Benutzer:Gloser/pr.
Walter Stengel (* 24. August 1882 in Marburg an der Lahn; † 11. August 1960 in Berlin) war ein deutscher Kulturhistoriker und Museologe. Von 1925 bis 1952 war er Direktor des Märkischen Museums in Berlin.
Leben
Walter Stengel entstammte einer Gelehrtenfamilie. Sein Großvater Hermann und sein Vater Edmund waren Universitätsprofessoren an der Universität Marburg. Der Vater, später in Greifswald Professor, vertrat als Abgeordneter des Wahlkreises Rügen die Freisinnige Volkspartei im Deutschen Reichstag und war Redakteur der Zeitschrift des Vereins zur Abwehr des Antisemitismus.
Nach dem Abitur in Greifswald studierte Walter Stengel Kunstgeschichte in München und Berlin, wo eine lebenslange Freundschaft mit Max Sauerlandt begann. Sein Studium schloss er 1903 mit einer Promotion bei Heinrich Wölfflin in Berlin ab. Bis 1906 folgte ein Volontariat an der Nationalgalerie unter Hugo von Tschudi. Durch seine Mitwirkung bei der Vorbereitung der Jahrhundertausstellung deutscher Kunst der Nationalgalerie und erste Veröffentlichungen in der Zeitschrift Kunst und Künstler wurde Stengel im Kreis um die Gebrüder Bruno und Paul Cassirer und Max Liebermann zum Teilnehmer der Auseinandersetzung um die Moderne Kunst im spätwilhelminischen Berlin. Ein nur wenige Monate dauerndes Volontariat am Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe, vermittelt von Max Sauerlandt, hatte inzwischen Stengel im Jahre 1905 mit dem Thema der Kulturgeschichte bekannt gemacht, dem er sein weiteres Leben widmen sollte. Dessen Direktor Justus Brinckmann war der Begründer dieses Wissenschaftszweiges, der Fragen nach der Entstehung und der geistesgeschichtlichen Bedeutung kunstgewerblicher Produktion vor dem Hintergrund des Wandels von Geschmack und Lebensstil stellte.
Kustos am Germanischen Nationalmuseum
Zunächst am Historischen Museum Dresden beschäftigt, wurde Stengel im Sommer 1907 erst Assistent, dann Kustos am Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg. Im Jahre 1910 übernahm er die Leitung des Kupferstichkabinettes. Es folgten jahrelange Auseinandersetzungen mit der Museumsleitung und der Stadt Nürnberg um Erwerb und Präsentation von Exponaten der durch die Jahrhundertausstellung wieder entdeckten Romantik und des zeitgenössischen Kunstschaffens. Unterstützt von Alfred Lichtwark, Karl Scheffler und der mit dem Erlanger Philosophen Helmuth Plessner gegründeten Kunsthistorischen Gesellschaft trug Stengel die Kontroverse in die deutsche Öffentlickeit. Probleme der Neugliederung der Sammlungen infolge des Neubaus von German Bestelmeyer steigerten sich zu einem Zerwürfnis, das im Oktober 1919 zur Entlassung Stengels aus dem Nationalmuseum führte. Neben seiner Publikationstätigkeit für den Deutschen Museumsbund und die museologische Zeitschrift Museumskunde bewirtschaftete Stengel aus Existenzgründen in den folgenden Jahren einen Bauernhof bei Deggendorf. Erst Ende 1925 gelang ihm der Wiedereinstieg in den Beruf. Auf eine Empfehlung Max Liebermanns berief die Stadt Berlin Stengel zum Nachfolger des ausscheidenden Direktors des Märkischen Museums, Otto Pniower (1859–1932).
Direktor des Märkischen Museums in Berlin
Im Berlin der Weimarer Republik
Das 1874 gegründete „Märkische Provinzial-Museum“ war von Stadtrat Friedel als Heimatmuseum für die Provinz Brandenburg konzipiert worden. Seine Sammlungen galten neben der Geschichte Berlins auch der Ur- und Frühgeschichte und der Naturkunde der gesamten Provinz. Sie enthielten daher neben Antiquitäten auch Exponate geologischer und zoologischer Art mit Tierpräparaten und Fossilien. Das Museum hatte erst nach zehnjähriger Bauzeit im Jahre 1908 ein eigenes Haus erhalten. Der von Ludwig Hoffmann errichtete ausschließlich tagesbelichtete Bau ließ wegen des stilepochenbezogenen Raumkonzeptes kaum eine Veränderung des Ausstellungsprogramms und damit keine Modernisierung zu. Unter der Leitung Pniowers, der Germanist und eigentlich Goetheforscher war, hatte das Museum inzwischen einen etwas familiären Charakter angenommen[1] und galt alsRumpelkammer[2].
