Plagiat
Ein Plagiat (von lat. plagium, „Menschenraub“) ist das bewusste Aneignen fremder geistiger Leistungen. Dies kann sich auf die Darstellung von Ideen (Urheberrecht) oder die Ideen selbst (Patentrecht, Geschmacksmusterrecht, Wissenschaft) beziehen.
Eine Auffassung setzt für ein Plagiat die Benutzung eines urheberrechtlich geschützten Werkes voraus. Eine unerlaubte Benutzung liegt vor, wenn ein Werk ohne Zustimmung des Urhebers unverändert übernommen, umgestaltet oder bearbeitet wird (§ 23 UrhG)[1] Das so veränderte Werk muss dann noch vom Plagiator als sein eigenes ausgegeben werden.
Nach anderer Ansicht bedeutet Plagiat nur das Unterlassen der Quellenangabe bei einer sonst erlaubten Benutzung des Werkes. Nach dieser Meinung ist Plagiator, wer als Inhaber eines Nutzungsrechts die eigene Urheberschaft behauptet oder wer bei zulässigen Zitaten (§ 51 UrhG) das zitierte Werk nicht angibt.[2]
Sogar Selbstplagiate sind möglich. Der Urheber ist zwar berechtigt, bei der Schöpfung eines neuen Werkes ein älteres Werk zu benutzen. Wenn aber die Rechte an dem älteren Werk auf einen Erwerber übergegangen sind, ist das ältere Werk nicht frei (§ 24 UrhG).[3]
Geschichte
Nachdem ein gewisser „Fidentinus“ (lat. für Ehrlichmann) Gedichte des Martial als die eigenen vortrug, charakterisierte dies Martial mit dem Begriff Plagiat. Martial verwendete damit eine sehr drastische Formulierung, denn ursprünglich bezeichnete Plagiat die Entführung freier Menschen in die Sklaverei.[4] Der Begriff Plagiat geht so auf eine der ältesten bekannten Urheberrechtsverletzungen aus dem Rom des ersten Jahrhunderts nach Christus zurück. Im Unterschied zum Beispiel zur Kopie ächteten auch andere Kulturen und Zeitalter die plagiatorische Aneignung eines Werkes weitgehend.
Allerdings war es zum Beispiel im Barock in der Musik durchaus üblich, nicht nur beliebte Teile früherer eigener, sondern auch fremder Kompositionen mit der Technik der sogenannten Parodie in neue Werke einzuarbeiten, ohne darauf ausdrücklich hinzuweisen. Obwohl aus heutiger Sicht problematisch, kann man davon ausgehen, dass sich die so „Zitierten“ geschmeichelt fühlten, ihre Werke so beliebt zu wissen – zumindest bekanntere Komponisten mit gesichertem Status.
Neben der Jagd nach Geld oder Anerkennung können auch politische Gründe zum Plagiat motivieren. So war ein 2003 von der britischen Regierung vorgelegter Bericht über angebliche Massenvernichtungswaffen des Irak, der den Einmarsch der USA rechtfertigen sollte, in weiten Teilen (einschließlich Rechtschreibfehlern) ohne Quellenangaben aus einem Artikel im Middle East Review of International Affairs [5] sowie teilweise veralteten Aufsätzen aus der Zeitschrift Jane's Intelligence Review übernommen.[6][7]
Abgrenzungen
Das Plagiat ist nicht zu verwechseln mit dem Zitat. Das Zitatrecht ist eine Sonderregelung im Urheberrecht; ein Zitat darf nicht allzu lang sein, und es muss die Herkunft (ein Verweis auf den Urheber) angegeben sein. Zur Abgrenzung sagt das Urheberrecht:
- Die freie Benutzung eines urheberrechtlich geschützten Werkes ist zulässig, um ein neues selbständiges Werk hervorzubringen. Das neue Werk muss aber selbst alle Voraussetzungen eines geistigen Werkes aufweisen und die schöpferische Leistung des benutzten Werks zu einem gewissen Maße verdrängen.
Im juristischen Sinne ist für ein Plagiat – im Gegensatz zum Diebstahl – weder Vorsatz noch Verschulden erforderlich, die Einzelheiten sind jedoch sehr umstritten.
