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Herzogtum Warschau

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Um 1806 Preußen vollständig zu bezwingen setzte Napoleon auf einen Aufstand in dem Teil Preußens, der ursprüglich zu Polen gehörte. Bereits vage Versprechungen auf eine Wiederherstellung eines polnischen Staates genügten den polnischen Magnaten, der Bevölkerung und den Soldaten der polnischen Legionen im Dienst Napoleons, um nicht nur zügig zu revoltieren, sondern auch engagiert für den neuen polnische Staat zu arbeiten. In kürzester Zeit war eine polnische Administration entstanden. Seit Januar 1807 stand der ehemalige Marschall des Vierjährigen Sejm Stanisław Ma&#322achowski (1736- 1809) an der Spitze einer vorläufigen Regierungskommission. Bereits im Frühjahr waren 30 000 Soldaten einsatzbereit und in drei Legionen formiert. Diese standen unter dem Kommando von Generälen der alten polnischen Armee, Józef Zajączek (1752-1826) und Jan Hendryk Dąbrowski (17xx-1818) sowie des ehemaligen Kriegsministers und Neffen des letzten polnischen Königs, Stanis&#322aw August Poniatowski, Jósef Poniatowski (1736-1813). Im Frieden von Tilsit (7./8.6.1807) zwischen Russland und Frankreich wurde die Gründung eines Herzogtums Warschau festgehalten. Es entstand ein napoleonischer Satellitenstaat von 104 000 km² Ausdehnung und einer Bevölkerung von 2,6 Millionen Einwohnern. Das Territorium umfaßte Gebiete, die Preußen nach der zweiten und dritten polnischen Teilung besetzt hatte sowie aus den südlichen Teilen aus der ersten Teilung. Die Stadt Gdansk (Danzig) wurde zur freien Stadt erklärt.

Bereits 1791 hatte die polnische Adelsrepublik dem sächsischen Kurfürsten Friedrich August III. (1750-1827) als Nachfahren zweier polnischer Könige die erbliche polnische Königswürde angeboten. Als Napoleon seinem Verbündeten, den er 1806 in den Königsstand (Friedrich August I.) erhoben hatte, 1807 das Herzogtum Warschau übertrug, konnte Friedrich August dieses Mal nicht ablehnen. Am 22.7.1807 gibt Napoleon dem Herzogtum den Code Napoleon als Verfassung, obwohl die polnische Regierung, bestehend aus Ministerrat, Präsident Stanis&#322aw Kostka Potocki (1755-1821) und Staatsrat die Verfassung vom 3. Mai 1791 in Kraft setzen wollte. Der Staat wurde nach französischem Vorbild in 6 Departements, Poznan (Posen), Bydgoszcz (Bromberg), Kalisz, Warschau, Płock und Łomża gegliedert.

