Vierwaldstättersee
Der Vierwaldstättersee in der Schweiz wird von der Reuss durchflossen und von einem 1831 km² großen Einzugsgebiet mit frischen Berg und Gletscherwasser versorgt. Das Wasser verweilt durchschnittlich 3½ Jahre in dem Seebecken, die Qualität ist heute wieder hervorragend, zum größten Teil kann man von Trinkwasser sprechen. Man kann aber trotzdem auch in dem Seewasser baden, im Sommer bis vergnügliche 22°C warm, im Winter wohl ein wenig kälter, an die 5°C mögen so höchstens sein, der See friert nicht zu. Der See wird auch Jahr aus Jahr ein als ein wichtiger Verkehrsweg benutzt, zwar heute mehr oder weniger nur noch touristisch, doch bis zum Bau der berühmten Axenstrasse 1863 bis 1865 war der Wasserweg die einzige mögliche Verbindung zum Kanton Uri, zum Gotthardpass und damit auch der Weg von den Hansestädten im Norden zu den Häfen und Handelsstätten am Mittelmeer, ob Genua oder Venedig.
Doch man muss das klare Seewasser nicht auch noch trinken, der Wein, der hier mitten in Bergen gedeiht, der verdient es doch, gekostet zu werden. Ein eigenes Institut der ETH-Zürich, die Eidgenössische Forschungsanstalt für Limnologie, hier im luzernischen Kastanienbaum überwacht die Wasserqualität trotzdem sehr akkurat und kontinuierlich, ist dieser See doch ein großes natürliches Trinkwasserreservoir, von dem einige Hundert Kilometer weiter nördlich auch noch die Kölner, die Niederrheiner und auch noch alle Niederländer trinken wollen.
Der zentralste aller Schweizer Seen, laut Duden der Vierwaldstätter See, französisch Lac Lucerne, italienisch Lago Lucern, romanisch Lag Lucerna, englisch Lake Luzern oder auch Lake Lucerne, hat eine 115 km lange Küstenlinie, gebildet von den vier "Waldstätten" (Kantonen) Uri, Schwyz, Unterwalden (heute noch mal geteilt in zwei Halbkantone: Obwalden und Nidwalden) und Luzern. Die drei Kantone Uri, Unterwalden und Schwyz gelten auch als die drei schweizer Urkantone, (der Kanton Luzern kam noch später dazu) hier am Urnersee habe sich auf der Rütli-Wiese, anfangs August 1291 die ewige Treue geschworen (s. Rütli-Schwur). Solche Schwurgemeinschaften von benachbarten Orten waren in der damaligen Zeit durchaus üblich, diejenige von 1291 ist aber in dem Bundesbrief (aufbewahrt: in Schwyz - in Kanton Schwyz) bis heute schriftlich belegt und wird als der eigentliche Anfang der Schweizer Eidgenossenschaft betrachtet.
In dem "Ewigen Bund" ging es damals darum, den Weg zum Gotthard vom allzu fremden Einfluss fernzuhalten, waren doch diese Warentransporte für damalige agrarische Bergsiedlungen ein äußerst wichtiges Einkommen. Der Kaiser Friedrich II.. gewährte für den Bergübergang Reichsfreiheit, die weiter – hauptsächlich gegen die Habsburger Machtansprüche - verteidigt werden sollte. Doch de facto erst 1648 - am Ende des 30-jährigen Krieges - wurde im Westfälischen Frieden die Schweiz dann definitiv aus dem Deutschen Reich entlassen.
Nach dem Bau der Gotthardbahn und der Gotthardautobahn ist die Gegend um den Vierwaldstättersee immer noch ein Verkehrsknoten, auch wenn die Schiffe meist nur noch für Vergnügungsrundfahrten benützt werden, am Gotthard wird weiter gebaut, der neue, Gotthardbasistunnel soll wiedereinmal der längste Eisenbahntunnel der Welt werden. Die Reisenden von Mailand nach Basel oder Zürich werden nach der Vollendung noch kaum etwas von dem See erblicken können, die meiste Strecke wird unterirdisch.
Von hohen Bergen umgebener, ein fjordartiger See, 434 m ü. NN., 114 km², bis 214 m tief, von der Einmündung bis zum Ausfluss der Reuss 38 km lang, viel verzweigt und in mehrere Becken gegliedert: Luzerner Bucht, Küssnachter Bucht und Alpnachesee, die Buchten von Stansstad, Weggis, Buochs, Gersau und der große Urnersee. Hoch über dem See sind noch einige bekannte Aussichtsgipfel: neben dem Rigi, Pilatus, Bürgenstock, Stanserhorn, Mythen, Urirotstock, sowie zahlreiche Erinnerungsorte der Mythologie: nicht nur die Rütli, auch Tellsplatte, Tellskapellen, Hohle Gasse.
