Klebstoff
Kleben ist das "kraftschlüssige Verbinden zweier Fügeteile mit Hilfe eines Klebstoffs". Nach DIN 16920 wird ein Klebstoff als "Nichtmetallischer Werkstoff, der Fügeteile durch Flächenhaftung (siehe Adhäsion) und innere Festigkeit (siehe Kohäsion) verbinden kann" definiert.
Geschichte
Schon vor 6000 Jahren verwendeten die Mesopotamier Asphalt zu Bauzwecken. 3000 v.Chr. kannten die Sumerer das Herstellen von Leim aus tierischen Häuten und ca. 1500 v.Chr. verwendeten die Agypter tierische Leime für Furnierarbeiten. Das "Kleben" ist somit eine der ältesten Techniken und auch eines der modernsten Fügeverfahren.
Fügeverfahren
Als Fügeverfahren unterscheidet man in der Fertigungstechnik Schrauben und Nieten - Schweißen und Löten - Kleben.
Beim Kleben wird in den Spalt zwischen den beiden zu verbindenen Teilen ein Polymerwerkstoff eingebracht, der sich auf den Oberflächen verankert (Adhäsion) und diese durch seine innere Festigkeit (Kohäsion) kraft- und formschlüssig miteinander verbindet.
Vorteile des Klebens gegenüber herkömmlichen Verbindungsverfahren
- Gleichmäßige Spannungsverteilung über die gesamte Klebefläche. Wirksam bei statischer und dynamischer Belastung. Beim Schrauben und Nieten entstehen Spannnungsspitzen an den Verbindungselementen, während der Raum dazwischen kaum zur Kraftübertragung beiträgt.
- unveränderte Oberfläche und Gefügestruktur Durch die beim Schweißen auftretenden Temperaturen kann es zu Änderungen der Gefügestruktur und der mechanischen Eigenschaften der Werkstoffe kommen. Ebenso wird beim Nieten und Schrauben die sichtbare Oberfläche verändert. Beim Kleben bleibt die Oberfläche unverändert, was zu optimalen optischen und aerodynamischen Eigenschaften führt. Durch die Verbindung auf der ganzen Fläche und der Elastizität des Klebstoffs ist die Schwingungsdämpfung einer Klebefuge besser als bei geschweißten, geschraubten oder genieteten Verbindung.
- Gewichtsersparnis Besonders im Leichtbau werden Klebstoffe gerne eingesetzt, da hier Teile von geringer Stärke (bis 0.5 mm) verbunden werden können. Dies ist durch thermische Fügeverfahren problematisch bis unmöglich.
- Dichtende Verbindungen Klebstoffe können auch gleichzeitig als Dichtstoff für Gase und Flüssigkeiten dienen. Die Klebstoffschicht verhindert das Eindringen von Kondenswasser und eine damit verbundene Korrosion.
- Verbinden unterschiedlicher Werkstoffe Durch Klebstoffe können Werkstoffe gefügt werden, die einem thermische Fügeverfahren nicht zugänglich sind (Glas-Metall, Holz-Metall, Aluminium-Stahl). Durch die (üblicherweise) elektrische und thermische Isolation durch den Klebstoff wird die Bildung von Lokalelementen und der damit verbundenen Kontakt-Korrosion bei Metallen verhindert.
Nachteile des Klebens
- Klebetechnologie. Die Herstellung einer Klebeverbindung erfordert einen im Vergleich zu den anderen Verfahren höheren Aufwand, um eine gute Verklebung zu erzielen. Der Klebstoff und die Oberflächenvorbehandlung müssen auf die zu verbindendenen Werkstoffe abgestimmt werden, die zu erwartenden Beanspruchungen müssen bekannt sein. Desweiteren sind die vorgegebenen Verarbeitungsschritte exakt einzuhalten.
- Alterung. Wie jedes organische Material unterliegt auch der Klebstoff einer Alterung, welche die Gebrauchsdauer einer Verklebung einschränken kann.
