Wermsdorfer Forst
Als Wermsdorfer Forst wird ein in Nordwestsachsen gelegenes, ca. 13.000 ha großes Wald- und Landschaftsschutzgebiet bezeichnet. Es wird von den Städten Oschatz, Wermsdorf, Sachsendorf, Dornreichenbach und Luppa begrenzt und durch die Bundesstraße 6 durchquert.

Beschreibung
Das Gebiet wurde im Pleistozän geformt. Der Wald wird durch ein geradliniges Schneisensystem unterbrochen, welche für die Parforcejagd unter August dem Starken eingerichtet wurde. Im Osten liegt der Collmberg mit 313 m ü. NN und im Nordwesten der Reichenbacher Berg mit 206 m ü. NN. Im Süden grenzen die mit Teichwirtschaft betriebene Horst- und der Döllnitzseen an den Forst. Den geologischen Untergrund bildet ein Deckenerguß von Pyroxenquarzporphyr. Der Boden wechselt zwischen Kies und Lehm.[1] Das Waldgebiet mit seinen zahlreichen Sehenswürdigkeiten wird überregional als Ausflugs - und Erholungsziel genutzt.
Geschichte
Die heutige zusammenhängende Flächenausdehnung des geschlossenen Waldgebietes ist allein auf die Erwerbung der Wald - und Jagdgebiete durch Kurfürst August zurückzuführen und der Besitzvergrößerung durch Kauf der Starschedelschen Güter verbunden. Später war es August der Starke, der hier die französische Mode der Parforcejagd einführte. 1695 war der fünfundzwanzigjährige Prinz August bei Franz Anton Graf von Sporck in Lissa gewesen und charakterisierte ihn später als "Alt - und Lehrmeister der Jagd".[2] Sporck hatte die Parforcejagdmethode vom Hofe des Ludwigs XIV. mitgebracht. Die Jagd wurde zunehmend das Medium zur Selbst- und Prunkdarstellung von Macht und Besitz. Die Wildtiere wurden dabei durch Hundemeuten so lange gehetzt, bis sie sich entkräftet ergaben. Diese Jagdmethode war so populär, dass sogar spezielle Parforcehornmusiken komponiert wurden.[3] Die Jäger waren dabei in antike Trachten gekleidet und und von farbenprächtig gewandeten mythischen Figuren begleitet.[4] Der große Tag der Parforcejagd war der 3. November, der Tag des heiligen Hubertus. Noch kostspieliger als die Jagd selbst waren die Feste nach der Jagd. Im Sprachgebrauch der Gegenwart würde man diese als "Festspiele" bezeichnen. Allein zum Zweck für diese Zeit danach wurde die Hubertsburg in Wermsdorf errichtet. Mit Beginn des 19. Jahrhundert und zunehmender politischer Einflussnahme des Bürgertums wurde die Parforcejagd abgeschafft und auf die Hohe Jagd umgestellt. War es bisher ausschließlich Rotwild, so bejagte der Sächsische König jetzt auch Schwarzwild und es wurden sogar Entenjagden durchgeführt. Unter König Albert blühte nochmal die sächsische Hofjagd im Wermsdorf auf. Es wurden hauptsächlich Rehe und Hasen gejagt. Die pompösen Jagdfeste seiner Vorgänger waren aber in Sachsen nach dem Wiener Kongreß nur noch auf einfache Kartenspiele wie Skat und "Grobaus" reduziert.[5] Die Geschichte des Wermsdorfer Waldes als Hofjagdrevier des sächsischen Königs endete mit der Thronverzichtserklärung vom 13. November 1918 durch Friedrich August III..[6] Bereits 1822 begonnen, wurde ab 1841 durch Carl Zinkernagel als Schüler von Heinrich von Cottas im Wermsdofer Forst der regelmäßige Kahlschlag eingeführt und der Anteil von Nadelhölzern von 6 % auf 90 % gesteigert.[7] 1863 war der Forst in das Wermsdorfer und Luppaer Revier geteilt und umfasste eine Fläche von 6.900 sächsische Acker (1 sächs. Acker = 2 preussische Morgen = 3,8 ha (also der heutigen Fläche).[8] Mit der Neuordnung der Sächsischen Forstverwaltung nach dem 1. Weltkrieg wurden durch den Wermsdorfer Forstmeister Johannes Blanckmeister (1898-1982) neue Waldbauideen eingeführt. So wurden Reinbestände erhalten und mehrstufige Bestände durch Vor - und Unterbau eingeführt. Die Wildbestände wurden heruntergefahren und klein gehalten. 1934 wird der Wermsdorfer Wald zum ideologischen Wirtschaftsprinzip für das Deutsche Reich erhoben. 1950 wird in Schwäbisch Hall die "Arbeitsgemeinschaft für naturgemäße Waldwirtschaft" gegründet, der auch der Wermsdorfer Johannes Blanckmeister angehörte. Die DDR bemühte sich nach Kriegsende um eine Vorratswirtschaft durch Laubbaum-Beimischungen, die aber aufgrund des fehlenden Personals und dessen unzureichende Qualifizierung nicht erfolgreich war.