In der Wissenschaft wird, anders als in der Literatur, bereits die Paraphrasierung eines Textes oder die nicht gekennzeichnete Übernahme einer Argumentation ohne Herkunftsangabe als Plagiat verstanden. Man unterscheidet zwischen Totalplagiat, bei dem ein kompletter Text übernommen wird, und Teilplagiat, sowie zwischen dem Verbalplagiat, das Formulierungen exakt übernimmt, und dem schwieriger aufzudeckenden Ideenplagiat, das lediglich Gedanken übernimmt, ohne deren Urheber zu zitieren. Außerdem gibt es Sonderformen wie das Autoplagiat (Selbstplagiat), bei dem eigene Arbeiten mehrfach verwertet werden. Um sich zu rechtfertigen, geben des Plagiats Beschuldigte oft zu, den zugrundeliegenden Text zwar „irgendwann“ gelesen, die Vorlage dann aber vergessen zu haben.
Vom Plagiat ist die Fälschung zu unterscheiden, die keine getreue Kopie eines Werkes unter Verheimlichung der echten Autorenschaft darstellt, sondern im Gegensatz zu einer eigenen Leistung die Autorenschaft eines anderen unterstellt. Auch „Nachzieher“, sogenannte Me-too-Produkte sind keine Plagiate.
Besonders schwierig ist die Erkennung von Plagiaten oder gar eine Urheberrechtsverletzung, wenn bei erfolgreichen Werken belletristischer Bestsellerautoren plötzlich Dritte die Urheberschaft auf gewisse Grundideen und -themen, nicht jedoch deren fiktiv-literarische Umsetzung, beanspruchen und mit früher von ihnen verfassten Sachbüchern begründen. Es wird argumentiert, dass es sich nicht um Plagiate handelt, weil die Bücher ganz verschiedene Zielsetzungen haben. Zudem habe der Romanautor das Werk des anderen in solchen Fällen nicht im eigentlichen Sinne verwendet, sondern dort geäußerte Ideen und Themen inspirierten nur für seine fiktive Geschichte. Dennoch erörtern Gerichte derartige Vorwürfe des Öfteren, da es meist um viel Geld geht.
Plagiate in Hochschule und Schule
Im Jahr 2002 erregte eine Artikelserie des Spiegels über eine weit verbreitete „Plagiat-Kultur“ an deutschen Hochschulen einiges Aufsehen. Die Autorin Debora Weber-Wulff, Professorin für Medieninformatik in Berlin, stellt vor allem heraus, wie gering das Unrechtsbewusstsein bei deutschen Studenten und Dozenten ausgeprägt ist. Was in Deutschland bestenfalls als Kavaliersdelikt angesehen werde, könne in amerikanischen Hochschulen zur Exmatrikulation führen. Weber-Wulff hat auch eine Anleitung zur Aufdeckung von Plagiaten verfasst.[8] Mittlerweile gibt es in Deutschland eine Untersuchung zu Plagiaten in Hausarbeiten von dem Soziologen Sebastian Sattler.[9] Er testete Arbeiten von 159 Studierenden und fand bei 19,5% der Studierenden Plagiate.[10] In einem weiteren fragebogen-gestützten Teil der Studie wurde festgestellt, dass etwa jeder Fünfte bereits im Studium plagiiert hat und etwas mehr als jeder Zweite in der Schule. In der Arbeit wird gezeigt, dass Plagiate unter anderem durch fehlende Fähigkeiten wissenschaftlichen Arbeitens verursacht werden. Sie sind auch dann wahrscheinlicher, wenn Studierende keine internalisierte Moral besitzen - sich also bei der Anfertigung eines Plagiates nicht "schämen" würden.

