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Politikwissenschaft

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Politikwissenschaft (auch Politische Wissenschaft oder Politologie) ist eine Integrationswissenschaft. Sie beschäftigt sich mit dem wissenschaftlichen Studium politischer Prozesse und allen im weiteren Sinne politischen Erscheinungen und Handlungen des menschlichen Lebens. Dementsprechend wird sie sowohl als Sozial-, Kultur- wie auch als Geisteswissenschaft verstanden und betrieben.

Das Fach wird grundlegend in die Teilbereiche Politisches System bzw. Politische Systeme (bezogen auf einzelne Staaten, beispielsweise Deutschland; früher: Regierungslehre), Politische Theorie und Ideengeschichte, Vergleichende Politikwissenschaft (früher: Vergleichende Regierungslehre, auch Vergleichende Analyse politischer Systeme) und Internationale Beziehungen oder Internationale Politik eingeteilt. Entlang dieser Unterscheidung orientiert sich beispielsweise auch die Einrichtung politikwissenschaftlicher Lehrstühle und Professuren.

Eine breiter angelegte Politikwissenschaft, wie sie an manchen Universitäten betrieben wird, unterhält zudem auch eigene Lehrstühle in Methodik, Geschlechterforschung oder Politischer Ökonomie.

Gegenstand der Forschung

Der Deutsche Bundestag

Die Politikwissenschaft befasst sich mit dem gesellschaftlichen Zusammenleben der Menschen und untersucht, wie dieses Zusammenleben geregelt ist und geregelt werden kann. Ihr Gegenstandsbereich reicht demnach grundsätzlich über eine alleinige Beschäftigung mit der Tagespolitik hinaus. Ihr Untersuchungsinteresse erfordert die Analyse von grundlegenden Prinzipien, Zusammenhängen und von Ursache- und Wirkungsmechanismen des menschlichen Zusammenlebens in seinen unterschiedlichen Formen. Dabei berücksichtigt sie u. a. institutionelle, prozedurale, sachlich-materielle und politisch-kulturelle Gesichtspunkte. Ein besonderes Augenmerk richtet die moderne Politikwissenschaft auf die Frage, wie staatliche, privatwirtschaftliche und zivilgesellschaftliche Akteure interagieren, wie politische Entscheidungsprozesse ablaufen und wie sich Machtverhältnisse konstituieren und auf die Gesellschaft zurückwirken.

Platon gemalt von Raffael

Ursprünglich hatte die Politikwissenschaft eine nahezu rein normative Prägung: Sie beschäftigte sich die längste Zeit mit der Frage, wie das Zusammenleben der Menschen am besten gestaltet werden soll. Dies lässt sich bis zu den antiken griechischen Philosophen – vor allem auf Platon – zurückführen und ist auch heute noch eine bedeutende Aufgabe des theoretischen Zweigs der Politikwissenschaft. Als normative Wissenschaft wurde die Politikwissenschaft auch nach ihrer Wiederbegründung als akademische Disziplin in der Bundesrepublik Deutschland nach 1945 verstanden und konzipiert („Demokratiewissenschaft“). Die deutsche Tradition „polizei“- und staatswissenschaftlicher Forschung war in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts größtenteils abgebrochen. Ausgehend von den Vereinigten Staaten wurde die Politikwissenschaft seit den 1960er Jahren („behavioristische Revolution“ in den Sozialwissenschaften) stärker empirisch ausgerichtet. Damit einher ging eine mehrheitliche Umorientierung des Faches von normativen zu positivistischen Fragestellungen.

Ziel der modernen empirischen Politikwissenschaft ist es, aus der Beschäftigung der Gesellschaft und ihrer Strukturen Kausalzusammenhänge zu identifizieren, die das politische Zusammenleben von Menschen erklären und beschreibbar machen. Dieser Zweig des Faches ist stark methodisch geprägt und arbeitet sowohl quantitativ als auch qualitativ. Eine abschließende Wertung der Untersuchungsergebnisse muss hierbei entfallen. Damit orientiert sich dieser prominente Zweig des Faches analytisch und methodisch an den Naturwissenschaften und wird im Allgemeinen nach wie vor wesentlich durch US-amerikanische Entwicklungen und Innovationen geprägt. Dies betrifft vor allem die analytische Stringenz (Einsatz mathematischer Modelle, die sogenannte Theorie der rationalen Entscheidung) sowie methodische Rigorosität (Einsatz statistischer Verfahren).