Innerhalb weniger Jahre machte Stengel das Museum zu einem angesehenen Bestandteil der lebendigen Berliner Kulturszene. Auftakt war die Sonderausstellung Berlin von oben, mit erstmaliger Öffnung des nun mit Teleskopen bestückten Turms. Buchstäblich kündigte Stengel damit sein neuartiges Konzept des Museums als Erkundungsposten für die städtische Gegenwart.[3] Die Spielzeugausstellung von 1927/28 erregte Aufsehen über Berlin hinaus[4]
Stengels Leistung bestand ganz der Kunst- und Kulturgeschichte zu widmen standen im Schnittpunkt der in direkter Konkurrenz nicht nur um die Berliner Bodenfunde.
ambitioniert Vorgeschichte Albert Kiekebusch naturwissenschaftliche Sammlungen
Nationalsozialisten Stengels lang gehegten Wunsch, das Ermelerhaus als Zweigstelle und Ausstellungsgebäude zu übernehmen, erfüllte bei seinem Amtsantritt im April 1931 Berlins neuer Oberbürgermeisters Heinrich Sahm. Stengel vertrat in seiner Museumsarbeit seit 1925 das neuartige Das Ermelerhaus eröffnete im Oktober 1932 mit einer Gemäldeausstellung, in der Werke von Käthe Kollwitz und Ernst Barlach und ab März 1933 die Kunstsammlung Alfred Cassirers (1875–1932) gezeigt wurden.[5] Eine ständige Ausstellung mitsamt stellte die Berliner Kulturgeschichte des 18. Jahrhunderts bevorzugt durch Zeugnisse aus der unmittelbaren Umgebung des Hauses in der Breiten Straße dar. Die Entwicklung bis zur Gegenwart präsentierten speziell gestaltete Räume, die Stengel dem Historismus, dem Jugendstil und der Neuen Sachlichkeit in bildender Kunst und Wohnen widmete. Die Räume der ausgedehnten Fabrikgebäude im hinteren Grundstückteil zeigten ab 1935 die Welt des Kindes und die Welt der Hausfrau.
Im nationalsozialistischen Berlin
Bereits die Präsentation der Sammlung Cassirer in den Tagen der Machtübernahme der NSDAP mit „altbürgerlichen Urberlinern, Judenschaft und gräflichem Adel“ erschien nach dem Zeugnis Max Sauerlandts „ganz zeitverloren“.[6]
Obwohl das Ermelerhaus in die nationalsozialistische Kulturpolitik eingebunden war, blieb die Ausstellung inhaltlich „von nationalsozialistischem Gedankengut frei“.[7] Auch durch den Einbau geborgener Teile abgerissener Bauten machte Stengel das Ermelerhaus zu einer Schaustätte der altberliner Innenraumgestaltung. In Zusammenarbeit mit dem preußischen Finanzminister Johannes Popitz wurden ihm das von Karl Wilhelm Wach ausgemalte Treppenhaus und Teile der barocken Fassade des Weydingerschen Hauses, das dem Neubau der Reichsbank zum Opfer gefallen war, und eine Stuckdecke, die Andreas Schlüter 1701 für das Palais Wartenberg geschaffen hatte und die sich nach dessen Abriss im im Kunstgewerbemuseum befunden hatte, eingefügt. Der angewachsene Bestand des Museums und die durch Hoffmann vorgegebenen unüberwindbaren Einschränkungen seiner Präsentation im Stammhaus veranlassten Stengel, auf eine Vergrößerung seines Hauses zu dringen. Während der Feierlichkeiten zum 700-Jahrfeier Berlins im Sommer 1937 erreichte Stengel von Julius Lippert die Bewilligung eines ergänzenden, großen Neubaus. Er sollte entlang der Wallstraße entstehen und durch Arkaden um den Köllnischen Park mit dem Altbau verbunden werden. Die Pläne waren fertig, als der Zweite Weltkrieg ausbrach.
Bereits in der Krise des Sommers 1939 begann auf Anordnung Stengels, der dem amtlichen Mythos, kein feindliches Flugzeug würde bis Berlin kommen, nicht traute, die Auslagerung von Museumsgut.[8] Bei Kriegsausbruch schloss er unter Hinweis auf das am Ufer der Spree massiv hochragende Gebäude, das dem Berliner Luftverkehr als Orientierungspunkt diente, das Museum.
Während der setzte Stengel seine Forschungen fort, wurde aber in der Endphase des Krieges von den immer wieder erforderlichen Verlagerungen und Schadensverhütungen am Haus selbst beansprucht.
In der Viersektorenstadt Berlin
Im nur unbedeutend beschädigten Ermelerhaus hatten sich unmittelbar bei Kriegsende offenbar spontan Dienststellen des Magistrats in die leeren Rokoko- und Ausstellungsräume eingenistet.[9]
Die ausgelagerte Ausstellung des Eermelerhauses, deren Bestand nur zum Teil den Krieg überstanden hatte, durfte trotz der Bemühungen Stengels nicht in ihre Räume zurückkehren und das Haus stand dem Märkischen Museum nicht länger zur Verfügung.
