Tabakrauch

Tabakrauch ist das bei der Verbrennung von Tabak entstehende Aerosol, das beim Abbrand oder Verschwelen von Zigaretten-, Zigarren- und Pfeifentabaks entsteht. Man unterscheidet hierbei den Hauptstromrauch, den der Raucher direkt einatmet, sowie den Nebenstromrauch.
Tabakrauch enthält chemisch gesehen unzählige Verbrennungsprodukte. Eine genaue Analyse des Tabakrauchs einer Durchschnittszigarette, wie er beim Tabakrauchen anfällt, zeigt einen Gehalt aller Elemente, die für die Organische Chemie von Bedeutung sind. Zigarettenrauch enthält insgesamt bis zu 12.000 verschiedene chemische Verbindungen in allen drei Aggregatzuständen, von denen über 2.000 als Giftstoffe bekannt sind. Die im Tabakrauch enthaltenen Verbindungen lassen sich im Hinblick auf ihre physiologische Wirkung in fünf Gruppen unterteilen:
- Reizende Stoffe,
- (blut-) toxische Stoffe,
- neurotoxische Stoffe,
- karzinogene (krebserzeugende) Stoffe,
- physiologisch unbedenkliche Stoffe.
Chemie des Tabakrauches


Das Rauchaerosol ist ein Stoffgemisch aus fest-flüssigen Partikeln (Phasenanteil: 5 % bis 10% , Partikel-Durchmesser: 0,1 bis 1,0 Mikrometer, Partikelkonzentration: 107-1010 Teilchen pro ml Rauch), aus Dämpfen (kondensierbare Gasdampfphase aus verdampften Flüssigkeiten) und der Gasphase. Das (Rauch-)Kondensat (Rauchniederschlagung, Zusammenballung der fest-flüssigen Partikel) wird umgangssprachlich auch „Teer“ genannt. Der durchschnittliche Kondensatgehalt der deutschen Zigaretten lag 1975 noch bei 9-25 mg und 1990 bei 12-14 mg.
Die Chemie des Tabakrauches ist differenziert zu sehen,[1] je nach der Luftströmung, in der der Tabakrauch entsteht. Haupt- und Nebenstromrauch (Der Nebenstrom wird in englischsprachiger Fachliteratur auch environmental tobacco smoke (ETS) genannt) setzen sich aus sechs verschiedenen Strömungen zusammen:
- Verbrennungsstrom („glow stream“, wird beim Zug aus der Glut an der Zigarettenspitze freigesetzt),
- Verkohlungsstrom („side stream“, wird in der Zugpause von der Glut der Zigarettenspitze freigesetzt),
- Schwelstrom („smoulder stream“, im Mundstückbereich in Zugpausen emittiert),
- Diffusionsstrom (vom Zigaretteninneren in der Zugpause durch das Filterpapier nach außen)
- Effusionsstrom (vom Zigaretteninneren beim Zug durch das Filterpapier nach außen) sowie
- Exhalation („blow stream“, den von dem Raucher wieder ausgeatmeten Exhalationsstrom, die Lunge hat dabei die meisten Schadstoffe ausgefiltert).
Beim Tabakrauchen laufen drei unterschiedliche chemische Prozesse ab:
- Tabak verbrennt (Redoxreaktion in der Glutzone, beim Zug/Sog an der Zigarette bei 800-1100 °C, an der Zigarre bei 580-660 °C und an der Pfeife bei 420-500 °C in oxidierender Atmosphäre)
- Tabak verschwelt (in und hinter dem Glutkegel, im Inneren des Glutkegels bei reduzierender Atmosphäre, was eine unvollständige Verbrennung sowie eine thermische Zersetzung (Pyrolyse) bewirkt. Diese setzt viele schädliche, „ungesättigte“ Verbindungen, Kondensations- und Polymerisationsprodukte frei und läuft je nach Abstand von der Glutzone bei 200-600 °C ab) und
- flüchtige Anteile des Tabaks verdampfen und destillieren (Verdampfungs- und Destillationszone: niedrig siedende Stoffe gehen direkt in den Rauch über, der beim Verrauchen freiwerdende Wasserdampf reißt weitere Schadstoffe mit sich (Wasserdampfdestillation, Extraktion) und sorgt dafür, dass Nikotin und ätherische Öle in den Rauch gelangen).