[9] Das Waldgebiet wurde dann 1962 zum Landschaftsschutzgebiet erklärt.[10] Zu Beginn der siebziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts war die DDR-Forstwirtschaft auf dem Niveau des vorigen Jahrhunderts angelangt und führte wieder Kahlschläge aus. Ab 1992 wurde im Wermsdorfer Forst eine standortgerechte Bestockung unter der Vermeidung von Kahlschlägen eingeführt. Ziel ist wieder eine naturnahe Waldwirtschaft. Eigentümer ist heute der Freistaat Sachsen, bewirtschaftet wird dieser durch den Staatsbetrieb Sachsenforst. Der Wald wird in drei staatlichen Waldrevieren verwaltet[11]:
- Revier 02: Colm
- Revier 03: Wermsdorf
- Revier 04: Horstsee

Sehenswürdigkeiten
Carl Zinkernagel Grab
Erinnert an den am 29. August 1818 vom Sächsischen König Johann bestellten Oberforstmeister Carl Zinkernagel[8] (1802 - 1887), welcher in den Jahren von 1841 - 1867 die Waldlandschaft nachhaltig gestaltete.[12] Zinkernagel gehörte zu den ersten Forstverantwortlichen in Sachsen, die eine wissenschaftliche Ausbildung an der Königlich Sächsischen Forstakademie in Tharandt erhalten haben.[13]
Kulturlandschaftsmuseum Wermsdorfer Wald
Die von der Friedrich-Gustav-Klemm-Gesellschaft betreute Kulturlandschaftsmuseum betreut die Denkmäler und Siedlungszeugen im Wermsdorfer Wald. Am Parkplatz Kirchenteich wurde ein Waldklassenzimmer eingerichtet.[14]
Ausgrabungsstätte Wüstes Dorf Nennewitz
Nordöstlich Fremdiswalde und östlich von Sachsendorf in Nähe des Kirchenteichs befindet sich das 1081 erstmalig erwähnte Dorf Nennewitz. Bereits 1459 wurde es als das wuste Dorff urkundlich erwähnt.[15] Über die Gründe der Wüstung ist nichts bekannt. Von Prof. Dr. Gerhard Billig wurden acht Hofstellen, die nach der Sage tatsächlich teilweise im Wasser lagen, eine um 1200 errichtete Turmhügelburg und eine romanische Saalkirche ausgegraben.[14]
Jungbronzezeitliche Hügelgräber
Diese liegen im Mammbachschen Holz der Flur Sachsendorf und es handelt sich um Gräber der Lausitzer Kultur.
Arnimstein
Der Gedenkstein erinnert an einen tödlichen Jagdunfall der königlichen Hofjagd von 1908.[15]
Collmberg mit Albertturm
Auf dem 313 m hohen Collmberg befindet sich ein 18 m hoher Aussichtsturm. Der Turm wurde 1854 erbaut und 2010 an die Stadt Wermsdorf verkauft.[5] Bei guter Sicht sind nordwestlich das 57 km entfernt liegende Völkerschlachtdenkmal und im Süden die 148 km entfernt liegenden Höhenzüge des Erzgebirges erkennbar. Neben dem Turm wird im 1927 - 1932[16] errichteten geophysikalischen Observatorium der Universität Leipzig mittels Seismografen eine lückenlose Erdbebenregistrierung registriert und die Windgeschwindigkeit der Hochatmosphäre gemessen. Der 1957 errichtete Fermeldeturm Collmberg wurde 2005 abgerissen. Seit 2004 werden die UKW Frequenzen über einen 100m hohen neuen Funkturm übertragen.
Wallanlage Collm
Unterhalb des Alberturms befindet sich eine zwischen 900 - 930 archäologisch datierte 200 x 100 m große mittelalterliche Wallanlage.
Burg Medebach
Hier handelt es sich um ein 20 x 12 m großes Bodendenkmal, welches von einem fünf Meter breiten Graben umgeben ist. Hier handelt es sich um die Befestigung des 1475 als allodium bezeichneten Medebach.[17]
Wasserburg Laubental
Sichtbar ist ein Bühl mit einem Durchmesser von 15 m und 4 m Höhe in einem verlandeten Teich.[17]
Silbersee
Der Silbersee entstand vor 1939 durch künstliche Anstaung des Altenhainer Baches, welcher durch Calbitz fließt. Der Name stammt von Spiegelungen der tiefstehenden Sonne im Wasser, welches die gesamte Wasseroberfläche wie Silber glänzen läßt.
Wüstes Schloß Hayn
Reste einer mittelalterlichen Wasserburg nahe der Quelle des Altenhainer Baches, unweit vom Calbitzer Weg, welche vermutlich durch Hussiten um 1460 zerstört wurde. Die benachbarte Wiesenflur trägt die Bezeichnung Kriegswiese.[17]
Wüstes Schloß Osterlant
Der 1211 begonnene Profanbau wurde nie fertiggestellt. Die Bezeichnung Schloß Osterlant geht auf Thomas Osterlant, einen kriminellen Oschatzer Ratsherren zurück.[18]
Wermsdorf
Sehenswert ist der Erholungsort Wermsdorf mit seinen Schlössern Hubertusburg und dem Alten Jagdschloß.
