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Aeroflot-Flug 6833

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Datei:Tupolev Tu-134 on tarmac.jpg
Tupolew Tu-134: Ein Typ dieser Maschine wurde 1983 in Tiflis entführt.

Die Tiflisser Flugzeugentführung war ein Akt der Luftpiraterie am 18. November 1983. Acht junge Georgier versuchten vergeblich eine Linienmaschine der Aeroflot auf dem Flug von Tiflis nach Leningrad mit Waffengewalt zur Landung in der Türkei zu zwingen. Die Entführer wurden zum Tode verurteilt und hingerichtet.

Entführung

Die neun Entführer enstammten der georgischen Intelligenzia, waren Ärzte, Künstler sowie Schauspieler, und wollten aus der Sowjetunion flüchten. Nach dem Start der Tupolew Tu-134A-Maschine mit 57 Passagieren und sieben Mannschaftsmitgliedern an Bord, schlugen zwei von ihnen eine Stewardess nieder, drangen in das Cockpit ein, erschossen zwei Piloten und verlangten in der Türkei zu landen. Der Navigationsoffizier erschoss einen Entführer und verletze den anderen, der aus dem Cockpit floh. Es kam zu mehreren Schusswechseln in der Passagierkabine. Die Tupolew landete wieder auf dem Flughafen Tiflis. Die Entführer drohten mit einer Sprengung des Flugzeugs und verlangten den Abflug in die Türkei.

Georgiens KP-Chef Eduard Schewardnadse forderte eine ALFA-Spezialeinheit des KGB aus Moskau an und überwachte den Einsatz am Flughafen persönlich. Vergeblich bemühten sich Eltern der Entführer, den Parteichef von der Erstürmung der Maschine abzuhalten. Sie erklärten sich bereit, selbst an Bord zu gehen und ihre Kinder zur Aufgabe zu bewegen. Schewardnadse lehnte das ab. Die ALFA-Einheit erstürmte das Flugzeug am frühen Morgen des 19. November innerhalb von acht Minuten. Dabei starben zwei weitere Entführer. Es kamen auch zwei Passagiere und eine Stewardess ums Leben. Über die Verantwortung an ihrem Tod wird bis heute gestritten. Umstritten ist auch, wer die 63 Einschusslöcher im Flugzeug verursacht hat. Die sechs überlebenden Entführer wurden verhaftet.

Prozess

Schewardnadse bezeichnete sie als "Drogenabhängige" und "Banditen". Im Gefängnis durften sie weder Besuche empfangen noch Briefe schreiben. Sie wurden im August 1984 in Tiflis vor Gericht gestellt, zum Tode verurteilt und hingerichtet. Ihr Beichtvater, der orthodoxe Priester Theodor Tschichladse, wurde wenige Monate später ebenfalls verhaftet. Obgleich er von den Plänen zur Entführung nichts wußte, wurde als "Rädelsführer" ebenfalls zum Tode verurteilt und erschossen.

Die Angehörigen der Entführer waren über mehrere Jahre starkem politischen Druck ausgesetzt. Verschiedene verloren auf Anweisung der Kommunistischen Partei ihre Arbeit bei staatlichen Institutionen.

Kritik

Viele Georgier empfanden die Tiflisser Flugzeugentführung als eine nationale Tragödie. In Tiflis kursierten Appelle, die sich gegen eine Todesstrafe für die Entführer wandten. In ihren Augen waren die Entführer junge, gebildete Leute, die sich nicht mit den Ungerechtigkeiten der sowjetischen Realität abfinden wollten und davon träumten in einem freien Land zu leben. Nach der Wende von 1991 warfen sie Schewardnadse in Zeitungsartikeln vor, er habe die Todesstrafe verlangt, um seine Position in der Kommunistischen Partei zu festigen und seine Loyalität gegenüber der Zentrale in Moskau zu beweisen.

2001 wurde im Freien Theater (georgisch tavisupali teatri) in Tiflis das Theaterstück Jeans Generation, verspätetes Requiem des Autors David Turaschwili uraufgeführt. Es stellt die Flugzeugentführung in den Mittelpunkt. Das Staatliche Marjanischwili Theater hatte es zuvor abgelehnt, das Stück unter dem Arbeitstitel Flugzeug-Jungen auf die Bühne zu bringen.