Weitere Mengen Nitrosamine mit kanzerogener Wirkung oder Verdacht auf kanzerogene Wirkung entstehen bei der Reaktion von Nikotin über Nornikotin durch Reaktion mit salpetriger Säure im Niederschlag von Tabakrauch an Wänden, Haaren, Kleidung und Haut. Da noch Monate nach der Exposition Nikotin an solchen Orten nachweisbar ist, und Nitrosamine z.T. durch die Haut resorbiert werden, wird diskutiert ob dieser Effekt ( der sog. "Third-Hand-Smoke" )weitere gesundheitliche Gefahren bringen kann.[2]
Schadstoffe im Tabakrauch

Das Aerosol Zigarettenrauch enthält nicht nur Benzol, Blausäure, Methanal ("Formaldehyd") und Nitrosamine, sondern bis zu 12000 verschiedene Stoffe:
Bluttoxische Substanzen
Hierzu zählt in erster Linie das Kohlenstoffmonoxid (CO), ein farb- und geruchloses Gas, das eine ähnliche Giftigkeit (Toxizität) wie Blausäuregas und Schwefelwasserstoffgas entwickelt. Es entsteht bei der unvollständigen Verbrennung des Tabaks in Spuren und bindet sich beim Inhalieren an den roten Blutfarbstoff Hämoglobin - ähnlich wie auch die Giftstoffe Schwefelwasserstoff (H2S) und Blausäure/Cyanwasserstoff (HCN).
CO ist jedoch im Gegensatz zu H2S (generell) und HCN (für die meisten Menschen) geruchlos, wodurch der Körper bei der Inhalation größerer Mengen Kohlenmonoxid nicht vorgewarnt wird. Eine Kohlenmonoxid-Vergiftung durch bloßes Tabakrauchen allein ist nicht möglich, dennoch wird die Fähigkeit des Blutes, Luftsauerstoff aufzunehmen und im Körper weiterzutransportieren, beeinträchtigt. Hieraus folgt, dass Rauchern eher „die Puste ausgeht“ beziehungsweise „die Luft wegbleibt“ als einem Nichtraucher.
Neurotoxische Substanzen
Nikotin (auch: Nicotin, chemisch: α-Pyridyl-β-N-Methyl-pyrrolidin, C10H14N2) stellt - neben dem Nornicotin und dem aromatischen Wirkstoff Nikotianin - den eigentlich wirksamen, psychoaktiven Bestandteil der Droge Tabak dar. Es ist eine ölige, farblose Flüssigkeit. Chemisch gesehen ist es eine Stickstoffbase - ein Alkaloid. Nikotin gehört zur Gruppe der narkotisch wirkenden Drogen und Nervengifte. 50 mg dieses „pyridinen Alkaloids“ wären für etwa die Hälfte aller erwachsenen Menschen tödlich - dies ist in etwa so viel Nikotin, wie ein Gewohnheitsraucher über den Tag verteilt verbrennt und verschwelt, allerdings nicht vollständig resorbiert.
