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Schülerverbindung

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Die Chargierten der österreichischen Schülerverbindung K.Ö.St.V. Tauriskia Villach im MKV

Eine Schülerverbindung, auch Schülerkorporation, Pennalie, Pennälerverbindung, Absolventenverbindung, Mittelschulverbindung und Gymnasialverbindung, ist eine Vereinigung von Schülern und ehemaligen Schülern einer Schule, die sich in Organisationsform, Gebräuchen und Abzeichen an den Studentenverbindungen im deutschen Sprachraum orientiert. Zur Zeit existieren etwa 475 Schülerverbindungen, davon die Mehrheit in Österreich.[1]

Schülerverbindungen existieren in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Flandern, Italien sowie in Ungarn und Rumänien. Die Hochburgen des Schülerverbindungswesens in Deutschland liegen in Franken und Baden, aber auch in Niedersachsen gibt es vereinzelt Schülerverbindungen, so in Oldenburg, Hannover, Wolfenbüttel und Bad Sachsa.

Deutschland

Büdinger Pennal-Teutone (1856)

Typische Eigennamen von Schülerverbindungen in Deutschland sind Abituria oder Absolvia. Abiturien sind Gymnasialverbindungen, Absolvien waren zumindest ursprünglich Realschulverbindungen, heute aber hauptsächlich auch Gymnasialverbindungen. Im übrigen tragen Schülerverbindungen meist latinisierte Eigennamen wie studentische Verbindungen.

Die angeblich älteste durchgehend existente Deutsche Schülerverbindung ist die Absolvia Bayreuth von 1833 im FAC, dem insgesamt 8 Verbindungen angehören. Die älteste Schülerverbindung Deutschlands, die heute noch existiert, aber im Laufe der Geschichte aufgelöst und wiedergegründet wurde, ist die P.V. Markomannia 1824 zu Rastatt, deren Gründungsjahr 1824 allerdings nur mündlich überliefert ist. Sie gehört wie weitere acht Korporationen dem Pennäler Kartell Baden an.

Im Allgemeinen Pennäler Ring (APR) fanden am 16./17. Juni 1990 in Eisenach burschenschaftlich ausgerichtete Schülerverbindungen zusammen. Er hat derzeit 13 Korporationen. Der national-freiheitliche APR bekennt sich zu den Zielen und Idealen der Urburschenschaft, deren Grundsätze gepflegt und weiterverbreitet werden. Die Mitgliedskorporationen des APR sind farbentragend und stehen zum Lebensbund- und Conventsprinzip. Mit dem Österreichischer Pennäler Ring (ÖPR) besteht seit 1992 ein gemeinsames Verbandsprinzip.

Im Großherzogtum Hessen entstanden in den 1840er Jahren als Sonderform pennale Ableger der Gießener Corps (Teutonia, Hassia, Starkenburgia) an den Gymnasien in Gießen, Darmstadt und Büdingen, die bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts scharfe Mensuren fochten und das wichtigsten Rekrutierungsfeld der Universitätscorps bildeten.[2]

Schülerverbindungen unterlagen bis ins 20. Jahrhundert hinein fast überall im deutschen Sprachraum einem strengen Verbot durch die Kultusministerien. So konnten etwa in Preußen aufgrund eines Erlasses von 1880 Mitglieder von Schülerverbindungen der Schule verwiesen werden. Viele Schülerverbindungen waren daher als normale Vereine getarnt, beispielsweise als Kegelklubs, manche tragen solche Bezeichnungen heute noch als Typbezeichnung. Wegen des Verbots hatten in Schülerverbindungen Biernamen einen wichtigen Stellenwert und gehören auch heute noch zum typischen Brauchtum von Schülerverbindungen.

Österreich

Das Chargiertencorps des MKV beim Pennälertag 2000 vor dem Wiener Rathaus

In Österreich bezeichne sich viele Schülerverbindunge – wie Hochschulkorporationen – als Studentenverbindung. Traditionell wurden (und werden) die Schüler der höherer Lehranstalten bereits als Studenten bezeichnet. Dies hing u.a. damit zusammen, dass für den Besuch eines Gymnasiums in der Regel der Heimatort verlassen werden mußte, da es nur einige wenige zentrale Schulen gab. Heute gibt es in Österreich ca. 240 aktive Schülerverbindungen [3].

