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Tupolew Tu-144

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Erster TU-144-Prototyp im Juni 1971 beim Start in Berlin- Schönefeld

Die Tupolew Tu-144 (NATO-Codename: Charger) war das erste Überschall-Verkehrsflugzeug. Entwickelt wurde sie von dem sowjetischen Flugzeug-Konstrukteur Aleksej Andrejewitsch Tupolew.

Die Entwicklung der Tu-144 begann Anfang der 1960er Jahre, Baubeginn war 1965. Gebaut wurden drei Prototypen (zwei nur für Statiktests), von denen der erste, mit der Registrierung CCCP-68001, seinen Jungfernflug am 31. Dezember 1968 in der Nähe von Moskau absolvierte – einige Monate bevor die Concorde ihren ersten Testflug hatte. Gebaut wurden danach ab 1969 bis zur Einstellung des Programms 1984 noch ein Vorserienexemplar und 15 Serienmaschinen, von denen die letzte jedoch nie komplettiert wurde. 26. Mai 1970 erreichte die Tu-144 als erstes ziviles Verkehrsflugzeug die zweifache Schallgeschwindigkeit. Das letzte vollständige Exemplar wurde 1981 fertiggestellt, hatte seinen Erstflug jedoch erst am 4. Oktober 1984 und diente später als Test-Flugzeug für die Buran-Raumfähre.

Das Muster ähnelte in Auslegung und Leistung der Concorde und wies ein ähnliches Tragwerk mit hinten gruppierten Triebwerken sowie eine absenkbare Nase auf, welche die Sicht der Piloten im Landeanflug verbesserte. Obwohl diese Ähnlichkeiten in der Hauptsache wohl aerodynamisch und technisch bedingt waren, führten sie zu Gerüchten, dass die russische Entwicklung auf gestohlenen Plänen der Concorde basiere. Westliche Medien gaben ihr nicht zuletzt deshalb den Spitznamen Konkordski.

Am 3. Juli 1973 erlebte das Programm einen herben Rückschlag, als die dritte je gebaute (die erste Serienmaschine) Tu-144 bei der Flugschau in Paris Le Bourget abstürzte. Dabei wurden die sechs Menschen an Bord (Besatzung einschließlich eines Journalists), sowie 8 Personen am Boden getötet. Als die Crew versuchte, einen starken Sturzflug abzufangen, wurde die Struktur der Maschine überlastet und sie brach in geringer Höhe auseinander. Warum die Tu-144 überhaupt in den Sturzflug, für sie nicht ausgelegt war, überging, ist nach wie vor ungeklärt. Es gibt drei Hauptthesen bzw. -gerüchte hierzu:

  • These 1: ein französisches Jagdflugzeug vom Typ Mirage soll plötzlich aufgetaucht sein und die Satzung zu einem Sturzflug als Ausweichmanöver verleitet haben.
  • These 2: Teile der Systeme sollen versehentlich für den Testbetrieb konfiguriert gewesen sein und dem Flugzeug ungewöhnlich starke Sinkraten gegegeben haben.
  • These 3: es soll sich nicht genug Treibstoff in den Tanks befunden haben, so dass die Triebwerke mangels Treibstoffdruck in der Zuleitung kurz ausgesetzt haben, woraufhin die Tu-144 antriebsloss in den Sturzflug kippte, aus dem sie nicht mehr abgefangen werden konnte.
Begehbare Tu-144 im Technikmuseum Sinsheim.

Im Dezember 1975 nahm die Tu-144 zunächst den Frachtbetrieb zwischen Moskau und Alma-Ata auf. Passagierflüge folgten im

Im November 1977 nahm die Tu-144 den Passagierbetrieb zwischen Moskau und Alma-Ata auf. Regelmäßige Passagierflüge folgten im Dezember 1977. Nach einem weiteren Unfall im Mai 1978, bei dem ein Leck in einer Treibstoffleitung zu einem Brand an Bord mit anschließender Notlandung auf einem Feld führte, bei der 2 Besatzungsmitglieder ums Leben kamen. Daraufhin wurde der Tu-144-Linienbetrieb nach nur 102 Flügen (davon 55 mit Passagieren) mit insgesamt 3284 beförderten Passagieren (Quelle: Tupolew) wieder eingestellt und bis zur Einstellung des Tu-144-Programms 1984 nicht wieder aufgenommen. Insgesamt wurden 16 Exemplare fertiggestellt, von denen noch 5 in Museen, sowie weitere 3 an zwei verschiedenen Tupolew-Werken existieren. Die einzige Tu-144 außerhalb der ehemaligen Sowjetrepubliken ist seit 2001 im Technikmuseum Sinsheim ausgestellt und zu besichtigen.

1995-1996 wurde eine Tu-144D von Tupolew und der NASA für etwa 350 Millionen Dollar wieder in einen flugfähigen Zustand gebracht, um Messdaten für ein mögliches zukünftiges Überschall-Passagierflugzeug zu gewinnen. Der Umbau zum fliegenden Labor brachte neben neuen Triebwerken auch die neue Typenbezeichnung Tu-144LL mit sich. Zwischen November 1996 und Februar 1998 führte die Maschine noch einmal 27 Flüge durch. In der Folgezeit gab es Meldungen, die Maschine sei per Internet-Auktion an einen Privatmann verkauft worden. Da es jedoch keine Ausfuhrgenehmigung für die als militärische Güter geltenden Triebwerke gab, steht die Maschine nach wie vor am Tupolew-Werk Moskau-Zhukovsky.

Bei Tupolew existierten eine Zeit lang Pläne für einen Nachfolger, die Tupolew Tu-244.

Technische Daten

  • Mantelstromtriebwerk und Nachbrenner:
    • Tu-144 (Prototyp, 1968, 1 Exemplar):
    • Tu-144S (1971 bis 1977, 10 Exemplare, davon 1 später zu Tu-144D umgerüstet):
    • Tu-144D (1978 bis 1984, 6 Exemplare, davon 1 nie fertiggestellt & 1 später umgerüstet zu Tu-144LL):
    • Tu-144LL (1 Exemplar, umgerüstete Tu-144D):
  • Maximale Reisegeschwindigkeit: 2.500 km/h (Mach 2,35)
  • Flughöhe: bis zu 18.000 m
  • Reichweite bei maximaler Beladung: 6.500 km
  • Leergewicht: 85.000 kg
  • Maximales Startgewicht: 180.000 kg
  • Spannweite: 28,80 m
  • Länge: 65,70 m

Siehe auch: Liste von Flugzeugtypen, Katastrophen der Luftfahrt