Lothar Gall
Lothar Gall (* 3. Dezember 1936 in Lötzen) ist ein deutscher Historiker.
Leben
In seinem Geburtsort konnte der 1936 geborene Gall die Schule nur sehr unregelmäßig besuchen, 1944 floh er mit seiner Familie über Bochum und Stuttgart nach München. Der Vater war im Krieg gefallen. In Niederbayern im Bayrischen Wald beendete er die vierte Klasse und wechselte anschließend für neun Jahre auf das Internat Schule Schloss Salem.
Im Jahre 1956 begann er, an der Ludwig-Maximilians-Universität München Geschichte, Romanistik und Germanistik zu studieren. Ursprünglich wollte Gall, so wie es in seiner Familie Tradition war, Rechtswissenschaften studieren, besuchte jedoch im ersten Semester eine Vorlesung Franz Schnabels, die seine Liebe zur historischen Wissenschaft erweckte. Ab dem dritten Semester nahm er regelmäßig an dessen Seminar teil, bis er 1960 mit einer Arbeit über den französischen Liberalen Benjamin Constant promovieren konnte. Schnabel vermittelte Gall daraufhin ein Stipendium am Mainzer Institut für Europäische Geschichte. Dort vervollkommnte er seine Dissertation. Nach einem DFG-Stipendium zwischen 1962 und 1965 ging er im Mai an die Universität zu Köln, wo er bei Theodor Schieder 1967 in Mittelalterlicher und Neuerer Geschichte habilitierte, die Arbeit trug den Titel "Liberalismus als regierende Partei".
Gall wurde 1968 Professor an der Justus-Liebig-Universität in Gießen und übernahm vier Jahre später den Lehrstuhl der FU Berlin. Nach einem kurzen Intermezzo 1972/1973 als Gastprofessor in Oxford fand er 1975 in der Frankfurter Johann Wolfgang Goethe-Universität eine Lehrheimat, an der er noch heute wirkt.
Außerdem ist Gall Herausgeber der Historischen Zeitschrift (seit 1975) und Mitglied zahlreicher geschichtswissenschaftlicher Vereinigungen. So steht er der Historischen Kommission der Bayerischen Akademie der Wissenschaften vor und übte von 1992 bis 1996 den Vorsitz im Verband der Historiker Deutschlands aus.
Werk
Zu den Schwerpunkten seiner Forschungen zählt er die Geschichte des europäischen Liberalismus, Nation und Nationalstaat in Europa, die Sozialgeschichte des Bürgertums, die europäische Geistesgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, die Geschichte des Unternehmers Friedrich Krupp sowie die Wissenskultur und den gesellschaftlichen Wandel.
In der Öffentlichkeit hat sich Gall vor allem den Ruf eines brillanten Experten auf den Gebieten der Bismarck-Forschung und der deutschen Sozial- bzw. Wirtschaftsgeschichte erworben. Sein 1980 erschienenes Werk "Bismarck. Der weiße Revolutionär" (ISBN 3548275176) verkaufte sich 180000mal. Das 1987 begonnene, die bürgerlichen Lebensverhältnisse untersuchende Forschungsprogramm "Stadt und Bürgertum im 19. Jahrhundert" mündete u.a. im Werk "Bürgertum in Deutschland" (1989). Weitere wichtige Veröffentlichungen waren "Krupp. Der Aufstieg eines Industrieimperiums" (2000) sowie die Reihen "Grundriß der Geschichte" und "Enzyklopädie deutscher Geschichte".
Auszeichnungen
- Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preis der DFG (1988)
- Herbert-Quandt-Medien-Preis (1990)
- Balzan-Preis (1993)
- Großes Bundesverdienstkreuz mit Stern
Personendaten | |
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NAME | Gall, Lothar |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Historiker |
GEBURTSDATUM | 3. Dezember 1936 |
GEBURTSORT | Lötzen |