Etwas anders stellt sich das Fach im Bereich der modernen theoretischen bzw. normativen Politikwissenschaft dar, der größtenteils mit dem eher geisteswissenschaftlich orientierten Teilfach der Politischen Theorie und Ideengeschichte zusammenfällt: In Anknüpfung an die lange normative Tradition der Politischen Wissenschaft, werden hier gesellschaftliche Werthaltungen auf ihren normativen Gehalt hin analysiert und vor dem Hintergrund ideen- und philosophiegeschichtlicher Kontexte diskutiert und bewertet. Dabei bedient man sich beispielsweise der Methode der analytisch-hermeneutischen Textinterpretation oder anderer qualitativer Verfahren. Die Beschäftigung mit Werturteilen steht dementsprechend mitunter im Zentrum der Politischen Theorie als Teilfach der Politikwissenschaft. Im Besonderen gilt dies für die Politische Philosophie als betont normativer politischer Theorie.

Name

Der Streit um den Namen für diese Disziplin ist in Deutschland so alt wie die Disziplin selbst. Politikwissenschaftler erheben in diesem Zusammenhang den Anspruch auf Wertneutralität und auf eine strikte Unterscheidung von Politikwissenschaft und Politik. Ein Politiker macht Politik, ein Politikwissenschaftler setzt sich wissenschaftlich mit politischen Fragen auseinander.

Viele der heute zumeist abgelehnten Begriffe stellen den Versuch dar, die Bezeichnung political science, die im Englischen um 1880 begründet wurde und inzwischen längst etabliert ist, ins Deutsche zu übertragen. Die direkte Übersetzung Wissenschaft von der Politik wird zumeist wegen ihrer Umständlichkeit abgelehnt. Der Terminus Wissenschaftliche Politik erweckt häufig den Eindruck der Reduktion auf eine politisierte Wissenschaft oder reine Politikberatung, was mit leichten Einschränkungen auch für den durchaus angewandten Begriff der Politischen Wissenschaft gilt, sowie Politische Wissenschaften. Letzterer ist dem Umstand geschuldet, dass es sich bei dem Subjekt um ein breites Spektrum wissenschaftlicher Disziplinen handelt, die sich alle mit Politik befassen. Bei allen bisher genannten ist zu erwähnen, dass man gerade im Nachkriegsdeutschland durch die Erfahrungen in der Zeit des Nationalsozialismus lange Zeit Schwierigkeiten mit dieser Begriffsfindung hatte.

Eine Herleitung aus dem Altgriechischen (episteme politike) stellt der Begriff Politologie dar, in Anlehnung an die moderne Soziologie. Allerdings entstand dieser Terminus ohne Kenntnis des Griechischen; eigentlich müsste er Politikologie lauten. Der Begriff Politologie beinhaltet nicht nur den der „Staatswissenschaft“, sondern auch den der „Stadtwissenschaft“, letztere wird in Deutschland jedoch von der Verwaltungswissenschaft behandelt.

Durchgesetzt haben sich in Fachkreisen vor allem die Namen Politikwissenschaft und seltener auch Politische Wissenschaft.

Die deutsche Berufsbezeichnung ist vergleichsweise jung, da sich der Fachbereich hier erst nach dem Zweiten Weltkrieg etablieren konnte. Gleichwohl gab es schon vorher Versuche, eine solche Disziplin im Deutschen Reich zu etablieren: so wurde 1920 die Deutsche Hochschule für Politik in Berlin gegründet. An ihr lehrten hauptsächlich Wissenschaftler aus anderen Disziplinen, da es zum damaligen Zeitpunkt eine Politikwissenschaft in Deutschland noch nicht gab – anders als in den USA. Die Politikwissenschaft wurde in der Zwischenkriegszeit und zunächst auch nach dem Zweiten Weltkrieg als Integrationswissenschaft aufgefasst, die Methoden und Inhalte anderer Wissenschaften vereint. Die Nachfolgeinstitution der Deutschen Hochschule für Politik ist das Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin.

Integrationswissenschaft

Teilweise begreift sich die Politikwissenschaft als Integrationswissenschaft der Staatswissenschaften. Das Ziel war hier die Heranbildung von Generalisten, die in Organisationen und Verwaltung das nötige Sachverständnis hatten, um ihre Funktionen und Ämter führen zu können.