Gewohnheitsraucher überleben das Inhalieren tödlicher Nikotinmengen in ihre Lunge trotzdem. Denn wenn der Rauch von 12 Zigaretten (etwa 19 mg Nikotin) inhaliert wird, so heißt dies nicht, dass diese Gesamtmenge von der Lunge sofort in das Blut aufgenommen wird. Die Aufnahme des Nervengiftes in den Körper (Intoxikation) hängt von der Methode des Tabakgebrauches ab (Rauchen, Kauen, Schnupfen), der Inhalationstiefe und -dauer, der Stummellänge und vielen anderen Faktoren. Schon beim Verschwelen des Tabaks werden etwa 2/3 der Nikotinmenge im Tabak vernichtet - nur 1/3 geht in den Rauch über. In der Folge gelangt dann beim Aktiv- und Passivrauchen nur ein Bruchteil der mit dem Rauch eingeatmeten Nikotinmenge über die Mundschleimhäute (5 %) und die Lunge (die restlichen 95 %) in den Blutkreislauf. Dort verlangsamt es anfänglich den Puls und sorgt nach dem nun beginnenden Blutdruckabfall schließlich - je nach Art und Menge weiterer Nikotinzufuhr - für eine Erhöhung der Pulsfrequenz, eine Steigerung der Darmbewegungen, ein Versiegen der Drüsenabscheidungen im Körper und eine - schneller erkennbare - Pupillenverengung im Auge mit Akkomodationskrampf. Später tritt dann eine Pupillenerweiterung ein (durch Lähmung des Augenmuskels), bei höherer Dosierung (Nikotinaufnahme ins Blut) schließlich eine tendenzielle, lokale und am Ende gar lebensbedrohliche Lähmung aller Muskeln inklusive des Herzens (tödlicher Kreislaufkollaps ab ca. 50 mg).
Es gibt jedoch immer wieder Fälle von Kleinkindern, die beim unbeaufsichtigten Spielen liegengelassene Zigaretten aufessen und hierdurch sterben. Hier wird vermutet, dass vor allem das im Tabak enthaltene Nikotin für den Tod verantwortlich ist. Neben Nikotin, Nornikotin und dem aromatischen Wirkstoff Nikotianin ist auch eine „Nicotinsäure“ bekannt (Pyridin-3-Carbonsäure). Diese ist jedoch - im Unterschied zu jenen Nervengiften - ein Bestandteil des Vitamin-B2-Komplexes, wird als Medikament verwendet und kommt als Nikotinsäureamid in Bierhefe vor.
Karzinogene Substanzen
Tabakrauch enthält eine kaum überschaubare Fülle karzinogener Substanzen. Diese reichen von toxischen Schwermetallen wie Cadmium über Blutgifte wie Benzol bis hin zu Teerpartikeln und dem hochgradig krebserzeugenden Benzpyren. Auch Spuren radioaktiver Schwermetalle (Polonium) sowie des Gases Radon kommen teilweise im Tabak vor (je nach Sorte und den verwendeten Phosphatdüngemitteln).
Reizende Substanzen

Diese bewirken eine Verlangsamung des Selbstreinigungssystems der Bronchien, was dazu führt, dass sich bei regelmäßiger Teer- und Kondensatzufuhr eine chronische Bronchitis („Raucherhusten“) entwickelt, der auch nach sofortigem völligen Beenden des Rauchens noch monate- bis jahrelang anhalten kann. Zu reizenden Substanzen gehören die sich bei der Tabakverbrennung aus stickstoffhaltigen Verbindungen in Spuren entwickelnden Gase Ammoniak (chemische Formel: NH3) und die Stickstoffoxide (NO und NO2 sowie N2O4). Die Stickoxide stehen zudem unter dem Verdacht, zusätzlich krebserregend zu sein.
