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Trier, Stadtbibliothek, Hs. 171/1626

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Fol. 1v des Trierer Fragments mit dem Titel der Handschrift
Das sogenannte Gregorblatt
Das Einzelblatt in Chantilly stellt Otto II. dar
Fol. 2r des Trierer Textfragments

Trier, Stadtbibliothek, Hs. 171/1626 bzw. Trier, Stadtbibliothek, Hs. 171/1626a sind die Signaturen einer nicht vollständig erhaltenen Handschrift des 10. Jahrhunderts, von der ein weiteres Einzelblatt unter der Signatur Chantilly, Musée Condé, Ms. 14 bis erhalten ist. Die Handschrift enthielt die Abschrift einer Briefsammlung Papst Gregors des Großen, des Registrum Gregorii. Der Buchmaler der beiden erhaltenen Miniaturen, einer der markantesten Buchmaler seiner Zeit, erhielt daher den Notnamen Gregormeister oder Meister des Registrum Gregorii.

Die Handschrift

Von der Handschrift sind insgesamt vier Teile erhalten geblieben: Das Gregorblatt, das Papst Gregor zeigt, das Einzelblatt in Chantilly, das den thronenden Kaiser Otto II. zeigt, ein Doppelblatt (Trier, Stadtbibliothek, Hs. 171/1626a), welches den Titel der Handschrift und ein Widmungsgedicht enthielt, sowie ein 37 Blatt umfassendes Textfragment. Aufgrund des Inhaltes des Widmungsgedichtes lässt sich die Entstehung der Handschrift auf nach 983 festschreiben, da darin der Tod Ottos II. beklagt wird. Das Widmungsgedicht verrät auch den Auftraggeber der Handschrift, Bischof Egbert von Trier und den Empfänger der Handschrift, nämlich den Trierer Dom.[1] Zu der Handschrift gehörte nach dem Widmungsgedicht auch ein mit Gold und Gemmen verzierter Prunkdeckel, ebenfalls eine Stiftung Egberts.

Über das Schicksal der Handschrift ist wenig bekannt. Ein Inventar des Trierer Domschatzes aus dem Jahr 1479 erwähnt die Handschrift als Item noch ein silbern buch costlich text vol costlichem Gesetyns und Perlin besatzter mit idel gulden buchstaben und heben ein 'Incipit liber epistularum beati Gregorii'.[2] Wann die Handschrift zerlegt wurde, ist nicht bekannt, das Textfragment wurde im 18. Jahrhundert repariert und neu gebunden.[3]

Die Textzierseiten

Das Doppelblatt in der Stadtbibliothek Trier misst 37,5 x 29,5 cm. Es enthält auf folio 1r das Widmungsgedicht Bischofs Egbert, das in goldener Schrift auf Purpurgrund geschrieben ist. Auf folio 1v folgt der ebenfalls mit Goldschrift auf Farbstreifen in Grün und Purpur geschriebene Titel der Handschrift. Hoffmann erkannte in der Schrift der Zierseiten die Handschrift des Gregormeisters.[4]

Das Gregorblatt

Das Gregorblatt misst 26,5 x 19,5 cm und ist an den Rändern beschnitten. Es zeigt eine Szene aus einer Legende um das Entstehen der Werke des Kirchenlehrers Gregor. Der als Notarius bezeichnete Schreiber-Diakon Petrus hat mit dem Griffel ein Loch in den Vorhang gebohrt, als das Diktat des Papstes länger pausierte. Gregor, als Gregor PP beschriftet, thront in seinem Gemach und lauscht der Inspiration durch die auf seiner Schulter sitzenden Taube des Heiligen Geistes. Auf der vom Schreiber gehaltenen Wachstafel steht jedoch kein Zitat aus den Schriften Gregors, sondern ein Zitat aus Jesus Sirach: Beatus vir qui in sapientia sua morabitur (Selig der Mann, der in der Weisheit verharrt.) Die kompliziert hintereinandergefügten Raumschichten wie auch der monumentale thronende Papst zweigen, dass der Gregormeister Raumtiefe und Plastizität verstand und charakterisieren ihn als den größten Künstler seiner Zeit.[5] Gleichzeitig kennzeichnet das Bild eine hoheitsvolle Ruhe, die durch die zarten, hellen Farben und die ausgewogene Bildkomposition erzeugt wird. Die Malerei entstand über einer vom Gregormeister selbst ausgeführten, für diesen Künstler typischen Vorzeichnung. Der Gregormeister verwendete Silberstift wie auch farbige Federzeichnung nebeneinander und legte durch den Einsatz von Lavierungen und Modellierungen seine Vorzeichnungen bereits sehr malerisch an. Von dieser Vorzeichnung ausgehend malte er die Miniatur, wobei er allerdings in der räumlichen Konzeption von der Vorzeichnung abwich.