In Österreich ist der mitgliederstärkste Korporationsverband überhaupt beheimatet. Es ist dies ein Verband von Schülerverbindungen: der Mittelschüler-Kartell-Verband (MKV) der katholischen farbentragenden Studentenverbindungen. Älteste Korporation im MKV ist die Teutonia Innsbruck, die am 22. November 1876 trotz des sogenannten Koalitionsverbots für Mittelschüler gegründet wurde. Dem MKV gehören rund 163 Korporationen an, die wiederum ca. 20.000 Mitglieder (Aktive und Alte Herren) haben.

Schlagende Schülerverbindungen lehnen sich meist an bestimmte studentischen Hochschulverbindungen wie Corps und Burschenschaften an und verwenden deren Bezeichnungen, meist mit dem Zusatz „Pennal“ anstelle des „Akademisch“ der Hochschulverbindungen. So gibt es Pennale Corps (pC) oder Pennale Burschenschaften (pB). Die älteste bekannte Schülerverbindung überhaupt war die Pennale Burschenschaft Teutonia, die 1817–1819 in Teschen (damals Österreichisch-Schlesien) bestand. Die Pennalverbindungen sind großteils im Österreichischer Pennäler Ring (ÖPR) organisiert. In ihm ist auch die als älteste noch bestehende Schülerverbindung in Österreich geltende pB Allemannia et Nibelungia, in Graz gegründet 24. Oktober 1860[4]. Dem ÖPR gehören rund 60 Korporationen an.

Daneben gibt es neuerdings mit dem Senioren-Convent pennaler Landsmannschaften (SCPL) einen nichtschlagenden und katholisch-monarchistischen, mit dem Bund KÖL kooperierenden Verband, sowie diverse verbandsfreie pennale Semestral- und Ferialverbindungen.

Schweiz

Gruppenfoto der schweizerischen Gymnasialverbindung GV Zähringia

In der Schweiz gibt es seit etwa 1830 Schülerverbindungen, die teilweise historisch zusammen mit den Hochschulverbindungen entstanden sind und teilweise sogar in den Hochschulverbindungen integriert waren. So hatten oder haben heute noch die Hochschulverbindung Helvetia wie auch die Zofingia ihre Ableger an Gymnasien. Diese waren zwischenzeitlich verboten, wurden dann jedoch in den 1950er Jahren wieder zugelassen. Der Schweizerischer Studentenverein hat ca. 23 Aktive Mittelschulverbindungen (von insgesamt 57 Verbindungen) und weitere ca. 10 GV die derzeit nur als AHV bestehen. Die GV des StV sind in der Gymnasia zusammemgefasst. Die Gründung des StV erfolgte am 31. August 1841 Die ersten vier Sektionen (Verbindungen) des StV entstanden 1843. Es sind dies (in chronologischer Reihenfolge) die Sektionen Freiburg im Üechtland (heute GV Zähringia), Schwyz (GV Suitia), Luzern (AV Semper Fidelis) (ursprünglich GV bis 2006/07) und Freiburg im Breisgau (AV Helvetia Friburgensis).
Mittelschulverbindungen können auch traditionell mit einer Mittelschule (z.B. Gymnasium) verbunden sein. Ein Beispiel hierfür wäre die Paedagogia Basiliensis. Heute bestehen noch Mittelschulverbindungen in Basel, Langenthal, Aarau, Olten, Frauenfeld, Schaffhausen, Solothurn, Burgdorf, Winterthur, St.Gallen, Stans, Schwyz und in weiteren Städten. Ebenso gibt es Verbindungen an Internatsschulen wie Schiers, Engelberg, Einsiedeln etc. In den letzten Jahren sind auch an anderen Schulformen als Gymnasien verbindungsähnliche Schülerorganisationen entstanden.

Flandern

In Flandern gab es seit Ende des 19. Jahrhunderts und während der Zwischenkriegszeit katholische Schülerverbindungen. Sie organisierten sich 1903 im Algemeen Katholiek Vlaams Studentenverbond (AKVS), der sich als nichtfarbentragend und politisch und religiös aktiv definierte. Wegen des flämischen Aktivismus vor und während des Zweiten Weltkrieges war nach dem Krieg keine Wiederbegründung möglich.

