Apollo-Sojus-Test-Projekt

Das Apollo-Sojus Test Projekt (ASTP) war die erste amerikanisch-sowjetische Kooperation in der Weltraumfahrt. Ein Apollo- und ein Sojus-Raumschiff koppelten am 17. Juli 1975 in der Erdumlaufbahn aneinander an, so dass die Raumfahrer von einem Raumschiff ins andere umsteigen konnten. Die Mission stellte eine Zäsur in die bis dahin streng getrennten und im Wettbewerb stehenden Weltraumprogramme der Supermächte dar. Die Raketentechnik war eine maßgebliche Basis des Wettrüstens geworden, und so war die friedliche Zusammenarbeit im Weltraum ein politischer Publizitätserfolg und ein pazifistisches Signal.
Raumschiffe und Besatzungen
Sojus 19

Das sowjetische Sojus-Raumschiff Sojus 19 wurde mit einer Sojus U-Rakete gestartet. An Bord waren Kommandant Alexei Leonow, der mit Woschod 2 bereits Weltraumerfahrung hatte und dabei den ersten Weltraumspaziergang unternommen hatte, und Flugingenieur Waleri Kubassow, der bereits mit Sojus 6 im All war.
Apollo
Das amerikanische Apollo-Raumschiff hatte keine offizielle Nummer. Da die letzte Apollo-Mission zum Mond Apollo 17 war, wurde inoffiziell oft die Bezeichnung Apollo 18 verwendet. Als Rakete diente eine Saturn 1B mit der Seriennummer AS-210. Im Gegensatz zu den meisten anderen Apollo-Missionen hatte die Raumkapsel zwar eine Seriennummer (CSM 111), aber kein eigenes Rufzeichen. An Bord der Apollo waren Kommandant Thomas Stafford, der bereits mit Gemini 6, Gemini 9 und Apollo 10 im All war, Vance Brand und Deke Slayton. Slayton hatte zu allerersten Gruppe von Astronauten gehört, konnte aber aus gesundheitlichen Gründen nicht wie vorgesehen mit einer Mercury-Kapsel starten. Er war dann mehrere Jahre für die Auswahl der Apollo-Besatzungen verantwortlich, bis er beim letzten Apollo-Flug tatsächlich selbst zum ersten Mal in den Weltraum fliegen konnte.
Das Dockingmodul
Da die amerikanischen und die sowjetischen Raumschiffe unterschiedliche Atmosphären an Bord hatten, konnten Apollo und Sojus nicht direkt koppeln. Stattdessen führte das Apollo-Raumschiff einen Dockingadapter mit, der als Koppelmodul und Luftschleuse diente. Während des Starts war der Dockingadapter in der Oberstufe der Saturn-I-Rakete verstaut. In der Erdumlaufbahn zog die Apollo dann den Adapter aus der Verkleidung, genau wie in vorgehenden Apollo-Missionen die Mondfähre herausgezogen worden war. Der Dockingadapter befand sich damit an der Spitze der Apollokapsel.
Die Atmosphäre an Bord der Apollo war reiner Sauerstoff mit einem Druck von 34% der Erdatmosphäre. An Bord der Sojus wird dagegen normale Luft (Stickstoff-Sauerstoff-Gemisch) geatmet. Der üblichen Druck von 100% der Erdatmosphäre wurde für diese Mission auf 68% reduziert, damit sich beim Umsteigen von einem Raumschiff in das andere die Atmung leichter anpassen konnte.
Missionsverlauf

