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Mohammad Mossadegh

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Mohammad Mossadegh (Mitte) begleitet von seinem Sohn Gholem Hossein Mossadegh und seiner Tochter Zia Achraf Bayat, 1951

Mohammad Mossadegh (persisch محمد مصدق [moɦæˈmːæd mosæˈdːeɣ]), (* 19. Mai oder 16. Juni 1882 in Teheran[1]; † 5. März 1967 in Ahmad Abad) war ein iranischer Politiker. Er war von 1951 bis 1953 Premierminister des Iran. Mohammad Mossadegh war mit Schams-al-Saltaneh (Sonne des Königsreichs), der Tochter von Zia-al-Saltaneh, einer der vielen Töchter von Naser al-Din Schah, und Zain al-Abedin Zahir al Islam (dem 5. Imam Jomeh von Teheran) verheiratet. Die Ehefrau von Mohammad Mossadegh, Schams-al-Saltaneh, erbte nach dem Tod ihrer Mutter deren Titel Zia-al-Saltaneh (Licht des Königreiches).[2]

Leben und politische Laufbahn

Herkunft

Mohammad Mossadegh wurde als Sohn des Mirza Hedayatollah Ashtiani Vazir Daftar[3], eines Finanzverwalters (mostofi), und der Kadscharen-Prinzessin Shahzadeh Najmeh-al-Saltaneh (1858–1933) um 1882 geboren. Andere Quellen datieren seine Geburt auf "Winter 1879"[4] Mirza Mohammad, wie Mohammad Mossadegh vor der Annahme des Nachnamens "Mossadegh" genannt wurde, war über die Linie seiner Mutter Najmeh-al-Saltaneh, einer Cousine von Naser al-Din Schah und Schwester von Abdol Hossein Mirza Farmanfarma, ein Neffe von Muzaffar ad-Din Schah. Der Vater von Mirza Mohammad, Mirza Hedayatollah, war Cousin von Mostofi-al-Mamalek, dem Vater von Hassan Mostofi. Mirza Mohammad hatte zwei Brüder, Mirza Hossein und Mirza Ali. Seine Schulausbildung erhielt Mirza Mohammad durch Hauslehrer.

Mostofi (Finanzverwalter)

Am 9. September 1888 erbat der Vater von Mirza Mohammad von Naser al-Din Schah, dass sein Sohn zum Mostofi-aval (Erster Finanzverwalter) ernannt würde. Naser al-Din Schah entsprach der Bitte und setzte Mirza Mohammad als Mostofi-aval auf die Gehaltsliste des Hofes. Mirza Mohammad war zu diesem Zeitpunkt neun Jahre alt.[5] Im Alter von 12 Jahren wurde Mirza Mohammad von Mirza Mahmoud, dem Finanzverwalter von Chorasan eingestellt und mit einem monatlichen Einkommen von 120 Toman aus dem Konto "Kassendifferenzen" entlohnt. In dieser Zeit erfuhr Mirza Mohammad eine Ausbildung zum Mostofi.

Als sein Vater am 29. August 1892 starb, ernannte Naser al-Din Schah den älteren Bruder von Mirza Mohammad, Mirza Hossein, zum Vazir Daftar (Minister). Dem jüngeren Bruder, Mirza Ali, verlieh Naser al-Din Schah den Titel Movasegh-al-Saltaneh (Der Vertrauenswürdige des Königreichs), und Mirza Mohammad erhielt den Titel Mossadegh-al-Saltaneh (Der Gerechte des Königreichs). Mit 13 Jahren bezog Mohammad Mossadegh-al-Saltaneh vier Einkommen: die ererbte Rente des Großvaters Firuz Mirza, eines Bruders von Mohammad Schah, einen Ehrensold als Mostofi, das Gehalt als Finanzangestellter von Chorasan und nach dem Tod des Vaters auch dessen Rente.[6]

Drei Jahre nach dem Tod seines Vaters heiratete seine Mutter Najmeh-al-Saltaneh 1895 Mirza Fazl-Allah Vakil-al-Molk, den Privatsekretär von Muzaffar ad-Din Schah. Die Tante von Mirza Mohammad und Schwester seiner Mutter Najmeh-al-Saltaneh war zu dieser Zeit bereits mit Muzaffar ad-Din Schah verheiratet.[7] Am 21. Dezember 1896 wurde Mohammad Mossadegh-al-Saltaneh auf Anordnung von Muzaffar ad-Din Schah mit 17 Jahren das Amt des Finanzverwalters von Chorasan übertragen.

Unter der Regentschaft von Muzaffar ad-Din Schah erwarb Mohammad Mossadegh-al-Saltaneh ein riesiges Vermögen. Innerhalb von nur zehn Jahren wurde er zu einem der größten Grundbesitzer Irans. In den zu Beginn der Konstitutionellen Revolution Irans veröffentlichten Notizen von Saif-Allah Vahidniya wird eine Liste von 93 Großgrundbesitzern aufgeführt, auf der neben Mohammad Mossadegh-al-Salteneh auch seine Mutter, sein Stiefvater, sein Bruder, seine zwei Schwager, seine Tante und sein Onkel Abdol Hossein Mirza Farmanfarma aufgeführt sind.[8]

Die Zeit der Konstitutionellen Revolution

Während der von 1905 bis 1911 andauernden Konstitutionellen Revolution Irans, in der die Iraner sich gegen die absolutistische Herrschaft von Muzaffar ad-Din Schah eine Verfassung und ein Parlament erkämpften, trat Mohammad Mossadegh als Gegner der parlamentarischen Bewegung in Erscheinung. Nach der Konstituierung des ersten Parlaments waren die Abgeordneten zunächst damit beschäftigt, die Finanzverwalter (Mostofis) zu entmachten und ein transparentes Finanzsystem aufzubauen, das als Grundlage für die Erstellung eines Haushalts und einer staatlichen Verwaltung dienen konnte. Erst 1911, mit der Berufung des US-Amerikaners Morgan Shusters sollten diese Bemühungen Erfolg haben.

