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Gottebenbildlichkeit

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Der Begriff Gottebenbildlichkeit ist elementarer Bestandteil im jüdischen und christlichen Glauben (siehe Theologische Anthropologie).

Interpretationen

Die ethische Interpretation begreift die Gottebenbildlichkeit als (geschenkte) Möglichkeit zur Gerechtigkeit. Von diesem Blickpunkt ist der Mensch nicht von vorneherein ebenbildlich, vielmehr soll er sich erst als Ebenbild Gottes erweisen. Aus dem Menschen könne auch ein Frevler werden.

Die christologische Interpretation begreift die Gottesebenbildlichkeit als durch Christus gewirkte Erneuerung. Ebenbild Gottes im eigentlichen Sinn ist Christus, dem es gleich zu werden gelte (Röm. 8,29). In diesen Zusammenhang gehört auch die Ebenbildlichkeitstheologie des Irenäus.

Die metaphysische Interpretation versteht die Gottebenbildlichkeit als Ausdruck der Teilhabe am göttlichen Wesen. Diese Auffassung ist vor allem für die Gnosis kennzeichnend und bietet ihr die Grundlage für die Selbst- und Gotteserkenntnis des Menschen.[1]

Die geschichtliche Interpretation begreift die Gottebenbildlichkeit als einen Vorgang der Demokratisierung folgenden Gedankens: In den anderen antiken Hochkulturen stellte der König allein den Stellvertreter Gottes dar; mit der These, dass jeder Mensch Stellvertreter/ Ebenbild Gottes ist, findet also auch noch eine Royalisierung des Menschen statt.

Gottebenbildlichkeit in jüdisch-christlicher Tradition

Die Gottebenbildlichkeit bezeichnet den zentralen Aspekt der jüdischen sowie christlichen Lehre vom Menschen, der Mensch als Abbild Gottes. Sie geht zurück auf 1. Mose 1,27:

וַיִּבְרָא אֱלֹהִים אֶת־הָאָדָם בְּצַלְמוֹ בְּצֶלֶם אֱלֹהִים בָּרָא אֹתוֹ זָכָר וּנְקֵבָה בָּרָא אֹתָם ׃

Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Weib.


Gottebenbildlichkeit in der jüdischen Bibel

Gottebenbildlichkeit lässt sich mit den geschriebenen Wörtern der Urschriften nicht vollständig ausschöpfen, da der Zusammenhang innerhalb der Schriften ebenfalls wichtig ist. Eine nähere Betrachtung ist jedoch eine Möglichkeit um schriftgetreu grobe Irrtümer auszuschließen.

Das hebräische Wort tselem wird im Tanach in sieben Büchern (in insgesamt vierzehn Versen) erwähnt, erstmals im 1. Mose 1,26:

  • Und Gott sprach: Lasset uns Menschen machen, ein Bild (tselem), das uns gleich sei, die da herrschen über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über alle Tiere des Feldes und über alles Gewürm, das auf Erden kriecht.
  • Der Sohn Adams Set war nach seinem Bilde:
Und Adam war 130 Jahre alt und zeugte einen Sohn, ihm gleich und nach seinem Bilde (tselem), und nannte ihn Set; (1. Mose 5,3)
Gott hat den Menschen zu seinem Bilde gemacht:
Wer Menschenblut vergießt, dessen Blut soll auch durch Menschen vergossen werden; denn Gott hat den Menschen zu seinem Bilde (tselem) gemacht. (1. Mose 9,6)
  • Die Philister beriefen ihre Priester und Wahrsager und machten Abbilder von Beulen:
So macht nun Abbilder (tselem) eurer Beulen und eurer Mäuse, die euer Land zugrunde gerichtet haben, daß ihr dem Gott Israels die Ehre gebt. Vielleicht wird seine Hand leichter werden über euch und über euren Gott und über euer Land. (1.Samuel 6,5)
  • Nachdem der Priester Jojada einen Bund zwischen dem HERRN und dem König samt dem Volk geschlossen hatte, dass sie des HERRN Volk sein sollten, zerschlugen sie im Haus Baal alle Götzenbilder:
Da ging alles Volk des Landes in das Haus Baals und brach seine Altäre ab, und sie zerschlugen alle seine Götzenbilder (tselem) und töteten Mattan, den Priester Baals, vor den Altären. (2. Könige 11,18)
Da ging das ganze Volk in das Haus Baals und brach es ab, und seine Altäre und Bilder (tselem) zerbrachen sie und töteten Mattan, den Priester Baals, vor den Altären. (2. Chronik 23,17)
  • Asaf schrieb über die Ruhmredigen und Gottlosen:
Wie ein Traum verschmäht wird, wenn man erwacht, so verschmähst du, Herr, ihr Bild (tselem), wenn du dich erhebst. (Psalm 73,20)
  • Der Prophet Hesekiel schrieb über Gottes Zorn über Israel wegen ihrer Gräuel:
Sie haben ihre edlen Kleinode zur Hoffart verwendet und Bilder (tselem) ihrer greulichen Götzen, ihrer Scheusale, daraus gemacht. Darum will ich ihnen all das zum Unrat machen (Hesekiel 7,20)
Du nahmst auch dein schönes Geschmeide, das ich dir von meinem Gold und Silber gegeben hatte, und machtest dir Götzenbilder (tselem) daraus und triebst deine Hurerei mit ihnen. (Hesekiel 16,17)
  • Der Prophet Amos kündigt das wegführen des Hauses Israel an:
Habt ihr vom Hause Israel mir in der Wüste die vierzig Jahre lang Schlachtopfer und Speisopfer geopfert? Ihr truget den Sakkut, euren König, und Kewan, den Stern eures Gottes, eure Bilder (tselem), welche ihr euch selbst gemacht habt; so will ich euch wegführen lassen bis jenseits von Damaskus, spricht der HERR, der Gott Zebaoth heißt. (Amos 5,25-27)