Das Einzelblatt mit Papst Gregor gelangte 1827 aus der Hand eines Sammlers in die Stadtbibliothek Trier.

Das Ottoblatt

Das Einzelblatt in Chantilly oder sogenannte Ottoblatt misst 27 x 19,8 cm, es ist an den Blatträndern beschnitten. Die Miniatur zeigt einen thronenden Herrscher, der in der Beischrift als Otto Imperator august(us) identifiziert wird. Vier weibliche Personifikationen von Provinzen Germania, Francia, Italia, Alemannia huldigen ihm. Das Einzelblatt stimmt in etwa mit der Größe der Textzierseiten des Registrum Gregorii mit dem Widmungsgedicht Egberts und dem Buchtitel überein, so dass das Blatt vermutlich aus derselben Handschrift stammt. Hierfür spricht auch, dass in dem Widmungsgedicht der Tod Kaiser Ottos II. beklagt wird, so dass der abgebildete Otto als Otto II. Identifiziert wird. Nach anderer Auffassung sei der Kaiser mit Otto III. zu identifizieren, gegen diese Auffassung spricht jedoch, dass Otto III. erst 996 zum Kaiser gekrönt wurde, als Bischof Egbert, der Auftraggeber der Handschrift, bereits drei Jahre verstorben war. Kaiserbilder gehörten nicht zur üblichen Bildausstattung von Manuskripten, die Briefsammlungen und ähnliche Texttypen enthielten. Es ist denkbar, dass Egbert die Miniatur erst spät im Entstehungsprozeß der Handschrift als Huldigung an den verstorbenen Otto II. in das Bildprogramm der Handschrift einfügen ließ. Figurenstil und Bildkomposition sind typisch für den Gregormeister, der sich an antiken Raumdarstellungen orientierte. Die Figuren sind in der Tiefe gestaffelt und wie die zurückfluchtenden Teile der Architektur und des Thrones zudem der Bedeutungsperspektive unterworfen, wodurch der Kaiser um so hervorgehobener erscheint. Dieser Bildaufbau wirkte stilbildend für die Herrscherbilder der Reichenauer Buchmalerschule, die wenig später entstanden.[6]

Das Ottoblatt wurde 1862 von einem französischen Adeligen im Kunsthandel in London erworben und gelange so in das Museum Condé.

Das Trierer Textfragment

Das Textfragment eines Registrum Gregorii der Trierer Stadtbibliothek umfasst 37 Blatt im Format 35 x 28,5 cm. Aufgrund Format, Inhalt und Herkunft aus der Trierer Dombibliothek, die durch eine zur Ausbesserung verwendete Papierurkunde nachgewiesen wird, wird angenommen, dass das Fragment zur selben Handschrift wie die Textzierseiten und die Einzelblätter gehörte. Die Schreiber des Textes stammen nach Hartmut Hoffmann von der Insel Reichenau. Der Text wurde nachträglich mit kleinen Initialen in Gold, Silber, Zinnober und Blei versehen, die aufgrund der geringeren Qualität nicht vom Gregormeister stammen.[7] Ein Auftreten Reichenauer Schreiber spricht nicht gegen die Zugehörigkeit zu den übrigen Fragmenten unzweifelhaft Trierer Herkunft, da ein Zusammenwirken Reichenauer und Trierer Schreiber und Künstler auch am etwa zeigleich entstandenen Codex Egberti festzustellen ist.

Das Textfragment gelangte 1814 in die Stadtbibliothek Trier.

Literatur

  • Franz J Ronig (Hrsg.): Egbert. Erzbischof von Trier 877–993. Gedenkschrift der Diözese Trier zum 1000. Todestag. Selbstverlag des Rheinischen Landesmuseums Trier, Trier 1993.

Einzelnachweise

  1. Egbert. Erzbischof von Trier (977–993), Katalog der Ausstellung Trier 1993, Nr. 6.
  2. Egbert. Erzbischof von Trier (977–993), Katalog der Ausstellung Trier 1993, Nr. 6.
  3. Egbert. Erzbischof von Trier (977–993), Katalog der Ausstellung Trier 1993, Nr. 9.
  4. Egbert. Erzbischof von Trier (977–993), Katalog der Ausstellung Trier 1993, Nr. 6.
  5. Egbert. Erzbischof von Trier (977–993), Katalog der Ausstellung Trier 1993, Nr. 7.
  6. Egbert. Erzbischof von Trier (977–993), Katalog der Ausstellung Trier 1993, Nr. 8.
  7. Egbert. Erzbischof von Trier (977–993), Katalog der Ausstellung Trier 1993, Nr. 9.