Mohammad Mossadegh, der damit gerechnet hatte, den Posten seines älteren Bruder eines Vazir Daftar zu übernehmen, musste erkennen, dass nach der Konstitutionellen Revolution, die früher übliche direkte Weitergabe eines Amtes innerhalb einer Familie nicht mehr möglich war. Ferner hatte das Parlament die bisher üblichen Sonderzahlungen (Rosoum) für von Mostofis erteilte Konzessionen abgeschafft, so dass das Amt seine finanzielle Attraktivität verloren hatte. Mohammad Mossadegh, der ja verwandtschaftlich mit der Kadscharenfamilie verbunden war, organisierte eine Zusammenkunft der Mostofis und unterstützte Mohammad Ali Schah in seinen Bestrebungen, das Parlament zu entmachten und die alte absolutistische Herrschaft wieder herzustellen. Bei der Ermordung des ersten Premierministers der noch jungen konstitutionellen Monarchie Ali Asghar Khan Atabak am 31. August 1907 wird Mohammad Mossadegh eine zentrale Rolle zugeschrieben. Er soll den Mörder von Atabak, Abbas Agha Tabrizi, auf Anweisung seines Onkels Farmanfarma angeworben und auch bezahlt haben.[9]

Das Jahr 1907 war für Mohammad Mossadegh mit einer persönlichen Niederlage verbunden. Er hatte sich entschlossen, Abgeordneter des neu gewählten Parlaments zu werden. Noch war der Parlamentarismus im Iran vollkommen neu. Das Wahlrecht war ein Klassenwahlrecht, und da die Abgeordneten für ihre Tätigkeit zunächst nicht finanziell entlohnt wurden, waren mehrere Mandate ohne Kandidaten geblieben. Formale Voraussetzung für die Kandidatur war, dass man in dem Wahlkreis, den man vertreten wollte, wohnte, Mitglied der entsprechende Klasse war, kein öffentliches Amt bekleidete und mindestens 30 Jahre alt war. In Chorasan, dem Wohnort Mossdaeghs war das Mandat bereits vergeben, aber in Isfahan, wo Mossadeghs Frau zwei Anwesen besaß, gab es keinen Vertreter der Klasse der Notabeln. Da der Wahltermin bereits verstrichen war, schrieb der Gouverneur von Isfahan an den Parlamentspräsidenten einen Brief, in dem er Mohammad Mossadegh als gewählten Abgeordneten von Isfahan für die Klasse der Notablen benannte. Die Wahlprüfungskommission des Parlaments lehnte es allerdings ab, Mossadegh als Abgeordneten zu bestätigen, da es keine Wahl in Isfahan gegeben hatte und Mossadegh erst 25 Jahre alt war. Hinzu kam, dass er nicht in Isfahan wohnte und dort auch nicht weiter bekannt war. Eine Intervention beim Parlament brachte keinen Erfolg, da der Abgeordnete Seyyed Hassan Taqizadeh mit dem Verweis auf die Wahlprüfungskommission eine Abstimmung zu Gunsten Mossadeghs verhinderte. Nach dieser Niederlage wurde Mossadegh zu einem erbitterten politischen Gegner Taqizadehs.[10]

Auch das Jahr 1908 verlief für Mohammad Mossadegh nicht wirklich erfolgreich. Er hatte sich 1907 in die von Mohammad Ali Foroughi geleitete Teheraner Hochschule für Politische Wissenschaften eingeschrieben, besuchte allerdings keine Lehrveranstaltungen. Mossadegh wollte als angehender Parlamentsabgeordneter nicht mehr als Student gelten. Als er sich 1908 zu den Abschlussprüfungen anmelden wollte, wurde ihm die Teilnahme an den Prüfungen von Foroughi verweigerte. Mit dieser Entscheidung wurde eine lebenslange Feindschaft zwischen Mossadegh und Foroughi begründet.[11]

Inzwischen hatte sich der Machtkampf zwischen dem Parlament und Mohammed Ali Schah zugespitzt. Am 23. Juni 1908 begann die Beschießung des Parlaments mit den Kanonen der persischen Kosakenbrigade. Den 600 bewaffneten Verteidigern des Parlaments standen 2000 persische Kosaken gegenüber. Nach vier Stunden war der ungleiche Kampf beendet. Die Verteidiger des Parlaments mussten aufgeben. Die für den 8. August 1908 geplanten Neuwahlen wurden abgesagt und Mohammed Ali Schah erklärte am 22. November 1908, dass ein Parlament grundsätzlich gegen islamische Gesetze verstoße. An die Stelle des Parlaments trat ein von Mohammed Ali Schah berufener Hoher Rat, der aus 50 von Mohammed Ali Schah persönlich ausgewählten Personen aus den Klassen der Großgrundbesitzer, Kaufleute, Notablen und Kadscharenprinzen bestand. Die einfache Bevölkerung war in diesem Hohen Rat nicht weiter vertreten. Der Hohe Rat arbeitete Gesetzesvorlagen aus, die dann von Mohammed Ali Schah entweder verworfen oder durch seine Unterschrift bestätigt wurden. Nachdem Mohammad Mossadegh mit seinem Versuch, Abgeordneter im gewählten Parlament zu werden, gescheitert war, hatte er jetzt mehr Erfolg. Er gehörte zu den 50 Auserwählten und wurde von Mohammed Ali Schah in den Hohen Rat berufen.[12] Die nun folgende Zeit vom 23. Juni 1908 bis 16. Juli 1909 wird als die kurze Zeit der Diktatur bezeichnet, denn es sollte bis zum Juli 1909 dauern, bis die Kämpfer der konstitutionellen Bewegung aus Tabris, Gilan und Isfahan Teheran wieder befreit und der Diktatur Mohammed Ali Schahs ein Ende gesetzt hatten.

Flucht nach Paris und Studium in der Schweiz

Als sich im Frühjahr 1909 abzeichnete, dass Mohammed Ali Schah den blutigen Krieg gegen die konstitutionelle Bewegung verlieren könnte, plante Mohammad Mossadegh seine Flucht nach Paris. Um vom Außenministerium einen Pass zu bekommen, benötigte er die Genehmigung von Mohammed Ali Schah. Im Januar 1909 erhielt er bei Mohammed Ali Schah eine Audienz. Als Vorwand für seine dringende Reise nach Europa gab er an, dass er seinen Halbbruder Abolhassan Seghat al Dowleh persönlich in ein Internat nach Europa begleiten müsse. Mohammad Ali Schah soll zu ihm gesagt habe: "Ich dachte, Du bist ein Philosoph. Fällt Dir keine bessere Ausrede für Deine Flucht ein, jetzt wo die Dinge schlecht stehen. Wenn Du gehen willst, geh!"[13] Mossadegh erhielt die Unterschrift von Mohammad Ali Schah, zahlte 2.800 Toman "Bearbeitungsbühr" an Außenminister Saad-al-Dowleh und hatte seinen Pass, ausgestellt auf den Namen Mohammad Mossadegh als behördlich registrierter Familienname. Mossadegh ließ seine Familie und seinen gesamten Besitz im Iran zurück und kam im März 1909 in Paris an, meldete seinen Halbbruder in einem Internat an und wartete die weitere politische Entwicklung im Iran ab. Am 13. Juli 1909 wurde Teheran von den Kämpfern der konstitutionellen Bewegung besetzt, Mohammed Ali Schah floh in die russische Botschaft und wurde am 16. Juli 1909 vom Hohen Rat abgesetzt. Im Oktober 1909 fanden die Wahlen zum zweiten Parlament Irans statt, das sich am 15. November 1909 konstituierte.

