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Benutzer:Südstädter/Baustelle2

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Kupferstich von Görlitz kurz vor dem Jahr 1650. Veröffentlicht in der Topographia Superioris Saxoniae

Die Stadtmauer bzw. die Stadtbefestigung von Görlitz waren die Verteidigungsanlagen der Stadt Görlitz zwischen dem 13. und 19. Jahrhundert. Die mittelalterliche Befestigung bestand aus der Stadtmauer, die das heutige Gebiet der Altstadt umschloss, Stadttoren, Basteien, Türmen und Gräben. Große Teile der Stadtmauer wurden im 19. Jahrhundert in Folge der Stadterweiterung abgebrochen, jedoch zeugen noch zahlreiche Bauten von der einstigen Stadtbefestigung.

Die Stadtmauer

Das Observatorium Sculteti, Teil der Stadtmauer östlich der Peterskirche
Die Grünanlagen im Nikolaizwinger

Bis zur Stadterweiterung um 1250 war die Stadtanlage, die sich auf der Hochebene der heutigen Peterskirche und des Vogtshof befand wahrscheinlich nur von Holzpalisaden geschützt. Erst im Zuge der Stadterweiterung wurden die Palisaden nach und nach durch steinerne Befestigungsmauern ersetzt bzw. der Mauerring um die Stadt erweitert. Die Stadtmauer umschloss die Stadt, abgesehen von einem kurzen Stück auf der Ostseite der Stadt entlang der Neiße in einem doppelten Ring. Die äußeren Mauern waren zwischen 6 und 8 Ellen hoch, teilweise auch höher. Die inneren Mauern hingegen waren höher und stärker. Auch besaßen die inneren Mauern im Gegensatz zu den äußeren Treppen, Umgänge mit hölzernen Geländern und Schießlöcher. Die Mauern waren mit Ziegeldächern versehen. Das Areal zwischen den beiden Mauern nannte man Zwinger, bzw. bis in das 15. Jahrhundert der Parchen. Bis in das 15. Jahrhundert stellten die Tuchmacher in dem Bereich zwischen den Mauern ihre Rähmen auf. Die Stadt verbot nach einem Ratsbeschluss die Aufstellung. Später dienten die Zwinger auch als Grasflächen, teils baute man Obstbäume an, aber auch Zimmerarbeiten wurden hier durchgeführt und Glocken gegossen. Östlich des Frauenturmes (im Volksmund auch Dicker Turm genannt) befand sich im Zwinger das Schützenhaus, wo wöchentlich Übungen stattfanden.[1][J 1] Einen Vorstellung von dem Areal zwischen der inneren und äußeren Mauer vermittelt bis heute der Nikolaizwinger. Entlang des heutigen Grünen Graben erstreckte sich der sogenannte Bauzwinger. Er bog am Jüdenring nach Osten ab und zog hinunter bis zum Hundsloch in der Nähe des Restaurants Goldener Engel.[2]

In der Zeiten der Gefahr wie beispielsweise den Husittenkriegen standen auf den Erkern und den Umgängen Wächter mit Braupfannen mit siedendem Pech oder kochendem Wasser.[J 2]

Mitte des 15. Jahrhunderts wurden die Gewölbe entlang des Burgberges unterhalb der Peterskirche gebaut. Bei den Bauarbeiten geschah am 11. Juni 1453 ein Unglück. Die Gewölbebögen unterhalb der Peterskirche stürtzten in Folge von einem oben abgelagerten Schutthaufen und einsetzendem Regen ein undbegru sechs Leute. Als Folge dessen wurde das Gewölbe nun mit Pfeilern bis auf den Grund verstärkt. 1539 wurde der östliche Umgang und die Mauer hinter der Peterskirche auf das Gewölbe aufgesetzt. Die Mauer ist am südlichen Teil durch das markante Observatorium Sculteti – einem oberen Mauervorsprung im Befestigungswerk unterbrochen. Bartholomäus Scultetus soll hier seine Himmelsbeobachtungen Erzählungen nach durchgeführt haben. Eine weitere Bezeichnung für diesen Mauervorsprung ist Jungfernsprung, weil in der Nähe am 6. Juli 1741 eine Jungfer hinunter in die Hothergasse stürtzte.[J 3]