Dabei führt sie Ansätze fort, die schon seit der frühen Neuzeit von Juristen, Theologen und Philosophen sowie später von Historikern begründet worden sind.

Bereits im 18. Jahrhundert lehrte Joseph von Sonnenfels an der Universität Wien Politische Wissenschaften. Es etablierten sich im 19. Jahrhundert Fächer wie die Kameralwissenschaft und die Policeywissenschaft.

Eine eigene Disziplin entwickelte sich in Deutschland aber erst nach dem Zweiten Weltkrieg unter US-amerikanischem Einfluss. Anknüpfen ließ sich dabei an Aktivitäten der Deutschen Hochschule für Politik, die in der Frühphase der Weimarer Republik 1920 in Berlin gegründet worden war und bis zu ihrer Eingliederung in die Berliner Universität 1940 bestand. Politikwissenschaft wurde in der Weimarer Republik im Wesentlichen als Demokratiewissenschaft verstanden.

Nach dem Zweiten Weltkrieg stand ihr Selbstverständnis als Demokratiewissenschaft und damit als Wissenschaft von der Funktionsweise der Demokratie erneut im Zentrum. Mit ihrer Hilfe sollten insbesondere Mittler wie Lehrer und Journalisten befähigen werden, den demokratischen Gedanken zu vermitteln und demokratisches Denken in der Bevölkerung zu verankern. Daher beschäftigte sich die frühe nachkriegsdeutsche Politikwissenschaft hauptsächlich mit der Analyse, der Funktionsweise und dem formellen Interagieren von Institutionen wie etwa den Parteien, den Gewerkschaften, dem Parlament oder der Bundesregierung. Heute bezeichnet man diesen Gegenstandsbereich als Polity.

Mit dem politischen und wirtschaftlichen Erfolg der Bundesrepublik Deutschland rückte die Erforschung der eigentlichen politischen Prozesse in den Vordergrund: Man versuchte zu verstehen, was innerhalb der Institutionen selbst passiert und welche Funktionen sie jeweils im Gesamtsystem erfüllten, anstatt zu beschreiben, welche Aufgaben sie formal hatten. Dabei traten insbesondere die Verbände in den Mittelpunkt des Interesses, die – obwohl nicht gesetzlich verankert – gleichwohl einen wichtigen Anteil am politischen Prozess haben.

Man versuchte also, die tatsächlichen Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse (Politics) zu analysieren und zu verstehen.

Teildisziplinen

Ebenso wie ihr Forschungsfeld, die Politik, ist auch die Politikwissenschaft bestrebt, ihre Betrachtungen zu spezialisieren, etwa auf einzelne Politiksektoren wie z. B. die Gesundheitspolitik. Hierbei ist Fachkompetenz zur Analyse der tatsächlichen Probleme erforderlich. Diese neuere Teildisziplin der Politikwissenschaft, die sich mit Sachproblemen einzelner Politikbereiche auseinandersetzt, wird Policy-Forschung oder auch Politikfeldforschung genannt.

Diese spielt für die Politikberatung eine immer größer werdende Rolle, mit Hilfe derer sich Entscheidungsträger auf wissenschaftlich fundierte Beratung verlassen oder eine politische Entscheidung treffen und absichern wollen. Die Grenzen der Wissenschaftlichkeit solcher Beratungen sind jedoch oft unklar – vielfach sind es „Gefälligkeitsgutachten“, also interessengeleitete Gutachten, die zu einem vom Auftraggeber gewünschten Ergebnis kommen.

Die Paradigmen der Integrationswissenschaft und der Demokratiewissenschaft werden daher heute zunehmend durch die Teilung der Disziplin Politikwissenschaft in die Teildisziplinen Polity, Politics und Policy ersetzt.

Eine weitere auch für die Lehrstuhlbezeichnungen gebräuchliche Unterteilung der Politikwissenschaft in Teildisziplinen ist die Unterteilung in Politisches System (bezogen auf einzelne Staaten, beispielsweise Deutschland; früher: Regierungslehre), Politische Theorie und Ideengeschichte, Politikgeschichte, Internationale Politik oder Internationale Beziehungen, European Studies oder Europäische Politik, Vergleichende Politikwissenschaft oder Komparatistik (früher: Vergleichende Regierungslehre, auch Vergleichende Analyse politischer Systeme).

Zu den wichtigsten Gegenständen der Politikwissenschaft gehören die Strukturprobleme der Demokratie, politische Parteien und soziale Bewegungen, internationale Beziehungen, Konfliktforschung, Staatsinterventionen und Wirtschaft, politische Haltungen und Bewusstseinsformen, öffentliche Meinung, Massenmedien und Wahlverhalten.

Studium

Anders als oft vermutet ist die Politikwissenschaft keine Ausbildung zum Politiker, sondern eine zum Wissenschaftler. Politikwissenschaftler werden als Generalisten charakterisiert, die besonders Kommunikationsfähigkeit und Organisationstalent auszeichnet.[1] Dies führt dazu, dass jenseits der wissenschaftlichen Tätigkeit Politikwissenschaftler in vielen Berufsfeldern zu finden sind. Klassisch sind dabei die Bereiche Politische Bildung, Publizistik und Medien, die Arbeit in Parteien und Parlamenten, für Verbände, in der öffentlichen Verwaltung und in der Wirtschaft. Die individuellen Berufslaufbahnen orientieren sich dabei weniger an der Absolvierung des politikwissenschaftlichen Studiums, sondern mehr an Zusatzqualifikationen wie Sprachkenntnissen oder anschließenden weiteren Ausbildungen.[1]

Deutschland

An fast jeder größeren deutschen Universität kann man Politikwissenschaft studieren. Kleinere Universitäten bieten mitunter nur das Magisterstudium an, weil ihnen für einen Diplomstudiengang die personellen und fachlichen Ressourcen fehlen. Daneben lehnen Universitäten wie das Geschwister-Scholl-Institut der Ludwig-Maximilians-Universität München die Einrichtung eines Diplomstudiengangs ab, weil sich das Fach nach Meinung des Instituts nicht dafür eigne. Die Hochschule Bremen bietet als einzige Fachhochschule in Deutschland einen Bachelor im Bereich Politikwissenschaft/Politikmanagement (Internationaler Studiengang Politikmanagement (ISPM)) an.

In der Nachkriegszeit wurden in Deutschland zahlreiche Institute für Politikwissenschaft gegründet, so z. B. an den Universitäten Darmstadt, Köln, Mainz, Tübingen, Hamburg und Bonn. Auch einzelne Lehrstühle und Professuren können an manchen Universitäten existieren.

Ein Studium der Politikwissenschaft lässt sich in Deutschland mit verschiedenen Abschlüssen beenden. Sowohl das Diplom als auch ein Abschluss als Magister Artium sind noch begrenzt möglich. Die meisten Hochschulen bieten Bachelor- und Masterabschlüsse, passend zum Bologna-Prozess, an. Viele Bachelor- und Masterstudiengänge sind interdisziplinär ausgerichtet und die Politikwissenschaft spielt dabei die Rolle eines Haupt- oder Nebenfachs, ähnlich wie beim alten Magister. Das Staatsexamen für Lehramt befähigt zur Ausübung des Lehramtes (Lehrerberuf) – das korrespondierende Fach heißt von Bundesland zu Bundesland verschieden; beispielsweise Sozialkunde, Gemeinschaftskunde, Politik und Wirtschaft etc. Hier müssen dann noch zusätzlich soziologische und ökonomische Lehrveranstaltungen besucht werden, die jeweiligen Inhalte sind Bestandteil der Staatsexamensprüfung.

Das älteste Institut für Politikwissenschaft in Deutschland ist das Institut für Politikwissenschaft der Universität Tübingen, das 1952 mit dem Lehrstuhl Theodor Eschenburgs begründet wurde.

Im Land Berlin wird Politikwissenschaft (vor 2005 Politische Weltkunde) außerdem als Schwerpunktfach in der gymnasialen Oberstufe unterrichtet. Es soll die „politische Mündigkeit […] in einer globalisierten Welt“ fördern und verbindet „historische, fremdsprachliche, geografische, juristische, philosophische, soziologische und wirtschaftliche Aspekte der politologischen Grundkonflikte“.[2]