Mohammad Mossadegh hatte sich nach seiner Ankunft in Paris noch im März 1909 an der École libre des sciences politiques als Gasthörer eingeschrieben. Er gab vor, als Stipendiat des iranischen Finanzministeriums zur Weiterbildung nach Paris gesandt worden zu sein. Eine Immatrikulation als regulärer Student war nicht möglich, da Mohammad Mossadegh kein Abitur besaß und auch keinen Nachweis seiner französischen Sprachkenntnisse erbringen konnte. Hassan Vosough, ein Verwandter Mossadeghs, der nach dem Sturz Mohammad Ali Schahs Finanzminister geworden war, schrieb auf Anfrage Mossadeghs einen Brief an den Direktor der Hochschule, dass Mohammad Mossadegh als Nachweis für eine Weiterbildung zwar keinen regulären Studienabschluss aber einen Nachweis für den erfolgreichen Besuch einzelner Kurse benötige. Dank dieses Briefes konnte Mossadegh trotz seines Gasthörerstatus an den Prüfungen der Hochschule teilnehmen.[14]

Mit den Prüfungsergebnisse der Pariser Ecole Libre Sciences Politique reiste Mohammad Mossadegh nach Neuchatel in die Schweiz, um sich zum Wintersemester 1910 an der Universität von Neuchatel als Student der Rechtswissenschaften einzuschreiben. Die Schweizer Universitätsverwaltung nahmen an, dass die französische Hochschulverwaltung die Studienvoraussetzungen Mossadeghs bereits überprüft hatte und ließ Mossadegh unter Anerkennung der Studienleistungen in Paris zum Studium zu. An der Ecole Libre Sciences Politique meldete sich Mossadegh zunächst krank, und nachdem er die ersten Prüfungen an der Universität Neuchatel bestanden hatte, meldete er sich zum Ende des Studienjahres 1910/1911 ab.

Im Sommersemester 1913 schloss Mohammad Mossadegh sein Studium an der Universität Neuchatel mit der Licence à Droit (Lizenziat in Rechtswissenschaften) ab und begann mit dem Promotionsstudium.[15] Nach der Annahme seines Dissertationsthemas "Das islamische Erbrecht" durch den Fakultätsrat der Universität Neuchatel reiste Mohammad Mossadegh für drei Monate nach Teheran und beauftragte Ali Asghar Majedi, einen Erbrechtsspezialisten, mit der Abfassung eines Textes über das islamische Erbrecht. Zurück in Neuchatel begann Mossadegh ein 6 Monate dauerndes Referendariat bei der Anwaltskanzlei Jean Roullet. Vormittags arbeitete Mossadegh in der Kanzlei und nachmittags übersetzte er mit der Hilfe eines iranischen Studienkollegen den Text von Ali Asghar Majedi aus dem persischen ins französische. Im Frühjahr 1914 reichte Mossadegh die um ein kurzes Vorwort von Mossadegh ergänzte Übersetzung des Textes von Ali Asghar Majedi unter seinem Namen als Dissertation ein und erhielt am 8. Juli 1914 die Promotionsurkunde.[16]

Zu Beginn seiner Tätigkeit bei der Anwaltskanzlei Jean Roullet beantragte Mohammad Mossdadegh die Schweizer Staatsbürgerschaft, die er aufgrund eines Aufenthaltsnachweises von drei Jahren und eines positiven Führungszeugnisses der Stadt Neuchatel auch problemlos erhielt.[17]

Rückkehr in den Iran

Datei:Mossadeghfars.jpg
Mossadegh als Gouverneur der Provinz Fars

Am 2. August 1914, zu Beginn des Ersten Weltkrieges, kehrte Mohammad Mossadegh nach Teheran zurück. 1916 wurde er Unterstaatssekretär im Finanzministerium und später stellvertretender Finanzminister. Im Jahre 1919 löste er seinen Onkel Prinz Farmanfarma als Gouverneur der Provinz Fars ab. Das Amt des Gouverneurs von Fars, das er durch Vermittlung des Premierminister Hassan Vosough erhalten hatte, übte er bis 1921 aus. Seine Zeit als Gouverneur wurde von dem Putsch vom 21. Februar 1921 überschattet, mit dem Seyyed Zia al Din Tabatabai neuer Premierminister wurde. Mossadegh, der von Ahmad Schah verfassungskonform als Premierminister ernannt worden war, weigerte sich, mit Tabatabai zu kooperieren. Mossadegh entging nur knapp einer Verhaftung im Rahmen einer von Tabatabai angeordneten Verhaftungswelle, die sich vor allem gegen Großgrundbesitzer richtete, die ihre Steuern nicht bezahlt hatten. Der massive politische Widerstand der Großgrundbesitzer zwang Tabatabai am 23. Mai 1921 zum Rücktritt, und Ahmad Qavam wurde neuer Premierminister.[18]

Finanzminister, Gouverneur, Außenminister

Am 28. Mai 1921 wurde Mossadegh Finanzminister unter Premierminister Ahmad Qavam. In dieser Zeit arbeiteten Mossadegh und Reza Khan, der Kriegsminister war, als Kabinettskollegen eng zusammen. Mossadegh verlangte vom Parlament Sondervollmachten, um das Finanzministerium grundlegend reformieren zu können, die ihm das Parlament zunächst gewährte, später aber wieder entzog. Qavam trat als Premierminister am 26. Januar 1923 zurück. Mossadegh sollte erst unter Premierminister Hassan Pirnia wieder ein öffentliches Amt bekommen. Pirnia ernannte ihn im Juni 1923 zum Gouverneur von Aserbaidschan, das er aber nicht antreten wollte. Mossadegh wollte die Hauptstadt Teheran nicht verlassen, worauf hin Pirnia ihn zum Außenminister ernannte. Auch in diesem Kabinett waren Mossadegh und Reza Khan, der weiter das Kriegsministerium innehatte, Kabinettskollegen. Bereits am 23. Oktober 1923 trat Pirnia aber als Premierminister zurück. Neuer Premierminister wurde Reza Khan, in dessen Kabinett Mossadegh allerdings keinen Ministerposten angeboten bekam. In der anstehenden Parlamentswahl bewarb sich Mossadegh daher um einen Parlamentssitz und wurde als Abgeordneter des Wahlkreises Teheran ins 5. Parlament (Majlis) gewählt.[18]