Großartige Landschaft, wie aus dem Entwurf eines Hollywoodstudios, mildes Klima und die liebliche, fast schon mediterrane Vegetation machen den Vierwaldstättersee zu einer der meistbesuchten Reisedestination Europas. Hier wollen auch zahlreiche japanische Paare ihren Honeymoon verbringen oder hier gar heiraten, hier drehen auch noch indische Regisseure ihre, bei ihnen zu Hause so beliebten Heimatfilme, seitdem die Bergwelt von Kaschmir durch Unruhe und Krieg heimgesucht wird.
Hier entdecken auf dem Weg nach Orient die abenteuerlustigen Engländer diese malerische Bergwelt der Schweiz und ließen hier Kur- und Badeorte entstehen: Luzern, Küssnacht am Rigi, Weggis, Vitznau, Gersau, Buochs, Beckenried, Brunnen, Seelisberg, Flüelen. Und hier begannen auch die sonderbaren Englishmans im 18. Jahrhundert zaghaft mit reichlich einheimischer Hilfe, aber auch gegen ebenso reichliche Verwunderung der Bergbewohner, die ihnen so exotische Welt der hohen Berge zu erobern. Vorsichtig angefangen an dem majestätischen Rigi (1797 m/M.), zuerst zu Fuß, auf dem Rücken der Maultiere oder in Sänften getragen von einheimischen Trägern, später bekam sie hier die allererste Bergbahn (mit Zahnradantrieb) der Welt.
Einen solchen Aufstieg auf den Rigi hat auch Mark Twain als Journalist beschrieben und damit in den USA des 19. Jahrhunderts bereits für den Schweizer Tourismus die Tür aufgemacht. Und der allererste Schweizer Alpenclub war hier in dem Herzen der Alpenwelt beheimatet und zwar als eine rein britische Angelegenheit, die Gentlemans betrachteten sich selbst als äußert reine Amateure, damit war damals nicht etwa gemeint, dass sie keine Werbung auf ihren Tweedjacken trugen, die edlen Mitglieder durften einzig und allein vom Vermögen leben und selbst keinerlei Erwerbsarbeit nachgehen. Hier am Vierwaldstättersee fiel es ihnen noch ein wenig leichter und gegen etwaige Langweile half Bergseil, Rucksack und die würzige Alpenluft ganz nachhaltig.
Der Fluss Reuss kommt als ein wilder Bergfluss aus dem Gotthard Massiv, bringt große Mengen Material aus den Bergen, Geschiebe, so hat sich die Delta inzwischen um 10 km weiter nördlich in den Urnersee verschoben. Der Reussgletscher hat am Ende der letzten Eiszeit vor 12 000 den See hinterlassen, im Luzerner "Gletschergarten" erzählt eine anschauliche Dokumentation die Geschichte der Alpen, der Eiszeiten und ihrer Gletscher.
Raddampfer im Hafen Luzern
In Flüelen haben früher die Reisenden aus dem Süden vom Maultier auf das Schiff gewechselt, der Urnersee kann beim Fönsturm Wellen wie am Meer bringen, die Schiffsfahrt mit einem der 20 Motorschiffe ist dagegen heute ein reines Vergnügen, 5 alte, ehrwürdige Raddampfer kreuzen auch das große Berggewässer. 38 km ist es von hier nach Luzern. Links kann man auch auf die vierspurige Autobahn durch den Seelisbergtunnel und dann ohne Pause bis nach Hamburg oder Amsterdam fahren, am rechten Ufer führt die optisch romantische Axenstrasse, mit vielen Tunnels, Kurven und Galerien, immer am Steinschlagwarntafeln vorbei. Diese Straße war, ist und bleibt immer eine Baustelle, solange es sie gibt. Den der Berg steht nicht still, der ist immer auch in Bewegung und der Mensch muss ihm folgen. Es geht hier auch die Bahnlinie tief im Berg fast nur unterirdisch von Flühen nach Brunnen, dann nach Stuttgart oder Frankfurt, von Brunnen nach Zürich braucht der Intercity dann kaum noch eine Stunde. Die Fortsetzung der Achsenstrasse von Brunnen in Richtung Küssnacht ist nicht weniger romantisch, hier gibt es auch schöne Plätze zum Verweilen oder zum Schwimmen. Hier wachsen Reben, Feigen, Palmen, Kiwis, ja auch diverse Zitrusbäumchen gedeihen in manchen sonnigen Gärten. Prachtvolle Hotelbauten, viele weit über Hundert Jahre alt, manche sehr stilvoll restauriert, erinnern an die großen Zeiten der aufkommenden Tourismusindustrie. Doch recht viele diese Zeitzeugen sind aber auch zwischenzeitlich verkommen, verschwunden oder durch An- und Umbauten verunstaltet worden.