1641 wurde die Stadt von schwedischen Truppen unter Oberst Wancke besetzt. Unter dem Eindruck der anrückenden kursächsisch-kaiserlichen Truppen richtete er sich mit seinen 1.300 Soldaten innerhalb der Stadt zur Verteidigung ein. Die Vorstädte mit ihren über 800 Häusern wurden „niedergelegt“, die Stadtbefestigung durch weitere Gräben und Palisadenwälle verstärkt sowie zusätzliche Schießscharten in die Befestigungsmauern gebrochen. Am 25. Juli begann die Belagerung der Stadt durch über 10.000 kursächsisch-kaiserliche Soldaten mit zahlreicher Artillerie. Ein zeitgenössischer Stich zeigt letztere aufgestellt auf dem Friedhofshügel und dem Töpferberg östlich der Neiße. Ohne eigene Artillerie mussten die schwedischen Truppen bereits nach zehn Wochen die Verteidigung der Befestigungsanlagen aufgeben und kapitulieren. Ein Rondell am südöstlichen Stadtrand (heute obere Bergstraße), das während der Belagerung besonders hart umkämpft war, behielt von daher den Namen Schwedischer Fähnrich. Die sogenannte kaiserliche Bresche, die durch die Belagerung in die Stadtmauer an dieser Stelle geschlagen wurde, schloss man im August des gleichen Jahres mit Mist, Brettern und Wollsäcken notdürftig. Erst 23 Jahre später behob man die Schäden an der Stadtmauer.

Die letzten Stunden der Stadtbefestigung schlugen am Anfang des 19. Jahrhunderts. Im Jahr 1838 deckte man die bis heute erhaltenen Stadtmauerteile entlang des Nikolaigrabens neu mit Granitplatten, anstatt der früher verwendeten Schindeln ein. Bereits 1837 begann man im Süden der Stadt damit den beengenden Mauerring niedriger zu machen, da sich die Stadt innerhalb des engen Korsetts der Stadtmauer nicht weiter entwickeln konnte.[J 2] Für den kompletten Abbruch des städtischen Verteidigungsringes benötigte man jedoch die Zustimmung des preußischen Staates, der den Verlust der Verteidigungskraft durch die Schleifung der Befestigungsanlagen seiner Städte nur ungern hinnahm. In Görlitz verband man die Erlaubnis durch den preußischen Staat zur Abtragung der Stadtmauer mit der Verpflichtung der Stadt zur Errichtung einer neuen Kaserne – der heutigen Jägerkaserne. 1848 begann man mit dem Abriss des Mauerringes im Süden entlang der heutigen Elisabethstraße. 1851 und 1854/55 folgten dann die Mauern im Westen sowie im Norden entlang der heutigen Hugo-Keller-Straße (früher Jüdenring) in Richtung Osten.[J 2] Vom Abriss verschont wurden wie bereits erwähnt die Mauern entlang des Nikolaigrabens mit dem gleichnamigen Nikolaizwinger, aber auch die östlich der Peterskriche mit dem Observatorium Sculteti sowie entlang des Ochsenzwingers südlich der Peterskirche an der Neiße.

Gräben

Hand in Hand ging mit den Abbrucharbeiten das Zuschütten der meist wasserarmen Gräben südlich, westlich und nördlich der Stadt. Östlich der Stadt waren keine Gräben notwendig, da hier die Neiße eine natürliche Barriere bildete. Im Norden wurde das Wasser aus den umliegenden Teichen durch die Gräben geleitet. Nach außen hin waren die Gräben meist durch starkes Mauerwerk geschützt, um ein Einschieben von Erdmassen zu verhindern.[J 2]

Durch die Stadtmauer führten auch Wasserdurchlässe in die Gräben. Diese Wasserdurchlässe wurden 1390 mit Gitten gschützt. Das wohl bekannteste ist das sogenannte Hundsloch am Ausgang der heutigen Büttnerstraße.[J 2] Die Bekanntheit rührt aus der Sage des dreibeinigen Hundes. Der Hund soll der Sage nach vor seinem Rückweg durch die Stadt kurzzeitig in diesem Hundsloch verschwunden sein.[3]

An die zugeschütteten und heute überbauten Gräben erinnern heute noch Straßennamen wie Nikolaigraben und Grüner Graben. Sie verdeutlichen in etwa den Verlauf der Stadtmauer bzw. der vorgelagerten Gräben.