- Kontrollverfahren. Für eine bestehende Verbindung gibt es kein Verfahren, ihre tatsächliche Festigkeit zu prüfen. Die Festigkeitskontrolle einer Verklebung ist nur durch eine zerstörende Prüfung an einer Referenzprobe möglich.
Einteilung der Klebstoffe
In der Bio- und Technosphäre wird eine große Anzahl unterschiedlicher Klebstoffarten verwendet. Die verschiedenen Klebstoffarten lassen sich zum einen nach der chemischen Basis und zum anderen nach dem Verfestigungsmechanismus einteilen.
nach der chemischen Basis
Einteilung der Klebstoffe nach der chemischen Basis |
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Klebstoffe |
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organische Verbindungen | Silicone | anorganische Verbindungen | ||
natürliche Basis | synthetische Basis | |||
Kohlenwasserstoff- |
keramische Bestandteile,Metalloxide,Borate |
nach dem Verfestigungsmechanismus
Die Einteilung in Duromere, Thermoplaste und Elastomere, wie sie bei Kunstoffen üblich ist, ist bei Klebstoffen wenig sinnvoll. Es gibt Klebstoffe (besonders bei den Polyurethanen), die als Duromere, Elastomere und Thermoplaste aushärten. Ein besseres Ordnungskriterium ist die Art und Weise wie sich der Klebstoff verfestigt - somit nach dem Abbindemechanismus, also physikalisch oder chemisch.
Einteilung der organischen Klebstoffe und Silicone nach dem Verfestigungsmechanismus | |
physikalisch abbindende Klebstoffe | chemisch härtende Klebstoffe |
SchmelzklebstoffeLösungsmittelhaltige KlebstoffePlastisole |
PolymerisationsklebstoffeCyanacrylatklebstoffeStrahlenhärtende Klebstoffe |
PolykondensationsklebstoffePhenolformaldehydklebstoffePolyimidklebstoffe |
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PolyadditionsklebstoffeEpoxidharzklebstoffePolyurethanklebstoffe |
Physikalisch abbindende Klebstoffe
Hierunter versteht man solche Klebstoffe, bei denen bereits der fertige Klebstoff, d.h. das Polymer an sich, in die Klebefuge eingebracht wird. Dazu wird ein physikalisches Verfahren angewendet, das den Klebstoff zunächst in eine verarbeitbare Form bringt, um ihn später im Klebespalt wieder verfestigen zu lassen.
Lösemittelhaltige Klebstoffe
Bei lösemittelhaltigen Klebstoffe wird das Polymer in organischen Lösemitteln gelöst und diese Lösung in die Klebefuge appliziert. Durch Verdunsten der Lösemittel bindet der Klebstoff ab, d.h. er wird zunächst zäher und verfestigt sich schließlich.
Dispersionsklebstoffe
Dispersionsklebstoffe nutzen Wasser als mobile Phase, in der die Klebstoffbestandteile als Dispersion vorliegen. Nach Aufbringen auf die zu verklebende Fläche bricht die Dispersion durch Verdampfen des Wassers oder Veränderung des pH-Wertes, bildet einen Film und kann die beiden Fügeteile so verbinden.
Die wäßrigen Dispersionsklebstoffe werden heute vielfältig als Ersatz der Lösemittelklebstoffe verwendet, da sie nicht wie diese brand- und explosionsgefährlich sind und auch keine gesundheitsbeeinträchtigenden Lösemittel freisetzen. Nachteil ist allerdings, daß wasserbasierte Klebstoffe zum Abbinden längere Zeit oder mehr Energie benötigen. Außerdem sind Dispersionsklebstoffe frostempfindlich.
Schmelzklebstoffe
Schmelzklebstoffe - oft auch im Deutschen als "Hotmelt" bezeichnet - sind bei Raumtemperatur fest und werden durch Aufschmelzen verarbeitbar. Die heiße Klebstoffschmelze wird auf das zu verklebende Teil aufgebracht und sofort mit dem zweiten Teil innerhalb der Offenzeit gefügt. Unmittelbar nach dem Abkühlen und Erstarren des Klebstoffs ist die Verbindung fest und funktionsfähig. Dies ermöglicht in Produktionsprozessen sehr schnelle Taktzeiten und unmitttelbares Weiterverarbeiten.