Abgeordneter

Nachdem das iranische Parlament 1925 Ahmad Schah Kadschar abgesetzt und Reza Khan als neuen Schah eingesetzt hatte, überwarf sich Mossadegh mit Reza Schah – er stimmte 1925 als einer der wenigen gegen seine Ernennung zum Schah – und kandidierte 1928 nicht mehr fürs Parlament. Mohammad Mossadegh zog sich aus der Politik zurück. Er bewarb sich erstmals wieder 1944, Reza Schah war inzwischen zu Gunsten seines Sohnes Mohammad Reza zurückgetreten, um ein Abgeordnetenmandat und errang einen Sitz im 14. iranischen Parlament. Der junge Schah Mohammad Reza Pahlavi bot Mossadegh das Amt des Premierministers an, zog seine Nominierung aber wieder zurück, da Mossadegh die Bedingung stellte, dass er sein Abgeordnetenmandat wieder erhalten wolle, wenn er als Premierminister entlassen würde, was aus verfassungsrechtlichen Gründen allerdings nicht möglich war.

Schah Mohammad Reza Pahlavi empfängt Mohammad Mossadegh

Ein weiterer Versuch Mossadeghs, im Dezember 1947 in der 15. Sitzungsperiode des iranischen Parlaments Premierminister zu werden, scheiterte an einer einzigen Stimme (53 dafür, 54 dagegen). Die Mehrheit des Parlaments entschied sich für Ebrahim Hakimi.

Attentat auf Hofminister Abdolhossein Hazhir

Während der Wahlen zum 16. Parlament im Oktober 1949 wandte sich Mossadegh und 7 seiner Gefolgsleute an Mohammad Reza Schah und kritisierte die seiner Meinung nach von der Regierung nicht korrekt durchgeführten Wahlen. Der Schah empfing Mossadegh und seine Anhänger und sagte freie und faire Wahlen zu. Nach dem Gespräch gab Mossadegh die Gründung eines neuen politischen Bündnisses, die Nationale Front, bekannt,[19] das in Teheran mit zwölf Kandidaten zur Parlamentswahl antrat. Mozaffar Baqai, der sich an dem Parteienbündnis "Nationale Front" beteiligte, gründete eine Organisation zur Wahlbeobachtung. Am 4. November 1949 wurde ein Attentat auf Hofminister Abdolhossein Hazhir verübt. Hossein Emami, ein Mitglied der Fedajin-e Islam, der bereits an der Ermordung Ahmad Kasravis am 11. März 1946 beteiligt war, stach auf Hazhir ein, als er für eine offizielle Feier die Sepahsalar Moschee in Teheran betreten wollte. Am folgenden Tag verstarb Hazhir an seinen schweren Verletzungen.[20]Siebenundzwanzig Mitglieder der Nationalen Front, darunter Mozaffar Baqai, wurden wegen Verdachts auf Beteiligung an dem Attentat auf Hazhir verhaftet. Unter den Verhafteten befand sich auch Khalil Tahmassebi, der spätere Mörder von Premierminister Haj Ali Razmara. Mossadegh verließ Teheran und ging auf sein Landgut nach Ahmad Abad. Die Nationale Front errang in den Wahlen 8 von 136 Mandate, kann sie aber zu Beginn der Legislaturperiode nicht wahrnehmen, da die Gewählten wegen Verdachts auf Beteiligung an dem Attentat auf Hazhir noch im Gefängnis sind oder wie Mossadegh unter Tatverdacht stehen. Die Untersuchungen zum Attentat auf Hazhir sind erst Anfang April 1950 beendet. Hossein Emami wird als Einzeltäter zum Tode verurteilt und hingerichtet. Mossadegh und Baqai können nun ihr Mandat wahrnehmen.[21]

Mohammad Mossadegh (1951)

Die Frage der Ölindustrie war seit Mitte 1950 das beherrschende politische Thema im iranischen Parlament. Diskutiert wurde die Ergebnisse der Verhandlung mit der AIOC, die Premierminister Abdolhossein Hazhir 1948 vorbereitet hatte, und die 1949 mit einem von Finanzminister Abbasqoli Golshaiyan mit der AIOC ausgehandelten Vereinbarung mit einer 50prozentige Gewinnbeteiligung Irans und einer Überprüfung des Konzessionsabkommens nach 15 Jahren abgeschlossen werden konnte.[22]

In der entscheidenden Debatte am 7. März 1951 sagte Premierminister Haj Ali Razmara im iranischen Parlament:

„Ich möchte hier klarstellen, dass Iran gegenwärtig nicht über die industriellen Möglichkeiten verfügt, das Öl aus der Erde zu holen, und es auf dem Weltmarkt zu verkaufen [...] Meine Herrn, Sie können doch mit den Ihnen zur Verfügung stehenden Mitarbeitern nicht einmal eine Zementfabrik managen. [...] Ich sage das in aller Deutlichkeit, wer das Vermögen und die Ressourcen unseres Landes in Gefahr bringt, begeht Verrat an unserem Volk.“

Mossadegh antwortete Premierminister Razamara mit einer unmittelbaren Morddrohung:

„Ich meine, die Iraner empfinden nur Hass gegenüber dem, was der Premierminister gesagt hat, und halten eine Regierung für illegitim, die sich auf solch eine sklavenhafte Erniedrigung einlässt. Es führt kein Weg an der Verstaatlichung des Öls vorbei.[23] ... Ich schwöre bei dem einen Gott, es wird Blut fließen, es wird Blut fließen. Wir werden kämpfen, und wir werden vielleicht getötet werden. Falls Sie ein Mann des Militärs sind, so bin ich mehr Soldat als Sie. Ich werde töten, noch in diesem Parlament werde ich Sie töten.[24]

Attentat auf Premierminister Haj Ali Razmara

Noch am selben Tag wurde Premierminister Haj Ali Razmara Opfer eines Attentats. Khalil Tahmassebi, ein Mitglied der Fedajin-e Islam, schoss dreimal und verwundete Razmara tödlich. Er wurde noch am Tatort verhaftet. Ayatollah Abol-Ghasem Kashani erklärte den Mörder Razmaras zu einem "Retter des iranischen Volkes" und forderte seine umgehende Entlassung aus dem Gefängnis.