- Die sowjetische Sojus 19 startete am 15. Juli 1975 vom Kosmodrom Baikonur. Es war der erste sowjetische Raketenstart, der international live im Fernsehen übertragen wurde.
- Etwa sieben Stunden später startete in Cape Canaveral das Apollo-Raumschiff. Da sich zu dieser Zeit zwei weitere Kosmonauten an Bord der sowjetischen Raumstation Saljut 4 befanden, waren damit erstmals sieben Raumfahrer gleichzeitig im All.
- In der Erdumlaufbahn zog das Apollo-Raumschiff das Dockingmodul aus seiner Halterung.
- Sichtkontakt der beiden Raumschiffe am 17. Juli
- Bei der Kopplung der beiden Raumschiffe übernahm Apollo die aktive Rolle
- Bei mehreren Gelegenheiten wechseln die Raumfahrer in das jeweilig andere Raumschiff. Dabei blieb jedes Raumschiff zu jeder Zeit mit mindestens einem Raumfahrer besetzt.
- Nach 44 Stunden gemeinsamen Flugs trennten sich Apollo und Sojus. Apollo schob sich vor die Sonne, um für die Sojus-Kosmonauten eine künstliche Sonnenfinsternis zu erzeugen
- Zweites Docking, dieses Mal Sojus als aktives Raumschiff. Die Raumfahrer stiegen dabei aber nicht mehr in das andere Raumschiff.
- Drei Stunden später: Entdocken
- Sojus 19 verließ die Erdumlaufbahn und landete am 21. Juli 1975 in der Wüste von Kasachstan. Die Landung wurde erstmals im Fernsehen übertragen.
- Die Apollo-Kapsel wasserte am 24. Juli 1975 im Pazifischen Ozean und wurde von der USS New Orleans geborgen.
Beinahe-Katastrophe bei der Apollo-Landung
Durch eine Fehlbedienung und eine Verkettung unglücklicher Umstände wäre es bei der Landung der letzten Apollokapsel beinahe noch zum Tod der drei Astronauten gekommen.
Aus einem nicht mehr nachvollziehbaren Grund wurden nach dem Wiedereintritt in die Erdatmosphäre zwei Schalter nicht betätigt, die das automatische Erdlandesystem auslösen sollten. Als in ca. 7.000 Metern Höhe die Hilfs-Bremsfallschirme nicht wie vorgesehen automatisch ausgelöst wurden, wurde dies von den Astronauten manuell vorgenommen. Die Stabilisationsdüsen, die automatisch hätten deaktiviert werden sollen, zündeten jedoch, weil die Lage der Raumkapsel nun nicht mehr mit der bisher vorgeschriebenen übereinstimmte. Dadurch kam die Kapsel ins Pendeln.
Nach etwa 30 Sekunden wurden diese Düsen von den Astronauten ausgeschaltet. Während dieser Zeit drangen aber unverbrannte Gase durch ein Ausgleichsventil in die Kapsel ein. Da die Hauptfallschirme ebenfalls nicht automatisch ausgelöst wurden, betätigte Brand auch diese manuell bei 2700 m. Nach der etwas harten Wasserung schwamm die Kapsel kopfüber und Brand mußte das Aufrichtsystem manuell betätigen, um sie in eine aufrechte Position zu bringen.
Brand war etwa 40 Sekunden bewusstlos. Stafford gelang es, ihm eine Sauerstoffmaske überzustülpen. Nachdem sich die Kapsel aufgerichtet hatte und die Luke geöffnet werden konnte, strömte Frischluft herein und die Gase verflüchtigten sich. Die Besatzung musste nach der Bergung noch zwei Wochen im Krankenhaus zur Beobachtung bleiben.
Die Auswirkungen
Es war der letzte Flug eines Apollo-Raumschiffes und der Trägerrakete Saturn IB. Gleichzeitig war es auch das letzte amerikanische Raumschiff, das an einem Fallschirm wasserte. Damit schloss aus amerikanischer Sicht das ASTP die Ära der bemannten Raumfahrt mit Verlustraketen ab. Es sollte eine Periode von sechs Jahren folgen, in denen es keine bemannten amerikanischen Starts gab, bis 1981 das Space Shuttle in Betrieb genommen wurde.
Das ASTP blieb eine einmalige Aktion der beiden Weltraummächte USA und UdSSR, bis zwanzig Jahre später das Shuttle-Mir-Programm anlief.
Weblinks
- Rolf Dutzmann: Internationales Raumflugtreffen Apollo-Sojus in der Flugrevue 10/1975
- NASA-Pressemappe (123 Seiten im PDF-Format, engl.)
- NASA: Programmübersicht (engl.)
- NASA:A History of the Apollo-Soyuz Test Project (engl.)