem Jahr 1921, der späteren Baureihe 38.4, wurden zwischen 1924 und 1925 alle "P 3/5 N" vom Nassdampfbetrieb auf den Heißdampfbetrieb umgebaut. Die Fahrzeuge mit den Betriebsnummern 38 001 - 38 013 wurden zwischen 1932 und 1935 gänzlich ausgemustert.
Die Fahrzeuge waren mit Schlepptendern der Bauart bay 2'2' T 18,2 ausgestattet.
Baureihe 38.2-3
Baureihe 38.2-3 XII H2 (Sachsen) | |
---|---|
Technische Daten | |
Bauart | 2'C h2 |
Läge über Puffer | 18.971 mm |
Ø Treibrad | 1.590 mm |
Ø vorderes Laufrad | 1.065 mm |
Leistung | 1.320 PSi |
Höchstgeschwindigkeit | 90 km/h |
Kesselüberdruck | 127,5 N/cm² |
Zylinderdurchmesser | 550 mm |
Kolbenhub | 600 mm |
Rostfläche | 2,83 m² |
Verdampfungsheizfläche | 159,57 m² |
Überhitzerfläche | 43,20 m² |
Achslast | 154,0 kN |
Lokreibungslast | 461,9 kN |
Lokdienstlast | 718,8 kN |
Die Lokomotiven der späteren Baureihe 38.2-3 wurden speziell für das hügelige Gelände Sachsens als "Sächsische XII H2" von Richard Hartmann zwischen 1910 und 1927 in Chemnitz gebaut. Die Konstruktion dieser Personenzuglokomotive wurde parallel zu der der Schnellzuglokgattungen X H1 und XII H1 durchgeführt. Insgesamt wurden von dieser leistungsstarken Lok bis 1922 159 Exemplare für die K.Sächs.St.E.B. gebaut. Die Reichsbahn übernahm davon 124 Fahrzeuge (die anderen waren während des Krieges verloren gegangen bzw. als Reparationsleistungen abgegeben worden) und gab ihnen die Betriebsnummern 38 201 - 38 324. 1927 ließ man zehn Exemplare nachbauen. Diese wurden mit den Betriebsnummern 38 325 - 38 334 versehen. Im Laufe des Zweiten Weltkrieges waren zwar 15 der französischen XII H2 nach Deutschland zurückgeholt worden, sodaß alle betriebsfähigen Maschinen zur Reichsbahndirektion Dresden gehörten, da aber viele in Bws im Sudetenland beheimatet waren, verblieb nur ungefähr die Hälfte des Altbestands nach dem Krieg in Deutschland. Fünf französische Loks erhielten bei der Deutschen Reichsbahn der DDR die Betriebsnummern 38 204" und 38 351 bis 38 354. Die letzten Exemplare wurden bis 1971 abgestellt. Auch die erhaltengebliebene Museumslok 38 205 ist mittlerweile nicht mehr betriebsbereit.
Die ersten 15 Fahrzeuge waren ursprünglich mit einem Schlepptender der Bauart sä 2'2' T 16 ausgestattet, später liefen sie, wie alle anderen, mit einen der Bauart sä 2'2' T 21.
Baureihe 38.4
Baureihe 38.4 P 3/5 H (Bayern) | |
---|---|
Technische Daten | |
Bauart | 2'C h4v |
Läge über Puffer | 19.439 mm |
Ø Treibrad | 1.640 mm |
Ø vorderes Laufrad | 850 mm |
Leistung | 1.200 PSi |
Höchstgeschwindigkeit | 90 km/h |
Kesselüberdruck | 147,1 N/cm² |
Zylinderdurchmesser | 360 und 590 mm |
Kolbenhub | 640 mm |
Rostfläche | 2,77 m² |
Verdampfungsheizfläche | 142,70 m² |
Überhitzerfläche | 34,92 m² |
Achslast | 154,0 kN |
Lokreibungslast | 461,9 kN |
Lokdienstlast | 707,1 kN |
Nach Gründung der Deutschen Reichsbahn beauftragte die Gruppenverwaltung Bayern die Firma Maffei mit dem Bau von 80 Exemplaren der Gattung bayrische "P 3/5 H". Diese Lok basierte auf der Gattung P 3/5 N, hatte aber einen Heissdampf-Kessel. Die guten Erfahrungen mit diesen 1927 gebauten Fahrzeugen machte, führten zum Umbau der vorhandenen Fahrzeuge der Baureihe 38.0 bzw. der früheren bayrischen "P 3/5 N" zu Heißdampflokomotiven. Die letzte Maschine dieser Baureihe fuhr in Bayern und Oberschwaben und wurde 1955 außer Dienst gestellt.