Verdachtsmomente für das Vorliegen eines Plagiats sind beispielsweise, wenn der Stil eines Textes uneinheitlich ist oder ungewöhnliche Begriffe verwendet werden. Neben der stichprobenartigen Überprüfung von Textpassagen in Suchmaschinen gibt es auch die Möglichkeit, spezielle Prüfprogramme zur Aufdeckung von Plagiaten zu nutzen. Während einfaches Copy & Paste von Webseiten mittlerweile recht einfach aufzudecken ist (Copy&Paste-Plagiat), fallen Übernahmen aus entlegenen Quellen häufig nicht sofort auf. Dazu zählen Plagiate aus Diplom- oder Magisterarbeiten, für die meist keine Veröffentlichungspflicht besteht, oder Übersetzungen aus fremdsprachigen Quellen (Übersetzungsplagiat). Um dem wachsenden Problem Einhalt zu gebieten, verlangen mittlerweile viele Institute und Seminare zusätzlich zu möglichen Prüfverfahren von ihren Studenten zu den Hausarbeiten eine schriftliche Erklärung, dass sie ihre Seminararbeit selbstständig verfasst und alle verwendeten Quellen ohne Einschränkung angegeben haben. Durch das Ausfüllen und Unterschreiben der Erklärung soll ein Problembewusstsein erzeugt werden, das so bewussten Täuschungsversuchen entgegenwirken soll.
Nicht nur Studierende plagiieren. Auch Dozenten bedienen sich gelegentlich aus Arbeiten, die sie betreut haben. Da der ursprüngliche Autor oft in einem Abhängigkeitsverhältnis steht, ist Widerstand dagegen selten und hat in der Regel keine Konsequenzen für den Dozenten. Eine besonders perfide Methode des Plagiats ist es, im Rahmen des Peer reviews eine zur Veröffentlichung vorgesehene Arbeit abzulehnen oder wenigstens deren Annahme zu verzögern, die Ergebnisse dann aber für eigene Arbeiten zu nutzen.
Bei der Ahndung entdeckter plagiierter Arbeiten gibt es je nach (Hoch-)Schule und Schwere des Vergehens große Unterschiede. In den USA existieren relativ häufig sogenannte Honor Boards, deren Mitglieder selber Studierende sind. Diesen aus der Gruppe der nahezu Gleichaltrigen zusammengestellten Entscheidungsgremien obliegt es, die konkrete Bewertung und Bestrafung bis hin zu einer möglichen Exmatrikulation vorzunehmen. Der Vorteil, nicht Angehörige der Dozentenschaft damit zu befassen, liegt in der größeren Nähe der Gleichaltrigen zur Lebenswelt und damit in der realistischeren Einschätzung der Motivlage und Rückfallgefahr der Delinquenten.
In Baden-Württemberg wurde das Hochschulgesetz im Zuge des Zweiten Gesetzes zur Umsetzung der Föderalismusreform im Hochschulbereich derart verschärft, dass ab März 2009 das Anfertigen eines Plagiates in wissenschaftlichen Arbeiten als Exmatrikulationsgrund gilt. Die Hochschule hat dabei einen Ermessensspielraum, um eine Verhältnismäßigkeit abzuwägen. [11]
Plagiatsnachweis-Software
Der Aufdeckung von Plagiaten wächst vor diesem Hintergrund eine immer größere Bedeutung zu. Eine klassische Methode wie die in Lexika als Plagiatsindikatoren eingebauten Plagiatsfallen werden heute durch EDV-gestützte Verfahren ergänzt. Zum Nachweis von Plagiaten werden folgende Produkte eingesetzt:
- Turnitin von iParadigms, LLC (USA)
- PlagiarismFinder von der Mediaphor Software Entertainment AG (seit 2004) und
- Docol©c („Docoloc“) vom IfALT – Institut für Angewandte Lerntechnologien (seit 2005).
- Urkund der schwedischen Firma PrioInfo (seit 2000 in Schweden, den Niederlanden, Frankreich, Norwegen und anderen europäischen Ländern; seit 2006 in Deutschland)
- PlagScan von Resonet UG, Mainz (seit 2009)
Solche Systeme arbeiten jedoch oft in einem Raum der Rechtsunsicherheit, weil sie zum Beispiel die geprüften Arbeiten erfassen und als Material für spätere Prüfungen verwenden.[12] In den USA gibt es Fälle, in denen Studenten erfolgreich gegen diese Verwendung ihrer Arbeit geklagt haben und damit effektiv erreicht haben, dass ihre Arbeit nicht mit Hilfe einer solchen Software geprüft werden darf.