Hossein Ala war als Nachfolger Razmaras inzwischen Premierminister geworden. Eine Woche nach der Ermordung Razmaras verabschiedete unter Premierminister Hossein Ala das Parlament am 15. März 1951 das Gesetz zur Verstaatlichung der Ölindustrie.[25] Am 20. März 1951 stimmte der Senat, die zweite Kammer des Iran, dem Gesetz zu, und es trat mit der Unterschrift Mohammad Reza Schahs in Kraft. Am 30. April 1951 wurde die National Iranian Oil Company (NIOC) gegründet, um die Förderanlagen und Raffinerien der Anglo-Iranian Oil Company im Iran zu übernehmen und die Geschäftstätigkeit der in die Hände des iranischen Staates übergangenen Ölindustrie fortzusetzen. Ein Parlamentsausschuss sollte die Ausführungsbestimmungen zur Umsetzung des Verstaatlichungsgesetzes ausarbeiten. Mossadegh entwarf als Mitglied dieses Ausschusses einen 9-Punkte-Plan, und legte ihn dem Parlament vor, ohne vorher Premierminister Ala zu konsultieren, was diesen wiederum so erboste, dass er bereits wenige Wochen nach seinem Amtsantritt seinen Rücktritt einreichte. Nun war die Stunde Mossadeghs gekommen.

Premierminister

1951

Am 29. April 1951 ernannte Mohammad Reza Schah Mossadegh zum Premierminister. Neun Tage später, am 8. Mai 1951, wurde ihm vom Parlament mit 99 zu 3 Stimmen das Vertrauen ausgesprochen.[26] Der Mörder Razmaras, der mit seinen tödlichen Schüssen Mossadegh die Amtsübernahme erst ermöglicht hatte, wurde im November 1952 aufgrund einer von Ayatollah Kashani verfassten Resolution mit Unterstützung der Abgeordneten der Nationalen Front vom iranischen Parlament begnadigt und nach seiner Freilassung aus dem Gefängnis von Premierminister Mossadegh in seinem Amtssitz empfangen.

Premierminister Mossadegh zu Besuch in den USA (1951)
Premierminister Mossadegh am Grabmal des unbekannten Soldaten in Arlington National Cemetery, Washington D.C.

Nachdem noch vor der Amtsübernahme Mossadeghs die iranische Ölindustrie per Gesetz verstaatlicht worden war, fiel Premierminister Mossadegh die Aufgabe zu, die weiteren Verhandlungen mit der mehrheitlich im britischen Besitz befindlichen Anglo-Iranian Oil Company (AIOC) zu führen. Grundlage dieser Verhandlungen bildete der zwischen der AIOC und dem iranischen Staat geschlossenen Konzessions- und Gewinnabführungsvertrag. Nach einem Abkommen vom 29. April 1933, das eine Laufzeit von 60 Jahren hatte, belief sich der persische Anteil am Gewinn auf 20 bis maximal 25 %. Iran wollte diesen Verteilungsschlüssel zu seinen Gunsten ändern und bestand auf einem Anteil von 50 %. Die Diskussion um die Revision des Gewinnverteilungsschlüssels wurde dadurch ausgelöst, dass us-amerikanische Ölgesellschaften ihren Partnern in Saudi-Arabien eine Gewinnbeteiligung von 50 % an den Öleinnahmen zugestanden hatten. Auch der Irak und Kuwait erhielten einen höheren Anteil an den Öleinnahmen als Iran.

Die britische Regierung dachte zunächst jedoch nicht daran, den bestehenden Vertrag zu ändern. Die AIOC beantragte ein Schiedsverfahren vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag. Ab Juni 1951 besuchten mehrere britische und amerikanische Delegationen Teheran, um einen Vergleich auszuhandeln. Die Briten waren inzwischen grundsätzlich bereit, die Verstaatlichung anzuerkennen. Man konnte sich letztlich aber nicht darüber einig werden, welche Entschädigungszahlungen für die Verstaatlichung von der neu gegründeten National Iranian Oil Company (NIOC) den Briten zu zahlen wären. Mossadegh wollte nur den Wert der Industrieanlagen ersetzen, während die Briten auch eine Entschädigung für den von 1933 bis 1993 laufenden und nun faktisch ungültig gewordenen Konzessionsvertrag wollten, was Mossadegh wiederum entschieden ablehnte.

Premierminister Mossadegh vor dem UN-Sicherheitsrat

Am 5. Juli 1951 empfahl der Internationale Gerichtshof in Den Haag, an den sich die Briten gewandt hatten, der Iran solle die Ölgesellschaft während der laufenden Verhandlungen ungestört weiterarbeiten lassen. Der Iran hatte sich geweigert, an dem Verfahren teilzunehmen. Mossadegh argumentierte, dass der Gerichtshof nur die Befugnis hätte, zwischenstaatliche Rechtsstreitigkeiten zu bearbeiten. Das Konzessionsabkommen von 1933, das bei Vertragsstreitigkeiten die Anrufung eines internationalen Schiedsgerichts vorsah, war jedoch ein Vertrag zwischen dem Iran und einem privaten Unternehmen, was nach iranischer Auslegung des Konzessionsabkommens bedeutete, dass der Gerichtshof nicht zuständig sein könne. Der Vertreter des Iran in Den Haag verwarf die Empfehlung des Gerichtshofes als "null und nichtig" und bezeichnete sie als eine "Einmischung in innere Angelegenheiten". [27]

Die britische Regierung wandte sich nach dem Scheitern der Verhandlungen an den UN-Sicherheitsrat, der am 1. Oktober 1951 beschloss, die Beschwerde der Briten gegen den Iran anzunehmen und einen Lösungsvorschlag auszuarbeiten. Mossadeghs Kampf um die wirtschaftlichen Interessen seines Landes wurde von der westlichen Presse nicht ohne Sympathie begleitet. So kürte das Nachrichtenmagazin Time Mossadegh 1951 zum Man of the Year.

