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Konservative Kraft

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In der Physik heißt ein Kraftfeld konservativ (alternative Bezeichnungen sind Potentialfeld[1] oder Gradientenfeld), wenn ein Probekörper beim Durchlaufen eines in sich geschlossenen Weges innerhalb des Kraftfelds weder Energie gewinnt noch verliert.

Konservative Kräfte sind dementsprechend solche, die längs eines in sich geschlossenen Weges keinerlei Arbeit verrichten – jede an einer Stelle des Weges „verbrauchte“ Energiemenge wird an irgendeiner anderen Stelle des Weges wieder zurückgewonnen und umgekehrt: Alle Energie des Probekörpers bleibt ihm erhalten. Beispiele für konservative Kräfte sind die Gravitationskraft oder die Coulombkraft des elektrischen Feldes, die als Gradienten eines skalaren Energiefeldes beschrieben werden können.

Bekanntestes Beispiel einer konservativen Kraft ist die homogene Näherung der Erdanziehungskraft in der Nähe der Erdoberfläche. Die Kraft ist gerade die negative Ableitung der potentiellen Energie nach der Höhe h. Egal auf welchem Weg man von einem Punkt auf Höhe zu einem Punkt auf Höhe gelangt, ist dabei immer dieselbe Arbeit aufzubringen. Die potentielle Energie bezieht sich dabei allerdings immer noch auf eine Probemasse m (oder Probeladung q im Fall des elektrischen Feldes), während das von der Probe unabhängige Skalarfeld (bzw. im Fall des elektrischen Feldes) das Potential genannt wird und als solches eine äquivalente Darstellung des zugrundeliegenden Vektorfelds ist.

Es stellt sich heraus, dass die folgenden vier Definitionen für ein konservatives Kraftfeld äquivalent zueinander sind:

  1. Die Arbeit entlang einer beliebigen geschlossenen Kurve ist gleich Null, also .
  2. Die Arbeit entlang eines beliebigen Weges durch das Kraftfeld ist nur vom Anfangs- und Endpunkt des Weges, nicht aber von seinem Verlauf abhängig.
  3. Es gibt ein skalares Feld , das Potential, so dass das Kraftfeld in der Form geschrieben werden kann, in der der Nabla-Operator, der Gradient des skalaren Felds und q ganz allgemein die „Ladung“ des Probekörpers ist. Die Ladung ist für ein elektrisches Feld die elektrische Ladung, für die Gravitation dagegen dieMasse m.
  4. Das Feld ist auf einem einfach zusammenhängenden Gebiet definiert und erfüllt dort die Integrabilitätsbedingung . Dies bedeutet, dass die Rotation verschwindet, also ist.

Das Gegenteil einer konservativen Kraft ist eine dissipative Kraft, die umso mehr Arbeit verrichtet, je länger der zurückgelegte Weg ist. Eine dissipative Kraft ist beispielsweise die Reibung. Die meisten physikalischen Systeme sind dissipativ, da Energie durch Reibung oder nicht-konservative Kraftfelder (Wirbelfelder) verloren geht. Allerdings bleibt bei einer Erweiterung des betrachteten Systems (z. B. wenn man bei der Berücksichtigung von Reibung auch die Energieinhalte eines angekoppelten Wärmereservoirs mitberücksichtigt) die Energie immer noch erhalten.

Potential

Das skalare Feld aus dem dritten Kriterium nennt man das Potential, sein Produkt mit der Probeladung (oder Masse) ist die potentielle Energie. Das Minuszeichen ist Konvention und stellt sicher, dass die Kraft in Richtung niedrigerer potentieller Energie zeigt, wie wir es von der Erdanziehung gewohnt sind:

In der Nähe der Erdoberfläche ist die potentielle Energie einer Masse in einer Höhe unter der Erdbeschleunigung näherungsweise (d.h. unter Annahme konstanter Erdbeschleunigung für kleine y-Bereiche) . Da Koordinatensysteme auf der Erdoberfläche nach oben positiv gezählt werden (denn einen Körper höher zu heben, heißt auch, höhere potentielle Energie aufzubauen), muss die potentielle Energie positiv sein, also . Setzt man das in die Formel ein

so wirkt die Kraft wie erwartet nach unten, also in die gleiche Richtung wie die Erdbeschleunigung.