Fauna und Flora
Im Wermsdorfer Forst gibt es zahlreiche Tiere und seltene Pflanzen und Gewächse:
Trivia
Das wüßte Schloß Hayn
Weiterführende Literatur
- Gerhard Billig: Ausgrabungen im Wermsdorfer Forst. Eine Forschungsbilanz. Pädagogische Hochschule "K.F.W. Wander", Dresden, 1987.
Weblinks
- Link Kartenausschnitt Wermsdorfer Forst, abgerufen am 25. Februar 2011.
- Link Kulturlandschaftsmuseum Wermsdorfer Forst, abgerufen am 25. Februar 2011.
- Link Gebietsgemeinschaft Dahlener Heide - Wersmorfer Wald e.V.,abgerufen am 25. Februar 2011.
Einzelnachweise
- ↑ Kurt Pietsch: Abriß der Geologie von Sachsen. Verlag Volk und Wissen, Berlin, 1951, S.70.
- ↑ Lutz Krüger: König August II. der Starke nennt Sporck “Alt- und Lehrmeister der Jagd”. Emmendorf, 2010, Link abgerufen am 25. Februar 2011.
- ↑ Dr. Peter Neu: Geschichte der Jagdhornmusik. Coburg, 2010, Link abgerufen am 25. Februar 2011.
- ↑ Dr. Othmar Wokalik: Geschichte der Jagd. 27. Teil. Coburg, 2006, Link abgerufen am 25. Februar 2011.
- ↑ a b Joseph Kürschner: König Albert und Sachsenland. Verlag Reinhold und Schwarz, Berlin, 1906, Online-Ausgabe: Link abgerufen am 25. Februar 2011. Referenzfehler: Ungültiges
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-Tag. Der Name „albert“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert. - ↑ Reiner Pommerin: Friedrich August III. . in: Sächsische Biografie hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde e.V., bearb. von Martina Schattkowsky, Online-Ausgabe: Link (25.2.2011) , Dresden, 2004, Link abgerufen am 25. Februar 2011.
- ↑ Internetseite der Gemeinde Wermsdorf: Wermsdorfer Wald. Wermsdorf, 2011, Link abgerufen am 25. Februar 2011.
- ↑ a b Albert Hugo: Seltener Anblick. in: Jagd - Zeitung Wien, 1863, Online-Ausgabe: Link (25.2.2011) , Dresden, 2004, Link abgerufen am 25. Februar 2011.
- ↑ Martin Hartig: Die sächsischen Wälder auf dem Weg zu nachhaltiger Bewirtschaftung. in: Treffpunkt Wald. Sächsischer Waldbesitzerverband e.V., Tharandt 2010, (PDF, 753 kB) URL: online abgerufen am 25. Februar 2011.
- ↑ Landratsamt Torgau-Oschatz: Naturschutzfachliche Würdigung zur Neuausweisung des LSG „Wermsdorfer Forst Untersuchungsergebnisse der Wassertechnik Leipzig GmbH, Oschatz, 2009.
- ↑ Staatsbetrieb Sachsenforst: Übersichtskarte Waldeigentum. Forstbezirk Leipzig. Dresden, 2010, (PDF, 2,84 MB) URL: online abgerufen am 25. Februar 2011.
- ↑ Heimatverein Wermsdorf: Carl Zinkernagel Grab. Carl Zinkernagel hat für die Wermsdorfer Heimatgeschichte eine große Bedeutung. Wermsdorf, 2007, Link abgerufen am 25. Februar 2011. Referenzfehler: Ungültiges
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-Tag. Der Name „wapp1“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert. - ↑ Helmut Striegler: Carl Heinrich Wilhelm Zinkernagel. in: Sächsische Biografie hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde e.V., bearb. von Martina Schattkowsky, Online-Ausgabe: Link (25.2.2011) , Dresden, 2004, Link abgerufen am 25. Februar 2011.
- ↑ a b Friedrich-Gustav-Klemm-Gesellschaft: Geschichte im Wald. Das Kulturlandschaftsmuseum im Wermsdorfer Wald. Verlag Beier & Beran, Langenweißbach, 2004, Nr. 2-1-75.
- ↑ a b Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde e.V.: Digitales Historisches Ortsverzeichnis von Sachsen Dresden, 2006, Online abgerufen am 25. Februar 2011.
- ↑ Deutsche Geophysikalische Gesellschaft e.V: Ludwig F. Weickmann (182 - 1961) in: Mitteilungen der Deutschen Geophysikalische Gesellschaft e.V. Nr. 3, Hannover, 2007, (PDF, 3,92 MB) URL: online abgerufen am 25. Februar 2011.
- ↑ a b c Walter Schlesinger: Handbuch der historischen Stätten Deutschlands. Band8. Sachsen Alfred Kroebner verlag, Stuttgart, 1990 ISBN 978-3-520-31201-3.
- ↑ Reinhard Spehr: Das wüste Schloß Osterlant. eine archäologische Betrachtung zur Baugeschichte. Beier & Beran, Langenweißbach, 2005, Nr. 2-1-74.