1952

Großbritannien reagierte mit der Ankündigung, fortan keine Ölexporte aus Iran mehr zuzulassen und errichtete mit Kriegsschiffen eine Seeblockade im Persischen Golf. Die dadurch entfallenden Einnahmen aus dem Ölgeschäft, auch verursacht durch das Fehlen einer ausreichenden Anzahl einheimischer Techniker zum Betrieb der Anlagen, verursachten eine wirtschaftliche Krise in Iran (Abadan-Krise).

Mossadegh tritt zurück

Angesichts der wirtschaftlichen wie auch zunehmend politischen Krise beschloss Mossadegh im Juli 1952, vom Schah weitere Notstandsrechte einzufordern. Insbesondere seine Forderung, auch das Kriegsministerium zu übernehmen, stieß beim Schah auf entschiedenen Widerstand; der Schah verweigerte sich, und Mossadegh reichte am nächsten Tag seinen Rücktritt ein.

Am 16. Juli 1952 wurde Ahmad Qavam neuer Premierminister. Premierminister Qavam gab sofort seine Absicht bekannt, Verhandlungen mit Großbritannien aufzunehmen, um die Seeblockade zu beenden. Diese Umkehr der zuvor verfolgten Politik weckte in der iranischen Öffentlichkeit Widerspruch und führte zu massiven Protesten von Anhängern verschiedenster Strömungen; von Kommunisten ebenso wie von den von Ajatollah Abol-Ghasem Kashani geführten Klerikern. Am 20. Juli 1952 gab der Internationale Gerichtshof in Den Haag bekannt, dass er in dem Streit zwischen dem Iran und Großbritannien keine richterliche Zuständigkeit habe. Mossadegh hatte mit seiner Argumentation in Den Haag gesiegt.[28] Für den 21. Juli riefen die Tudeh-Partei und die Geistlichen um Ajatollah Kashani zu einem Tag des Nationalen Widerstandes auf, um den Rücktritt von Ahmad Qavam zu erzwingen. In Teheran kam es zu einer Großdemonstration mit mehr als 100.000 Teilnehmern. Premierminister Qavam rief die Armee zu Hilfe, die auf die Demonstranten schoss. Am Ende des Tages waren 36 Tote zu beklagen. Ahmed Qavam erklärte daraufhin noch am selben Tag seinen Rücktritt.

Mossadegh erneut Premierminister

Am 27. Juli 1952 beschloss das Parlament mit 61 zu 3 Gegenstimmen die Wiedereinsetzung Mossadeghs als Premierminister. Mohammad Mossadegh hatte sich nicht nur in Den Haag, sondern auch im Iran durchgesetzt. Der Schah musste nachgeben, und Mossadegh bekam nicht nur die ihm zuvor verweigerte Zuständigkeit über die Armee, sondern auch eine auf sechs Monate ausgestellte unbeschränkte Vollmacht, per Dekret zu regieren. Ajatollah Kashani wurde zum Parlamentspräsidenten ernannt. Obwohl das Verhältnis nicht reibungsfrei war, wurden er und seine Anhänger nun zu Mossadeghs wichtigsten Verbündeten. Solange Kashani das Bündnis mit Mossadegh seinen Zielen diente, war diese Koalition willkommen.[29]

Was durch die Wiedereinsetzung Mossadeghs als Premierminister allerdings nicht gelöst war, war der Streit mit der AIOC und der britischen Regierung. Die katastrophale Wirtschaftslage durch den Boykott, die Hälfte der Staatseinnahmen des Iran stammte aus Erdölverkäufen und fehlten nun im Staatshaushalt, führte im Oktober 1952 zu den ersten Unruhen im Iran und zu einer wachsenden Unzufriedenheit in der Bevölkerung. Die Behandlung des Streitfalls vor dem UN-Sicherheitsrat wurde durch das Veto der UdSSR am 19. Oktober 1952 auf unbestimmte Zeit verschoben.

Die nahezu uneingeschränkte Unterstützung, die Mossadegh noch im Sommer 1952 im Parlament genossen hatte, begann im Herbst 1952 zu bröckeln. Mozaffar Baqai, der Führer der Arbeiterpartei und Mitbegründer der Nationalen Front, war einer der ersten, der Mossadegh die Gefolgschaft verweigerte. Mossadegh hatte am 21. Oktober 1952 ein Gesetz im Parlament durchgesetzt, dass jeden Streik verbot, und es der Polizei erlaubte, Personen, die Streiks organisierten zu verhaften. Dabei sollte jeder Verhaftete unmittelbar als schuldig gelten, solange er nicht das Gegenteil beweisen konnte. Dieses Gesetz war für Baqai unannehmbar.[30]

1953

Am 6. Januar 1953 beantragte Mossadegh beim Parlament eine Verlängerung seiner Vollmacht, weiter per Dekret regieren zu können. Neben Mozaffar Baqi stellten sich weitere Abgeordnete, darunter auch Abol-Ghasem Kashani, gegen Mossadegh. In den Straßen von Teheran kam es zu Straßenschlachten zwischen den Anhängern und Gegner Mossadeghs. Mossadegh und Kashani einigten sich auf eine Verlängerung von Mossadeghs Vollmacht, und forderten die Bevölkerung auf, Ruhe zu bewahren. Das von Mossadegh gewünschte Gesetz wurde im Parlament zwar verabschiedet, doch die Auseinandersetzungen zwischen den Anhängern und Gegner Mossadeghs gingen weiter.

Nachdem am 2. August 1953 Mossadegh die Kontrolle über die königlichen Paläste übernommen hatte, wurde dem Schah nicht mehr gestattet, ohne vorherige Erlaubnis des Ministerpräsidenten Besucher zu empfangen.[31]

Auflösung des Parlaments

Ein am 3. August 1953 abgehaltenes Referendum zur Auflösung des Parlaments brachte Mossadegh eine Mehrheit. In Teheran stimmten 155.544 Wähler für und 115 gegen die Auflösung des Parlaments. Das Referendum wurde nicht nur von Mossadeghs Gegnern, sondern auch von mit ihm befreundeten Politikern kritisiert. So waren die Vorschriften für eine geheime Abstimmung dadurch nicht eingehalten worden, dass die "ja"-Stimmen in einem anderen Wahllokal abgegeben werden mussten als die "nein"-Stimmen. Dadurch wurde für jedermann offensichtlich, wer mit "nein" abstimmen wollte. Vor den Wahllokalen für "nein"-Stimmen hatten sich zudem Mossadegh-Anhänger versammelt, die die Wähler, die gegen die Auflösung des Parlaments stimmen wollten, bedrohten.[32]

Mossadegh erhoffte sich bei den anstehenden Neuwahlen eine überwältigende Mehrheit. Kermit Roosevelt jr. von der CIA und der US-Botschafter Loy W. Henderson „bearbeiteten“ daraufhin den Schah, die Operation Ajax anlaufen zu lassen.[33] Der Schah verließ daraufhin am 11. August 1953 Teheran in Richtung Ramsar am Kaspischen Meer – angeblich eine geplante Urlaubsreise; am 16. August 1953 flog er zu einem Zwischenaufenthalt nach Bagdad, am 18. August 1953 nach Rom, am 22. August – nach dem Putsch vom 19. August – zurück.