Für den Hobby- und Kleinanwender kommen Schmelzklebstoffe in Form von Klebekerzen (Klebesticks) in den Handel, die mit Schmelzklebepistolen verarbeitet werden können. Bei technischen Anwendungen werden sie auch in Form von Granulaten oder Blöcken mit Hilfe von Schmelzgeräten und nachgeschalteten Auftragsköpfen verarbeitet.
Schmelzklebstoffe sind lösemittelfrei, jedoch ist ihr Einsatz wegen der hohen Verarbeitungstemperaturen auf temperaturresistente Werkstoffe beschränkt. Andererseits verhält sich der Klebstoff reversibel, d.h. bei Temperaturerhöhung wird er wieder weich und besitzt daher nur eine eingeschränkte Wärmebeständigkeit. (siehe auch reaktive Schmelzklebstoffe)
Kontaktklebstoffe
Kontaktklebstoffe können sowohl Lösemittelklebstoffe oder auch Dispersionsklebstoffe sein, die im Kontaktklebeverfahren verarbeitet werden.
Dazu werden zunächst beide Klebeflächen gleichmäßig mit Klebstoff bestrichen. Dann läßt man den Klebstoff so lange ablüften, bis der Klebefilm sich trocken anfühlt, d.h. bei der Fingerprobe keine Fäden mehr zieht und nicht mehr klebig ist. Im nächsten Schritt müssen die Klebeflächen innerhalb der offenen Verarbeitungszeit exakt zusammengefügt werden. Eine Korrektur ist nicht möglich. Um eine gute Verklebung zu erzielen, ist es nötig, die Klebeflächen kurz unter möglichst hohem Druck zusammenzupressen. Ist ein Substrat flexibel, bedient man sich am besten einer Rolle, mit der ein hoher Liniendruck erzielt werden kann.
Haftklebstoffe
Auf eine Sonderform der Applikation abgestimmt sind die Haftklebstoffe, die nach dem Auftragen dauerklebrig bleiben und dann durch Druck auf ein Substrat aufgebracht werden können und dort haften bleiben. Anwendung finden sie als Beschichtung von Klebebändern, Selbstklebeetiketten usw.
Plastisole
Bei Plastisolen sind in der Verarbeitungsform kleine feste Polymerkügelchen in einer flüssigen Phase verteilt. Nach dem Applizieren wird das Plastisol durch Wärmezufuhr geliert. Bei diesem Vorgang nehmen die Polymerkügelchen die Flüssigkeit - meist ein Weichmacher - auf, quellen und verwachsen so zu einer homogenen Schicht. Häufig verwendet werden z.B. PVC-Plastisole im Automobil-Bau als Nahtabdichtung oder Unterbodenschutz. Nicht nur wegen dieser Anwendungsfälle, sondern auch auf Grund der geringen Festigkeit und gleichzeitig hohen Elastizität sind Plastisole schon mehr den Dichtstoffen zuzuordnen.
Chemisch härtende Klebstoffe
Bei chemisch härtenden Klebstoffen, oft auch Reaktionsklebstoffe genannt, werden die einzelnen chemischen Bausteine für den Klebstoff im richtigen Verhältnis in die Klebefuge eingebracht. Die Verfestigung erfolgt danach durch chemische Reaktion der Bausteine miteinander.
Verwendung
Im Haushalt und vor allen in der Bauchemie weit verbreitet, neuerdings auch Metall-Metall-Verbindungen oder auch eingeklebte Glasscheiben. Aber auch in der Natur sondern z. B. Saugwürmer und die Miesmuschel Klebstoffe ab. Ebenso sind die Fangfäden im Spinnennetz mit Leimtropfen besetzt.