Lokale Konservativität

Magnetfeld eines stromdurchflossenen Leiters (Sicht entgegen der Stromrichtung)

Bei der vierten Definition ist insbesondere auf das "zusammenhängende Gebiet" zu achten. Nicht zusammenhängend ist zum Beispiel das Gebiet um einen stromdurchflossenen Leiter, dessen Magnetfeld außerhalb des Leiters wie folgt definiert ist:

Die Ableitung von existiert für nicht.

Außerhalb des Leiters gilt , dennoch verschwindet ein Ringintegral um die z-Achse nicht. Integriert man zum Beispiel entlang des Einheitskreises, der durch

mit

parametrisiert wird, so erhält man als Wegintegral

.

Obwohl die Rotation (mit Ausnahme an der Definitionslücke an der z-Achse) überall verschwindet, ist dieses Feld also nicht konservativ. Man spricht hier von lokaler Konservativität, da die Energie dennoch auf allen Pfaden erhalten bleibt, die die z-Achse nicht umschließen.

Beweis der Äquivalenz der Kriterien

Wie anfangs bereits festgestellt, sind die vier Definitionen für ein konservatives Kraftfeld miteinander gleichbedeutend. Das erste Kriterium ist gerade die Definition eines konservativen Kraftfeldes aus der Einleitung, die anderen folgen daraus.

Zwei beliebige Wege in einem konservativen Kraftfeld

a) Davon ausgehend, dass die Arbeit entlang eines geschlossenen Pfades verschwindet, kann zunächst die Korrektheit des zweiten Kriteriums gezeigt werden. Man betrachte dazu zwei Wege und zwischen den Punkten 1 und 2 in einem konservativen Kraftfeld wie im Bild rechts:

Verläuft von Punkt 1 über Weg zum Punkt 2, dann über den Weg zurück zum Punkt 1, so ergibt sich das Ringintegral über diesen Weg damit zu

Mit

ist das dann und genau dann null, wenn

was gerade der Wegunabhängigkeit und damit der zweiten Definition für ein konservatives Kraftfeld entspricht.

b) Wenn , so ist

, unabhängig vom Weg S.

c) Wenn , so gilt für die Rotation

,

wobei der letzte Schritt wegen der Vertauschbarkeit der partiellen Ableitungen gemäß dem Satz von Schwarz zustande kam.

d) Nach dem Satz von Stokes gilt für eine geschlossene Kurve C, die von einer Fläche A umschlossen wird

.

Dieses Integral verschwindet für alle Kurven C dann und genau dann, wenn .

Energieerhaltung

In der klassischen Mechanik gilt für die kinetische Energie

,

wobei v die Geschwindigkeit ist.

Mit dem zweiten Newtonschen Axiom

für konstante Massen m kann die Energie geschrieben werden[2]

.

Dann gilt für den Weg von Punkt 1 zum Punkt 2 das Wegintegral

.

Für die rechte Seite dieser Gleichung gilt

.

Das bedeutet, dass die gesamte Arbeit, die bei der Bewegung aufgebracht wird, der Änderung der kinetischen Energie entspricht. Für die linke Seite gilt hingegen unter Verwendung der Eigenschaften konservativer Kräfte

und damit

bzw.

was gerade dem Energieerhaltungssatz entspricht. Die Eigenschaft der Energieerhaltung ist auch der Grund, weshalb konservative Kraftfelder ihren Namen erhielten - die Energie ist konserviert.

Einzelnachweise und Fußnoten

  1. Obwohl das Potential ein (skalares) Feld ist, wird unter dem Begriff Potentialfeld das davon abgeleitete Gradientenfeld verstanden.
  2. Für die Gültigkeit des Energiesatzes dürfen die Kräfte nicht explizit von der Zeit abhängen, d.h. explizit zeitabhängige Ausdrücke der Art F(x(t),v(t),t) sind nicht erlaubt.