Der Sturz

Iranische Truppen vor dem Parlament, Teheran 19. August 1953.
Ein Panzer der iranischen Armee auf dem Weg zum Haus von Premierminister Mossadegh, 19. August 1953

Hauptartikel: Operation Ajax

Die Veränderungen im Iran zogen die Aufmerksamkeit der US-Regierung auf sich. Die Vereinigten Staaten sahen durch die Gefahr einer Einflussnahme der Sowjetunion über die Tudeh-Partei ihre wirtschaftlichen und politischen Interessen gefährdet.

Am 4. April 1953 billigte der CIA-Direktor Allen W. Dulles ein Budget von einer Million US-Dollar, das dazu verwendet werden sollte, Mossadegh zu stürzen (“in any way that would bring about the fall of Mossadegh”). Mit dieser Geheimdienstoperation gelang es der CIA in Zusammenarbeit mit dem Schah, monarchistischen und klerikalen Gruppen, geführt vom General im Ruhestand Fazlollah Zahedi, am 19. August 1953 Premierminister Mossadegh aus dem Amt zu entfernen.

Auf Drängen der CIA hatte der Schah nach langem Zögern am 13. August eingewilligt, per Dekret den früheren Innenminister im ersten Kabinett Mossadeghs General Fazlollah Zahedi zum neuen Premierminister zu ernennen. Die rechtlichen Voraussetzungen hierfür hatte Mossadegh mit der Auflösung des Parlaments selbst geschaffen. Nach der Verfassung war der Schah berechtigt, den Premierminister nach der Auflösung des Parlaments, das den Premierminister gewählt hatte, abzusetzen und durch einen Interimspremierminister bis zur Neuwahl des Parlaments zu ersetzen. Parlamentarier hatten Mossadegh vor der Auflösung des Parlaments gewarnt, und ihn darauf aufmerksam gemacht, dass er mit der Auflösung des Parlaments dem Schah das Recht in die Hand gebe, ihn abzusetzen und durch einen anderen Premierminister zu ersetzen. In der Vergangenheit hatte der Schah bereits achtzehn Mal von diesem Recht Gebrauch gemacht. Doch Mossadegh war sich sicher, dass Schah Mohammad Reza Pahlavi diesen Schritt nicht wagen würde. Er löste das Parlament auf und begann mit der Planung für Neuwahlen.[34]

Die letzten Jahre

Mohammad Mossadegh in Ahmad Abad, 1965

Mossadegh, der sich im Verlauf des Putsches in sein Privathaus zurückzog, wurde von ihm ergebenen Offizieren beschützt. Die bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Mossadegh-Anhängern und Zahedi-Truppen fanden überwiegend vor dem Hause Mossadeghs statt und forderten über 200 Tote und 300 Verwundete.[35] Fünf Tage nach dem Putsch bot Mossadegh General Zahedi telefonisch seine Kapitulation an. Mossadegh wurde von Zahedi mit den Worten: „Ich will Ihnen nichts Böses. Sie werden einen fairen Prozess bekommen“ verhaftet und in einer Kaserne inhaftiert.

Sowohl der General als auch der am 22. August vom selbst auferlegten Exil in Rom zurückgekehrte Schah zollten Mossadegh Respekt und behandelten den einstigen Weggefährten und späteren Widersacher vergleichsweise milde. Der wegen Hochverrats vor ein Militärtribunal gestellte Mossadegh wurde nicht zum Tode verurteilt, sondern lediglich zu drei Jahren Gefängnis in Einzelhaft. Im Dezember 1956 aus der Haft entlassen, zog sich Mossadegh in sein Privathaus in Ahmad Abad zurück; dort stand er bis zu seinem Tode am 5. März 1967 unter Hausarrest. Der Schah schickte nach dessen Haftentlassung, so de Villiers, einen Bevollmächtigten, um Mossadegh zu ermahnen, sich aus der Politik herauszuhalten. Die Antwort Mossadeghs:[36]

„Ich wäre ganz schön verrückt, mich um ein Volk zu kümmern, das mich in der Not im Stich gelassen hat!“

