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Simson Sperber

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Ein Simson Sperber beinahe im Originalzustand, allerdings hier mit vorn und hinten vertauscht montierten Federbeinen.

Der Sperber (Typbezeichnung SR4-3) war ein zweisitziges Leichtkraftrad aus dem ehemaligen VEB Fahrzeug- und Jagdwaffenwerk Simson Suhl, das zugleich das leistungsstärkste Modell der sogenannten Vogelserie darstellte.

Dieses Fahrzeug wurde von 1966 bis 1972 mit einer Stückzahl von ca. 80.000 produziert und besaß einen fahrtwindgekühlten 50-cm³-Zweitaktmotor, welcher eine Leistung von 4,6 PS entwickelte. Wegen dieses hochdrehenden Motors mit geänderten Steuerzeiten, einer entsprechend darauf abgestimmten, sehr großzügig dimensionierten Ansauganlage mit Trockenluftfilter (diese nahm den Platz unter dem Tank und der Sitzbank komplett ein) und einem fußgeschalteten Vierganggetriebe erreichte der Sperber auf ebener Fahrbahn eine Höchstgeschwindigkeit von etwa 75 km/h. Deshalb wurde der Sperber trotz eines Hubraumes von nur 50 cm³ als zulassungs-/kennzeichenpflichtiges Leichtkraftrad eingestuft und durfte sowohl früher in der DDR als auch heute noch in Deutschland nur mit einem Motorradführerschein (Fahrzeugklasse A oder A1) gefahren werden. Der Sperber entsprach vom Grundaufbau des Fahrwerks her weitgehend dem des Kleinkraftrades Star, besaß aber einen etwas größeren 9,5-Liter-Tank (der später auch an den kleinen MZ ETS-Modellen zu finden war) und eine verstärkende Rahmenstrebe unterhalb dieses Tanks.

Der Sperber als Umbau und mit anderer Lackierung. Im Gegensatz zu dem Bild oben mit original hydraulisch gedämpften Federbeinen.

Außerdem wurden hier zur Steigerung des Fahrkomforts vorn wie hinten hydraulische Stoßdämpfer im Vollschwingen-Fahrwerk und eine etwas verlängerte Sitzbank (60 cm) verbaut. Die Soziusfußrasten waren starr an seitlichen Rahmenauslegern befestigt. Die Fahrzeugelektrik war, abgesehen von der 12 Volt-Zündspule, auf 6 Volt ausgelegt, die Scheinwerferleistung gegenüber der der Star aber auf 25/25 Watt erhöht.

Der Sperber wurde stets in den Farben olympiablau und alabaster(-weiß) lackiert. Der Neupreis (EVP) des Sperber betrug in der DDR stets 1.550,- Mark. Seine Produktion endete im Jahre 1972, da die Nachfrage im Export und selbst in der DDR hinter den Erwartungen zurückblieb und um die Produktionskapazitäten für sein Nachfolgemodell, dem Kleinkraftrad SR4-4 Habicht, freizumachen. Erst in den 80er Jahren wurden bei Simson wieder Leichkrafträder hergestellt: Das S70 und der SR80 mit 70 ccm.

Charakteristisches

Der Sperber weist eine sportliche, relativ spitze Motorcharakteristik auf. Das heißt, der wirtschaftliche Fahrbereich ist in den einzelnen Gängen jeweils recht klein, sodass häufig geschaltet und insgesamt ziemlich hochtourig gefahren werden muss, wenn man seine Fähigkeiten nutzen will. Der Anzug bei höheren Drehzahlen ist beeindruckend, dafür aber geht ihm zum Beispiel bei 50 km/h im 4. Gang relativ schnell die Puste aus. Die angegebene Höchstgeschwindigkeit von 75 km/h erreicht er bei aufrecht sitzendem Fahrer nicht ganz. Damit ist der Sperber nur geringfügig schneller als seine kleinen Geschwister, jedoch lässt er sich z.B. bei 60 km/h wesentlich angenehmer und ruhiger fahren. Überhaupt wurde beim Sperber großen Wert auf Geräuschdämpfung gelegt. Für ein Moped seiner Klasse ist er in der Tat ziemlich leise. Der gekröpfte Lenker zwingt den Fahrer in eine aufrechte Sitzposition und wurde in zeitgenössischen Testberichten als unsportlich kritisiert. Anders als mancher hochfrisierte Kollege aus der BRD (bis über 6 PS aus 50 ccm), war der Sperbermotor nicht auf Höchstleistung ausgelegt, was sich mit Robustheit und Langlebigleit auszahlt. Allerdings erfordert die Ansauganlage etwas Aufmerksamkeit. Schon kleinere Undichtheiten in dem komplexen Ansaugtrakt können die Leistung des Sperbers erheblich verringern und zu Überhitzungen des Motors führen. Auf Dichtheit aller Verbindungen muss hier also besonders geachtet werden.