Napoleon schuf sich mit dem Herzogtum Warschau einen Pufferstaat zwischen seinen ehemaligen und potentiellen Kriegsgegnern Österreich und Russland und schwächte das besiegte Preußen durch die umfangreichen Gebietsabtretungen erheblich. Österreich versuchte den spanischen Feldzug Napoleons 1809 dazu zu nutzen, das Herzogtum zu unterwerfen. Allerdings haben die Polen nicht nur einen brillianten Befehlhaber in Jósef Poniatowski sondern sind auch den Österreichischen Truppen gewachsen so dass sogar Krakau befreit werden kann. In der Schlacht von Raszyn (19.4.1809) siegen 12000 polnische Soldaten. In Verbindung mit der Schlacht von Wagram (5./5.Juli 1809) in der Napoleon siegte, endet der Krieg und beide Gegner müssen anerkennen, dass das Herzogtum Warschau ein Verbündeter bzw. Gegner ist, den man berücksichtigen muß. Der Staat wird zum Großherzogtum erhoben und erhält einen Gebietszuwachs ehemaliger polnischer Gebiete, die nun Österreich abtreten muß. Es werden vier neue Departements gegründet, Krakau, Radom, Sied&#322ce und Lublin. Damit wächst das Territorium auf 155 430 km² mit insgesamt 4,4 Millionen Einwohnern. Das Großherzogtum stellt für den bevorstehenden Krieg mit Russland die größte Armee eines Verbündeten, von 200 000 Soldaten stehen aber nur 115 000 unter polnischer Fahne während der Rest in französischen Regimentern der Kaisergarde, der Weichsel-Legion und der Donau-Legion dienen. In wirtschaftlicher Hinsicht wird der kleine Staat für den Krieg mit Russland hemmungslos durch den französischen Kaiser in die Pflicht genommen. Die Aufmarschbasis für den Russlandfeldzug 1812 ist im wesentlichen in polnischem Gebiet zu finden. Selbstverständlich müssen die Soldaten auch durch diese Gebiete ernährt und ausgestattet werden. Aus dem Feldzug kehren nur ca. 400 polnische Soldaten zurück. Am 6.2.1813 besetzen russische Truppen Warschau und die Regierung wird nach Krakau verlegt. Dort schafft es Poniatowski bereits bis April 1813 eine kleine aber schlagkräftige neue Armee von 10000 Soldaten aufzubauen. Obwohl bis Juni 1813 bereits das ganze Territorium bis auf die Festungen Modlin und Zamosc durch russische Truppen besetzt wurde, existiert ein Status Quo der das politischen Gebilde des Großherzogtums noch eine Weile am Leben erhält. Österreich, Russland und auch Napoleon bemühen sich um diese Armee, die zu diesem Zeitpunkt den Vormarsch der Verbündeten stoppen oder aber das Ende Napoleon beschleunigen kann. Die politsch einflussreiche Magnatengruppe der Familia bemüht sich, ein relativ souveränes Königreich Polen mit dem russischen Zaren Alexander I. als König durch Verhandlungen zu erreichen. Das ist zu diesem Zeitpunkt auch der überwiegende Wunsch der Bevölkerung, die den Glauben an Napoleon und an seine Aufrichtigkeit in der Polenfrage bereits verloren hat. Friedrich August ist nicht in der Lage, die politische Lage richtig einzuschätzen und so wird er der letzte Vasall Napoleons in Deutschland sein. Poniatowski folgt mit der polnischen Armee seinem Souverän nach Sachsen um noch ein letztes Mal dem Kaiser der Franzosen in der Völkerschlacht bei Leipzig (Oktober 1813) militärisch beizustehen. Wieder wird die polnische Armee fast vollständig vernichtet, während sie an den Brennpunkten und zur Deckung des Rückzuges Napoleons verheizt wird. Fürst Jósef Poniatowski wird nach dem ersten Schlachttag der letzte Marschall von Frankreich, dem Napoleon den Marschallsstab und damit verbunden die französische Staatsbürgerschaft schenkt. Er folgt nicht der Aufforderung, sich als französicher Bürger nach Frankreich in Sicherheit zu bringen, sondern stirbt mit seinen Soldaten. Der sächsische König wird in Leipzig gefangen genommen, während seine Fürstenkollegen zum Teil noch gegen Ende der Schlacht die Seiten gewechselt haben. Er aber kann sich zu nichts entschließen, weder zur Flucht noch zum Seitenwechseln. Auf dem Wiener Kongress verliert Sachsen große Gebietsteile an Preußen. Sachsen als Staat bleibt aber erhalten. Am 22 Mai 1815 verzichtete Friedrich August I., König von Sachsen auf das Großherzogtum Warschau und entbindet seine polnischen Untertanen vom Treueeid. Über die territoriale Aufteilung des Großherzogtums Warschau siehe unter: Wiener Kongress, Kongresspolen, Freistaat Krakau, Königreich Galizien und Lodomerien und Großherzogtum Posen.

Literatur

  • Ingo Zimmermann: "Sachsens Markgrafen, Kurfürsten und Könige" Koehler&Amelang 1997
  • Jerzy Topolski: "Die Geschichte Polens" Verlag Interpres Warschawa 1985