Bastionen

Der Kaisertrutz

Um 1700 befanden sich 20 Basteien auf dem äußeren, wobei die Stadttürme nicht mitgezählt sind und 12 auf dem inneren Mauerring. Die inneren Basteien waren zum großen Teil viereckig und die äußeren rund. Die äußeren Basteien wurden deswegen auch Rondell genannt.[J 4]

Der Kaisertrutz

Die bedeutenste Bastion war der sogenannte Kaisertrutz. Eine Bastion auf der westlichen Seite der Stadt am Reichenbacher Turm und Tor. Seinen Namen erhielt er erst 1641 während die Schweden der bereits erwähnten Belagerung durch kursächsisch-kaiserliche Truppen trotzten. Weitere Namen waren Reichenbacher Rondell oder großes Rondell. Die Bastion war der Stadtmauer, wie der obere Kupferstich zeigt, vorgelagert und mit der äußeren und inneren Stadtmauer über zwei senkrecht von ihr ausgehende Mauern verbunden. Vor der Errichtung der größten Bastei 1490 befand sich an seiner Stelle das Budissiner Tor (Bautzner Tor).[J 4]

Im Innern der Bastei gab es freien Platz in dessen Mitte wiederum ein freistehendes Türmchen stand. Der Kaisertrutz war nach außen hin von einem Graben umgeben, der mit Wasser oder Morast gefüllt war. 1848 wurden die Gräben aufgefüllt und der Kaisertrutz zur Hauptwache der preußischen Garnision umgebaut. 1932 eröffnete ein Heimatmuseum im Innern ihre Pforten.[J 5] Von 2010 bis Anfang 2011 wurde der Bau grundlegend saniert und an die modernen Anforderungen eines Museums angepasst. Im Jahr 2011 findet in dem Bau die dritte sächsische Landesausstellung via regia - 800 Jahre Bewegung und Begegnung statt.

Der Pulverturm

Eines der sieben Rondelle zwischen Reichenbacher Turm und Nikolaiturm war der Pulverturm, auch Pulverbastei genannt. Der Turm stach durch seine Höhe und durch sein weites Hinausspringen aus der Stadtmauer heraus. Eine Theorie besagt, dass der Name des Turmes von der nahen Pulvermühle vor den Toren der Stadt stammt. Eine andere greift die These auf, dass in dem Turm die Munitionsvorräte gelagert wurden.[2] Der Turm trug die Inschrift: „Melior est certa pax quam sperata victoria“ (Besser ist ein sicherer Friede als ein erhoffter Sieg). Er wurde bei der Belagerung 1641 stark in Mitleidenschaft gezogen.[J 6]

Das Rondell am Hälterberge

Das Rondell am Hälterberge lag zwischen Pulverturm und Nikolaiturm am Jüdenring, der heutigen Hugo-Keller-Straße zwischen den Einmündungen der Fleischerstraße und Sporergasse. Auch dieser Turm sprang vermutlich etwas aus der Stadtmauer heraus.

Die Hotherbastei

Die Hotherbastei ist die einzige erhaltene Eckbastei der ehemaligen Stadtmauer. Sie schützte neben Innenstadt auch Teile der Nikolaivorstadt und der Neißevorstadt. Er befindet sich am Nikolaizwinger unterhalb des Vogtshofs an der nordöstlichen Ecke der Mauer. Die Bastei datiert in die zweite Hälfte des 13. Jahrhundert zurück und gehört seit 1953/54 mit dem angrenzenden Nikolaizwinger zu der vom Gartenarchitekten Henry Kraft umgestalteten Gartenanlage. Der zweigeschossige Turm erhebt sich über einem dreiviertelrunden Grundriss. Das Mauerwerk im unteren und im Übergang zum oberen Stockwerk ist durch einzelne Schießscharten durchbrochen. Das obere Geschoss hingegen weist mehrere große Kanonenluken auf.[1][4]