Stengels Konflikte mit den seit 1948 in Ost-Berlin endgültig tonangebenden SED-Kulturpolitikern resultierten aus deren Ablehnung seines Museumskonzepts, dem die Betonung sozialgeschichtlicher Bezüge im Sinne des Marxismus-Leninismus fehlte.[10] Darüber hinaus hatte Stengel öffentlich in einer regierungsamtlichen Anhörung von Sachverständigen in scharfen Worten gegen den von der SED beabsichtigten Abrissen des Berliner Schlosses, des Ermelerhauses und des Nicolaihauses Stellung genommen. In seinem Beitrag erklärte er, mit dem Vorhaben sei ein glatter Mord bei ruhiger Überlegung geplant, und schloss ihn mit den Worten: Wenn man das ausführen will, was hier im Modell vor uns steht, dann soll man doch in der Konsequenz weiter gehen und auch den Namen der neuen Stadt ändern. Berlin ist es nicht mehr.[11]Die SED verschwieg diesen Protest, wie auch alle anderen, jedochverloren alle Protestiere in der Folgezeit ihre öffentlichen Ämter. Stengel wurde die Entdeckung dreier Handzeichnungen Matthias Grünewalds im Bestand des Märkischen Museums zum Verhängnis. Das kunsthistorische Welt-Ereignis hatte Stengel ein in den Augen der DDR-Verantwortlichen unerträgliches Lob der Westpresse eingebracht, gekrönt durch ein Telefon-Interview des US-amerikanischen Time News-Magazines.[12] Kurz vor Weihnachten 1952 besetzte die Volkspolizei das Märkische Museum und beschlagnahmte die Zeichnungen samt der Lutherbibel, in der Stengel sie gefunden hatte. In der Furcht, verhaftet zu werden, flüchtete Stengel am 23. Dezember 1952 mit seiner Familie nach West-Berlin, während Verhöre mehrerer seiner Mitarbeiter zu deren Kündigungen führten.
Flucht nach West-Berlin und letzte Jahre
Stengels Flucht fiel zeitlich mit einer Fluchtwelle von DDR-Funktionären zusammen, die infolge des Slansky-Prozesses entstanden war. Am 7. Januar 1953 meldete der westberliner Abend lapidar, dass Stengel zurückgetreten sei, um den Ruhestand im Kreise der Familie zu genießen.[13] Sein Pensionsanspruch wurde vom westberliner Senat nicht anerkannt, weil der Fluchtgrund Gefährdung von Leib, Leben und persönlicher Freiheit in seinem Falle nicht vorgelegen habe, während der ostberliner Magistrat seinen persönlichen Besitz beschlagnahmen ließ. Nur das Inkrafttreten einer Novellierung des Bundesnotaufnahmegesetzes im Mai 1953 ermöglichte Stengel eine reguläre Altersversorgung. Stengel arbeitete weiter an der bis dahin vom Märkischen Museum verlegten Publikationsserie Quellen-Studien zur Berliner Kulturgeschichte, die postum vom West-Berliner Verleger Bruno Hessling abgeschlossen wurde.
In einer Veröffentlichung des Märkischen Museums aus dem Jahre 1958 setzte Herbert Hampe, später Direktor des Museums, Stengels Wirken herab. Ihm wurde eine profaschistische Haltung bescheinigt und er erschien als Unterstützer der faschistischen Rassenhetze durch die Denunziation Feists, wodurch insgesamt das Museum viel seines wissenschasftlichen Rufes eingebüßt habe.[14] Das Märkische Museum ging 1995 im Zuge der mit der Wiedervereinigung Berlins verbundenen Umgestaltung des Museumswesens in der Stiftung Stadtmuseum Berlin auf.
So schrieb Der Spiegel, dass auch Walter Stengel zugriff, als Museumsdirektoren die schönsten Stücke aussortieren durften und edle Schalen, Besteck, klassizistische Leuchter packte, wobei im Hinblick auf den Verlust nach 1945 mitgeteilt wurde: Allzu lohnend war der Raub nicht. Das Rest-Silber hätte Stengel zu DDR-Zeiten als Trophäe seiner "Rettungsaktion", zu der er den Großeinkauf 1953 in der Haus-Chronik verklärte, genutzt.[15]
Eine besondere Ehrung durch die Stadt Berlin hat Stengel nicht erhalten.
Schriften
- Das Taubensymbol des Hl. Geistes. Bewegungsdarstellung. Stilisierung. Bildtemperament. Mit 100 Abbildungen, J. H. Rd. Heitz (Heitz & Mündel), Strassburg 1904 (=Zur Kunstgeschichte des Auslandes. Heft XVIII. Formalikonographische Detail- Untersuchungen).
- Studien zur Geschichte der deutschen Renaissance-Fayencen, Sebald, Nürnberg 1912
- Holzschnitte im Kupferstichkabinett des germanischen National-Museums zu Nürnberg, Cassirer, Berlin 1913
- Chodowiecki-Ausstellung im Märkischen Museum 17. Okt. bis 25. Nov., Märkisches Museum, Berlin 1926
- Wilhelm von Humboldt-Gedächtnis-Ausstellung im Märkischen Museum, [Märkisches Museum], Berlin [1935]
- Führer durch das Ermeler-Haus, Breite Str. 11 : Zweigstelle d. Märk. Museums, Hrsg. von d. Museumsverwaltung, Märkisches Museum, Berlin 1936
- Alte Wohnkultur in Berlin und in der Mark im Spiegel der Quellen des 16.-19.Jahrhunderts, Hessling, Berlin, 1958
- Guckkasten. Altberliner Curiosa. Mit einem Text von Edwin Redslob: In memoriam Walter Stengel, Walter de Gruyter & Co, Berlin 1962 (= Die kleinen de-Gruyter-Bände / Band 1)
- Zeitvertreib: Zehn Kapitel Berliner Kulturgeschichte, Walter de Gruyter, Berlin 1969
- Chronik des Märkischen Museums der Stadt Berlin in: Eckart Hennig und Werner Vogel (Hrsg.): Jahrbuch für brandenburgische Landesgeschichte. 30. Band, Landesgeschichtliche Vereinigung für die Mark Brandenburg e. V. (gegr. 1884), Berlin 1979, S. 7–51
Aus der Reihe Quellen-Studien zur Berliner Kulturgeschichte:
- Gips-, Wachs- und Schatten-Bilder, Märkisches Museum, Berlin [1949]
- Zeitvertreib. Spiele, Masken, Tierliebhabereien, Berlin : Märkisches Museum, [1950]
- Tabatieren, : Märk. Museum, Berlin [1950]
- Möbel, Märkisches Museum, Berlin [1950]
- Brandenburgische Gläser,: Märkisches Museum, Berlin [1950]
- Ein Kapitel von Körperpflege und Kleidung, Märkisches Museum, Berlin [1950]
- Möbel, Märkisches Museum, Berlin [1950]
- Öfen, Märkisches Museum, Berlin [1950]
- Berliner Fayencen, Märkisches Museum, Berlin [1950]
- Technik-Miscellen. Uhren und Berlocken, Märkisches Museum, Berlin [1950]
- Zucker und Zuckergerät, Märkisches Museum, Berlin [1952],
- Tapeten, Märkisches Museum, Berlin [1952]
- Blumen, Märkisches Museum, Berlin [1952]
- Garten-Figuren, Grotten, Märkisches Museum, Berlin [1952]
- Zucker und Zuckergerät, Märkisches Museum, Berlin [1952]
- Ein Kapitel vom Nahrungswesen, Märkisches Museum, Berlin [1952]
- Freundschaft mit Hunden, Hessing Verlag, Berlin 1960
- Berliner Tafelfreuden, Bruno Hessling, Berlin 1961
Literatur
- Kurt Winkler: Walter Stengel (1882-1960) - Eine biographische Skizze, in: Reiner Güntzer (Hrsg.): Jahrbuch Stiftung Stadtmuseum Berlin, Band III, 1997, Henschel Verlag, Berlin 1999, S. 186-210
- Marlies Coburger: Der Silberschatz im Märkischen Museum, in: Reiner Güntzer (Hrsg.): Jahrbuch Stiftung Stadtmuseum Berlin, Band IV, 1998, Henschel Verlag, Berlin 2000, S. 223-272
- Peter P. Rohrlach: Zum 40. Todestag von Walter Stengel, in : Landesgeschichtlichen Vereinigung für die Mark Brandenburg e. V. (Hrsg.): Mitteilungsblatt der Landesgeschichtlichen Vereinigung für die Mark Brandenburg e. V. - / 101. Jahrgang /Nr. 2 Mai 2000, S 57-60
Weblinks
{{Normdaten|PND=107528509
{{SORTIERUNG:Stengel, Walter [[Kategorie:Kulturhistoriker
Kategorie:Person (Berlin)]]
[[Kategorie:Person (Hamburg)
Kategorie:Deutscher]]
[[Kategorie:Geboren 1882 Kategorie:Gestorben 1960]] Kategorie:Mann]]
Personendaten | |
---|---|
NAME | Stengel, Walter |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Kulturhistoriker und Museumsdirektor in Berlin |
GEBURTSDATUM | 24. August 1882 |
GEBURTSORT | Marburg |
STERBEDATUM | 11. August 1938 |
STERBEORT | Berlin |
Walter Stengel, pnd: http://d-nb.info/gnd/107528509
http://www.zlb.de/wissensgebiete/zbs/digibau/MVGB_1965-1970.pdf
Häuser in der Behrenstraße 1946:http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Fotothek_df_pk_0000247_a_028_Ottomar_Geschke_spricht.jpg

Niederländisches Palais: [2]
Krakusen: http://digitalgallery.nypl.org/nypldigital/dgkeysearchdetail.cfm?trg=1&strucID=125637&imageID=90449
Armee Herzogtum warschau: http://www.napolun.com/mirror/napoleonistyka.atspace.com/polish_army_2.htm
Eingemauertes Standbild F. II. 1950:http://www.bild.bundesarchiv.de/archives/barchpic/search/_1292375662/?search[page]=70
Goethe zu F.II: Ludwig Geiger(Hrsg.): Goethe-Jahrbuch. XIII. Band, Rütten & Loening, Frankfurt 1892, S. 227
- ↑ So die Vossische Zeitung am 19. August 1932, zit. bei Winkler, S. 192
- ↑ Siehe Martin Engel: Kulturhistorisches Museum kontra Rumpelkammer. Das Märkische Provinzialmuseum in Berlin, in Alexis Joachimides (Hrsg.): Museumsinszenierungen. Zur Geschichte der Institution des Kunstmuseums. Die Berliner Museumslandschaft 1830 - 1990, Verlag der Kunst, Dresden, Basel 1995, ISBN 3-364-00325-4, S. 122-141, hier S. 129, zit. bei Winkler S. 193