Die Fahrzeuge waren mit einem Schlepptender der Bauart bay 2'2' T 21,8 ausgestattet.
Baureihe 38.10-40, ab 1968 BR 038 der DB, ab 1970 BR 038 der DR
Baureihe 38.10 - 40 P 8 (Preußen) | |
---|---|
Technische Daten | |
![]() | |
Bauart | 2'C h2 |
Läge über Puffer | 18.585 mm |
Ø Treibrad | 1.750 mm |
Ø vorderes Laufrad | 1.000 mm |
Leistung | 1.180 PSi |
Höchstgeschwindigkeit vorw. | 100 km/h |
Höchstgeschwindigkeit rückw. | 50 km/h /85 km/h mit Wannentender |
Kesselüberdruck | 117,7 N/cm² |
Zylinderdurchmesser | 575 mm |
Kolbenhub | 630 mm |
Rostfläche | 2,58 m² |
Verdampfungsheizfläche | 143,28 m² |
Überhitzerfläche | 58,90 m² |
Achslast | 173,6 kN |
Lokreibungslast | 506,0 kN |
Lokdienstlast | 766,9 kN |
Die spätere Baureihe 38.10-40 wurde als Preußische P 8 für die Königlich Preußische und Großherzogliche Hessische Staatsbahnen, der späteren Königlich Preußischen Eisenbahn-Verwaltung (KPEV) von der Berliner Maschinenbau AG (vormals Schwartzkopff) seit 1906 und den Linke-Hofmann Werken in Breslau von Robert Garbe konstruiert. Sie war als Nachfolgetyp für die als unbefriedigend angesehene "P6" vorgesehen. Da Garbe ein Verfechter möglichst einfacher Konstruktion war, wurde bei der P8 ein einfaches Heißdampf-Zwillingstriebwerk vorgesehen. Besonders zugute kam der P8 die gerade von Wilhelm Schmidt (Heißdampf-Schmidt) entwickelte Heißdampftechnik, die zu einer für die damalige Zeit herausragenden Leistungsfähigkeit führte. Die P8 war eine sehr sparsame Lokomotive, die keine großen Ansprüche an das Können der Lokführer stellte. Anfangs plante Garbe die P8 sogar als Schnellzuglok mit der Erwartung eine Höchstgeschwindigkeit von 110 km/h zu erreichen. Dafür wurden die ersten Exemplare mit windschnittig zugespitzen Führerhäusern ausgerüstet.
Charakteristisch für die P8 ist der größere Abstand zwischen der mittleren und der hinteren Kuppelachse. Zu Anfang hatte die P8 nur einen Dampfdom hinter dem Sandkasten, später kam ein vorderer Speisedom hinzu. Weitere bauliche Veränderungen betrafen u.a. die Führerhausdächer, die Windleitbleche, die Aufbauten und den Tender, der ursprünglich 21,5 Kubikmeter Wasser und 7 t Kohle fasste. Später wurden für die in großer Stückzahl gebaute Lok jeweils passende Tender ausgemusterter Kriegslokomotiven verwendet, vor allem auch der Wannentender, welche mehr Betriebstoffe fassen konnte. Außerdem konnte die Rückwärtshöchstgeschwindigkeit von 50 km/h auf 85 km/h erhöht werden.

Die P 8 konnte in der Ebene 300t mit 100 km/h und 400t mit 90 km/h befördern und war nach den Weltkriegen außer in Deutschland in fast ganz Europa zu finden. Die P 8 wurde in insgesamt 3948 Exemplaren (einschließlich der Nachbauten in Rumänien) gebaut.
Die P8 war sehr vielseitig verwendbar und man fand sie bis auf den schweren Schnellzug- und Güterzugdienst vor fast jedem Zug. Auch die Bahnverwaltungen waren mit diesen Maschinen sehr zufrieden, denn die letzten P8 wurden bei der Deutschen Bundesbahn in der BRD erst 1974 ausgemustert. Bei der DR in der DDR lief sie bis 1972. Mehr als 500 P8 erreichten ein Dienstalter von über 50 Jahren!
Die meisten P8 baute Schwartzkopff (die spätere Berliner Maschinenbau AG) mit 1027 Stück, gefolgt von Henschel in Kassel mit 740 Stück.
Neben der KPEV kaufte auch die Oldenburgische Staatsbahn fünf, die Mecklenburgische Friedrich-Franz-Eisenbahn 13 und die Großherzoglich Badische Staatseisenbahnen 40 Maschinen. Bis auf die Lokomotivbauer Hartmann und Esslingen lieferten später alle deutschen Lokomotivfabriken Loks vom Typ P8.