Die Ochsenbastei

Die Ochsenbastei schützte einen Nebenausgang an der Neiße südlich der Neißebrücke. Bereits 1370 findet es als Tor an der Kahle Erwähnung. Später taucht es in den Chroniken auch unter dem Namen Kahletor oder Neutor an der Kahle auf. 1525 brannte die Bastei ab und wurde 1536 von Haß wieder neuerrichtet. Seit diesem Jahr kann man in dem Rondell auch die folgende Inschrift lesen: „Civitatem melius tutatur amor civium quam alta propugnacula“ (Der Bürger Liebe tut viel mehr, als Doppelhaken und Gewehr). 1834 wurde der östliche Teil des Kahletores abgebrochen. Bis heute blieb nur das westliche Rondell erhalten.[J 7]

Der Schwedische Fähnrich

Der Schwedische Fähnrich befand sich an der südöstlichen Ecke der Stadtmauer, an der Stelle an der sich die Mauer und der Graben aufwärts von der Neiße nach Westen wandte. Der dicke, runde Turm stand im die Mauer umgebenden Graben. Seinen Namen erhielt er, wie bereits kurz erwähnt, während der Belagerung der Stadt 1641. Der Turm wurde trotz des starken Widerstandes des schwedischen Fähnrichs Löst von den kaiserlich-kursächsischen Truppen erstürmt. Der Turm wurde während der Belagerung ebenso wie die Bastei am Baumgarten weiter westwärts zerstört. Erst 1664 wird er wieder aufgebaut. [J 8] 1845 begann man auch diese Bastion abzubrechen.[2]

Der Spittelturm

Der Spittelturm (auch Spitalturm genannt) war die einzige Bastion auf dem Ostufer der Neiße. Er schützte den östlichen Brückenkopf der Neißebrücke und war benannt nach dem nahegelegenen Spital an der Neiße, das heute nicht mehr existiert. Der Turm hatte einen großen Umfang und war etwa 60 Fuß hoch und trug wie zahlreiche andere Bastionen eine Inschrift, die hier wie folgt lautete: „Pace bidens vomerque vigent 1477“ (Im Frieden gedeihen Kraft und Pflug). Jedoch fand der Turm bereits 1470 als Bastei vor der Mühle Erwähnung. Das Stadtbild von 1575 zeigt an der Ostseite des Turmes ein großes Kreuz mit zwei Querbalken (Patriarchen- oder Lothringerkreuz). Schwere Zerstörungen erlitt der Turm während der Belagerung 1641 durch ein auf dem gegenüberliegenden Töpferberg stehendes Geschütz. Jedoch gelang es den belagernden Truppen nicht auf dem Boden der Bastei festen Fuß zu fassen, da der schwedische Befehlshaber Wanke seine Besatzung der Bastei stetig wechselte und ständigen Nachschub über die Neiße querende Kähne sicherstellte. Er wurde mit seinem Nebengelassen bereits 1824 abgerissen.[J 9]

Weitere namentlich bekannte Basteien sind die Bastei am Baumgarten auf der Südseite der Mauer zwischen dem Webertor und dem Schwedischen Fähnrich und die Rote Bastei bei der der genaue Standort unbekannt ist.

Die Stadttore und Stadttürme

Nikolaiturm und -tor

Neißeturm und -tor

Webertor

Frauenturm und -tor

Reichenbacher Turm und Tor

Einzelnachweise

  1. a b goerlitz.de: Stadtmauer. Abgerufen am 16. März 2011.
  2. a b c chronistgoerlitz.de: Stadtmauer und seine Tore. Abgerufen am 18. März 2011.
  3. goerlitz.de: Die Sage vom dreibeinigen Hund. Abgerufen am 17. März 2011.
  4. goerlitz.de: Nikolaizwinger und Hotherturm. Abgerufen am 18. März 2011.
  • Jecht, Richard: Geschichte der Stadt Görlitz. Band 1, Halbband 2: Topographie. Verlag des Magistrates der Stadt Görlitz, Görlitz 1926.
  1. S. 529ff
  2. a b c d e S. 534
  3. S. 531f
  4. a b S. 535
  5. S. 541f
  6. S. 542
  7. S. 544f
  8. S. 546f
  9. S. 547f