- ↑ Zu Stengels Aktivitäten siehe Kurt Winkler: 'Walter Stengel (1882–1960) – Eine biographische Skizze, in Reiner Güntzer (Hrsg.): Jahrbuch Stiftung Stadtmuseum Berlin, Band III, 1997, Henschel, Berlin 1999, S. 186–210, zur Konzeption allgemein S. 192f., zum Ermelerhaus S. 195
- ↑ Bericht von Walter Benjamin: Altes Spielzeug. Zur Spielzeugausstellung des Märkischen Museums, in: Frankfurter Zeitung vom 21. Mai 1928, abgedruckt in Gesammelte Schriften. Unter Mitwirkung von Theodor W. Adorno und Gershom Scholem herausgegeben von Rolf Tiedemann und Hermann Schweppenhäuser, IV. I/2 (= werkausgabe Band 11), Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1980, S. 511–515
- ↑ Zur Sammlung Cassirer siehe: Sabine Beneke: Ausklang einer Epoche. Die Sammlung Alfred Cassirer in: Andrea Pophanken, Felix Billeter (Hrsg.): Die Moderne und ihre Sammler. Französische Kunst in deutschem Privatbesitz vom Kaiserreich zur Weimarer Republik, Akademie Verlag, Berlin 2001 (folgend zitiert als „Beneke“), S. 327–345
- ↑ Beneke, mit Nachweis, S. 343
- ↑ Andreas Bernhard: Das Ermelerhaus – Ein verlorenes kulturhistorisches Museum, in: Generaldirektor des Stadtmuseums Berlin Reiner Güntzer (Hrsg.): Jahrbuch Stiftung Stadtmuseum Berlin, Bd. VIII 2002, Henschel Verlag, Berlin 2003, ISBN 3-89487-467-8, S. 143–182, hier S. 180 erscheint dies nach Auswertung der Ausstellungskataloge so. Zur „Einbindung“ S. 149 und zur propagandistischen Absicht S. 180
- ↑ Vgl. Stengels detaillierte Schilderung der Auslagerungen und Vorsichtsmaßnahmen, Chronik, S. 35-41
- ↑ Diesen Ausdruck verwendet Stengel bei der Beschreibung des ihn schmerzenden Vorgangs, siehe: Walter Stengel (†): Chronik des Märkischen Museums der Stadt Berlin in: Eckart Hennig und Werner Vogel (Hrsg.): Jahrbuch für brandenburgische Landesgeschichte. 30. Band, Landesgeschichtliche Vereinigung für die Mark Brandenburg e. V. (gegr. 1884), Berlin 1979, S. 7–51, hier S. 39
- ↑ Hierzu Bernhard S. 150
- ↑ Zur Anhörung im Ministerium für Aufbau am 30. August 1950 siehe Karl Rodemann (Hrsg.): Das Berliner Schloss und sein Untergang. Ein Bildbericht über die Zerstörung Berliner Kulturdenkmäler, Tauber Verlag, Im Auftrage des Bundesministeriums für gesamtdeutsche Fragen, Berlin, 1951, S. 14, zu Stengels Äußerung Winkler S. 202, davon etwas abweichender Wortlaut bei Renate Petras: Das Schloss in Berlin. Von der Revolution 1918 bis zur Vernichtung 1950, Verlag für Bauwesen, Berlin 1992, ISBN 3345 005381, S. 114
- ↑ Erschienen unter dem Titel The Hand of the Master in der Ausgabe vom 5. Januar 1953
- ↑ Schilderung von Einzelheiten bei Winkler, S.202f., auch für das Folgende
- ↑ Herbert Hampe: Das Märkische Museum, Märkisches Museum, Berlin 1958, S. 20
- ↑ Ulrike Knöfel: Schatzsuche im Depot, in: Der Spiegel vom 19. April 1999:[1]
Mutschert S. 4:Das ältere „Königliche Museum“, später „Staatliche Museum für Vor- und Frühgeschichte“ und das erst 1874 gegründete „Märkische Provinzial-Museum“ standen im Schnittpunkt der Ur- und Frühgeschichte in direkter Konkurrenz nicht nur um die Berliner Bodenfunde. Dadurch ist es zu erklären, dass archäologische Funde von einer Fundstelle, zum Teil unter denselben Umständen geborgen, in zwei verschiedene Museen gerieten
Vgl. H. Seyer, Zur Geschichte der Prähistorischen Sammlung des Märkischen Museums Berlin. Arch. Nachr.bl. 3, 1998, 311; ders., Die ur- und frühgeschichtliche Sammlung des Märkischen Museums Berlin – Schicksalsjahre vom Ausbruch des 2. Weltkrieges bis zur Spaltung Berlins. Arch. Nachr.bl. 6, 2001, 323 f. - M. Nawroth, Aus Trümmern entstanden. Der Neuanfang im Westteil der Stadt (1945-1963). In: W. Menghin (Hrsg.), Das Berliner Museum für Vor- und Frühgeschichte. Festschrift zum 175-jährigen Bestehen. Acta Praehist. et Arch. 36/37 (Berlin 2005) 202 f.; E. Kirsch, Das Märkische Museum und die archäologische Forschung. In: J. Haspel/W. Menghin (Hrsg.), Miscellanea Archaeologica III: Berlin und Brandenburg. Geschichte der archäologischen Forschung. Beitr. Denkmalpflege Berlin 22 (Berlin 2006) 95.3
Ulrike Knöfel: :
Das schwere Erbe ist aus purem Silber: Serviettenringe, Löffel, Armreifen, Babyrasseln. Zierliche Pretiosen, die im Depot des Märkischen Museums im Osten Berlins lagern. Einst hatten sie jüdische Haushalte geschmückt.
Dann befahl Hitlers Gehilfe Hermann Göring am 21. Februar 1939 per Dekret: Binnen zwei Wochen müßten jüdische Bürger jeglichen Schmuck, jedes Stück Zierat aus Gold, Silber oder Platin bei städtischen Pfandleihern abliefern.