Detailliertere chemoanalytische Angaben über Tabakrauch-Komponenten
Kondensatwerte auf Zigarettenpackungen geben drei Analysenwerte an - insgesamt weist Tabakrauch jedoch 3.900 – 12.000 verschiedene Einzelstoffe auf. Nur ein geringer Bruchteil dieser bestimmt das Tabakaroma, der Hauptteil jedoch aus zum Teil kaum wahrnehmbaren Schadstoffen besteht. Der im folgenden genannte MAK-Wert ist die maximale Arbeitsplatz-Konzentration, die an einem 8-Stunden-Tag gesetzlich gerade noch zulässig ist. Bei dessen Überschreitung macht sich der Arbeitgeber u. U. strafbar, handelt aber in jedem Fall ordnungswidrig und kann im Arbeitsleben mit einem Bußgeld belangt werden. Die letale Dosis LD50 gibt in der Toxikologie die Stoffmenge an, bei deren Aufnahme mindestens 50 Prozent der Betroffenen innerhalb von 24 Stunden sterben. Tabakrauch enthält im Einzelnen die folgenden Stoffgruppen:[3]
Gasphase
Die Gasphase enthält außer Wasserdampf (10 % bis 20 %) folgende anorganische Stoffgruppen:
- Stickstoff N2 aus der Luft (bis 73 %), Sauerstoff O2 (10 %) und Kohlenstoffdioxid CO2 als Verbrennungsprodukt (bis 9,5 % - in der Luft normal: 0,035 %, MAK-Wert 9.000 mg also 5.000 ml pro Kubikmeter Atemluft pro 8-Stunden-Arbeitstag),
- den Hämoglobinblocker Kohlenmonoxid CO (4,2 %, toxisch, geruchlos),
- Wasserstoff H2 (1 %),
- Edelgase (Ar, Kr, Ne, Xe: 0,6 %),
- Blausäure HCN (0,16 %, ein toxischer Hämoglobinblocker, 50 mg wirken innerhalb von Sekunden tödlich, der MAK-Wert liegt bei 11 mg pro Kubikmeter),
- Ammoniak NH3 (0,03 %, ein Reiz- und Kampfgas, MAK-Wert 35 mg/Kubikmeter oder 50 ml/Kubikmeter),
- Stickoxide (0,02 %, kanzerogen) sowie
- Schwefelwasserstoff H2S (in Spuren, aber ebenfalls ein Hämoglobinblocker, hochtoxisch, MAK-Wert daher bei 15 mg oder 10 ml pro Kubikmeter, LC50-Wert bei Ratten, inhaliert: 0,44 ml/m³).
Organische Verbindungen
An organischen Verbindungen sind in der Gas-/Dampfphase Vertreter aller Stoffklassen der Organischen Chemie in Spuren enthalten:
- Ameisensäure (HCOOH, flüssig eine ätzende Säure),
- die Alkohole Methanol (CH3OH) und Ethanol (C2H5OH; flüssiges Methanol führt bei oralem Genuss zu Erblindung, LD50 = 5,6 g/kg, orl, rat, der MAK-Wert für Ethanol beträgt 1.000 ml/Kubikmeter),
- die Aldehyde Methanal (HCHO, „Formaldehyd“), Ethanal (Acetaldehyd, CH3CHO), Acrolein (CH2=CH-CHO, Prop-2-enal), 2-Butanon (Methanal ist ein giftiges Allergen, MAK-Wert: 0,5 ml/Kubikmeter, Ethanal (Acetaldehyd) ist giftig und Acrolein (Acrylaldehyd) stark giftig und krebserregend, MAK: 0,1 ml/Kubikmeter),
- Kohlenwasserstoffe der Stoffklassen der Alkane, Alkene und Alkine (Aliphaten) wie Ethan, Butan, Ethen, Propen, Buten, Ethin sowie aromatische Kohlenwasserstoffe (Benzol (C6H6) und Toluol (C7H8). Das stark kanzerogene Blutgift Benzol hat einen MAK-Wert von 1,0-2,5 ml/Kubikmeter).
- Ferner finden sich im Tabakrauch und –dampf: Phenol (= Hydroxybenzen), als Ester Alkylmethanoate und –ethanoate, als Amine auch Aminomethan und -ethan, Dimethylamin (Aminomethan ist Methylamin: MAK = 10 ml/Kubikmeter).
Partikel-Gehaltsstoffe
Insgesamt gehören dem Partikelanteil im Tabakrauch Stoffe der im Folgenden aufgezählten Stoffklassen an, die teilweise toxisch sind. In Klammern ist die Anzahl der aus diesen Gruppen im Tabakrauch auffindbaren Einzelstoffe, sowie die Hauptvertreter dieser Gruppen in der Partikelphase (Kondensat).