Der See war schon immer auch der Pilgerweg, nicht nur südlich nach Rom ging es von hier über der Gotthardpass, auch der Jakobsweg westwärts, nach Santiago de Compostela, von dem schweizerischen Hauptsammelort Einsiedeln, kam man nach Brunnen am Seeufer. Von hier ging es dann weiter westlich mit dem Schiff nach Luzern oder über den Alpnachesee, in Richtung Süden zum Brünigpass. Auch nach der Schweizer Reformation blieb hier in den Bergen die Urschweiz treu katholisch: Hier in Unterwalden fand der Schweizer Nationalheiliger und Eremit Bruder Klaus seine Klause und weiter oben, am Ende vom Tal, dem Himmel noch bisschen näher, entfaltetet sich der Kloster Engelberg (1050m/M) in seiner Pracht. Hier wachsen auch die Rekruten für die berühmte Schweizer Garde des Heiligen Stuhls nach, die Kleinstarme und Polizei des Papstes, zugleich auch die buntkostümierte Touristenattraktion in Vatikan.
Die Reuss verlässt in der Stadt Luzern den See. Jetzt schon ein mächtiger Strom unter der hölzernen Kapellbrücke, die nicht nur für die Touristen, nach dem verheerenden Brand 1993, wieder aufgebaut wurde und die jeden Tag tausendmal aus Neue fotografiert wird.
Das neue Kunst- und Kongresshaus Luzern vom französischen Stararchitekten Jean Nouvel, mit einem weit auskragenden Dach ist nach viel Skepsis zum Stolz der Luzerner, in erstklassige Lage, gleich zwischen dem Hauptbahnhof und See gelegen.
Der ehrwürdige alte Bahnhof aus der Pionierzeit der Südbahn ist vor 30 Jahren abgebrannt und durch einen schlichten Zweckbau ersetzt. Einzig der verglaste Portikus, von dem inzwischen auch schon international berühmten Spanisch-Schweizer Architekten-Ingenieur Santiago Calatrava ist eine leicht verspielte und witzige Auflockerung. Ein Torboden vom Nordportal des alten Gebäudes und eine Wandmalerei durften an dem an die alte Herrlichkeit erinnern. Hier im Bahnhof treffen sich die Intercityverbindungen zu den Agglomerationen der Schweiz mit den roten Schmalspurzüge der Bergbahnen nach Engelberg und über den Brünigpass nach Interlaken. Letztere ist Teil der GoldenPass Line von Zürich über Luzern, Brünigpass, Interlaken, Gstaad zum Genfersee.
Der Hausberg der Luzerner ist der Pilatus, mit einer Seilbahn und mit einer Zahnradbahn erreichbar, oft aber leider in den Wolken versteckt. Wer weniger hoch lieber hat und doch 440 m über dem Vierwaldstättersee gemütlich tafeln möchte, der möge mit dem Schiff und einer Standseilbahn den Bürgenstock aufsuchen, den Zauberberg für Millionäre, ein Luxus Hotel- und Kongresszentrum über eine steilen Seeklippe.
Weil hier in der Idylle doch gerade der Verkehr so ganz besonders wichtig war, ist auch das Schweizer Verkehrsmuseum hier im Luzern, am Seeufer gelegen, hier kann man die ganze Verkehrsgeschichte rekapitulieren, Sänften und Kutschen, Alpenpost, Schiffe, Bahnen, Autos und Flugzeuge, ja selbst ein Fesselballon bringt das Publikum noch in die Höhe, um dem Pilatus und dem Rigi, dem Bürgerstock und noch den anderen Bergriesen näher zu kommen. Ja einen Flughafen gibt es auch am Seeufer, jedoch nur für Militär und für die Pilatus-Flugzeugwerke. Dafür sieht man an schönen Tagen hier viele Deltaflieger und Gleitschirme am Himmel kreisen, bietet diese Landschaft so reizvolle Kulisse und die Bergwelttopgraphie durch die Thermik der besonnenen Felswände auch zahlreiche Aufwinde.