Alles Edelmetall sollte eingeschmolzen werden und zu Barren geformt die Kriegskassen füllen. Fast alles. Zuvor durften Museumsdirektoren aus dem Hausrat und Geschmeide die schönsten Stücke aussortieren. Eine unmoralische Offerte zu Dumping-Konditionen: Bezahlen mußten die Herren gerade einmal den Metallwert.
Auch Walter Stengel, seinerzeit Leiter des Märkischen Museums, griff zu. Der Kunsthistoriker mit Vorliebe für Silbernes packte edle Schalen, Besteck, klassizistische Leuchter - insgesamt 5000 Objekte. Gewissenhaft archivierte er den Zugang.
Allzu lohnend war der Raub nicht. Zwar lagerte Stengel seine Exponate bei Kriegsbeginn im Bunker der Berliner Reichsbank ein, doch 1945 fand er sie nicht mehr vor. Das meiste Silber ist seither verschollen - bis auf 550 weniger kostbare Objekte, die im Museum zurückgeblieben waren.
Zu DDR-Zeiten nutzte Stengel das Rest-Silber als Trophäe seiner "Rettungsaktion", zu der er den Großeinkauf 1953 in der Haus-Chronik verklärte.
Weder Stengel noch der DDR-Regierung kam es in den sozialistischen Sinn, die verwaisten Stücke etwa an jüdische Organisationen zu übergeben: Reue und Restitution wurden dem Westen überlassen. Aber auch in der jungen Bundesrepublik ging leer aus, wer seinen Kunstbesitz bis zum April 1959 nicht reklamiert hatte.
Uta Baier in der Welt vom 18.09.2008:
Es waren 20 Tonnen, in Berlin war es wahrscheinlich noch viel mehr. Das meiste wurde eingeschmolzen, doch zuvor durfte sich mancher Museumsdirektor etwas aussuchen.
http://www.morgenpost.de/printarchiv/kultur/article889083/Raub_und_Rueckgabe.html:Alles wurde "versilbert"
Das Berliner Märkische Museum kaufte 235 Kilo Silberobjekte. In der penibel geführten Museumskartei waren das 4706 Einzelnummern - keine Kunstwerke, sondern Ringe und Halsketten, Frühstücksmesser, Servierplatten, Trinkbecher, Kerzenleuchter. Haushaltsgegenstände. Das Privateste, das niemand freiwillig hergibt. Doch der Direktor des Märkischen Museums Walter Stengel brauchte eine Aufgabe und fand sie im jüdischen Silberbesitz. Er konnte nun "die Silberkultur der letzten 150 Jahre in einzigartigen Serien darstellen", wie er 1941 im Neuerwerbungsbericht vermerkte. Museumskollege Wolfgang Scheffler schrieb später anhand dieser Stücke das Standardwerk über die Berliner Gold- und Silberschmiedekunst.
Märkisches Mus. NS-Zeit:http://bendt.org/pdf/Judensilber_im_Maerkischen_Museum.pdf
Jüdisches Museum Berlin dazu: http://www.jmberlin.de/raub-und-restitution-weiss/de/silberabgabe_alle.php
KPD-Machtergreigung, Grotewohl, Pieck:http://www.sehepunkte.de/2010/05/17042.html
Bruno Doehring (* 3. Februar 1879 in Mohrungen; † 16. April 1961 in Berlin) war ein deutscher evangelischer Pfarrer. Als Prediger am Berliner Dom in den Jahren von 1914 bis 1960 wurde Doehring in der evangelischen Kirche Berlins zu einer populären Gestalt. Er vertrat eine streng konservative Position und hatte sich in der Zeit der Weimarer Republik auch als Politiker betätigt.
Leben und Wirken
Der Pfarrer bis 1918
Doehring wurde als Sohn eines Bauern geboren. Nach dem Besuch der Volksschule in Mohrungen und des königlichen Gymnasiums in Elbing studierte er Theologie an den Universitäten Halle, Berlin und Königsberg. 1906 wurde Doehring Pfarrer in Tiefensee in Ostpreußen, wo er eine Familie gründete, und 1908 Pfarrer in Fischau in Westpreußen. Nach seiner Promotion 1911 erlangte Doehring durch seine Auseinandersetzung mit Arthur Drews die Aufmerksamkeit Georgs zu Dohna (1852-1912), der ihn als Pfarrer auf seinem Schloss Finckenstein anstellte. Zu Doehrings Sprengel gehörte auch der Besitz des konservativen Politikers Elard von Oldenburg-Januschau, den er dadurch freundschaftlich kennenlernte. Nach Dohnas Tod übernahm Doehring die Leitung des Predigerseminars in Wittenburg. Aus ungeklärtem Grund bestellte Kaiser Wilhelm II. Doehring für den 1. April 1914 zu einer Probepredigt zwecks Besetzung einer vakant gewordenen vierten Stelle als Hof- und Domprediger in den Berliner Dom. Nach der Predigt verlieh Wilhelm begeistert die Stelle an Doehring und verzichtete auf die Probe des Konkurrenzkandidaten Otto Dibelius.
Einer breiten Öffentlichkeit wurde Doehring durch einen Gottesdienst unter freiem Himmel bekannt, den er anlässlich des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs am 2. August 1914 auf den Stufen des Reichstagsgebäudes vor mehreren zehntausend Gläubigen zelebriert hatte. Doehrings Predigt war ein Aufruf, in allen kommenden Leiden furchtlos in Treue und Gottvertrauen unter der Führung des Kaisers fest zusammen zu stehen. Sie fand in gedruckter Form weite Verbreitung.
Doehring, der die während des Krieges wachsende Unzufriedenheit und Friedenssehnsucht ignoriert hatte, wurde von den revolutionären Unruhen des Jahres 1918 vollkommen überrascht. In seiner Anprangerung des Januarstreiks nahm Doehring die Wortwahl der späteren Dolchstoßlegende vorweg. Überhaupt erklärte sich Doehring die Niederlage im Weltkrieg und die folgende Novemberrevolution durch einen Abfall des deutschen Volkes vom rechten christlichen Glauben. Als Hauptverantwortliche dafür galten ihm die katholische Kirche und die sozialistische Arbeiterbewegung. Die Rettung erblickte er in einer zeitgemäßen Reformation nach dem Vorbild Martin Luthers.
Als Politiker bis 1933
Die Domgemeinde, in starkem Maße zusammengesetzt aus Angehörigen der preußischen Beamtenschaft und dem Hof nahe stehndener Kreise, bot dem Domprediger Doehring, verbunden mit der Funktion des Berliner Doms als einem repräsentativen Feierort des Staates, die Gelegenheit, seine Vorstellungen mitten in der deutschen Hauptstadt unüberhörbar zur Geltung zu bringen. Politisch hatte Doehring bereits im Dezember 1918 die Deutschnationale Volkspartei (DNVP) durch einen Wahlaufruf unterstützt.
Das parlamentarische System kritisierte er als und warSeine tagesaktuell zugespitzten Predigten riefen wiederholt Kritik in der demokratischen Presse und öffentliche Missfallensäußerungen prominenter Persönlichkeiten hervor. So bemerkte Gustav Stresemann in ihnen "nicht ... Ausdruck christlicher Nächstenliebe, sondern ... bis zur Ekstase gesteigerte[n] Abneigung gegen Andersdenkende" und Karl Barth nannte Doehring 1924 einen "elenden Windbeutel" und "theologischen Hanswurst".[1].
Im Jahre 1924 übernahm Doehring den Vorsitz des Evangelischen Bundes zur Wahrung der deutsch-protestantischen Interessen (EB). Doehrings Engagement fand nicht die einhellige Zustimmung der Bundesbrüder. Die von ihm propagierte kritiklose Verbundenheit mit dem abgedankten Kaiserhaus und seine starre Feindschaft zur katholischen Kirche trug zur zunehmenden Isolation der evangelischen Kirche in der deutschen Gesellschaft, besonders gegenüber der Arbeiterschaft und dem bürgerlich geprägten Lager der Demokratie bei. Einem politisch immer dringender werdenden überkonfessionellen Zusammenwirken mit staatserhaltenden katholischen Kräften, die sich in der Annäherung von Zentrum und DNVP seit der Jahreswende 1926/27 abzeichnete, stand Doehring im Wege. Nach den Austritten Adolf von Harnacks und Otto Baumgartens gipfelten die Auseinandersetzungen um den Kurs des EB mit dem Rücktritt Doehrings im Februar 1927.
Daraufhin gründete Doehring den Lutherring für aktives Christentum. Aus ihm ging im Januar 1928 unter seiner Führung die Deutsche Reformationspartei hervor, um der "heillosen Zersplitterung der nationalen Kräfte ... Einhalt zu gebieten".[2] Das konsequent antimoderne, monarchische und deutsch-nationale Parteiprogramm fand selbst im evangelischen Lager wenig Resonanz. An der Reichstagswahl 1928 nahm die Reformationspartei im Völkisch-nationalen Block teil, dem mit 266.000 Stimmen (0,87%) der Einzug in den Reichstag versagt blieb. Im gleichen Jahr entstand nach einer Idee und nach dem Drehbuch Doehrings der Spielfilm Luther – Ein Film der deutschen Reformation. Anlässlich der Reichstagswahl 1930 schloss sich Doehring in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Lutherrings der DNVP an und gewann ein Mandat im Wahlkreis Chemnitz-Zwickau, das er auch in den folgenden drei Legislaturperioden bis November 1933 inne hatte.
Als "Tröster Berlins"
Im aufkommenden Nationalsozialismus sah Doehring . In seiner 1932 veröffentlichten Schrift Die Fehlleitung der nationalen Bewegung durch Adolf Hitler lehnte er ihn "wegen der Vergötzung des Rassischen, dem Antisemitismus, und der Manipulation der Massen ab".[3] Doehring stimmte im Domkirchenkollegium mit einer Minderheit gegen die Abhaltung einer Trauerfeier der SA im Dom für den SA-Führer Hans Maikowski und des Polizisten Zauritz, die beide nach dem Fackelzug anlässlich der Machtergreifung Hitlers erschossen wurden. Den nationalsozialistischen Deutschen Christen wurden mit seiner Stimme die gewünschten eigenen Gottesdienste im Dom verwehrt. Dennoch hielt Doehring sich von der Bekennenden Kirche fern, um in Einsamkeit zu predigen. Doehring bewahrte nach wie vor dem Kaiser die Treue, besuchte ihn und predigte aus Anlass von dessen achtzigsten Geburtstag in Doorn.
Doehrings Predigten standen unter Beobachtung der Gestapo, die ihn mehrmals wegen seines regimekritischen Auftretens verhörte.[4] In der Kriegszeit vermied Doehring den Einschluss Hitlers und von Siegeswünschen für die Wehrmacht in das Gebet. Seine Predigten nahmen immer mehr den Charakter von Bußpredigten an. Der Druck seiner Predigten wurde staatlicherseits unterbunden und Doehring verlor seine Dozentenstelle. Nun erschien der Krieg mit seinen Leiden als Folge der Novemberrevolution, welche wiederum die Voraussetzung für Hitlers Kanzlerschaft geschaffen hatte. Er war die Strafe für die Verirrung und Treulosigkeit des deutschen Volkes. Als die Predigtkirche des Doms nach einem Bombenangriff am 24. Mai 1944 für Gottesdienste nicht mehr benutzbar war, predigte Doehring in der Sophienkirche. Im Sommer 1945 schuf sich die Domgemeinde im Kellergewölbe unter der Grabmalskirche die Domgruftkirche mit rund eintausend Sitzplätzen, seit 1946 ausgestattet mit einer Schuke-Orgel. Ihn konnte nichts mehr erschüttern. die Hand Satans von Hitler begonnene
Doehring ist in der Weimarer und in der NS-Zeit wegen seines regierungskritischen Auftretens bei fälligen Wahlen zum Oberdompredigeramt jedesmal übergangen worden. In der Viersektorenstadt Berlin änderte sich dies im Jahre 1945. Er wirkte nun bis zu seinem Ruhestand im Jahre 1960 als Oberdomprediger. Der Titel selbst hatte wegen der Umwidmung der Kirche Sankt Marien zur Bischofskirche jedoch nurmehr formale Bedeutung. Dies ging auf Dibelius zurück, der sich den Titel Bischof zugelegt hatte, worüber Doehring spottete. Der Dom war nicht mehr der zentrale Ort der evangelischen Kirche in Deutschland, auch nicht mehr Schauplatz repräsentativer Ereignisse. Die Besatzungsmächte und später die Regierung der DDR legten keinen Wert auf Festgottesdienste. Zu einem Wiederaufbau des Gebäudes kam es nicht. Doehring predigte unverdrossen jeden Sonntag in seiner Katakombe vor stets über eintausend Gottesdienstbesuchern. Seinen Ruf als Tröster Berlins hatte er sich im Bombenkrieg erworben und er bewahrte ihn auch in den Jahren der Spaltung der Stadt bis zu seinem Abschied vom Amt im Jahre 1960.[5] Danach ging der Besuch der Domgottesdienste zurück. Vier Monate nach Doehrings Tod spaltete die Errichtung der Berliner Mauer die Domgemeinde. Im Jahre 1975 kam es infolge des Abrisses der Grabmalkirche auch zur Beseitigung der Domgruftkirche.
Anlässlich seines achtzigsten Geburtstages hatte Doehring als Geschenk eine Statistik mit dem Nachweis erhalten, dass er in seinem Pfarrerleben vor über vier Millionen Menschen gepredigt hatte.
In den Jahren 1923 bis 1941 bot ihm seine Tätigkeit als Lehrbeauftragter für Praktische Theologie in Berlin ein zusätzliches Forum zur Verbreitung seiner Auffassungen.
Christoph Weiling: Die "Christlich-deutsche Bewegung". Eine Studie zum konservativen Protestantismus in der Weimarer Republik (Arbeiten zur kirchlichen Zeitgeschichte, Reihe B, Bd. 28), Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1998, S. 45-52
Detlef Plöse (Red.): Der Berliner Dom. Geschichte und Gegenwart der Oberpfarr- und Domkirche zu Berlin, Jovis, Berlin 2001, ISBN 3931321673
Gerhard Besier: Der Dom ohne Kaiser. Der Dom in der Weimarer Republik und im Dritten Reich, in: Pöse, S. 197-209
- ↑ Stresemannzitat siehe Besier, S. 200, Barthzitat bei Wilhelm Hüffmeier: Die Hof- und Domprediger als Theologen (hier weiter zitiert als "Hüffmeier"), in: Plöse (siehe Literaturliste), S. 139-154, hier S. 151
- ↑ Zitat und weiteres bei Herbert Gottwald: Deutsche Reformationspartei (DReP) 1928 in: Dieter Fricke in Zusammenarbeit mit Manfred Weißbecker, Siegfried Schmidt, Herbert Gottwald und Werner Fritsch (Hrsg.): Lexikon zur Parteiengeschichte. Die bürgerlichen und kleinbürgerlichen Parteien und Verbände in Deutschland (1789 - 1945). In vier Bänden, VEB Bibliographisches Institut Leipzig, Leipzig 1984, Band 2, Deutsche Liga für Völkerbund - Gesamtverband der christlichen Gewerkschaften Deutschlands, S. 60-62, hier S. 61
- ↑ Zusammenfassung bei Hüffmeier, S. 150
- ↑ Zu Doering in der NS-Zeit, mit mehreren Zeitzeugenberichten: Hans-Rainer Sandvoß: Widerstand in Mitte und Tiergarten, 2., veränderte und erweiterte Auflage (= Band 8 der Schriftenreihe über den Widerstand in Berlin von 1933 bis 1945), Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Berlin 1999, S. 212-214 und 300 , zu den politischen Gründen seines Auscheidens als Privatdozent S. 238
- ↑ Zu der Bezeichnung siehe