- Aliphate (ca. 80 verschiedene Substanzen, C31-C33-(n- und Iso-)Alkane, C5-C20-Alkene),
- Aromaten (ca. 100 Substanzen, Chrysen, Benzo[a]pyren, Benzo(j)fluoranthren, - auch Heterocyclen wie Carbazol und viele polycyclische Aromaten (Abkürzung: PAK, Beispiel: Naphthalin) mit zusammen rund 1,25-2,85 Mikrogramm/Zigarette - gemessen im Hauptstromrauch),
- Alkohole (ca. 25 Substanzen, Ethanol, Methanol, Propantriol (Glycerin), Ethandiol (Ethylenglycol)),
- Alkanale und Ketone (Carbonylderivate, insg. ca. Substanzen, Propanon (Aceton), 2-Butanon, 2-Propenal (Acrolein), Propanal (Propionaldehyd)),
- Carbonsäuren (55 Substanzen, Methan-, Ethan-, Propansäure),
- Ester (ca. 270 Substanzen, Ethylacetat,-valerat, Allylcapronat),
- Phenole und Phenolether (um 55 Substanzen, Hydroxymethylbenzole (Cresole), Phenol, 2,4- und 2,5-Xylenole),
- Alkaloide und ähnliche Stickstoffbasen (ca. 100 verschiedene Substanzen, Nikotin, Nornicotin, Anabasin, Myosmin),
- Schwermetallkationen (Cadmium - 0,007 - 0,35 Mikrogramm je Zigarette - , Quecksilber, Kupfer, Arsen, Nickel, Zink, Blei, Antimon und sogar Gold - letzteres jedoch nur mit 0,02 Nanogramm je Zigarette),
- Radioisotopen (auch Polonium-210, Blei-210, Radium-226 und -228 und Kalium-40 - sowie Thorium-228 - Jährliche mittlere Belastung bei 20 Zigaretten täglich circa 0,287 mSv durch 210Po und 210Pb [4]),
- Peroxide, Terpene, Sterine, Nitrosamine und TSNA (N’-Nitrosoanatabin (NAT), N’-Nitrosonornicotin (NNN), 1-Nitrosopyrrolidin), Aminosäuren und Proteine, Pflanzenschutzmittel-Rückstände sowie Stoffwechselprodukte derselben („Pestizid-Metabolite“).
Vom im Tabak enthaltenen Nikotin verbrennen 30 % bis 35 % in der Glutzone, 40 % in den Nebenstromrauch und 25 % bis 30 % in den ungefilterten Hauptstromrauch. Von diesen verbleiben bei filterlosen Zigaretten 30 % - absolut gesehen also 8 % bis 9 % - im Tabakstummel, bei Filterzigaretten 40 % bis 70 % (absolut: 12 % bis 20 %).
Insgesamt gelangen daher 14 % bis 20 % des Nikotins vom Tabak in die Mundhöhle des Rauchers (bei Filterzigaretten 5 % bis 12 %), wovon beim Lungenzug etwa 90% resorbiert werden, beim sogenannten „Paffen“ im Mundraum jedoch nur 5 %. Der Hauptstromrauch einer filterlosen Zigarette enthält dann immer noch 1,0 bis 2,3 mg Nikotin (sowie 10-23 mg Kohlenmonoxid, ferner rund 1 mg Ethanal, 100 bis 1000 Mikrogramm Essigsäure, 100 bis 600 Mikrogramm Stickoxide, 400 bis 500 Mikrogramm Blausäure (Cyanwasserstoff), 20 bis 50 Mikrogramm Benzol, jeweils 60 bis 100 Mikrogramm Acrolein und Phenol sowie 70 bis 100 Mikrogramm Formaldehyd). Dies bedeutet, dass von den durchschnittlich 0,86 mg Nikotin pro Zigarette (Wert von 1990; in 1961 enthielt jede Zigarette noch durchschnittlich 1,44 mg Nikotin) 0,043 bis 0,103 mg in den Mundraum und - beim Inhalieren „auf Lunge“ - in den Körper gelangen. Die tödliche Nikotinmenge für einen Menschen liegt etwa bei 50 Milligramm.
