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Albrecht Müller (Publizist)

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Albrecht Müller auf dem Evangelischen Kirchentag 2007

Albrecht Müller (* 16. Mai 1938 in Heidelberg) ist ein deutscher Volkswirt und Publizist. Müller war von 1987 bis 1994 für die SPD Mitglied des Deutschen Bundestages und ist als Autor und Berater tätig.

Leben

Müller ist in Meckesheim aufgewachsen. Auf eine Lehre zum Industriekaufmann folgte das Studium der Volkswirtschaftslehre und Soziologie in Mannheim, Berlin, München und Nottingham. Nach seiner ersten Stellung als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Internationale Wirtschaftsbeziehungen der Universität München war er ab 1968 Ghostwriter des Bundeswirtschaftsministers Karl Schiller. Von 1970 bis 1972 war er als Leiter der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit des SPD-Parteivorstandes maßgeblich an der Wahlkampfarbeit Willy Brandts beteiligt (Slogan: Willy wählen). Er stand in engem Kontakt mit der sozialdemokratischen Wählerinitiative, die von Günter Grass, Siegfried Lenz, Günter Gaus und weiteren Prominenten des öffentlichen Lebens geführt wurde. [1] Danach arbeitete er von 1973 bis 1982 als Leiter der Planungsabteilung im Bundeskanzleramt unter Willy Brandt und Helmut Schmidt. Aus dieser Zeit stammt seine Zusammenarbeit mit Frieder Naschold. Nach dem Wahlsieg von Helmut Kohl 1982 begann Müllers Karriere als freiberuflicher politischer und wirtschaftspolitischer Berater. 1984 trat er als Kandidat bei den Oberbürgermeisterwahlen in Heidelberg an, konnte sich aber gegen Reinhold Zundel nicht durchsetzen.[2] Von 1985 bis 1986 gehörte er der Wahlkampfmannschaft des niedersächsischen SPD-Spitzenkandidaten Gerhard Schröder an. Nach der Bundestagswahl 1987 zog Müller in den Bundestag ein, dessen Mitglied er über zwei Legislaturperioden bis 1994 blieb. Heute ist Albrecht Müller als Autor und Journalist, Politik- und Unternehmensberater tätig. Außerdem veröffentlichte er Artikel, Essays und Bücher. 1999 erschien Von der Parteiendemokratie zur Mediendemokratie im Verlag Leske und Budrich. 2004 folgte Die Reformlüge im Droemer Knaur Verlag. Das Buch kritisiert den anhaltenden Einfluss der neoliberalen, die Nachfrage vernachlässigenden Wirtschaftstheorie auf Medien und Politik in Deutschland, insbesondere durch wirtschafts- und sozialpolitische Strategien. In seinem Buch Machtwahn – Wie eine mittelmäßige Führungselite uns zugrunde richtet werden diese Tendenzen beispielhaft dargelegt und analysiert. Im August 2009 erschien Meinungsmache: Wie Wirtschaft, Politik und Medien uns das Denken abgewöhnen wollen, in dem Albrecht Müller aufzeigt, wie die öffentliche Meinung mit systematisch inszenierten Kampagnen beeinflusst wird. Albrecht Müller lebt mit seiner Frau in Pleisweiler.

Wirken als Publizist

Neben der Veröffentlichung mehrerer Bücher betreibt Müller gemeinsam mit dem Juristen Wolfgang Lieb das Internetjournal NachDenkSeiten. Die kritische Website. Es ist nach Ansicht von Spiegel online eine der wenigen deutschen Webseiten zu politischen Themen, die überhaupt wahrgenommen werden.[3][4] Wie in seinen Büchern setzt er sich in den NachDenkSeiten mit den seiner Einschätzung nach erfolglosen sozialstaatlichen Reformen in Deutschland, der gegenwärtigen Wirtschaftspolitik und der Meinungsbildung in der Presse auseinander. In Form einer Gegenöffentlichkeit möchte Müller hiermit politische Diskussionen anregen.

Rezensionen

Der Ökonom Achim Truger [5] sieht die Stärke von Müllers Buch darin, es sei „eine anregende Anleitung zum kritischen Denken und ein eindringlicher Aufruf, den politischen, wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und journalistischen Eliten auf die Finger zu schauen“.[6]

In einem Deutschlandfunk-Beitrag begrüßt der Autor Matthias Kamann das Engagement Müllers für „freies Denken“ und gegen den einheitlichen „Reform-Jargon“, sieht jedoch in Müllers „Elitenschelte“ Ansätze einer „Verschwörungstheorie“.[7] Bei den Lesern der NachDenkSeiten handele es sich „letztlich um eine Internet-Gemeinde für enttäuschte Sozialdemokraten“, schrieb Spiegel Online.[4]

Der SPD-Politiker Erhard Eppler (1968 bis 1974 Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit) schrieb in einer Buchbesprechung über Müllers Buch Machtwahn, er habe keine Lösungen und wolle eine Politik, die bereits in den 1970er Jahren gescheitert sei. Er spiele dadurch denen in die Hände, für die Demokratie nie etwas anderes gewesen sei als eine „Verschwörung der Dummen mit den Korrupten“.[8] Hans-Joachim Selenz schrieb in seiner Besprechung zum selben Buch: „Man kann nur zustimmen, wenn Müller behauptet ‚In keinem Land ist der makroökonomische Sachverstand so gering wie bei uns‘. (...) Gefahren für die Demokratie erwachsen für den Autor daraus, dass Teile der Gesellschaft die Rolle ‚wirtschaftspolitischer Versuchskaninchen’ spielen müssen. (...) Darin sieht Müller im Kern keine liberale, sondern eine feudale Bewegung‘. Müller geißelt Meinungsmanipulation durch die Macht über die Medien. Behauptet, Korruption setze bei den Eliten an, nicht beim Volk – ‚denn es wäre viel zu teuer und würde sich nicht lohnen, wollte man das ganze Volk korrumpieren‘“.[9]

Werke

  • Willy wählen ’72 – Siege kann man machen. Verlag Plöger Medien, Annweiler 1997, ISBN 978-3-89857-100-5.
  • Mut zur Wende! Aufbau Taschenbuch Verlag, Berlin 1997.
  • Von der Parteiendemokratie zur Mediendemokratie. Beobachtungen zum Bundestagswahlkampf 1998 im Spiegel früherer Erfahrungen. Leske und Budrich, Leverkusen 1999, ISBN 3-8100-2283-7.
  • Die Reformlüge. Droemer Knaur Verlag, München 2004, ISBN 3-426-27344-6.
  • Machtwahn – Wie eine mittelmäßige Führungselite uns zugrunde richtet. Droemer Knaur Verlag, München 2006, ISBN 3-426-27386-1.
  • Wolfgang Lieb, Albrecht Müller: Das kritische Jahrbuch 2007 – Nachdenken über Deutschland. Verlag Helmut Schmidt Medien, Kirchsahr 2008, ISBN 978-3-00-023733-1.
  • Wolfgang Lieb, Albrecht Müller: Das kritische Jahrbuch 2008/2009 – Nachdenken über Deutschland. Verlag Helmut Schmidt Medien, Kirchsahr 2008, ISBN 978-3-00-026393-4.
  • Albrecht Müller: Meinungsmache: Wie Wirtschaft, Politik und Medien uns das Denken abgewöhnen wollen. Verlag Droemer Knaur, München 2009, ISBN 978-3-426-27458-3.

Einzelnachweise

  1. http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-24793299.html Der Spiegel, 9.September 2002: Der Zeitgeist macht mobil]
  2. Hans-Joachim Noack: Querdenker gegen Stadtsheriff. In: Der Spiegel. Nr. 16, 1984, S. 29–31 (online).
  3. Eigenangabe auf Nachdenkseiten.de
  4. a b Markus Brauck, Frank Hornig und Isabell Hülsen: „Die Beta-Blogger“ (2), Spiegel Online, 21. Juli 2008
  5. Hans-Böckler-Stiftung: Dr. Achim Truger. Referatsleitung. In: boeckler.de, Web-Site der Hans-Böckler-Stiftung. 13. Juli 2007, abgerufen am 16. September 2008.
    Truger wurde zum Dr. rer pol. am Finanzwissenschaftlichen Forschungsinstitut an der Universität Köln promoviert, er ist „Leiter des Referates Steuer- und Finanzpolitik im Institut für
    Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in der Hans-Böckler-Stiftung“.
  6. Achim Truger: Anleitung zum kritischen Denken. In: Frankfurter Rundschau online. 21. März 2006, abgerufen im Jahr 2006.
  7. Matthias Kamann: Kritik am Meinungskartell. In: Deutschlandfunk. 7. April 2006, abgerufen am 23. Juli 2007. Rezension
  8. Erhard Eppler: Die Abrechnung eines Mitarbeiters von Helmut Schmidt. In: Süddeutsche Zeitung. 19. Juni 2006, abgerufen am 23. Juli 2007.
  9. Rezension von Hans-Joachim Selenz gespiegelt auf http://www.mein-parteibuch.de/2006/05/28/buchtip-machtwahn-von-albrecht-mueller www.mein-parteibuch.de (Seite nicht mehr abrufbar)