Experten raten vom Einsatz von Software zur Erkennung von Plagiaten ab. Solche automatisierte Software erkennt Plagiate nur unzulänglich; sie unterscheidet beispielsweise nicht zwischen Zitaten und Plagiaten. Außerdem kann sich der Einsatz von Software kontraproduktiv auswirken, wenn Bildungsinstitute sich in falscher Sicherheit wiegen. Experten empfehlen deshalb präventive Sensibilisierung, eine Förderung der Informationskompetenz sowie Arbeitsaufträge zu verteilen, die schlecht durch Plagiate gelöst werden können. Beispielsweise solle man nicht Fakten wiedergeben, sondern Themen analysieren lassen.[13]
Eigen- und Selbstplagiat
Als kaum justitiabel hat sich das Abschreiben eigener Arbeiten erwiesen, wie die nochmalige textliche Verwendung einer Magister-, Diplom- oder Masterarbeit für eine Dissertation.[14] Wenn die Gliederung und Textteile, zumal ohne sorgfältige Zitation, massiv wieder verwandt werden, dann ist das Vertrauen in die Qualität wissenschaftlichen Arbeitens wie in die akademischen Grade erheblich verletzt.[15] Der Nachweis einer eigenständigen wissenschaftlichen Leistung von Rang, wie bei einer Dissertation gefordert, ist nicht gewährleistet. Hier scheint es von Fakultät zu Fakultät beachtliche Unterschiede zu geben. Falls Gutachter nicht einschreiten "beim sich selbst abschreiben", dann unterstützen sie einen Verstoß gegen das Grundgesetz, nämlich dem Gleichheitsgrundsatz und dem Willkürverbot an öffentlichen Hochschulen; diese Form von Plagiateure bekommen noch einen Marktvorteil, da sie mit ihren Qualifizierungsarbeiten rascher fertig werden.[16]
Rechtsfolgen

Möglicherweise verstößt ein Plagiator gegen:
- das Urheberrecht, wenn das plagiierte Werk noch urheberrechtlich geschützt ist.[17]
- weitere Strafrechtsnormen, zum Beispiel Betrug.
- einen Arbeits- oder Honorarvertrag, wenn darin vereinbart ist, dass der Arbeitende nicht plagiieren darf.
- die Bestimmungen einer Prüfungsinstanz, beispielsweise einer Schule oder Hochschule. Das Plagiat führt je nach Regelgebung zu einer schlechten Note oder auch zum Ausschluss.
Aussteller auf der Frankfurter Messe mussten Erfahrungen mit einstweiligen Verfügungen im Zusammenhang mit Produktfälschungen machen. Seit 2006 gibt es dort die weltweit einzige konzertierte Aktion und während der Messen einen Informationsstand. Hier sind auch die zuständigen Behörden wie Zoll und Patentamt mit Ansprechpartnern vertreten und halten Formulare bereit. Außerdem werden beschlagnahmte Plagiate ausgestellt. Winzige Hologramme zum Beispiel können als höchstens sehr schwer imitierbares Erkennungsmerkmal schützen. Der Zoll hat geheime Herstellerinformationen solcher Details in Datenbanken, um Original und Fälschung sicher unterscheiden zu können. Auf der Konsumgütermesse „Ambiente“ ist 2006 zum 30. Mal der Plagiarius-Preis verliehen worden.
Plagiate in wissenschaftlichen Abschlussarbeiten
Als „Täuschung über die Eigenständigkeit der erbrachten wissenschaftlichen Leistung“ bewertete der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg mit Beschluss vom 13. Oktober 2008 (Aktenzeichen: 9 S 494/08)[18] „die nicht gekennzeichnete Übernahme kompletter Passagen aus dem Werk eines anderen Autors in einer Dissertation“, sofern sie „planmäßig und nicht nur vereinzelt“ erfolge. Eine solche planmäßige Übernahme fremden Gedankenguts ergebe sich bereits daraus, „dass sich die Plagiate an mehreren Stellen der Dissertation auffinden lassen und verschiedene Fremdautoren betreffen.“[18] Kleine Änderungen an nicht-gekennzeichneten übernommenen Passagen bewertete das Gericht nicht als Beleg für versuchte Eigenständigkeit des Formulierens, sondern – im Gegenteil – als Beleg für „die gezielte Verschleierungsabsicht des Klägers.“ Dies könne die Hochschule „zur Entziehung des verliehenen Doktorgrades berechtigen.“ Ausdrücklich hob der VGH in einem Leitsatz hervor: „Auf den Umfang der abgeschriebenen Stellen sowie auf die Frage, ob die Arbeit auch ohne das Plagiat noch als selbständige wissenschaftliche Arbeit hätte angesehen werden können, kommt es grundsätzlich nicht an.“[18]
Der 7. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes urteilte am 4. April 2006, dass die Rücknahme einer Promotion auf Artikel 48 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts) gestützt werden kann. Im zugrundeliegenden Fall war bei einer Dissertation an der Universität Regensburg nachträglich aufgefallen, dass 35 Seiten aus 16 verschiedenen Fremdwerken wörtlich übernommen wurden, davon ca. 8 Seiten ohne jeden Beleg. Die Juristische Fakultät hatte die Verleihung des akademischen Grades daraufhin zurückgenommen, die Klage dagegen blieb ohne Erfolg.[19]
Bedeutende historische Plagiatsfälle
Plagiate in der Literatur
Das vom US-amerikanischen Religionsstifter Joseph Smith herausgebrachte Buch Mormon enthält neben einer nahezu wörtlichen Übernahme einiger Kapitel des Matthäusevangeliums auch zahlreiche weitere von Evangelien, Apostelbriefen und alttestamentarischen Büchern übernommene Wendungen und Schilderungen. Smith bestand jedoch darauf, dass er sein Werk von Gott offenbart bekommen habe.
Bertolt Brecht verwendete in der Dreigroschenoper Verse von François Villon in der von K. L. Ammer ins Deutsche übertragenen Fassung. Dieser Sachverhalt wurde von Alfred Kerr aufgedeckt. Brecht schrieb aus diesem Grunde zur Neuauflage seines Buches ein Sonett, das diesen Sachverhalt thematisierte.
Kathy Acker begründete eine Kunstform des „Plagiarismus“. Die Anwendung dieser Kunstform und die Verwendung von Textpassagen des Bestsellerautors Harold Robbins führte zu einem Prozess, der schließlich eingestellt wurde.
Laut Gerichtsentscheid unbegründete Plagiatsvorwürfe gegenüber der afroamerikanischen Schriftstellerin Nella Larsen führten dazu, dass sich die Autorin gänzlich vom Schreiben abwandte.
Plagiate in der Musik
Wegen der Massenhaftigkeit der Werke und der überwiegend nicht notierten Musik kommen Plagiate im Genre der Pop-Musik häufig vor. Dabei wird die Schwelle zum Plagiat international überschritten, wenn vier oder fünf aufeinander folgende Takte eines bereits urheberrechtlich geschützten Werkes in einem „neuen“ Werk zu finden sind:
- My Sweet Lord, Popsong, Plagiator: George Harrison, Original: He’s So Fine von The Chiffons.
- Hello, I Love You,' Popsong, Plagiator: Doors, Original: „All Day And All Of The Night“ von den Kinks.
- A One Minute Silence, Avantgarde, Plagiator: Mike Batt, Original: 4'33" von John Cage
Die Plagiateigenschaft dieses Stückes ist allerdings umstritten. Denn während Cage in seinem Stück die Geräusche, die während der Stille entstehen, zur Musik erhebt, behandelt das Stück von Batt tatsächlich die Stille. - Passionsmusik (heute verschollen), Barock, Plagiator: Wilhelm Friedemann Bach, Original von Johann Sebastian Bach
- Mbube, Original von Solomon Linda, Plagiator: Tokens (u. a.).
Der Rechtsstreit um das Lied wurde zugunsten Lindas entschieden; die Familie des bereits in Armut verstorbenen Komponisten erhält Royalties in Millionenhöhe. - Love is a wonderful thing, Popsong, Plagiator: Michael Bolton (April 1991), Original aus Februar 1964 von den Isley Brothers.[20]
- Still got the blues, Bluesrocksong, Plagiator: Gary Moore (Mai 1990), Original Nordrach, aufgenommen am 29. März 1974 in den SWR-Studios Baden-Baden von Jud's Gallery, allerdings bis zum Jahre 1999 nie auf Tonträger veröffentlicht. Das Plagiat besteht in der Entlehnung der Gitarrenpassage am Ende des Stückes Nordrach, diese Sequenz bildet das Hauptthema des Stückes Still got the blues. Jud’s Gallery gewinnen den Prozess gegen Virgin Records am 3. Dezember 2008 vor dem Landgericht München, allerdings noch nicht rechtskräftig.[21]
- A Groovy Kind of Love, Popsong, Plagiator: Wayne Fontana and the Mindbenders, Original: ein Rondo von Muzio Clementi (1752–1832)[22]
- In einem Rechtsstreit in den 1960er Jahren verklagten die Beatles den französischen Sänger Antoine wegen Plagiats. Antoine wies den Beatles nach, wo diese bei Mozart „fündig“ geworden waren, und gewann den Prozess.
Plagiate in der Wissenschaft
- Der russische Ministerpräsident Putin soll große Teile seiner Dissertation nahezu wörtlich aus dem 1978 erschienenen Buch „Strategic Planning and Policy“ (von William R. King und David I. Cleland, Professoren an der Universität Pittsburgh) abgeschrieben haben, wobei er dieses Buch immerhin im Literaturverzeichnis nannte.[23]
- Der Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg wurde im Februar 2011 beschuldigt, Teile seiner Dissertation unter anderem aus einem Artikel der FAZ abgeschrieben zu haben.[24]
- Der US-amerikanische Historiker Stephen Ambrose, Biograf der US-Präsidenten Dwight Eisenhower sowie Richard Nixon, hat in vielen seiner Werke ganze Passagen von anderen Autoren kopiert und als eigenes Werk ausgegeben.[25]
- Ein Jura-Professor an der HU Berlin, Hans-Peter Schwintowski, plagiierte beim Verfassen eines Lehrbuchs.[26]
- Der österreichische Bundesminister für Wissenschaft und Forschung a.D. und EU-Kommissar für Regionalpolitik in der Kommission Barroso II, Johannes Hahn, wurde im Rahmen seiner Doktorarbeit des Plagiats überführt. Der österreichische Philosoph Herbert Hrachovec schrieb dazu:
„Es handelt sich um eine Arbeit minderer Qualität, die stellenweise an das Banale und sogar Peinliche grenzt. In ihrer Abfassung sind elementare Regeln des wissenschaftlichen Arbeitens vielfach mißachtet worden. Die Schlamperei grenzt an Fahrlässigkeit. Mit Wissenschaft hat das nur als abschreckendes Beispiel zu tun.“
Plagiate im Journalismus
Plagiate traten auch bei Journalisten auf. Bekannte Bespielse sind: Maureen Dowd, Kulumnistin bei der New York Times (zudem Pulitzerpreisträgerin) und Jayson Blair (New York Times)[27]. Sowohl im Journalismus als auch in der Wissenschaft werden Zeitdruck und Streben nach Ansehen als wichtige Gründe für Plagiate angesehen. [28] . Nach den Soziologen Sattler/van Veen führt das einerseits dazu, dass Mediennutzer betrogen werden und die entsprechenden Medien sowie Journalisten im Allgemeinen andererseits an Glaubwürdigkeit einbüßen können. Auch die unveränderte Übernahme von Pressemitteilungen ist problematisch.[29]
Plagiate im Schach
In der Schachkomposition gibt es immer wieder Plagiate, bei denen Autoren die Stücke anderer Autoren als eigene ausgeben. Einige verändern auch eigene Stücke leicht und geben diese als Original aus. Solche Selbstplagiate sind umstritten und werden in der Regel nur geduldet, wenn alle Vorgänger inkorrekt waren.
Situation in Österreich
Seit April 2005 wurden vom Salzburger Medienwissenschaftler Stefan Weber einige Plagiatsfälle vorwiegend in Österreich aufgedeckt, wodurch das Thema auch in den Medien präsenter wurde. Als Reaktion will beispielsweise die Universität Klagenfurt in Zukunft alle Arbeiten elektronisch überprüfen lassen.[30]
Werden im Rahmen einer Lehrveranstaltung unerlaubte Hilfsmittel benutzt, und nichtzitierte fremde Werke zählen mit Sicherheit dazu, so ist die Prüfung nach dem Universitätsgesetz 2002[31] für nichtig zu erklären. Sie wird aber auf die Anzahl der Prüfungsantritte angerechnet.