Mossadegh war verheiratet mit Zahra, einer Enkelin von Naser al-Din Schah. Aus der Ehe gingen zwei Söhne (Ahmad, Gholam Hossein) und drei Töchter (Mansureh, Zia Ashraf und Khadijeh) hervor. Die bis heute anhaltenden Diskussionen über Mossadegh haben zu einer tiefen Spaltung in der iranischen Gesellschaft geführt. Für die einen ist er ein Symbol des Antiimperialismus, während andere ihn für die politischen Fehlentwicklungen im Iran der Nachkriegszeit verantwortlich machen.[37]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Mohammad Mossadegh - Born June 16, 1882. In: The Mossadegh Project. Abgerufen am 4. November 2008 (engl.).
  2. Mehdi Shamshiri: Zendehgi-Nameh Mohammad Mossadegh - az tawallod ta payan tahsilat va akhz tabeiyat suisse. (Biographie des Mohammad Mossadeh - Von der Geburt bis zum Ende seiner Erziehung und der Einbürgerung als Schweizer Staatsbürger). Pars Publication, Huston (Texas), 2002, S.106.
  3. Farhad Diba: Mohammed Mossadegh. A Political Biography. 1986. S. 3 ff.
  4. Mehdi Shamshiri: Zendeghi Mohammad Mossadegh (Biographie des Mohammad Mossadegh - Von der Geburt bis zum Ende seiner Erziehung und der Einbürgerung als Schweizer Staatsbürger. Pars Publication, Huston (Texas), 2002, S.1.
  5. Mehdi Shamshiri:Zendeghi Mohammad Mossadegh (Biographie des Mohammad Mossadegh - Von der Geburt bis zum Ende seiner Erziehung und der Einbürgerung als Schweizer Staatsbürger. Pars Publication, Huston (Texas), 2002, S.16f.
  6. Mehdi Shamshiri:Zendeghi Mohammad Mossadegh (Biographie des Mohammad Mossadegh - Von der Geburt bis zum Ende seiner Erziehung und der Einbürgerung als Schweizer Staatsbürger. Pars Publication, Huston (Texas), 2002, S.24f.
  7. Mehdi Shamshiri:Zendeghi Mohammad Mossadegh (Biographie des Mohammad Mossadegh - Von der Geburt bis zum Ende seiner Erziehung und der Einbürgerung als Schweizer Staatsbürger. Pars Publication, Huston (Texas), 2002, S.26.
  8. Mehdi Shamshiri:Zendeghi Mohammad Mossadegh (Biographie des Mohammad Mossadegh - Von der Geburt bis zum Ende seiner Erziehung und der Einbürgerung als Schweizer Staatsbürger. Pars Publication, Huston (Texas), 2002, S. 117.
  9. Mehdi Shamshiri:Zendeghi Mohammad Mossadegh (Biographie des Mohammad Mossadegh - Von der Geburt bis zum Ende seiner Erziehung und der Einbürgerung als Schweizer Staatsbürger. Pars Publication, Huston (Texas), 2002, S. 120.
  10. Mehdi Shamshiri:Zendeghi Mohammad Mossadegh (Biographie des Mohammad Mossadegh - Von der Geburt bis zum Ende seiner Erziehung und der Einbürgerung als Schweizer Staatsbürger. Pars Publication, Huston (Texas), 2002, S. 182f.
  11. Mehdi Shamshiri:Zendeghi Mohammad Mossadegh (Biographie des Mohammad Mossadegh - Von der Geburt bis zum Ende seiner Erziehung und der Einbürgerung als Schweizer Staatsbürger. Pars Publication, Huston (Texas), 2002, S. 123f.
  12. Mehdi Malekzadeh: Tarikh Engelab Mashrutiat Iran. Bd. 5. o. J. S. 1033. Zitiert nach: Mehdi Shamshiri:Zendeghi Mohammad Mossadegh (Biographie des Mohammad Mossadegh - Von der Geburt bis zum Ende seiner Erziehung und der Einbürgerung als Schweizer Staatsbürger. Pars Publication, Huston (Texas), 2002.
  13. Mehdi Malekzadeh: Tarikh Engelab Mashrutiat Iran. Bd. 5. o. J. S. 1033. Zitiert nach: Mehdi Shamshiri:Zendeghi Mohammad Mossadegh (Biographie des Mohammad Mossadegh - Von der Geburt bis zum Ende seiner Erziehung und der Einbürgerung als Schweizer Staatsbürger. Pars Publication, Huston (Texas), 2002, S.240.
  14. Mehdi Shamshiri: Zendeghi Mohammad Mossadegh (Biographie des Mohammad Mossadegh - Von der Geburt bis zum Ende seiner Erziehung und der Einbürgerung als Schweizer Staatsbürger. Pars Publication, Huston (Texas), 2002, S.273ff.
  15. Mehdi Shamshiri:Zendeghi Mohammad Mossadegh (Biographie des Mohammad Mossadegh - Von der Geburt bis zum Ende seiner Erziehung und der Einbürgerung als Schweizer Staatsbürger. Pars Publication, Huston (Texas), 2002, S.279f.
  16. Mehdi Shamshiri: Zendeghi Mohammad Mossadegh - Biographie des Mohammad Mossadegh - Von der Geburt bis zum Ende seiner Erziehung und der Einbürgerung als Schweizer Staatsbürger. Pars Publication, Huston (Texas), 2002, S.280.
  17. Mehdi Shamshiri: Zendeghi Mohammad Mossadegh - Biographie des Mohammad Mossadegh - Von der Geburt bis zum Ende seiner Erziehung und der Einbürgerung als Schweizer Staatsbürger. Pars Publication, Huston (Texas), 2002, S.279.
  18. a b Gholam Reza Afkhami: The life and times of the Shah. UC Press, 2009. S. 112.
  19. Gholam Reza Afkhami: The life and times of the Shah. UC Press, 2009. S. 114.
  20. Catherine & Jacques Legrand: The Shah of Iran. Creative Publishing International,1989, S. 61.
  21. Mehdi Shamshiri: Five Historical Terrors - Opening the way for premiership of Mohammad Mossadegh Orchestrated by Mohammad Daftari. Originaltitel: Panj terror-e tarikhy rah-gosha-ye sedarat-e Mossadegh. 2011, S. 133-167.
  22. Gholam Reza Afkhami: The life and times of the Shah. UC Press 2009. S. 115.
  23. Gholam Reza Afkhami: The life and times of the Shah. UC Press 2009. S. 121.
  24. Redemitschrift der Parlamentsschreiber vom 16. Majlis, 8. Tir 1329. Zitiert nach: Ali Mirfetros: Mohammad Mosaddeq - Pathology of a failure. Farhanf, Montreal 2008, S.57.
  25. Gholam Reza Afkhami: The life and times of the Shah. UC Press 2009. S. 123.
  26. de Villiers 1976, S. 230
  27. Stephen Kinzer „Im Dienste des Schah. CIA und MI6 und die Wurzeln des Terrors im Nahen Osten“, Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KgaA, Weinheim, S. 150
  28. Gholam Reza Afkhami: The life and times of the Shah. University of California Press, 2009, 143.
  29. Bahman Nirumand, Keywan Daddjou: Mit Gott für die Macht. Rowohlt Verlag. 1989. Seite 83
  30. Gholam Reza Afkhami: The life and times of the Shah. University of California Press, 2009, 148.
  31. de Villiers 1976, S. 271
  32. Abbas Milani: Eminent Persians. Syracus University Press Bd. 1, 2008, S.243.
  33. de Villiers 1976, S. 272
  34. Abbas Milani: Eminent Persians. Syracuse University Press, 2008, S. 243ff.
  35. de Villiers 1976, S. 299
  36. de Villiers 1976, S. 318
  37. Ali Mirfetros: Mohammad Mosaddeq - Pathology of a Failure. Farhang, 2008. (in farsi)


[[Zivilgesellschaften im Iran: Dr. Mossadeghs Thesen und Errungenschaften Wirtschaftliche und soziologische Relevanz im Laufe der nationalen Bewegung, von Afsar Soheila Sattari, ISBN: 978-3-8300-4780-3, Verlag Dr. Kovac]]