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Friedenstruppen der Vereinten Nationen

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Die Friedenstruppen der Vereinten Nationen (englisch: United Nations Peacekeeping Force), umgangssprachlich als Blauhelme nach der Farbe ihrer Schutzhelme bekannt, sind eine Organisation der Vereinten Nationen, die seit 1948 in den verschieden Konfliktregionen in aller Welt im Einsatz sind.

Ein Mandat zur Entsendung von Blauhelmen kann nur der UN-Sicherheitsrat erteilen. Es gibt zwei Formen von Blauhelmeinsätzen: Einsätze zur Friedenserhaltung (Peacekeeping) und Einsätze zur Friedenserzwingung (peace-enforcement). Friedenserhaltende Maßnahmen können nur dann ergriffen werden, wenn beide Konfliktparteien diesen zugestimmt haben und gewillt sind ihren Konflikt zu lösen. Diese Regelung soll verhindern, dass die Blauhelme zwischen die Fronten geraten und Teil des Konfliktes werden.

Auf der anderen Seite können friedenserzwingende Maßnahmen auch ohne den Konsens der Konfliktparteien ergriffen werden. Der Sicherheitsrat kann UNO-Mitgliedsstaaten dazu ermächtigen, alle notwendigen Maßnahmen - dazu gehören auch militärische - zu ergreifen, um den Frieden wiederherzustellen. So geschehen im zweiten Golfkrieg gegen den Irak. Zum Stichtag 1. Dezember 2004 waren nach UNO-Angaben 64.000 Soldaten und Polizisten aus 103 Staaten, hauptsächlich aus Entwicklungsländern, in 16 Einsätzen zur Friedenssicherung aktiv. Für ihr Engagement zur Sicherung des Weltfriedens erhielten die UNO-Blauhelme 1988 den Friedensnobelpreis.

Probleme und Kritik

Trotz guter Absichten hat die Vergangenheit gezeigt, dass die UNO-Blauhelme nicht immer den Frieden sichern konnten. Es hat sich herausgestellt, dass das Bereitstellen von Truppen durch die UNO-Mitglieder auf freiwilliger Basis nicht funktioniert. Zwar werden regelmäßig rund 150.000 Mann theoretisch als verfügbar gemeldet, wenn es aber um konkrete Einsätze geht, wird von den Regierungen nur ein Bruchteil der offiziell verfügbaren Truppen bereitgestellt.

Leider stellt sich in der Praxis auch die Einbindung möglichst vieler Länder in die Friedenstruppe als nicht effektiv heraus. Unklare Befehlsstrukturen, Sprachbarrieren und mangelnde Zusammenarbeit (aus technischen oder menschlichen Unzulänglichkeiten) führen zu Desorganisation. Deshalb sollten für eine optimale Organisation möglichst wenig Länder in einem Einsatz eingebunden werden.

Aber auch die Bürokratie des UN-Sicherheitsrates selbst, der als einziges UNO-Organ Mandate zu Blauhelmeinsätzen erteilen kann, war in der Vergangenheit Ziel von Kritik. Als 1994 in Ruanda angesichts von Massakern schnell gehandelt werden musste, brauchte der Sicherheitsrat drei Wochen um die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen. Schuld an missglückten Blauhelmeinsätzen waren in der Vergangenheit auch falsche Mandate, mit denen die Friedenstruppen ausgestattet wurden. Oft konnten sie sich durch mangelnde Bewaffnung noch nicht einmal selbst verteidigen, und wurden als Geiseln genommen. Auch kam es immer wieder vor, dass Blauhelme zur Friedenserhaltung in noch brodelnde Krisenherde geschickt wurden: Man schickt Streitkräfte zur Erhaltung eines Friedens, der überhaupt nicht existiert (France-Soir). Dadurch wurden die Blauhelme ständig in die Auseinandersetzungen verwickelt.

Ein weiteres markantes Beispiel war die UN-Resolution 819, durch die Srebrenica am 16. April 1993 zur UN-Schutzzone erklärt wurde. Zur Sicherung waren etwa 400 niederländische Blauhelm-Soldaten der UNPROFOR eingesetzt. Am 19. April 1995 kapitulierte die Stadt Srebrenica gegenüber den bosnisch-serbischen Belagerern und die Blauhelm-Soldaten waren auf Grund ihres Mandates nicht in der Lage die Zivilbevölkerung zu schützen.

Ein weiteres Problem machte im Jahr 2000 der Brahimi-Bericht deutlich. Er stellte fest, dass die Einsätze von 27.000 Blauhelmen in aller Welt im New Yorker UNO-Hauptquartier, dem Department für Peacekeeping-Operationen (DPKO), von nur 32 Militärexperten geplant, unterstützt und überwacht wurden, und dass für die 8000 Polizisten dort nur 9 Polizeioffiziere verantwortlich waren. Auch die Sonderstellung der amerikanischen Blauhelme war schon oft Anlass für Kritik. Die amerikanische Regierung fürchtet, dass es zu politisch motivierten Anklagen gegen die eigenen Truppen kommt, und besteht deshalb auf die Immunität ihrer eigenen Truppen.

Menschenrechtsorganisationen sehen in der Stationierung von Friedenstruppen auch die Ursache für stark steigenden Frauenhandel zur Zwangsprostitution in den jeweiligen Regionen. So ist zum Beispiel der Kosovo seit Entsendung von internationalen friedenserhaltenden Kräften (KFOR) und Einrichtung der UN-Zivilregierung UNMIK zum Hauptziel für Frauen- und Mädchenhandel geworden, und die Zahl an registrierten Etablissements, in denen Frauen als Zwangsprostituierte arbeiteten müssen, von 18 im Jahr 1999 auf über 200 Ende 2003 gestiegen. Verschärft wird diese Situation auch noch durch die Immunität der Soldaten, die sie im Falle von Menschenrechtsverletzungen vor gerichtlicher Verfolgung schützen. UNMIK hat das Problem mittlerweile erkannt und einige Maßnahmen gesetzt. So wurden unter anderem eine "schwarze Liste" von rund 200 Bars und Nachtclubs erstellt, die UN-Mitarbeiter und Soldaten nicht besuchen dürfen. 2000 wurde auch eine UNMIK Spezialeinheit gegen Frauenhandel und Prostitution gegründet (TPIU). Diese Maßnahmen werden zwar begrüßt, reichen jedoch aus Sicht der Menschenrechtsorganisationen noch nicht aus.


Siehe auch: Portal Vereinte Nationen