Wird ein Plagiat erst nach dem Abschluss des Studiums entdeckt, kann es zur Aberkennung des Titels kommen. In diesem Fall ist die Arbeit neu zu schreiben beziehungsweise die Mängel zu beseitigen. Allerdings wurde erst kürzlich bei einem Teilplagiatsfall an der Universität Salzburg auf die Aberkennung des Titels verzichtet, da das Teilplagiat laut unabhängiger Gutachter die Arbeit nicht verbessert hat.[32]
Situation in der Schweiz
An der Universität Zürich gilt ein Plagiat durch Studierende als Prüfungsverstoß. Es kann mit einem Ausschluss von Prüfungen oder von der Universität bis zur Dauer von sechs Semestern geahndet werden.[33]
Siehe auch
- Gewerblicher Rechtsschutz
- Raubkopie
- Produktpiraterie
- Plagiarius
- Betrug und Fälschung in der Wissenschaft
Literatur
- Edwin Braun: Produktpiraterie. Heymanns Verlag, 1997, ISBN 978-3-452-22658-7
- Jude Carroll, Jon Appleton: Plagiarism A Good Practice Guide. (PDF, 350kb, 43 S.), Joint Information Systems Committee (JISC)
- Gerhard Fröhlich: Plagiate und unethische Autorenschaften. (PDF), In: Information – Wissenschaft & Praxis. 57 (2006), 2, S. 81–89
- Robert A. Harris, The Plagiarism Handbook. Strategies for Preventing, Detecting, and Dealing with Plagiarism, Pyrczak Publishing, 2001.
- Hennig Harte-Bavendamm: Handbuch der Markenpiraterie in Europa. Verlag C. H. Beck, 2000, ISBN 978-3-406-45244-4
- Josephine Papst: The problem of systematic manipulation in Austrian institutions of science and law. Teilweise in Deutsch. 2. Auflage. November 2006
- Richard A. Posner: The Little Book of Plagiarism, Pantheon Books, 2007.
- Volker Rieble: Das Wissenschaftsplagiat - Vom Versagen eines Systems, Verlag Vittorio Klostermann, Frankfurt am Main 2010 ISBN 978-3-465-04101-6
- Volker Rieble: Noch'n Plagiat. Deutsch-chinesische Wissensverwertungspartnerschaft, In: myops Nr. 10 (2010), S. 55-60.
- Sebastian Sattler Plagiate in Hausarbeiten. Erklärungsmodelle mit Hilfe der Rational Choice Theorie. Mit einem Vorwort von Andreas Diekmann. Hamburg 2007, ISBN 978-3-8300-3068-3
- Sebastian Sattler Unterschätztes Phänomen? Über den Umfang von und Umgang mit Plagiaten. In: Forschung & Lehre 5/08: 222–223
- Sebastian Sattler und Floris van Veen Veröffentliche oder stirb In: Internationale Zeitschrift für Journalismus 12: 26-29
- Christoph Seidler Schamlose Generation Internet. in: Spiegel Online vom 18. Oktober 2006
- Philipp Theisohn: Plagiat. Eine unoriginelle Literaturgeschichte. Alfred Kröner Verlag, Stuttgart 2009. ISBN 978-3-520-35101-2
- Tim Roberts (Hrsg.): Student Plagiarism in an Online World: Problems and Solutions. Idea Group Publishing, 2007, ISBN 978-1-59904-801-7
- Marcus von Welser, Alexander González: Marken- und Produktpiraterie, Strategien und Lösungsansätze zu ihrer Bekämpfung. Wiley-VCH, 2007, ISBN 3-527-50239-4
- Stefan Weber: Das Google-Copy-Paste-Syndrom. Wie Netzplagiate Ausbildung und Wissen gefährden. Verlag Heinz Heise, Hannover 2006, ISBN 3-936931-37-2
Weblinks
- Vorlage:SWD
- Deutsche Untersuchung zu Plagiaten in Hausarbeiten von dem Soziologen Sebastian Sattler
- Fremde Federn Finden – eine Lerneinheit über Plagiat von der Berliner Fachhochschule für Technik und Wirtschaft
- Artikelserie im Spiegel: (1), (2–4)
- Plagiat-Portal, der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin mit Tests der erhältlichen Software zum Auffinden von Plagiaten
- Stephan Fadinger: Literaturplagiat und Intertextualität. (PDF), Dipl.-Arb., Univ. Wien 2008
Einzelnachweise
- ↑ Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 10. Aufl. 2008 §§ 23/24 Rn. 60 (A. Nordemann)
- ↑ Hubmann, Urheber- und Verlagsrecht, 6. Aufl 1987 § 32 I
- ↑ Schon das Reichsgericht hat so entschieden:RGZ 119,408
- ↑ Vgl. Katharina Schickert: Der Schutz literarischer Urheberschaft im Rom der klassischen Antike, Mohr Siebeck, Tübingen 2005, S. 69 f.
