Dinglingerhaus
Das Dinglingerhaus war ein barockes Wohngebäude in Dresden. Es wurde frühestens 1711 von Matthäus Daniel Pöppelmann entworfen und vor 1716 für Georg Christoph Dinglinger am Jüdenhof in unmittelbarer Nachbarschaft zum Johanneum erbaut. Es handelte sich um „eines der wertvollsten barocken Dresdner Bürgerhäuser“[1] und laut Fritz Löffler das einzige Beispiel für den Niederschlag des Zwingerstils im Dresdner Wohnhausbau.[2] Walter May hingegen beschreibt Pöppelmanns Bau, der schon vor dem Wallpavillon im Zwinger entstanden sei, als unter dem Eindruck der neuesten Prager Architekturentwicklungen entstanden, die Pöppelmann auf einer Reise kennengelernt habe.[3]
Das Gebäude ist nicht zu verwechseln mit dem meist ebenfalls als Dinglingerhaus bezeichneten, im Zweiten Weltkrieg zerstörten Wohnhaus des Hofgoldschmieds Johann Melchior Dinglinger in der Frauengasse 9 (später Frauenstraße 9), in dessen Hof sich der heute noch existierende Dinglingerbrunnen befand.
Beschreibung
Das fünfachsige Eckhaus mit zum Jüdenhof streng symmetrischer Fassade verfügte über drei Vollgeschosse, ein Mezzaningeschoss mit ausgeprägtem Schmuck um die halbhohen Fenster und ein Mansarddach. Die risalitartig nur leicht vorgezogene Mittelachse wurde von einem gestuften Zwerchhaus gekrönt, vor dessen mittlerem Fenster durch eine Balustrade ein Austritt angedeutet wurde. Zu beiden Seiten des Zwerchhauses fand sich je eine kleinere Gaube. Vertikal gegliedert wurde das Gebäude durch vom Gurtgesims über dem Erdgeschoss sich bis zum verkröpften Hauptgesims erstreckende Pilaster, deren konsolenartigen Kapitelle das Gesims trugen. Die Fassade zur Sporergasse war erheblich schlichter ausgeführt.[4]
Geschichte
Bauherr Georg Christoph Dinglinger starb 1746 im Alter von 77 Jahren. Über die Besitzer und Bewohner nach dieser Zeit geben die Dresdner Adressbücher Auskunft. So war das Haus spätestens 1809 Eigentum des Dresdner Malers Jakob Crescenz Seydelmann und seiner Frau, der Miniaturenmalerin Apollonia Seydelmann. Beide waren Mitglied der Dresdner Kunstakademie. Nach dem Tod Apollonia Seydelmanns im Jahr 1840, ging das Haus in den Besitz ihrer Tochter Luise (1799–1874) über, die seit 1817 mit einem Oberst von Zedlitz verheiratet war. Luise starb 1874, im Dresdner Adreßbuch von 1904 ist als Eigentümerin des Hauses eine „Louise von Zedlitz, Oberhofmeisterin a.D.“ vermerkt, in den 1930er und 40er-Jahren werden als Eigentümer „Kleinfeld Erben“ verzeichnet.
Schon im 19. Jahrhundert war das Haus nicht nur von der Familie der Eigentümer bewohnt. Da die Dresdner Adressbücher seit 1848 auch die Wohnungsmieter der verzeichneten Häuser nennen,[5] lässt sich ab dieser Zeit recht genau Auskunft über Bewohner und Geschäfte im Hause erteilen.
So verzeichnet das Adressbuch von 1851 im Parterre des Dinglingerhauses die Geschäftsräume des Hofuhrmachers Weiße und einen Schuhmacher. Im ersten Obergeschoss lebte das Ehepaar von Zedlitz, im zweiten der Baron Gustav Bodo von Bodenhausen, im dritten der Schneider Ludwig Moritz Drevermann und im vierten Stock, dem ausgebauten Dachgeschoss wird ein Herr Bergner „Klempner und Lampenfabrikant“ genannt.[6]
In den folgenden Jahrzehnten gab es offenbar weiterhin Ladengeschäfte im Erdgeschoss. So findet sich im Adressbuch von 1904 ein Sporermeister und ein Schuhmacher, im ersten Stock zudem ein „Gemeinnütziger Verein“ samt seinem Sekretär Ernst Seidler.[7] In den Adressbüchern von 1932 und 1943/44 findet sich für das Erdgeschoss und den ersten Stock des Hauses die Eintragung der Firma Hüning & Kleinfeld. Dabei handelte es sich um eine Glaserei, Glasschleiferei und Glasmalerei.[8][9]
Die Adresse des Hauses lautete seit Einführung der straßenweise Nummerierung der Dresdner Häuser zur Mitte des 19. Jahrhunderts Jüdenhof 5. Zuvor war es als Haus 387 verzeichnet. Im Laufe der 1930er Jahre verschwand der Jüdenhof aus dem Dresdner Stadtplan, das Haus hatte in der Folge die Adresse Neumarkt 18.[10]
Das Dinglingerhaus wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört, die Ruine später abgebrochen.[11]
Literatur
Stefan Hertzig: Das Dresdner Bürgerhaus in der Zeit Augusts des Starken. Zu Entstehung und Wesen des Dresdner Barock. Dresden 2001.
Weblinks
Webseite der Familie Dinglinger mit Bildern des Gebäudes.
Einzelnachweise
- ↑ Walter May: Städtisches und landesherrliches Bauen. In: Reiner Gross, Uwe John (Hrsg.): Geschichte der Stadt Dresden. Theiss-Verlag, Stuttgart 2006, S. 164 f.
- ↑ Fritz Löffler: Das alte Dresden. Geschichte seiner Bauten. Dresden 1955. 19. Auflage, Leipzig 1999. S. 136
- ↑ May, S. 165
- ↑ nach Löffler, S. 292 f
- ↑ Gisela Hoppe: Die Dresdner Adressbücher. in: Dresdner Geschichtsbücher 5, Altenburg 1999, S. 258
- ↑ Adreßbuch für die Stadt Dresden auf das Jahr 1851. S. 213.
- ↑ Adreßbuch für Dresden und seine Vororte 1904. Band 2, S. 312.
- ↑ Adreßbuch für Dresden und Vororte 1932. S. 338 des Häuserbuches.
- ↑ siehe etwa das Adreßbuch der Gau- und Landeshauptstadt Dresden 1943/44, S. 578 des Häuserbuches.
- ↑ siehe etwa das Adreßbuch der Gau- und Landeshauptstadt Dresden 1943/44, S. 578 des Häuserbuches. online.
- ↑ Löffler, S. 292
Koordinaten: 51° 3′ 5,8″ N, 13° 44′ 20,6″ O
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