Österreich

Als intellektueller Vater der Politikwissenschaft in Österreich gilt der österreichisch-US-amerikanische Historiker Ernst Florian Winter.[3] 1938 musste er mit seinem Vater Ernst Karl Winter, dem damaligen Vizebürgermeister von Wien, aus politischen Gründen in die Vereinigten Staaten emigrieren. Doch als überzeugter Österreicher marschierte er 1945 mit der US-Armee als erster Austro-Amerikaner im österreichischen Innviertel ein. Auf Einladung der Minister Drimmel und Klaus kehrte er 1960 nach Studien an der University of Michigan und Columbia University und Gastprofessuren an der Fletcher School of Law and Diplomacy, Princeton University, Georgetown University und Indiana University erneut nach Österreich zurück um auch hier die Studienrichtung der Politikwissenschaften zu etablieren. 1964 wurde er vom damaligen Außenminister Bruno Kreisky zum Gründungsdirektor der Diplomatischen Akademie Wien nach dem Zweiten Weltkrieg bestellt, wo er noch heute regelmäßig unterrichtet. Ab 1967 war er im Institut für Höhere Studien in Wien tätig.

Ein Studium der Politikwissenschaft in Österreich wird mit der Verleihung des Diploms zum Magister (meistens Magister Philosophiae, abgekürzt Mag. Phil.) abgeschlossen. Danach ist die Promotion möglich. Neben dem wissenschaftlichen Abschluss eines Diplomstudiums ist auch ein Lehramtsabschluss möglich, bei dem Politikwissenschaft innerhalb des Lehrfachs Geschichte-Sozialkunde-Politische Bildung studiert wird. Politikwissenschaft wird in Österreich an den Universitäten Innsbruck, Salzburg und Wien angeboten. In Innsbruck wurde mit 1. Januar 2005 sogar eine eigene Fakultät für Politikwissenschaft und Soziologie eingerichtet. Dort gibt es seit dem Wintersemester 2007/08 auch die Bachelorstudien Politikwissenschaft und Soziologie. (Abschluss jeweils mit Bachelor of Arts). Im Wintersemester 2008/09 wurden die beiden Masterstudiengänge „Europäische Politik und Gesellschaft“ und „Soziale und Politische Theorie“ eingerichtet.

Schweiz

Auch in der Schweiz lässt sich Politikwissenschaft an fast allen großen Universitäten studieren, namentlich in Zürich, Bern, Genf, Lausanne, Luzern und St. Gallen. In Basel gibt es keinen politikwissenschaftlichen Studiengang, allerdings beinhaltet der interdisziplinäre MA-Studiengang European Studies ebenfalls eine politikwissenschaftliche Komponente.

St. Gallen bietet einen interdisziplinären Studiengang an, der Politikwissenschaft mit Volkswirtschaftslehre, öffentlicher Betriebswirtschaft und Recht kombiniert. In Genf kann zwischen einem interdisziplinären Lehrgang internationale Beziehungen, bestehend aus Politikwissenschaft, Recht, Geschichte und Volkswirtschaft und dem klassischen Lehrgang der Politikwissenschaft gewählt werden. Die Universität Zürich bietet seit 2006 gemeinsam mit der ETH Zürich neben dem klassischen Studium der Politikwissenschaft auch einen spezialisierten, stark wissenschaftlich orientierten Master-Studiengang an, den MACIS. In Bern kann die Politikwissenschaft mit der Soziologie und Kommunikations- und Medienwissenschaften studiert werden. Der neu entstandene Studiengang heißt „Sozialwissenschaften“.

Besondere Studienformen

An der Universität zu Köln kann Politikwissenschaft als Fachrichtung im Rahmen der regionalwissenschaftlichen Studiengänge mit Diplom-Abschluss (z.B. Regionalwissenschaften China) gewählt werden. Die Universität Erfurt und die Universität Passau bieten unter dem Namen Staatswissenschaften einen Studiengang, in dem Politikwissenschaft interdisziplinär mit Bezügen zu Nachbardisziplinen wie Rechtswissenschaft und Wirtschaftswissenschaften studiert werden kann.

Es ist auch möglich, an der Helmut-Schmidt-Universität / Universität der Bundeswehr Hamburg im Diplomstudiengang Politikwissenschaft zu studieren. Voraussetzung hierfür ist eine Verpflichtung in der Offizierslaufbahn zum Soldaten auf Zeit für mindestens 13 Jahre. Unter bestimmten Umständen ist auch das Studium als Zivilist ohne eine Verpflichtung bei der Bundeswehr möglich. Eine Besonderheit ist die Organisation des Studienablaufs in Trimestern statt in Semestern. Man studiert somit im Jahr drei Trimester anstatt zweier Semester. Der Arbeits- und Lernaufwand für ein Trimester entspricht dabei dem eines Semesters. Dadurch sind weniger Studienjahre bis zum Abschluss erforderlich und der Diplomstudiengang kann schon nach 3 Jahren abgeschlossen werden.

Die FernUniversität in Hagen bietet ein Fernstudium der Politikwissenschaft an, das den Bachelorstudiengang Politik- und Verwaltungswissenschaft (bis 2008: Politik- und Organisation) und den Masterstudiengang Governance umfasst.

An der Universität Erlangen-Nürnberg kann Politikwissenschaft im Master-Studiengang mit dem Schwerpunkten „Menschenrechte und Menschenrechtspolitik“ oder "Außereuropäische Regionen" studiert sowie als Schwerpunkt im regionalwissenschaftlichen Master-Studiengang Nahoststudien gewählt werden.

Berufssituation in Deutschland

An den Universitäten, Hochschulen und später Fachhochschulen entstand nach dem Zweiten Weltkrieg ein großer Bedarf an Lehrpersonal, weswegen die Politikwissenschaft eine attraktive Karrierechance für viele politikwissenschaftlich interessierte Wissenschaftler aus den Nachbardisziplinen darstellte.

Heute wird eine wissenschaftliche Karriere an der Universität oder bei Forschungseinrichtungen jedoch nur etwa von jedem fünften Politikwissenschaftler eingeschlagen.[4][5] Die erfolgreiche Einbindung in den wissenschaftlichen Arbeitsmarkt ist dabei von unterschiedlichen Faktoren wie dem Alter zum Zeitpunkt der Promotion, dem Engagement des Betreuers, der breiten fachlichen und thematischen Ausrichtung der Ausbildung und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen wie beispielsweise einem Generationenwechsel auf der Ebene der Professuren oder gesellschaftlichen Diskursen über die Bedeutung der Politikwissenschaft und der damit einhergehenden staatlichen Förderung der politikwissenschaftlichen Lehre und Forschung abhängig. In diesem Sinne unterliegt auch der politikwissenschaftliche Arbeitsmarkt gewissen Konjunkturen und weist somit momentan einen hohen Konkurrenzdruck auf. Frauen sind von diesen Aspekten auf eine sehr spezifische Art und Weise betroffen.[6][7] Die Zahl der bei Parteien, Parlamenten oder Verbänden tatsächlich im politischen Sektor beschäftigten Politikwissenschaftlern liegt mit 15 % nur unwesentlich unter der Zahl für die Wissenschaft.

Die größte Gruppe der Politikwissenschaftler arbeitet tatsächlich im Bereich der Medien,[4][1] sei es direkt als Journalist oder mittelbar im Bereich der Public Relations. Rund ein Fünftel ist in der freien Wirtschaft tätig, lediglich ein Zehntel in der öffentlichen Verwaltung. In diesem Bereich sehen sich Politikwissenschaftler in Deutschland ebenso wie Vertreter anderer staatswissenschaftlicher Disziplinen wie Verwaltungswissenschaftlern, Soziologen und Volkswirten durch das „Juristenmonopol“ im höheren Dienst der öffentlichen Verwaltung in ihren Karrierechancen beschränkt.

Im Jahr 2002 waren in ganz Deutschland 1.708 Politikwissenschaftler arbeitslos gemeldet.[1]

Fachverbände und -gesellschaften

Mehrere Fachverbände und wissenschaftliche Gesellschaften widmen sich der Förderung des Faches und der Vertretung seiner Anliegen in der Öffentlichkeit oder der Intensivierung der interuniversitären Zusammenarbeit:

Ferner existiert mit der International Political Science Association (IPSA) [1] auch ein internationaler Fachverband für Politikwissenschaftler.

Fachzeitschriften

Mehrere wissenschaftliche Zeitschriften befördern die fachlichen Diskurse und versammeln Beiträge aus den einzelnen Teilbereichen der Politikwissenschaft:

Siehe auch

Portal: Politikwissenschaft – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Politikwissenschaft
Portal: Politik – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Politik

Literatur

Geschichte

Einführungen

  • Claus Leggewie (Hrsg.): Wozu Politikwissenschaft? Über das Neue in der Politik. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1994, ISBN 3-534-12075-2.
  • Dirk Berg-Schlosser, Theo Stammen: Einführung in die Politikwissenschaft. 7. Auflage. Beck, München 2003, ISBN 3-406-50495-7.
  • Hiltrud Naßmacher: Politikwissenschaft. Lehrbuch. 5. Auflage. Oldenbourg, München 2004, ISBN 3-486-22393-3.
  • Anton Pelinka/Johannes Varwick: Grundzüge der Politikwissenschaft. UTB, Stuttgart 3. Auflage 2010, ISBN 3-8252-2613-1.
  • Christiane Frantz, Klaus Schubert: Einführung in die Politikwissenschaft. Lit, Münster 2005, ISBN 3-8258-7257-2.
  • Michael Thöndl: Einführung in die Politikwissenschaft. Von der antiken Polis bis zum internationalen Terrorismus. Idee-Akteure-Themen. Bohlau, Wien, Köln, Weimar 2005, ISBN 3-205-77245-8.
  • Jürgen Bellers, Rüdiger Kipke: Einführung in die Politikwissenschaft. 4. Auflage. Oldenbourg, München 2006, ISBN 3-486-57735-2.
  • Sanford F. Schram et al. (Hrsg.): Making Political Science Matter. Debating Knowledge, Research and Method. New York University Press, New York, London 2006. Goggle Books
  • Eckhard Jesse, Florian Hartleb: Politikwissenschaft. Eine Einführung. VS, Wiesbaden 2007, ISBN 3-531-14953-9.
  • Werner J. Patzelt: Einführung in die Politikwissenschaft. Grundriss des Faches und studiumbegleitende Orientierung. 6. Auflage. Rothe, Passau 2007, ISBN 3-927575-95-X.
  • Michael Roskin, Robert L. Cord, James A. Medeiros, Walter S. Jones: Political Science. An Introduction. Prentice Hall, New York 2007, ISBN 0-13-242576-9.
  • Manfred Mols, Hans-Joachim Lauth, Christian Wagner (Hrsg.): Politikwissenschaft. Eine Einführung. 6. Auflage. UTB, Stuttgart 2009, ISBN 3-8252-1789-2.

Nachschlagewerke, Hilfsmittel

Politische Philosophie, Ideengeschichte, Theorie

  • Hans Maier, Horst Denzer (Hrsg.): Klassiker des politischen Denkens. 2 Bände. 8. Auflage. Beck, München 2004, ISBN 3-406-42161-X.
  • Haus Joachim Lieber (Hrsg.): Politische Theorien von der Antike bis zur Gegenwart. Sonderdruck der Bundeszentrale für Politische Bildung, Band 299. Bonn 1993.
  • Hauke Brunkhorst: Einführung in die Geschichte politischer Ideen. München 2000, ISBN 3-8252-2161-X.
  • Henning Ottmann: Geschichte des politischen Denkens. Von den Griechen bis zur Neuzeit. 7 Bände. Stuttgart 2001-2008.
  • Wilhelm Bleek, Hans J. Lietzmann (Hrsg.): Klassiker der Politikwissenschaft. Von Aristoteles bis David Easton. Beck, München 2005, ISBN 3-406-52794-9.
  • Walter Reese-Schäfer: Klassiker der politischen Ideengeschichte. Von Platon bis Marx. Oldenbourg, München und Wien 2007, ISBN 3-486-58282-8.
  • Manfred Brocker (Hrsg.): Geschichte des politischen Denkens. Ein Handbuch mit 53 Werken politischer Denker. Frankfurt 2007, ISBN 3-518-29418-0.
  • Anton Pelinka, David Wineroither (Hrsg.): Politische Ideen und Gesellschaftstheorien im 20. Jahrhundert. Wien 2007, ISBN 3-7003-1627-5.
  • Marcus Llanque: Politische Ideengeschichte. Ein Gewebe politischer Diskurse. Oldenbourg, München und Wien 2008, ISBN 3-486-58471-5.
  • Klaus von Beyme: Die politischen Theorien der Gegenwart. Eine Einführung. München 1980, ISBN 3-492-00511-X.
  • Klaus von Beyme: Politische Theorien im Zeitalter der Ideologien (1789–1945). Westdeutscher Verlag, Wiesbaden 2002, ISBN 3-531-13875-8.
  • Klaus von Beyme: Theorie der Politik im 20. Jahrhundert. Von der Moderne zur Postmoderne. Erweiterte Ausgabe. Suhrkamp, Frankfurt 2007, ISBN 978-3-518-28569-5.
  • Tobias Bevc: Politische Theorie. Einführung. Lizenzausgabe der Bundeszentrale für Politische Bildung, Band 668. Bonn 2007, ISBN 978-3-89331-829-2.
  • Will Kymlicka: Politische Philosophie heute. Eine Einführung Campus, Frankfurt am Main, New York 1997, ISBN 3-593-35891-3
  • Bernd Ladwig: Moderne politische Theorie. Fünfzehn Vorlesungen zur Einführung. Wochenschau-Verlag, Schwalbach i.T. 2009, ISBN 3-89974-454-3

Demokratietheorien

  • Peter Massing, Gotthard Breit (Hrsg.): Demokratie-Theorien. Einführende Überblicksdarstellung: Von der Antike bis zur Gegenwart. Schwalbach/Ts. 2002, Lizenzausgabe der Bundeszentrale für Politische Bildung, Band 424, ISBN 3-89331-518-7.
  • Manfred G. Schmidt: Demokratietheorien. Eine Einführung. 3. Auflage. Opladen, Wiesbaden 2000/2006, ISBN 3-8100-2635-2.
  • Giovanne Sartori: Demokratietheorie. Hrsg. Rudolf Wildenmann. 3. Auflage. Darmstadt 2006, ISBN 3-534-19609-0.
  • Arno Waschkuhn: Demokratietheorien. Politiktheoretische und ideengeschichtliche Grundzüge. Lehr- und Handbuch. München 1998, ISBN 3-486-23557-5.
  • Richard Saage: Demokratietheorien. Historischer Prozess – Theoretische Entwicklung – Soziotechnische Bedingungen. Eine Einführung. Wiesbaden 2005, ISBN 3-531-14722-6.

Vergleichende Politikwissenschaft, Deutsche Politik, Verwaltungswissenschaft

  • Franz Lehner, Ulrich Widmaier: Vergleichende Regierungslehre. Wiesbaden 2005, ISBN 3-8100-3199-2.
  • Michael Greven: Politisches Denken in Deutschland nach 1945. Erfahrung und Umgang mit der Kontingenz in der unmittelbaren Nachkriegszeit. Opladen 2007, ISBN 3-86649-079-8.
  • Arno Kahl, Karl Weber: Allgemeines Verwaltungsrecht. 2. Auflage. Wien 2008, ISBN 978-3-7089-0296-8.
  • Wolfgang H. Lorig: Moderne Verwaltung in der Bürgergesellschaft. Entwicklungslinien der Verwaltungsmodernisierung in Deutschland. Baden-Baden 2008, ISBN 978-3-8329-3278-7.
  • Arthur Benz: Der moderne Staat. Grundlagen der politologischen Analyse. 2. Auflage. München 2008, ISBN 978-3-486-58749-4.

Internationale Politik, Entwicklungspolitik, Friedensforschung

Berufsfelder

Commons: Politikwissenschaft – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d Arbeitsmarkt: Politologen. Flexibilität zählt, in: UNI Magazin. Perspektiven für Beruf und Arbeitsmarkt 3/2003, S. 48-52. Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag. Der Name „UNI Magazin 2003“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert.
  2. Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport Berlin: Politikwissenschaft. Rahmenlehrplan für die gymnasiale Oberstufe. (PDF)
  3. Laudatio auf Ernst Florian Winter, Michel Cullin, 3. Mai 2008
  4. a b Bernd Butz u.a. (1997): Absolventenbefragung der Hamburger Universität.
  5. Volker Jahr, David Frechenhäuser, Thorsten Büchner, Thomas Galgon (2003): Marburger PolitologInnen auf dem Arbeitsmarkt revisited: Die Jahrgänge 1993-2000, in: Politik und Wissenschaft – 50 Jahre Politikwissenschaft in Marburg. Bd. 2: Perspektiven. Hrsg. W. Hecker, J. Klein, H. K. Rupp. Münster: Lit-Verlag, S. 401-443. ISBN 3-8258-5441-8, und siehe online
  6. Barbara Strobel, 2009, Was sie wurden, wohin sie gingen. Ergebnisse einer Verbleibstudie über PromovendInnen und HabilitandInnen des Fachbereichs Politik- und Sozialwissenschaften der Freien Universität Berlin, in: gender politik online abgefragt am 26. August 2009
  7. Helga Ostendorf, 2009, Politikwissenschaftlerinnen - Auf Dauer in der Minderheit?, in: gender politik online abgefragt am 27. August 2009.
  8. Zeitschrift für Politikwissenschaft