Libelle (Messtechnik)
Dieser Artikel beschäftigt sich mit der Libelle in der Messtechnik. Für andere Bedeutungen des Begriffs Libelle siehe Libelle.
Eine Libelle ist in der Messtechnik ein mit einer Flüssigkeit und einer Gasblase gefüllter Glaskörper mit Markierungen.
Der Glaskörper ist nach oben so geschliffen, dass die Gasblase sich entgegen der Erdanziehung bewegt und so mit Hilfe der Markierungen zum horizontalen Ausrichten (Horizontieren) verwendet werden kann.
(Geodäten sprechen anstelle von Erdanziehung von der Schwerebeschleunigung.)
Die Blase entsteht bei der Hestellung.
Meist wird als Flüssigkeit Weingeist oder Schwefeläther verwendet und heiß bis zum Rand in den Hohlraum dieses Glaskörpers eingefüllt und direkt zugeschmolzen. Beim Abkühlen entsteht durch das Zusammenziehen der Füllung eine Blase aus dem Gas der Füllung.
eine einfache Röhrenlibelle einfache Röhrenlibelle |
Arten
Man unterscheidet zwei Libellenbauformen:
- Dosenlibelle und
- Röhrenlibelle
Die Dosenlibelle
Die Dosenlibelle wird zur Grobausrichtung optischer Geräte benutzt, z.B. beim Aufbau des Statives, und besteht aus einem Glasgefäß, welches nach oben kugelförmig rund ausgeschliffen ist und nach oben mittig darüber eine oder zwei Markierungskreise hat. Beim Horizontieren ist daran zu denken, dass sowohl die Libelle, als auch das Messinstrument dejustiert sein könnte, daher und für eine höhere Genauigkeit sollte man das Messinstrument um die vertikale Achse drehen und prüfen, ob sich die Libellenblase bewegt. Tut sie es, kann man sich
- ihren Spielpunkt merken bzw. markieren, oder
- die Horizontierung nach Drehung um 180° mit der ersten mitteln
- Hat die Dosenlibelle kleine Stellschrauben, kann man sie justieren.
Beispiele für die Verwendung von Dosenlibellen: Stativ für Videokamera oder Panoramafotos, Unterbau von Nivelliergerät oder Theodolit.
Die Röhrenlibelle
Die Röhrenlibelle wird meist in relativ geringer Qualität für den Bau von preiswerten Wasserwaagen verwendet (siehe Foto). Trotzdem sind diese für die meisten Benutzungfälle ausreichend genau.
Anders liegt die Anforderung, wenn die Röhrenlibelle zur Feinausrichtung optischer Geräte verwendet werden soll. Der Glaskörper ist tonnenförmig ausgeschliffen und bildet nach oben einen gleichmäßigen Kreisbogen.
Anwendung der Röhrenlibelle
Meist hat ein optisches Gerät drei Horizontier- oder Fußschrauben. Man dreht es so, dass die Röhrenlibelle parallel zu zwei dieser Schrauben steht, und lässt die Libellenblase mittels der Horizontierschauben genau in der Mitte M einspielen. Dann wird das Gerät 180° um die Vertikalachse gedreht und die Libelle kontrolliert: ihre Blase müsste genau in der Mitte stehen. Jetzt dreht man das Gerät um 90°, d.h. die Libelle steht senkrecht zu den beiden bereits eingestellten Fußschrauben. Man wiederholt den Vorgang, indem man nur die 3. Schraube einstellt. Nicht vergessen, zur Kontrolle erneut um einen Halbkreis drehen.
War die Libelle eingespielt und weicht die Blase nach 180° Drehen von der Mitte ab (Punkt D), ist die Libelle oder das optische Gerät dejustiert.
Präzises Messen ist dennoch möglich: man spielt die Blase genau zwischen D und M ein und überprüft es durch zurückdrehen um 180° (die Mittelstellung D-M bleibt erhalten). Zuletzt wird dieser Vorgang bei querstehender Libelle (90 und 270°) mit der 3.Schraube abgeschlossen.
Wenn die Röhrenlibelle zwei Rektifizierschrauben hat - und man selbst 5-10 min Zeit - kann man sie justieren. Dabei wird die andere Hälfte von D-M während des Horizontier-Vorgangs weggestellt, d.h. die Libelle gegenüber dem Gerät gekippt. Oft genügt dafür eine Zehnteldrehung!
Genauigkeit
Die Empfindlichkeit von Libellen wird als Parswert angegeben; das ist jener Winkelwert, bei dem die Blase um 2mm (1 Pars = 1 Teilstrich) wandert.
Viele Libellen haben durchgehende Strichteilung; die früheren Pariser Linien (2,256mm) wurden im 20.Jahrhundert auf mm vereinheitlicht.
Röhrenlibellen von Theodoliten haben meist Parswerte (Angabe) um 20" und sind auf etwa 0,2p ablesbar.
Während man mit einer Dosenlibelle je nach Parswert auf 1'- 5' genau (0,017°-0,083°) horizontieren kann, sind Röhrenlibellen 5-10 mal genauer.
Empfindlichste Röhrenlibellen erlauben das Einstellen von z.B. Teleskopen auf besser als 1", was einer Ungenauigkeit von 4,8 mm auf einer Länge von 1 km entspricht. Solche Libellen werden beim Horizontieren geodätischer Geräte kaum benötigt: ein pendelndes Prisma hält beim Kompensatornivellier die Restfehler klein, während beim Theodoliten die meist recht flachen Höhenwinkel die Wirkung des Stehachsenfehlers begrenzen.
Für Sonderanwendungen gibt es Reiterlibellen, die auf die Kippachse oder die Alhidade aufgesetzt werden (Parswerte 1-10").
Sie erübrigen sich heute teilweise, weil Neigungs-Sensoren (siehe unten) ebenfalls genauer als 1" arbeiten.
Für große Universalinstrumente wie den T4 und Meßgeräte der Astronomie gibt es Hängelibellen.
Das Horrebow-Niveau wird ans Meßfernrohr angeklemmt, um eine auf 0.1" konstante Zenitdistanz zu garantieren.
Alternativen
- Vor den Libellen gab es das Lot, mit dem man indirekt über eine Rechtenwinkel auch die Horizontale ermitteln kann. Hat man kein Lot, so tut es auch Spucke.
- Mit Neigungsmessern (Clinometer) kann man die Horizontale einspielen
- Gravimeter, die zur Bestimmung der Schwerebeschleunigung dienen, kann man zum Horizontrieren benutzen.
- Elektronische Libelle, dieser missverständliche Name für Schwerkraft- oder Neigungs-Sensoren meint neuere Instrumente mit elektrischem oder elektro-optischem Abgriff der Meßwerte. Als erste dieser Art kam um 1975 Talyvel auf den Markt. Der Sensor reagiert wie bei der Libelle auf das Erdschwerefeld, ist aber meist als spezielles Pendel ausgeführt.
- Auch Bauarten mit Waagebalken, Flüssigkeitshorizont, Elektrolytlibelle etc. sind vertreten. Die Genauigkeiten reichen von 0.1" - 1" (Geodäsie) bis etwa 0.1° in Bauwesen und Geotechnik.
- Für Staumauern gibt es lange Schwimm- und Gewichtslote mit mm-Genauigkeit.
Siehe auch: Theodolit, Neigungsmesser, Indexfehler, justieren