Schon wenige Sekunden nach der Nikotinaufnahme (durch Inhalation und Resorption) sinkt die Körpertemperatur merklich ab. Etwa alle zwei Stunden wird die Hälfte der aufgenommenen Nikotinmenge vom Körper wieder abgebaut (zu so genannten Metaboliten). Diese zweistündige Halbwertzeit des Nikotins bestimmt den Suchtcharakter des Tabakkonsums mit.
Toxikologie des Tabakrauches
Zunehmend wird Tabakrauch von der Öffentlichkeit und Justiz als Giftstoffgemisch wahrgenommen; der US-Staat Kalifornien hat sich sogar entschieden, ihn regulierungsbehördlich in die Liste „giftiger Luftschadstoffe“ aufzunehmen, womit er auch juristisch anderen gefährlichen Giftstoffen gleichgesetzt wird.[5] Auch in der EU wird erwogen, ihn nicht nur als Schadstoff, sondern zudem als Gefahrstoff gemäß Gefahrstoff-Verordnung (GefStoffV) zu führen.
Im Hauptstromrauch einer filterlosen Zigarette finden sich mengenmäßig insgesamt ca. 15 bis 40 mg biologisch aktive Schad- und Giftstoffe („toxische Substanzen“). Ein durchschnittliches Analyseergebnis für Tabakrauch weist folgende Mengen von Einzel-Schadstoffen auf (jeweils Stoff; Gehalt/Stoff; aufgezählt in Reihenfolge der Häufigkeit in Mikrogramm pro Zigarette:
Kohlenstoffmonoxid | 10.000 - 23.000 | ionisiertes Magnesium | 0,07 |
---|---|---|---|
Nicotin | 1.000 - 2.300 | ionisiertes Antimon | 0,052 |
Acetaldehyd | 500 - 1.200 | Pyren | 0,05 - 1,01 |
Cyanwasserstoff | 400 - 500 | Benzo(a)fluoren | 0,04 -0,18 |
Hydrochinon | 110 - 300 | ionisiertes Eisen | 0,042 |
Essigsäure | 100 - 1.000 | o-Toluidin | 0,03 - 0,16 |
Stickoxide | 100 - 600 | Anthracen | 0,02 - 0,23 |
Brenzcatechin | 100 - 360 | Benzo(b)fluoren | 0,02 |
Aceton | 100 - 250 | Fluoranthen | 0,01 - 0,27 |
Methanol | 90 - 180 | Hydrazin | 0,03 - 0,04 |
Ameisensäure | 80 - 600 | Urethan | 0,02 - 0,04 |
Formaldehyd | 70 - 100 | ionisiertes Blei | 0,017 - 0,98 |
ionisiertes Kalium | um 70 | Arsen | 0,012 - 0,022 |
Phenol | 60 - 140 | Dibenz(a,j)anthracen | 0,01 - 0,03 |
Propenal | 60 - 100 | Cadmium | 0,007 - 0,35 |
Ammoniak | 50 - 130 | 1-Nitrosopyrrolidin | 0,006 - 0,11 |
3- und 4-Kresol | 40 - 80 | Benzo(a)pyren | 0,005 - 0,078 |
3-Methylpyridin | 20 - 36 | Dibenz(a,h)anthracen | 0,004 |
Pyridin | 16 - 40 | Quecksilber und Chrom | je ca. 0,004 |
Nitrosamine (insg.) | bis 8,5 | Benz(a)anthracen | 0,004 - 0,076 |
N’-Nitrosonornicotin | bis 3,7 | 1-Methylchrysen | um 0,003 |
ionisiertes Natrium | ca. 1,3 | Benzo(ghi)perylen | 0,003 - 0,039 |
Carbazol | 1,0 | Anthanthracen | 0,002 - 0,022 |
ionisiertes Aluminium | 0,22 | 4-Aminobiphenyl | 0,002 - 0,005 |
N’-Nitrosoanatabin | 0,2 - 4,6 | Vinylchlorid | 0,001 - 0,01 |
2-Nitropropan | 0,2 - 2,2 | N’-Nitrosodiethylamin | 0,001 - 0,02 |
ionisiertes Kupfer | 0,19 | Silber | 0,0012 |
Zink (Ionisch) | 0,12 - 1,21 | Gold | 0,00002 |
Phenanthren | 0,08 - 0,62 |
Der Terry-Report (erschienen 1964 in Washington, US Dept. Health, Educ., Welfare, Publ. 1103) lieferte schon den ersten toxikologischen und somit wissenschaftlich sicheren Beweis dafür, dass Zigarettenrauchen zu einem deutlich erhöhten Auftreten von Lungentumoren (-krebs) führt. Auch Kehlkopf-, Mundhöhlen-, Speiseröhren-, Blasen- und Pankreastumore können vom Tabakrauch erzeugt werden.