- ↑ Ibrahim Al-Marashi: Iraq's Security and Intelligence Network: a Guide and Analysis, Middle East Review of International Affairs, Volume 6 No. 3, September 2002, abgerufen am 11. März 2010
- ↑ Channel 4 News: Downing St. dossier plagiarised, Artikel vom 6. Februar 2003, abgerufen am 11. März 2010
- ↑ Michael White, Brian Whitaker: UK war dossier a sham, say experts, The Guardian, 7. Februar 2003
- ↑ http://plagiat.htw-berlin.de/ff/startseite/fremde_federn_finden – Selbstlernkurs über Plagiate
- ↑ Spiegel Online
- ↑ Sebastian Sattler Plagiate in Hausarbeiten. Erklärungsmodelle mit Hilfe der Rational Choice Theorie. Mit einem Vorwort von Andreas Diekmann. Hamburg 2007, ISBN 978-3-8300-3068-3
- ↑ Neue Regelungen im Hochschulrecht treten am 1. März 2009 in Kraft, Wissenschaftsministerium Baden-Württemberg, Pressemitteilung, 2. Februar 2009
- ↑ Kritisch hierzu für das Recht der USA etwa Samuel J. Horovitz, Two Wrongs Don't Negate A Copyright: Don't Make Students Turnitin If You Won't Give It Back, Florida Law Review 60 (2008), 229 ff.
- ↑ Tim Roberts (Ed.): Student Plagiarism in an Online World: Problems and Solutions.
- ↑ Tatort Uni (2. Juni 2010)
- ↑ Das Selbstplagiat (2. Juni 2010)
- ↑ Plagiate auf dem Vormarsch (2. Juni 2010)
- ↑ § 106 deutsches Urheberrechtsgesetz, Art. 67 ff. Schweizer Urheberrechtsgesetz
- ↑ a b c VGH Baden-Württemberg Beschluss vom 13.10.2008, 9 S 494/08: Plagiat in einer Dissertation. Volltext
- ↑ Aktenzeichen 7 BV 05.388, Leitsatz und Gründe abgedruckt in Bayerische Verwaltungsblätter 2007, S. 281-282
- ↑ http://cip.law.ucla.edu/caselist.html
- ↑ Spiegel-Online, 3. Dezember 2008
- ↑ http://www.jochenscheytt.de/popsongs/groovy.html
- ↑ The Washington Times, 25. März 2006
- ↑ Guttenberg hat Anfang seiner Dissertation bei F.A.Z. abgeschrieben, 16. Februar 2011
- ↑ History News Network, „How the Ambrose Story Developed“.
- ↑ „PLAGIAT-PROFESSOREN – Der Kavalier liest und schweigt“, Spiegel Online
- ↑ [Shapiro, Ivor: Why They Lie (2006): Probing the Explanations for Journalistic Cheating. Canadian Journal of Communication, Vol. 31: 261-266]
- ↑ Sebastian Sattler und Floris van Veen (2010): Veröffentliche oder stirb. In: Internationale Zeitschrift für Journalismus 12: 26-29
- ↑ [Urteil des Landgerichts Hamburg vom 31.01.2007, Az. 308 O 793/06]
- ↑ Der Standard, 13. November 2006 (Inhalt des Artikels nicht mehr verfügbar)
- ↑ Österreichisches Universitätsgesetz 2002, §74 Nichtigerklarung von Beurteilungen
- ↑ Der Standard, 18. Jänner 2007
- ↑ Christian Schwarzenegger, Quellen zitieren, nicht plagiieren, unijournal 4/2006, S. 4