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Sauerteig

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Sauerteig ist ein Gemisch aus Wasser und (Roggen-)Mehl, das von Milchsäurebakterien und Hefen vergoren wird. Er wird bei der Herstellung von gesäuertem Brot verwendet.

Herstellung

Sauerteig entsteht von selbst (Spontansauer), wenn man ein Gemisch aus Wasser und Roggenmehl über einen Zeitraum von etwa 50 Stunden stehen lässt. Da die Zusammensetzung der Mikroben im Teig von den Bakterien und Hefen in der Umgebung abhängig ist, wird im Backhandwerk eine Starterkultur beigemischt, um so eine gleich bleibende Qualität zu garantieren. Im Haushalt kann man das Starten der Säuerung beschleunigen, indem man noch etwas Joghurt (oder ein anderes Sauermilchprodukt) hinzufügt. Üblicherweise wird der größere Teil des fertigen Sauerteigs zu Brot weiter verarbeitet, der Rest aber wird als Ansatz für einen neuen Sauerteig verwendet (Ein-, Zwei- oder Dreistufenführung). Wenn man einmal vergisst, einen Teil des Sauerteigs zurückzulegen, kann man auch den Teig für den Ansatz verwenden; er wird nur leider bei der Gärung einige Probleme bereiten, da Salz in ihm vorhanden ist und das wirkt gärhemmend.
Um ihn für längere Zeit zu lagern, verreibt man ihn mit Roggenmehl bis er trocken ist, das heisst man erzeugt ein "Gerstel" und kann ihn über mehrere Wochen lagern.
Außerdem lässt sich Sauerteig sehr gut einfrieren. Man muss ihn nur lange genug vor dem Weiterverarbeiten auftauen.

Nur in Ausnahmen wird der heutige Sauerteig durch Spontangärung gewonnen. Problem bei der Spontangare sind unerwünschte Kleinlebewesen ( z. B. Schimmel ). Man spricht hier von Fremdgärungen. Ursache ist, daß die Lebensbedingungen für jeglicher Art von Kleinstlebewesen, also auch Krankheitereger, optimal ist. Diese Kleinlebewesen bekommen durch die Führung des Teiges zwar nicht die Oberhand, hinterlassen aber unerwüschte Stoffe. Diese Stoffe sind z. B. Antibiotika (Schimmel!), die in dem Ruf stehen, langfristig z. B. den Immunhaushalt zu schwächen. Daher wird heute als Grundlage meist ein Reinzuchtsauer verwendet, der Industriell unter strenger Hygiene gezüchtet wird.

Biologische Prozesse

Die Milchsäurebakterien zersetzen einen Teil der Kohlenhydrate im Mehl zu Milchsäure. So genannte homofermentative Milchsäurebakterien produzieren dabei nur Milchsäure, heterofermentative Milchsäurebakterien zusätzlich auch Essigsäure und Kohlendioxid. Die Hefen tragen ebenfalls Kohlendioxid sowie kleine Mengen Alkohol (Ethanol) zum Gärungsprozess bei. Durch verschiedene Bedingungen (Gärungszeit, Mischungsverhältnis, Temperatur) kann Einfluss auf die Anteile der einzelnen Gärungsprodukte und somit auf Eigenschaften und Geschmack des Sauerteigs genommen werden. Das Verhältnis von Milchsäure und Essigsäure sollte "80 zu 20" betragen. Reiner Sauerteig hat einen pH-Wert von etwa 4,5.

Zweck und Verwendung

Sauerteig wird nicht nur aus geschmacklichen Gründen zum Brotbacken verwendet. Insbesondere bei Teigen, die mehr als 20 Prozent Roggenmehl enthalten, ist Sauerteig "technisch" notwendig, da Roggenmehl Stärke abbauende Enzyme (Amylase) enthält, die eine normale Stärkeverkleisterung unmöglich machen. Während des Backens entsteht ein Teiggerüst, welches von den Enzymen abgebaut (zerstört) wird. Ihre Aktivität wird durch die Säure des Teigs gehemmt. Die Säure führt außerdem zu einer längeren Haltbarkeit des Brotes, da sie einem Befall durch Schimmelpilze und andere Mikroben entgegenwirkt. Die Kohlendioxidbläschen machen den Teig locker, ähnlich wie beim Hefeteig oder bei Verwendung von Backpulver. Nicht zuletzt ist Sauerteigbrot leichter verdaulich, weil einige Getreidebestandteile durch den Gärungsprozess in leichter verdauliche Produkte aufgespalten werden. Außerdem wird das säuerliche Aroma von Sauerteigbroten sehr geschätzt.