Als Krebserreger (Karzinogene) wirken in erster Linie die polycyclischen Aromaten (PAH) wie Anthracen, Benzo(a)fluoren, Benzo(a)pyren, Phenanthren, Pyren usw. sowie die tabaktypischen Nitrosamine (TSNA, N-Nitroso-Verbindungen) wie das N-Nitroso-dimethylamin, -methylethylamin, -nortnicotin, -diethanolamin und 1-Nitrosopyrrolidin und -piperidin. Deren krebserzeugendes Potential wird von Kokarzinogenen, Schwermetallen, aromatischen Aminen (wie Anilin) und Radioisotopen (Polonium-210: 0,411 Pikocurie pro Gramm Tabak im Tabakrauch) unterstützt. Das Benzo(a)pyren schädigt das für die Krebsabwehr zuständige Gen p53.
Zudem werden pro Zigarettenzug ca. 1014 freie Sauerstoffradikale erzeugt, die - ebenso wie Nitrosierungsvorgänge im Körperinneren („endogen“) - vermutlich zur Krebsentstehung beitragen können.
Da der Nebenstromrauch ungefiltert in die Umgebungsluft am Arbeitsplatz gelangt, wurde 1985 ein Kapitel „Passivrauchen“ in Abschnitt IIIB der MAK-Liste aufgenommen (vergleiche dazu MAK-Werte). Neben der tumorbildenden Wirkung von Tabakrauch ist eine erhöhte Anfälligkeit von Aktiv- und Passivrauchern gegen Herzinfarkte, Koronarerkrankungen und Arteriosklerose („Arterienverkalkung“) sowie gegen Rachenraum-, Magen- und Darmerkrankungen (Letztere hauptsächlich bewirkt durch Nikotin und Kohlenmonoxid) und Bronchienerkrankungen („Raucherhusten“) nachweisbar.
Die Bronchitis erzeugende Wirkung des Tabakrauches wird den Phenol- und Säure-Anteilen im Tabakrauch sowie den Carbonylverbindungen zugeschrieben (Alkanale und Alkanone), zusätzlich unterdrücken Blausäure und Acrolein die Regeneration und Selbstreinigung der Flimmerhärchen (Flimmerepithel) im Atemtrakt sowie die Bildung der weißen Blutkörperchen (Leukocyten). Im Speichel von Rauchern sind zudem vermehrt Thiocyanate nachweisbar. Im Vergleich zu Nichtrauchern weisen die Organismen von Raucher(inne)n ein geringeres Körpergewicht und einen erhöhten Grundumsatz auf, was auf eine erhöhte Enzymaktivität schließen lässt.
Zur Verringerung des Schadstoffgehaltes im Rauch wurden Filter aus Celluloseacetat entwickelt, die einen Teil des Nikotins und der Partikelphase („Teer“, Kondensat) zurückhalten. Diese halten etwa 40-70 % der Partikel und bis zu 80 % der Phenole des Tabakrauches zurück. Zusätzliche Aktivkohlefilter halten bis zu 85 % der Gasphasenbestandteile zurück.
Zudem wurde in den letzten Jahren des 20. Jahrhunderts intensiv mit halbsynthetischem Tabak experimentiert: Dem Tabak werden 20-25 % synthetische Stoffe (teiloxidierte Polysaccharide oder Tabakersatzstoffe wie NSM,RCN und Cytrel) und künstliche Aromastoffe zugesetzt - jedoch haben diese extrem nikotinarmen Produkte bei den Konsumenten - dem „mündigen Verbraucher“ sowie den bereits suchtkranken Kettenraucher(innen) - keine Akzeptanz gefunden, so dass es bei Durchschnittswerten von 0,6- 0,8 mg Nikotin und 12-14 mg Kondensat pro Zigarette geblieben ist. Ebenso sind Zigaretten aus Tabak, der durch Genmanipulation nikotinfrei gemacht wurde, ein Nischenprodukt geblieben.
Medizinische Folgen von Tabakrauch-Inhalation


- Siehe hierzu: Hauptartikel: Tabakrauchen
Bei einem täglich Konsum von 20 Zigaretten über 20 Jahre werden über die Lunge insgesamt sechs Kilogramm Rauchstaub aufgenommen sowie jährlich etwa eine Tasse Kondensat. Diese Art von Rauchvergiftung verkürzt die Lebensdauer - statistisch gesehen - um 6 Jahre (bei 10 Zigaretten täglich daher um 3 Jahre, bei 2 Schachteln täglich um rund 8 Jahre). Das Nikotin verursacht Durchblutungsstörungen, das Kohlenmonoxid Sauerstoffmangel in allen Organen - und selbst Stoffe wie Blausäure, Benzol und Benzpyren sind im Zigarettenrauch nachweisbar.
Das Einatmen von Tabakrauch ist unter anderem ein gesicherter Risikofaktor für verschiedene Arten von Krebs, Lungenkrankheiten sowie Krankheiten des Herz-Kreislauf-Systems. Bei der Krebsentstehung soll das dem Tabak anhaftende 210Polonium eine besonders starke Rolle spielen.[6] Zudem wird die Aktivität von mehr als 300 Genen und ganzen Gennetzwerken durch den Tabakkonsum negativ beeinflusst.[7]
Auch das Einatmen des Nebenstromrauchs durch das Passivrauchen ist gefährlich.
Quellen
<references /www.organische-chemie.ch/chemie/2010/feb/rauch.shtm>
Siehe auch
- Zigarette
- Verordnung über Tabakerzeugnisse Auflistung vieler Zusatzstoffe
- Nikotinsucht
Weblinks
- ALLUM: Informationen zu Tabakrauch
- Liste der Zusatzstoffe im Tabak (Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz 2004)
- Qualitative und quantitative Angaben über Gifte im Tabakrauch
- Gefahrstofftabelle
www.organische-chemie.ch/chemie/2010/feb/rauch.shtm
- ↑ Römpp Lexikon Chemie, Hrsg. Prof. Dr. J. Falbe + Prof. Dr. Manfred Regitz, Thieme-Verlag Stuttgart/New York, 9.Auflage, S. 4434-4438, ISBN 3-440-04516-1
- ↑ www.organische-chemie.ch/chemie/2010/feb/rauch.shtm
- ↑ Römpp Lexikon Chemie, Hrsg. J. J . Falbe und Manfred Regitz, Thieme-Verlag Stuttgart/New York, 9.Auflage, S. 4434-4438, ISBN 3-440-04516-1)
- ↑ Concentration levels of 210Pb and 210Po in dry tobacco leaves in Greece
- ↑ Pressemeldung im San Francisco Chronicle Ende Januar 2006
- ↑ http://www.lenntech.de/pse/elemente/po.htm Gesundheitsrisiken von Polonium
- ↑ Tabakkonsum stört die Aktivität wichtiger Gene, spiegel.de, 15. Juli 2010. Abgerufen im 24. Juli 2010