Vor dem ersten Weltkrieg wurden etwa 2350 P8 hergestellt. Als Reparationen mußten nach dem Ende des ersten Weltkrieges 628 P8 an die Siegermächte abgegeben werden. Polen erhielt 190, Belgien 168 und Frankreich 162 Lokomotiven. Bis 1923 füllte die neugegründete DRG den Bestand an P8 durch Neubauten wieder auf. Die Letzte wurde 1923 von der AEG (Berlin-Hennigsdorf) gebaut.
- Eine der erhalten gebliebenen P8 ist die 38 1182, die dem Verkehrsmuseum Dresden gehört und in den Originalzustand der KPEV zurückversetzt wurde. Sie wurde 1910 von Schwartzkopff in Berlin gebaut und stand 61 Jahre lang in Betrieb. Sie steht derzeit im Bahnbetriebswerk Arnstadt/historisch.
- Das Eisenbahnmuseum Bochum-Dahlhausen besitzt die betriebsfähige 38 2267, die vor Nostalgiezügen im Ruhrgebiet eingesetzt wird.
- Ein besonderes Schicksal hat die 38 3199 des Süddeutschen Eisenbahnmuseums in Heilbronn. Sie wurde 1921 von der Lokfabrik Linke Hofmann in Breslau gebaut. Bei der Deutschen Reichsbahn hatte sie zuerst die Nummer 2580 Elberfeld und wurde dann in 38 3199 umnummeriert. Sie war zuletzt im Bw Breslau stationiert. Bereits 1925 kaufte die rumänische CFR die Maschine. In Rumänien erhielt sie die Nr. 230.106. 1974 wurde sie abgestellt. Eisenbahnfreunde entdeckten sie auf dem Schrottplatz und ließen sie in Klausenburg 1999 im Outfit der frühen Reichsbahn betriebsfähig aufarbeiten. Seit 2002 wird die Lokomotive im Nostalgieverkehr eingesetzt.
Baureihe 38.70
Baureihe 38.70 IV e (Baden) | |
---|---|
Technische Daten | |
Bauart | 2'C n4v |
Läge über Puffer | 17.590 mm |
Ø Treibrad | 1.600 mm |
Ø vorderes Laufrad | 850 mm |
Leistung | k.A. PSi |
Höchstgeschwindigkeit | 75 km/h |
Kesselüberdruck | 127,5 N/cm² |
Zylinderdurchmesser | 350 und 550 mm |
Kolbenhub | 640 mm |
Rostfläche | 2,10 m² |
Verdampfungsheizfläche | 125,93 m² |
Überhitzerfläche | k.A. m² |
Achslast | 138,3 kN |
Lokreibungslast | 408,9 kN |
Lokdienstlast | 571,7 kN |
Die Lokomotiven der späteren Baureihe 38.70 wurden von der Elsässische Maschinenbau-Gesellschaft Grafenstaden und der Maschinenbau-Gesellschaft Karlsruhe als "Badische IV e" für die Großherzoglich Badische Staatseisenbahnen gebaut. Zwischen 1894 und 1901 stellte erstere 8, letztere 75 Exemplare her. Sie wurde vor allen auf der Schwarzwaldbahn für den Schnell- und Personenzugdienst eingesetzt. Die geringe Stückzahl der aus Grafenstaden gelieferten Fahrzeuge, rührt von Mängeln an den Drehgestellen dieser Exemplare her. Trotzdem bewährten sich die Fahrzeuge, welche die ersten der Bauart de Glehn in Europa waren. Von der Reichsbahn wurden 35 Lokomotiven übernommen und mit den Betriebsnummern 38 7001 - 38 7007, 38 7021 - 38 7025, 38 7031 - 38 7034, 38 7041 - 38 7046 und 38 7061 - 38 7073 versehen. Diese wurden bis 1932 sämtlich ausgemustert.
Die Fahrzeuge waren mit Schlepptendern der Bauarten bad 3 T 13,5, bad 3 T 14 und bad 2'2' T 15 ausgestattet.
Literatur
- Gustav Nagel: Einheitliche Begriffe. Im Führerstand der P 8. In: LOK MAGAZIN. Nr. 247/Jahrgang 41/2002. GeraNova Zeitschriftenverlag GmbH München, ISSN 0458-1822, S. 50-51.
- Kretschmann Jochen Lockruf der Dampfsirenen, transpess Verlag. und andere Erzählungsbände. Jochen Kretschmann berichtet über seine Erfahrungen und Erlebnisse auf dem Führerstand der Baureihe 38