Gottebenbildlichkeit im christlichen Neuen Testament

Weil die Urschriften des Neuen Testaments nicht in hebräischer, sondern in griechischer Sprache vorhanden sind, wird das alttestamentliche Wort (tselem) nicht mehr im Neuen Testament benutzt. Die Verbindung zu den alttestamentlichen Schriften ist durch Amos 5,25-27 vorhanden, welches in der Apostelgeschichte zitiert wird, in griechisch wird tupos verwendet:

  • Und sie machten zu der Zeit ein Kalb und opferten dem Götzenbild und freuten sich über das Werk ihrer Hände. Aber Gott wandte sich ab und gab sie dahin, so daß sie dem Heer des Himmels dienten, wie geschrieben steht im Buch der Propheten (Amos 5,25-27): «Habt ihr vom Hause Israel die vierzig Jahre in der Wüste mir je Opfer und Gaben dargebracht? Ihr trugt die Hütte Molochs umher und den Stern des Gottes Räfan, die Bilder (tselem / tupos), die ihr gemacht hattet, sie anzubeten. Und ich will euch wegführen bis über Babylon hinaus.» (Apostelgeschichte 7,41-43)
  • Adam wird als ein Bild auf Jesus Christus beschrieben:
Denn die Sünde war wohl in der Welt, ehe das Gesetz kam; aber wo kein Gesetz ist, da wird Sünde nicht angerechnet. Dennoch herrschte der Tod von Adam an bis Mose auch über die, die nicht gesündigt hatten durch die gleiche Übertretung wie Adam, welcher ist ein Bild (tupos) dessen, der kommen sollte. (Römer 5,13-14)
  • Die neutestamentliche Gestalt der Lehre:
Gott sei aber gedankt, daß ihr Knechte der Sünde gewesen seid, aber nun von Herzen gehorsam geworden der Gestalt (tupos) der Lehre, der ihr ergeben seid. (Römer 6,17)
  • Vorbild im Wort, im Wandel, in der Liebe, im Glauben, in der Reinheit:
Niemand verachte dich wegen deiner Jugend; du aber sei den Gläubigen ein Vorbild (tupos) im Wort, im Wandel, in der Liebe, im Glauben, in der Reinheit. (1. Timotheus 4,12)
  • Nicht als Herren über die Gemeinde, sondern als Vorbilder:
Weidet die Herde Gottes, die euch anbefohlen ist; achtet auf sie, nicht gezwungen, sondern freiwillig, wie es Gott gefällt; nicht um schändlichen Gewinns willen, sondern von Herzensgrund; nicht als Herren über die Gemeinde, sondern als Vorbilder (tupos) der Herde. (1. Petrus 5,2-3)

Gottebenbildlichkeit im Zusammenhang der Bibel

  • Die Menschheit ist nach dem Bilde Gottes geschaffen (1. Mose 1,27), dies setzt sich über das Alte Testament (1. Mose 9,6) bis ins Neue Testament fort (Jakobus 3,9).
  • Der Sohn Gottes - Jesus Christus - ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes, in ihm ist alles geschaffen was im Himmel und auf Erden ist (1.Mose 1,26 und Kolosser 1,15-16), wer ihn sieht, der sieht den Vater (Johannes 14,9).

Siehe auch

Literatur

  • Thorsten Waap: Gottebenbildlichkeit und Identität: Zum Verhältnis von theologischer Anthropologie und Humanwissenschaft bei Karl Barth und Wolfhart Pannenberg; Vandenhoeck&Ruprecht Göttingen 2008, ISBN 978-3-525-56949-8

Einzelnachweise

  1. Thomas Knittel: Das griechische 'Leben Adams und Evas': Studien zu einer narrativen Anthropologie im frühen Judentum, 2002, S.108f