Seit 1978 existiert der Nationalistisch Jongstudentenverbond (NJSV) mit z.Z. vier Sektionen. Er ist unabhängig, steht aber der Nationalistische Studentenvereniging (NSV) nahe. Zudem besteht seit 2008 des Katholiek Vlaams Scholierenverbond (KVSV) mit z.Z. fünf Sektionen als Ortsverband des Katholiek Vlaams Hoogstudentenverbond (KVHV). Beide Verbände sind farbentragend, politisch aktiv und nehmen Männer und Frauen auf.

Bekannte Mitglieder

Bekannte Mitglieder von Schülerverbindungen sind "Turnvater" Friedrich Ludwig Jahn, Reichskanzler Otto von Bismarck, die Komponisten Robert Schumann und Richard Wagner, der expressionistische Lyriker Georg Heym, der Kommunist und "rasende Reporter" Egon Erwin Kisch, der Schriftsteller Ludwig Thoma, der von der RAF ermordete ehemalige BDI- und BDA Präsident Hanns Martin Schleyer, der "Vater des Wirtschaftswunders" Ludwig Erhard, der Gründer der Luisenburg-Festspiele zu Wunsiedel Prof. Ludwig Hacker und der Dirigent Herbert von Karajan, der Maler Alberto Giacometti, die Nobelpreisträger Paul Karrer und Richard Willstätter, der erste Bundespräsident Theodor Heuss, der Direktor der Abteilung für Molekularbiologie am Max-Planck-Institut für Biochemie Prof. Axel Ullrich, der Bundesparteivorsitzende der FPÖ und Nationalratsabgeordneter Heinz-Christian Strache.

Verbände (mit Gründungsjahr und Anzahl der Verbindungen)

Einzelnachweise

  1. Pennalverbindung Honovere - Verzeichnis (fast) aller Schülerverbindungen
  2. Walter Hoffmann: Über Pennal-Corps im Großherzogtum Hessen, in: Einst und Jetzt 30 (1985), S. 129-148
  3. Krause, Peter: Studiosus Austriacus - "„Handbuch des österreichischen Korporationswesens“; Band 11 der ÖVfStG-Reihe „Tradition und Zukunft“; ; Wien 2007.
  4. Burschenschaftliche Geschichte auf ÖPR.AT
  5. http://www.absolvia.de/fac_info.htm

Literatur

Allgemeine Literatur

  • Edwin A. Biedermann: Logen, Clubs und Bruderschaften, 2. Auflage, Droste-Verlag, Düsseldorf 2007, ISBN 3-7700-1184-8, 420 Seiten
  • Oskar Waas: Die Pennalie. Ein Beitrag zu ihrer Geschichte (= Geschichte des europäischen Studententums, Bd. 2), Aula-Verlag, Graz, 1967, XI, 486 S. (Standardwerk mit Schwerpunkt auf Österreich)
  • Helmut Steigelmann: Zur Erforschung der Pennälerkorporationen, in: Einst und jetzt. Jahrbuch des Vereins für Corpsstudentische Geschichtsforschung, Bd. 6, 1961, S. 86-98
  • Heinrich Obermüller: Verboten und Verfolgt. Kath. Verbindungen an mittleren und höheren Schulen (Band 1) im deutschen Sprachraum - Von den Anfängen bis 1918; Wien 1991
  • Heinrich Obermüller: Aufbruch und Untergang. Katholische Verbindungen an den mittleren und höheren Schulen, 2 Teile, Wien 2000/03
  • Michael Mittelstädt: Register zum Heinrich Obermüller - "Verboten und Verfolgt" und "Aufbruch und Untergang", Wien 2006
  • Martin Biastoch: Das Concilium Germanicum an der Großen Schule in Wolfenbüttel 1910-2010: Ein Beitrag zur Wolfenbütteler Bildungsgeschichte. Essen 2010, ISBN 978-3-939413-09-7.

Ältere Literatur v.a. zu Schülerverbindungen in Deutschland

  • Robert Pilger: Über das Verbindungswesen auf norddeutschen Gymnasien, 2. Auflage, Weidmannsche Buchhandlung, Berlin, 1880
  • Paul Ssymank: "Schülervereinigungen?", in: Pädagogisches Archiv, Bd. 48, 1906, S. 155-162 (Wertvolle Literaturhinweise)
  • Max Nath: Schülerverbindungen und Schülervereine. Erfahrungen, Studien und Gedanken, Leipzig u.a., 1906

Siehe auch