Weniger bekannt ist die Tatsache, dass man mit Weizen- oder Dinkelsauerteigen die sonst übliche Bäckerhefe in Weizen- oder Dinkelbroten und -brötchen, Kuchen, Muffins etc. ersetzen kann, da deren fabrikmäßige Produktion (Hefeproduktion) nicht unumstritten ist. Da diese Sauerteige sehr mild sind, fällt die ansonsten in Roggensauerteigen geschmacklich intensive Säure nicht negativ auf.

Arten

Im Unterschied zu Vorteigen werden Sauerteige über einen längeren Zeitraum geführt. Die professionelle Herstellung von Sauerteigen unterliegt, anhand von Rechentabellen, einer kontrollierten Dosierung von Wasser, Temperatur und exakten Standzeiten und erfolgt heutzutage meistens mit Hilfe von Fermentern

  • Spontansauer (einstufig)
  • Zweistufen-Sauer
  • Drei-Stufen-Sauer
  • Detmolder-Einstufen-Führung
  • Detmolder-Zweistufen-Führung
  • Detmolder-Dreistufen-Führung
  • Weinheimer Sauerteig
  • Berliner Kurzsauerteig
  • Monheimer Salz-Sauerteig
  • Flüssigsauerteig

etc.

Natursauerteig / Kunstsauerteig

Jede Getreideart braucht zur Teigherstellung und zum Backen ihre spezielle Technologie. So lässt sich mit gewöhnlicher Hefe zwar ein Weizenbrot, aber kein Roggenbrot backen. Roggenteige brauchen eine Säuerung. Bäcker nutzen aus Zeitgründen mitunter Kunstsauer, der die benötigte Säure bereits als fertige Mischung mitbringt, ohne sie zuvor durch die biologische Sauerteigführung zu gewinnen. Diese Mischung macht Roggenteige backfähig, hat jedoch mit Sauerteig in der Regel wenig zu tun. Gute Bäcker verwenden nur echten Sauerteig, der heutzutage »Natursauerteig« genannt wird, Biobäcker dürfen nur diesen verwenden.

Zwar wird der Begriff "Kunstsauer" oft verwendet, ist der Begriff sachlich aber falsch, denn ein Sauerteig besteht aus Mehl, Wasser, Milch- Essigsäurebakterien. Der sogenannte Kunstsauer ist kein Teig, sondern schlichtweg ein Backmittel. Es gibt andere Backmittel, die z, B. aus einem echten Sauerteig gewonnen werden. Industriell wird ein Sauerteig gezogen, der anschließend getrocknet wird. Ergänzt wird der Brotteig dann oft mit einem Einstufensauer, was ein recht gutes Brot ergibt.

Gerade in der Großproduktion wird heute bei der Herstellung von »Sauerteigbrot« noch bzw. wieder Natursauerteig verwendet, da dieser im Vergleich zu den Kunstsauern erheblich günstiger ist und bessere Backergebnisse liefert.

Besonders im Bereich der billig-Anbieter wird auf natürlichen Sauerteig verzichtet. Merkmale sind: geringes Aroma, Brot schmeckt nur frisch, geringe Lagerfähigkeit. Gutes Brot hält sich mehrere Tage frisch und ist dabei aromatisch.

Zusammensetzung des Kunstsauers SS25

Weizenvollkornquellmehl, Säuerungsmittel (Zitronensäure, Natriumacetate, Essigsäure, Milchsäure), Stabilisatoren (Kalziumsulfat, Guarkernmehl), jodiertes Speisesalz, Emulgator (Lecithine), Traubenzucker, Gluten (Weizenkleber), Enzyme, Mehlbehandlungsmittel (Ascorbinsäure)

Zusammensetzung eines Natursauerteigs

Weizen(vollkorn)mehl, Dinkel(vollkorn)mehl, Roggen(vollkorn)mehl, Wasser, lebende Milchsäurebakterien, lebende Essigsäurebakterien, lebende Hefen (alles in verschiedenen Mengen und Zusammensetzungen).

Neben Vollkornmehlen kann man selbstverständlich auch Nicht-Vollkornmehle verwenden. Z.B.: Roggenmehle der Typen 815, 997, 1150, 1370 usw.

Siehe auch: Brauch des Sauerteigverschenkens