Zum Inhalt springen

Ehe

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 15. März 2004 um 17:38 Uhr durch Zwobot (Diskussion | Beiträge) (Bot-unterstützte Begriffsklärung: Familie). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Die Ehe (v.althochdeutsch: ewa Vertrag) ist eine anerkannte Lebensgemeinschaft , traditionell gesehen von Mann und Frau, Ehegatten genannt. Die Ethnologie bezeichnet mit Ehe eine institutionalisierte Wirtschafts- und Reproduktionsgemeinschaft zwischen zwei oder mehr nicht miteinander verwandten Personen.

Weiter gefasst umfasst eine Ehe immer eine Art öffentlich anerkannten Vertrag, sowie ökonomische und sexuelle Rechte und Pflichten zwischen den betroffenen Personen, welche durch eben diesen Vertrag geregelt werden. Die Modalitäten des Vertrages sowie seines Zusammenkommens ändern sich je nach Kultur und Gesellschaft. In vielen, insbesondere patrilinearen Gesellschaften hat die Ehe neben den sexuellen und ökonomischen Funktionen auch die Funktion der Absicherung der Erblinie durch die Legitimierung der Nachkommen.

Die Ehe endet durch Scheidung oder mit dem Tod eines Partners. Sie kann unter bestimmten Voraussetzungen für nichtig erklärt werden, sie bestand dann von Anfang an nicht. Kritik an dem "Lebenslang-Konzept" kam beispielsweise vom spanischen Dichter Cervantes; er schlug vor, die Ehe von vornherein auf drei bis fünf Jahre zu befristen, wonach sie, wie andere Verträge auch, beendet oder verlängert werden könnte.

Europa

Die Eheschließung galt seit der Antike als eine Vorbedingung für den Beginn einer Familie, die als Baustein einer Gemeinschaft und der Gesellschaft angesehen wurde. So diente die Installierung der Ehe nicht nur den Interessen zweier Einzelpersonen, der Kinder und der Gesellschaft, sondern auch den Zwecken religiöser und weltlicher Führer. An letzterem hat sich bis heute wenig geändert, wie die im deutschen Grundgesetz verankerte staatliche Bevorzugung und Subventionierung der Lebensform Ehe auf allen Ebenen belegt. De facto sind unverheiratete Paare nur in wenigen Ländern verheirateten (fast) gleichgestellt, zum Beispiel in Skandinavien und in den Niederlanden.

Die Geschichte der Ehe

Von der Poly- zur Monogamie

In den meisten Gesellschaften existierte zunächst gar keine Ehe, sondern die Menschen pflanzten sich ohne feste oder gar institutionalisierte Partnerschaftsbindungen fort.

Sozialevolutionisten gehen von einer linearen Evolution der Paarbindungen unter Menschen aus: Zu Beginn der Menschheit habe Promiskuität geherrscht, die sich anschließend zur Gruppenehe und schlussendlich über die Polygamie zur Monogamie entwickelt hätte. Dieser Ansicht nach wird die Monogamie als die kulturell am höchsten stehende Eheform betrachtet.

Monogam lebende Völker scheinen in vorchristlicher respektive vorislamischer Zeit wenig verbreitet gewesen zu sein (nach Tacitus' Germania waren die Germanen mit ihrer Einehe eine Ausnahme unter den Barbaren der Antike) und nur bei wenigen herrschte Polyandrie, wo eine Frau mit mehreren Männern verheiratet war.

Es sind nur wenige Gesellschaften bekannt, in der Polygynie und Polyandrie gleichzeitig praktiziert wurden (siehe Gruppenehe und Pseudogruppenehe). Vor allem durch die Expansion monotheistischer Religionen und die Missionierung wurde die Monogamie zur weltweit vorherrschenden Eheform.

Neuzeit

Die mittlerweile etwas liberalere sexuelle Praxis in der Kultur der westlichen Neuzeit sowie die verhältnismäßige Einfachheit von Scheidung und Wiederverheiratung haben zu einem Anstieg der so genannt seriellen Monogamie geführt. Sich von einem/r (Ehe)Partner zu trennen, um mit dem/der nächsten zu leben, hat weder mit Polygamie noch mit Promiskuität zu tun.

In neuerer Zeit haben alternative Gruppierungen die Gruppenehe geübt, in der alle erwachsenen Mitglieder miteinander verheiratet waren (siehe Oneida).

Inzesttabu

Die meisten Zivilsationen haben in unterschiedlichem Grad stets die Ehe mit Verwandten tabuisiert. Fast alle Völker verbieten die Ehe zwischen Bruder und Schwester. Vielfach untersagt man auch die Ehe zwischen Verwandten zweiten Grades. Viele Völker haben sich weitere Beschränkungen auferlegt, so die Ehe mit Personen gleichen Familiennamens oder mit Personen mit dem gleichen Totemtier. Siehe dazu auch den Artikel Heiratsregeln.

Eine Ausnahme bildete das alte Ägypten, wo die Ehe zwischen Bruder und Schwester in der Familie des Pharao gestattet war; dieses Privileg wurde dem Volk verweigert und könnte dazu gedient haben, Macht und Lebenskraft in einer Familie zu konzentrieren (siehe auch Inzest).

Die Konsequenz des Inzesttabus ist die Forderung nach exogamer, auf eine andere Gruppe bezogene, Heirat. Ethnologen betonen, das Inzesttabu diene dazu, den sozialen Zusammenhalt zu fördern.

Endogamie

Bestimmte Völker fördern auch die Ehe innerhalb einer bestimmten Gruppe (Endogamie) und fordern auf, jemanden aus dem gleichen Stamm zu heiraten. Auch rassistische Gesetze der Vergangenheit, die Verbindungen unterschiedlicher Rassenangehöriger zu verbieten suchten, lassen sich als Beispiele von Endogamie ansehen.

Scheidung

Viele Gesellschaften kennen das Verfahren der Scheidung für die Beendigung der Ehe. Die Anerkennung der Scheidung ist in verschiedenen Weltanschauungen unterschiedlich geregelt.

Ehe und Weltanschauung

Viele Religionen kennen umfangreiche Regeln für die Ehe.

Atheismus

In atheistischen Kreisen ist die Ehe teilweise umstritten.

Christentum

Die meisten christlichen Kirchen installieren die Ehe durch Segen.

Begründet durch eine neutestamentarische Parabel, vergleichen die christlichen Kirchen die Ehe mit dem Verhältnis zwischen Jesus und der Kirche.

Für die römisch-katholische Kirche ist die Ehe zwischen zwei getauften Christen eines der sieben Sakramente. Die Partner spenden sich das Ehesakrament selbst. Gültig ist eine Ehe nur, wenn sie nach den kirchlichen Vorschriften geschlossen wird. Dabei erfragt der Geistliche im Beisein von zwei Zeugen den Ehekonsens. Für die Ehe mit einem Nichtchristen oder einem Christen anderer Konfession kann die Erlaubnis erteilt werden, nur standesamtlich oder nach dem Ritus der anderen Konfession zu heiraten. Die Eheleute können sich zwar trennen, aber eine Scheidung ist nicht möglich. Kirchlich kann deshalb nur heiraten, wessen frühere Ehen durch Tod oder Ungültigerklärung nicht mehr bestehen.

Die evangelische Kirche erkennt die standesamtliche Trauung als gültig an. Die kirchliche Trauung gibt Gottes Segen für die Ehe, die im Unterschied zur katholischen Auffassung nicht als Sakrament angesehen wird. Auch Geschiedene können kirchlich getraut werden.

In den orthodoxen Kirchen ist die Ehe eines der Mysterien und wird als Ordination angesehen.

Hinduismus

Der Hinduismus sieht in der Ehe eine heilige Aufgabe, die religiöse und soziale Verpflichtungen zur Folge hat.

Islam

Nach islamischem Verständnis sind die Lebensbereiche von Männern und Frauen grundsätzlich getrennt; die Ehe ist der einzige Ort, in dem diese Trennung legitimerweise aufgehoben ist. Der Koran empfiehlt die Ehe mit diesem Hintergrund in hohem Maße; sie helfe u. a. zur geistigen Vervollkommnung. Allerdings finden sich im Koran genügend Suren, die dem in fast allen moslemischen Ländern herrschenden Patriarchat Vorschub leisten.

Judentum

Orthodoxen Juden ist die Ehe zwar so wichtig, dass sie Unverheiratetsein als unnatürlich ansehen, allgemein wird aber im Judentum nur erwartet, dass Partner erst heiraten, wenn ein Kind unterwegs ist, was auch im Sinn des Alten Testamentes ist.

Ehe heute in Deutschland

Bis ins 19. Jahrhundert war die Eheschließung ausschließlich Sache der Kirchen. Als Folge von Kulturkampf und dem späteren Reichskonkordat wurden die staatlichen Standesämter eingeführt, in denen die Ehe unabhängig von einem weltanschaulichen Bekenntnis geschlossen wird (Zivilehe). Eine kirchliche Eheschließung kann aber zusätzlich stattfinden. Es ist in Deutschland eine Ordnungswidrigkeit, eine Ehe ohne Zivilehe kirchlich zu schließen.

Der Nationalsozialismus deformierte die bürgerliche Ehe hin zu einer dem Staate vollständig nützlichen Institution. Er verbot "rassische Mischehen" durch ein Ehegesetz, trennte solche Ehen und förderte die "reinrassige" Reproduktion für den Staat (Erbgesundheitsgesetz). Die verfassungsrechtliche Ausgestaltung des Art. 6 Grundgesetz nach dem Zweiten Weltkrieg lässt sich nur vor diesem Hintergrund verstehen: die Ehe steht unter dem besonderen Schutz des Staates, doch ihr Kernbereich wird dessen direktem Zugriff entzogen. Für die heutige Form der Ehe gilt grundgesetzlich das Leitbild der Gleichberechtigung.

Ein ökonomischer Vorteil der Ehe ist zum Beispiel das Ehegattensplitting bei der Berechnung der Einkommensteuer; das Ehegattensplitting bringt jedoch vor allem dann ökonomische Vorteile, wenn die Einkommen der Ehegatten sich deutlich voneinander unterscheiden und ist damit als Anreiz zur "Hausfrauenehe" in die Kritik geraten. Weitere Vorteile wie Vertrauen und gegenseitige Anregung werden von verschiedenen Gruppen gefördert (Marriage Encounter, Familienwerke von politischer oder weltanschaulicher Seite und andere).

Die in Deutschland vor kurzem eingeführte eingetragene Lebenspartnerschaft gleichgeschlechtlicher Partner bringt fast alle rechtlichen und sozialen Pflichten einer Ehe mit sich, bietet aber nur wenige ihrer Vorteile.

Verwandte Themen