Nationalismus
Nationalismus bezeichnet die Loyalität und die Hingabe zu seinem Volk und zur Nation. Dabei wird diese Nation und ihre Kultur oft überhöht und idealisiert vor alle anderen Nationen gestellt. Politisch ist der Nationalismus oft mit Unabhängigkeitsbestrebungen verbunden ("Befreiungsnationalismus"). Der Nationalismus strebt i.d.R. einen Nationalstaat an bzw. versucht, diesen gegen Gefahren zu erhalten oder wieder zu errichten.
Was ist Nationalismus?
Ideengeschichtliche Grundlage des Nationalismus ist die Vorstellung, dass die Verschiedenheit zwischen den Völkern nicht nur gegeben, sondern auch erhaltenswert ist. Manche vertreten die Auffassung, der Gegensatz zum Nationalismus sei der Imperialismus, der im Universalismus wurzele und eine Idee (z. B. Menschenrechte, den richtigen religiösen Glauben, eine Ideologie) möglichst auf der ganzen Erde verbreiten wolle. Andere wiederum vertreten genau das Gegenteil, nämlich, dass Imperialismus und Nationalismus sich gegenseitig bedingen.
Vom eher unbewußten Nationalgefühl und dem u. U. noch unpolitischen Nationalbewußtsein unterscheidet sich der Nationalismus durch die Intensität der Selbstwahrnehmung und den politischen Anspruch. