Tōhoku-Erdbeben 2011
Sendai-Erdbeben 2011 | ||
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Datum | 11. März 2011 | |
Uhrzeit | 05:46:23 UTC (14:46:23 Ortszeit) | |
Intensität | VII auf der MM-Skala | |
Magnitude | 8,9 MW | |
Tiefe | 25 km | |
Epizentrum | 38° 19′ 19″ N, 142° 22′ 8″ O (130 km von Sendai)
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Land | Japan | |
Tsunami | ja | |
Tote | über Tausend Tote und Vermisste | |
Das Sendai-Erdbeben von 2011 war ein schweres Erdbeben vor der Küste der japanischen Region Tōhoku. Es ereignete sich am 11. März um 14:46 Uhr Ortszeit (5:46 Uhr UTC bzw. 6:46 Uhr MEZ) mit Epizentrum etwa 370 km nordöstlich von Tokio und 130 km östlich von Sendai. Es gilt als stärkstes Beben in Japan seit Beginn der Erdbebenaufzeichnungen in der Region.
Die Stärke des Erdbebens wurde von der automatischen Auswertung United States Geological Survey mit der Momenten-Magnitude 8,9 Mw angegeben. Das Hypozentrum des Erdbebens lag nach diesen Angaben in etwa 25 km Tiefe.[1] Nach Angaben der Japan Meteorological Agency hatte das Beben eine Stärke von 8.8; das Hypozentrum lag in einer Tiefe von 24 km.[2][3] Nach Angaben des Pacific Tsunami Warning Centers (PTWC) hatte das Beben eine Stärke von 9,1.[4]
Das Erdbeben löste einen mehrere Meter hohen Tsunami aus. Der japanische Name des Erdbebens ist Tōhoku-chihō Taiheiyō-oki Jishin (jap. 東北地方太平洋沖地震, dt. etwa „pazifisches Küstenerdbeben [vor der] Region Tōhoku“).
Das Beben erreichte in Kurihara im Norden der Präfektur Miyagi die maximale Intensität von 7 auf der JMA-Skala.[5][6]
Tektonischer Überblick

Das Erdbeben in der Nähe der Ostküste von Honshū ereignete sich als Ergebnis einer Überschiebung an der komplizierten Plattengrenze zwischen der Pazifischen Platte und der Nordamerikanischen Platte. In diesem Bereich bewegt sich die Pazifische Platte mit einer Geschwindigkeit von 83 mm pro Jahr in Bezug auf die Nordamerikanische Platte westwärts. Am Japangraben schiebt sich die Pazifische Platte unter den südlichsten Ausläufer der Nordamerikanischen Platte und subduziert zusammen mit ihr weiter nach Westen unter die Eurasische Platte. Manche Seismologen unterteilen diese Region in mehrere Mikroplatten, die in der Kombination zu den Bewegungen zwischen der Pazifischen, Nordamerikanischen und Eurasischen Platte führen; darunter sind die Ochotskische Mikroplatte und die Amur-Mikroplatte im jeweiligen Teil Nordamerikas und Eurasiens.
Dem Erdbeben ging eine Reihe großer Vorbeben voraus, die am 9. März mit einem Erdbeben der Magnitude 7,2 Mw begann – das Epizentrum lag etwa 40 km entfernt vom Epizentrum des Sendai-Erdbebens –, gefolgt von drei weiteren Erdbeben mit einer Magnitude größer als 6,0 Mw am selben Tag.
Seit 1973 ereigneten sich am Japangraben neun Erdbebenereignisse mit einer Magnitude größer als 7. Das stärkste davon war im Dezember 1994 ein Erdbeben der Stärke 7,8 mit Epizentrum etwa 230 km nördlich des Sendai-Erdbebens; seine Auswirkungen töteten drei Personen und verletzten fast 700 weitere. Ein Erdbeben mit einer Magnitude von 7,7 mit Epizentrum 75 km weiter westlich führte zum Tod von 22 Personen und mehr als 400 Verletzten. Im Dezember 2008 ereigneten sich vier mäßige Erdbeben (Magnitude 5,3–5,8) in einem Umkreis von 20 km zum Zentrum des Sendai-Erdbebens.[7]
Beben
Das Erdbeben erschütterte die Region weiträumig. Ein Nachbeben mit einer Magnitude von 7,2 Mw ereignete sich um 14:53 Uhr lokaler Zeit. Es folgten weitere Nachbeben mit Magnituden über 6 Mw.
Seismische Intensität
Präfektur | Max. Intensität |
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Miyagi | 7 |
Fukushima | 6+ |
Ibaraki | 6+ |
Tochigi | 6+ |
Iwate | 6− |
Gunma | 6− |
Saitama | 6− |
Chiba | 6− |
Aomori | 5+ |
Akita | 5+ |
Yamagata | 5+ |
Tokio (auch auf Niijima) |
5+ |
Kanagawa | 5+ |
Yamanashi | 5+ |
Niigata | 5− |
Nagano | 5− |
Shizuoka | 5− |
Das Gebiet, in dem das Erdbeben spürbar war, also mit shindo, seismischer Intensität auf der JMA-Skala, von 1 oder höher, umfasste alle vier Hauptinseln Japans.[5] Das Erdbeben hatte bis in den Nordosten des Großraums Tokio die schwersten Auswirkungen mit shindo von 6-jaku („schwache 6“) oder höher:[6]
- 7
- Präfektur Miyagi – Kurihara.
- 6-kyō („starke 6“; 6+):
- Präfektur Miyagi – Wakuya, Tome, Ōsaki, Natori, Zaō, Yamamoto, Sendai: Bezirk Miyagino, Shiogama, Higashi-Matsushima, Ōhira
- Präfektur Fukushima – Shirakawa, Sukagawa, Nihonmatsu, Kagamiishi, Naraha, Tomioka, Ōkuma, Futaba, Namie, Shinchi,
- Präfektur Ibaraki – Hitachi, Chikusei, Hokota
- Präfektur Tochigi – Ōtawara, Utsunomiya, Mooka, Takanezawa
- 6-jaku („schwache 6“; 6−):
- Präfektur Iwate – Ōfunato, Kamaishi, Takizawa, Yahaba, Hanamaki, Ichinoseki, Ōshū
- Präfektur Miyagi – Kesennuma, Minami-Sanriku, Shiroishi, Kakuda, Iwanuma, Ōgawara, Kawasaki, Watari, Sendai: Stadtbezrike Aoba, Wakabayashi, Izumi, Ishinomaki, Matsushima, Rifu, Taiwa, Tomiya
- Präfektur Fukushima – Kōriyama, Kōri, Kunimi, Kawamata, Nishigō, Nakajima, Yabuki, Tanagura, Tamakawa, Asakawa, Ono, Tamura, Date, Iwaki, Sōma, Hirono, Kawauchi, Iitate, Minamisōma, Inawashiro
- Präfektur Ibaraki – Mito, Hitachi-Ōta, Takahagi, Kita-Ibaraki, Hitachinaka, Ibaraki, Tōkai, Hitachi-Ōmiya, Omitama, Tsuchiura, Ishioka, Toride, Tsukuba, Kashima, Itako, Bandō, Inashiki, Kasumigaura, Namegata, Sakuragawa, Tsukubamirai
- Präfektur Tochigi – Nasu, Nasushiobara, Haga, Nasukarasuyama, Nakagawa
- Präfektur Gunma – Kiryū
- Präfektur Saitama – Miyashiro
- Präfektur Chiba – Narita, Inzai
Auswirkungen
Folgen
In der Stadt Ichihara (Präfektur Chiba) geriet eine Erdölraffinerie der Cosmo Oil Company in Brand.[8] Fahrende Shinkansen-Züge wurden angehalten, es kam jedoch zu keinen Entgleisungen.[9] Der Flughafen Tokio-Narita wurde zeitweise geschlossen.[10] Mehrere Teilstücke der Tōhoku-Autobahn sind nicht mehr befahrbar.[11] In Tokio wurde die Antennen-Spitze des Tokyo Tower sichtbar verbogen.[12] [13]
-
Die Cosmo Oil Raffinerie in Ichihara geriet nach einer Explosion in Brand.
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Fahrgäste beim Verlassen eines gestoppten JR-Zuges der Yamanote-Linie.
-
In Tokio löste das Erdbeben mehrere Brände aus.
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Die verbogene Antennen-Spitze des Tokyo Towers in Tokio.
Schäden an Kernkraftwerken
Als Folge des Erdbebens wurde der Betrieb in mehreren japanischen Kernkraftwerken beeinträchtigt. Nach Angaben der IAEA und des Japan Atomic Industrial Forum (JAIF) wurden elf Reaktorblöcke in vier Atomkraftwerken abgeschaltet.[14][15] Betroffen waren die Anlagen Fukushima I, Fukushima II, Tokai und Onagawa.
Dabei kam es im Kernkraftwerk Fukushima I zum Ausfall des Kühlsystems in den Reaktorblöcken 1 und 2 infolge des Ausfalls der Notstromversorgung.[16] Im Reaktorblock 1 kam es zu einem Druckanstieg auf das eineinhalbfache des Auslegungsdrucks; es ist beabsichtigt, Dampf zur Druckreduzierung abzulassen. In der Umgebung wurden erhöhte Cäsium-Werte gemessen, was auf eine Beschädigung der Brennelemente schließen lässt. Am 12. März kam es um 4 Uhr zu einer Explosion, durch die auch Menschen verletzt wurden.[17] Dach und Mauern eines Reaktorgebäudes wurden zerstört, und in der Nuklearanlage wurde eine 20fach erhöhte Radioaktivität gemessen.[18][19]
Reaktorblock 1 und 2 weisen einen Verlust von Kühlwasser auf; Kühlflüssigkeit wird von außen eingespritzt. Reaktorblock 3 bekommt ebenfalls Kühlflüssigkeit von außen zugeführt. Die Reaktorblöcke 4 bis 6 waren schon vor dem Erdbeben inspektionsbedingt abgeschaltet gewesen.[20] Aus diesem Grund wurden vorsorglich 45.000 Anwohner im Umkreis von zehn Kilometern evakuiert.
Ebenso mussten Anwohner in einem Umkreis von drei Kilometern um das Kraftwerk Fukushima II ihre Häuser verlassen.[21][16][22]
Im Kernkraftwerk Onagawa brach ein Brand im vom Reaktor getrennten Turbinengebäude aus.[23]
Die japanische Regierung rief vorsorglich den atomaren Notstand aus.[24][25]
Tsunami
Das Erdbeben löste einen Tsunami aus.
Besonders betroffen waren die gesamte Nordostküste der Insel Honshū mit den Städten Sendai, Kamaishi und Fukushima.[26] Der Flughafen Sendai wurde komplett überflutet. In Hachinohe wurden große Schiffe an Land gespült. Die Flutwelle schwemmte Autos und Häuser davon. Ein Passagierschiff wurde vom Tsunami erfasst.
Das Pacific Tsunami Warning Center gab Warnungen vor dem Eintreffen eines Tsunamis für den gesamten Pazifischen Ozean aus; diese Warnungen umfassten Japan, Russland, die Marcusinsel, die Nördlichen Marianen, Guam, Wake, Taiwan, die Yap-Inseln, die Philippinen, die Marshallinseln, Palau, die Midway-Inseln, Pohnpei, Chuuk, Kosrae, Indonesien, Papua-Neuguinea, Nauru, das Johnston-Atoll, die Salomonen, Kiribati, die Howlandinsel, die Bakerinsel, Hawaii, Tuvalu, Palmyra, Vanuatu, Tokelau, Jarvis Island, Wallis und Futuna, Samoa, Amerikanisch-Samoa, Tonga, die Cookinseln, Niue, Australien, Fidschi, Neukaledonien, Tonga, Mexiko, die Kermadecinseln, Französisch-Polynesien, Neuseeland, Pitcairn, Guatemala, El Salvador, Costa Rica, Nicaragua, die Antarktis, Panama, Honduras, Chile, Ecuador, Kolumbien, Peru[27] sowie Alaska, die Westküste Kanadas und die Westküste der Vereinigten Staaten.
Die Japan Meteorological Agency warnte vor einem bis zu zehn Meter hohem Tsunami.[28]
Das Rote Kreuz warnte davor, dass die Tsunamiamplitude größer sei als die maximale Höhe vieler Inseln im Pazifischen Ozean.
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Internationale Hilfe
Weltweit haben Nationen Japan Hilfe angeboten, darunter die USA, Frankreich, Großbritannien, Russland, Südkorea und China. Japan bat die Europäische Union offiziell um Katastrophenhilfe.[29] Zur Koordination der Hilfsmaßnahmen wurde über das Beobachtungs- und Informationszentrum der Europäischen Union der EU-Zivilschutz-Mechanismus aktiviert.[29]
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach den Angehörigen ihr Beileid aus und sicherte dem Staat Hilfe zu. Auch die britische Königin Elisabeth II. hat in einem Brief an den japanischen Kaiser Akihito dem japanischen Volk ihr Mitgefühl ausgedrückt.[29] Das Staatsoberhaupt (Bundesrat) der Schweizerischen Eidgenossenschaft bekundete Japans Regierung und der japanischen Bevölkerung ebenfalls sein Beileid und seine tiefe Betroffenheit. Die Bundespräsidentin und Außenministerin Micheline Calmy-Rey hat Japan ein Hilfsangebot unterbreitet.[30] Ebenso der chinesische Premierminister Wen Jiabao, der die Entsendung eines Rettungsteams vorbereitet.[31]
Siehe auch
Weblinks
- Stream der Live-Berichterstattung des Fernsehsenders Tokyo Broadcasting System (TBS)
- Pacific Tsunami Warning Center
- United States Geological Survey
Einzelnachweise
- ↑ Magnitude 8.9 – NEAR THE EAST COAST OF HONSHU, JAPAN. United States Geological Survey, 11. März 2011, abgerufen am 11. März 2011 (englisch).
- ↑ Informationen zum Erdbeben. Japan Meteorological Agency, 11. März 2011, abgerufen am 11. März 2011 (japanisch).
- ↑ Massive quake hits northeastern Japan. NHK World, 11. März 2011, abgerufen am 11. März 2011 (englisch).
- ↑ Star Advertiser, 11. März 2011
- ↑ a b NHK News: Intensitätsverteilung
- ↑ a b c Kishō-chō (engl. JMA): Erdbebenbericht: Hypozentrum und Intensitäten (japanisch, englisch)
- ↑ USGS: Magnitude 8.9 – Near The East Coast Of Honshu, Japan (engl.)
- ↑ Japan earthquake causes oil refinery inferno. Daily Telegraph, London, 11. März 2011
- ↑ Schweres Erdbeben: Verheerende Tsunami-Welle trifft Japans Küste. Spiegel.de, abgerufen am 11. März 2011.
- ↑ Japan: Gefahr durch Nachbeben und weitere Flutwellen. tagesschau.de, abgerufen am 11. März 2011.
- ↑ Japan earthquake and tsunami: Fears of massive death toll | Mail Online
- ↑ Tokio-Tower verbogen
- ↑ Bild des verbogenen Tokyo Towers
- ↑ E-Bulletin - Nuklearforum Schweiz
- ↑ (eng.)
- ↑ a b (eng.)
- ↑ Durch Explosion im Kernkraftwerk Fukushima I wurden auch Menschen verletzt. NHK World, 12. März 2011, abgerufen am 12. März 2011 (japanisch).
- ↑ Japan erlebt eine nukleare Katastrophe, Artikel sowie Fotos 1 und 2, Spiegel-Online, 12. März 2011
- ↑ taz vom 12. März 2011
- ↑ Pressemeldung der Tokyo Electric Power Company vom 12. März 2011, 1 Uhr Ortszeit.
- ↑ Evakuierung um Fukushima 2 angeordnet, Artikel von n-tv, abgerufen am 12. März 2011
- ↑ (jap.)
- ↑ spiegel.de 11. März 2011: Druck steigt in beschädigtem Kernkraftwerk
- ↑ Japan initiates emergency protocol after earthquake. Nuclear Engineering International, 11. März 2011
- ↑ Atomarer Notstand in Japan, zeit.de vom 11. März 2011
- ↑ Tsunami-Katastrophe in Japan: Regierung erklärt Notstand in Atomanlage. Spiegel.de, abgerufen am 11. März 2011.
- ↑ TSUNAMI BULLETIN NUMBER 004. Pacific Tsunami Warning Center, 11. März 2011, abgerufen am 11. März 2011 (englisch).
- ↑ Japan hit by massive earthquake, BBC News, 11. März 2011 (englisch).
- ↑ a b c spiegel.de: +++ Japan-Liveticker +++: Behörden befürchten mehr als tausend Todesopfer – SPIEGEL ONLINE – Nachrichten – Panorama, Zugriff am 11. März 2011
- ↑ Schweiz ist bereit, Hilfe nach Japan zu senden, admin.ch, Die Bundesbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft, 11. März 2011
- ↑ Premier Wen says China willing to help quake-hit Japan, as rescuers are prepared to depart