Wohnterrasse
Als Terrasse oder Wohnterrasse wird in Hamburg die innere Bebauung eines städtischen Häuserblocks genannt. Es handelt sich dabei in der Regel um zeilenförmig angeordnete, mehrgeschossige Miethäuser, die hinter einem Vorderhaus längs zur Straßenachse stehen und über einen Durchgang und nicht befahrbahren Wohnweg erschlossen werden. Durchzieht die Häuserzeile einen ganzen Block und hat an der gegenüberliegenden Straße einen weiteren Zugang, wird diese in der Regel Passage genannt. Terrassen und Passagen sind ab Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Beginn des Ersten Weltkrieg in den stadt- und hafennahen Erweiterungsgebieten entstanden und gehen auf die Tradition der für Hamburg typischen innerstädtischen Bebauung der Gängeviertel zurück. In ihrer Baugeschichte weisen sie die Entwicklungsstufen städtebaulicher Reformansätze auf, gelten als Nachbild der traditionellen Arbeiterquartiere und zugleich als Vorläufer der Sozialsiedlungen der Schumacher-Ära.
Begriff
Der Begriff Terrasse wurde im 19. Jahrhundert als Architekturbegriff von den englischen terraced houses übertragen und fand in den 1870er Jahren Eingang in die offiziellen Adressbücher und 1882 in das Baupolizeigesetz. Er wird als Euphemismus oder auch Spekulationslüge angesehen, da er „einer Sache von geringem Ansehen einen, wenn auch unpassenden, so doch wohlklingenden Namen“ gibt.[1] Er lässt sich nicht deutlich abgrenzen und wird umgangssprachlich für diverse Formen der Hinterhofbebauung verwendet. Im engeren Sinne bezeichnet er ausschließlich die quer zur Straße liegende Bebauung. In den Adresssbüchern der 1920er Jahre wurde hingegen eine sehr genaue Unterscheidung vorgenommen, so wies man neben den Terrassen und Passagen auch Hinterhäuser aus, das waren zumeist gewerblich genutzte Gebäude parallel zur Straßenbebauung, Wohnhöfe, die ungeregelmäßig angeordnet waren und einer Mischnutzung unterlagen, sowie Gartenhäuser als Bezeichnung für Kleinbauten mit innerhöfischen Gartenflächen.[2]
Baugeschichte
Die ersten Terrassen wurden ab 1845 in dem damals städtebaulich neu erschlossenen Klostergebieten des heutigen Schanzenviertels errichtet. Nach Aufhebung der Torsperre 1860 entstanden mit dem Massenwohnungsbau eine Vielzahl dieser Hinterhofzeilen in den Stadterweiterungsgebieten, die die heutigen Stadtteile St. Pauli, Sternschanze, St. Georg, Borgfelde und Rothenburgsort ausmachen. Eine nächste Baustufe wird für die Zeit ab 1880 bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts in dem Ring gesehen, der sich mit den Stadtteilen Rotherbaum, Eimsbüttel, Hoheluft, Eppendorf, Winterhude, Barmbek, Uhlenhorst, Eilbek und Hammerbrook um die innere Stadt zieht. Auch in den Gebieten der bis 1937 selbständigen Stadt Altona entstanden am Ende des 19. Jahrhunderts zahlreiche Hofbebauungen, doch zeichnen sich diese durch ihre verschiedenartige Struktur aus. In den ebenfalls vormals nicht hamburgischen Gebieten von Wandsbek, Wilhelmsburg und Harburg blieben Terrassen Ausnahmen in der Bebauung.
Die ersten Terrassenbauten wurden ohne hygienische Mindeststandards errichtet, Wasserstellen und Aborte befanden sich außerhalb der Häuser im Hof, die Anlagen waren aufgrund der intensiven Ausnutzung städtischen Baulands eng und galten als licht-, luft- und sonnenunzugänglich. Einen ersten Fortschritt brachten die Etagentoiletten, das waren stockwerkweise am Treppenabsatz angelegte Sanitärräume, bis schließlich Wasseranschlüsse in die Wohnungen gelegt wurden. Durch Grundrissveränderungen konnten Treppenhäuser mit Fenstern versehen werden, die neben dem Lichteinfall Lüftungsmöglichkeiten boten. Mit baurechtlichen Mindestabstandsgeboten wurde versucht, die Bebauungsdichte einzuschränken.
Während der Bombenangriffe des Zweiten Weltkriegs wurden viele der Terrassen zerstört, weitere in der Nachkriegszeit abgerissen und durch Neubebauung ersetzt. In den 1980er Jahren fanden umfangreich Untersuchungen des Bestandes statt, knapp 400 Terrassen waren bis dato erhalten. Die Hamburger Baubehörde stufte den größten Teil als erhaltenswürdig ein, viele von ihnen wurden unter Denkmalschutz gestellt.[3]
Sahlhäuser
- Neustadt (Schier's Passage am Valentinskamp, als Gängeviertel besetzt)
- Karoviertel (Juliusterrasse, Göttsch Passage, Karolinenweg, Margarethen-Terrasse, Holstengarten, Mathildenterrasse)
- Sternschanze (Augustenpassage, Zollischeck's Terrasse, Bachterrasse, Balkonterrasse, Hamburger Hof)
- St. Pauli (Jägerpassage, Mathildenpassage, Becker's Passage)
- St. Georg (Heinrich's Terrasse, Koppel, Kattenhof, Kreter's Passage)
- Billstedt, Rothenburgsort
- Eimsbüttel (Heus-Hof, Schlumppassage, Klocks Weg, Rippens Terrasse, Grindelhof, Schriever's Passage, Gartenheim, Falkenried, Olga-Passage, Baum-Terrasse, Bunker Terrasse, Falkenheim, Halbmond
- Hansa-Passage
- Rotherbaum (Heimweg, Magdalenenterrasse, Wilhelminenallee,
- Eppendorf (Marienweg
- Winterhude (Mundt's Passage)
- Wandsbek
- Wilhelmsburg
Altonaer Terrassen:
- Braunschweger Hof, Marienterrasse, Adolphpassage, Brunn's Terrasse, Levy's Passage,
-
Zollischeck-Terrasse, Sternstraße
Literatur
- Jörg Haspel: Hamburger Hinterhäuser: Terrassen - Passagen - Wohnhöfe. Hamburg, 1987
Einzelnachweise
- ↑ Hermann Funke: Zur Geschichte des Hamburgischen Miethauses. Veröffentlichungen des Vereins für Hamburgische Geschichte, Band XXV, Hamburg 1974, S. 56
- ↑ Jörg Haspel: Hamburger Hinterhäuser: Terrassen - Passagen - Wohnhöfe, S. 11
- ↑ Jörg Haspel: Hamburger Hinterhäuser: Terrassen - Passagen - Wohnhöfe, S. 8 ff.