Zulassung: Leichtkraftrad!

Die Zulassung des Sperber ist heutzutage oft mit Unklarheiten und Irrtümern verbunden. Landläufig herrscht die Meinung, dass ein Zweirad mit 50 ccm ein Kleinkraftrad sei. Wenn man heute einem Sperber auf der Straße begegnet, prangt an dessen Heck nicht selten ein schlichtes Versicherungskennzeichen für Kleinkrafträder anstatt des geforderten Nummerschildes. Solche Fahrzeughalter machen sich strafbar, denn sie fahren praktisch ohne Versicherungsschutz. Bei Unfällen insbesondere mit Personenschaden, kann das sehr unangenehme Folgen haben. Doch selbst die Behörden (Zulassungsstellen und Flensburg) tappen bei der Einordnung des Sperbers mitunter im Dunklen. So sind in Flensburg für den Sperber schon Nachweise über eine "Allgemeine Betriebserlaubnis" ausgestellt worden, obwohl für den Sperber als Leichtkraftrad ein solches Papier gar nicht exisitert. Um derlei Irrtümern aus dem Weg zu gehen, empfielt es sich, beim Kauf eines Sperbers auf einen vorhandenen Fahrzeugbrief wert zu legen. Die Kennzeichenpflicht erfordert einen größeren bürokratischen Aufwand für den Sperber: Fahrzeuganmeldung, TÜV usw. Dennoch ist er im Unterhalt nicht teurer als ein Kleinkrafrad, der Spritverbrauch ist nicht höher, und die Versicherungsbeiträge liegen mitunter sogar niedriger.

Allgemeine Daten

Kenngröße Simson SR 4-3 Sperber
Motor Simson-Zweitakt
Starter Kickstarter
Kühlung Fahrtwind
Bohrung (mm) 40
Hub (mm) 39,5
Hubraum (ccm) 49,6
Verdichtung 9,5:1
Leistung (PS/min) 4,6/6750
Getriebe 4-Gang, Fußschaltung
Vergaser 16 N1-3
Tankinhalt (l) 9,5
Rahmen Zentralrohr- Schalenrahmen, verstrebt
Bereifung 20 x 2,75
Bremse vorn/hinten Vollnaben-Trommelbremse (simplex)
Radführung vorn Langschwinge mit Federbeinen
Radführung hinten Langschwinge mit Federbeinen
Eigengewicht (kg) 80
Höchstgeschwindigkeit (km/h) 75 (Werksangabe)
Bauzeit 1966-1972
Stückzahl 80 000
Zylinder 1
Kraftstoff Normalbenzin 1:33
Verbrauch je 100 km (l) 3
Zulässiges Gesamtgewicht (kg) 230
Sitzplätze 2
Scheinwerferleistung 25/25 W

Literatur

  • Erhard Werner: „Simson-Vogelserie“ - Ein Ratgeber für Spatz, Star, Sperber und Habicht. MZA-Verlag, 2005. ISBN 3980948110
  • Schrader-Typen-Chronik: “Simson Schwalbe & Co 1955-1991”; Motorbuch Verlag; ISBN 978-3-613-02813-5
Commons: Simson Sperber – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien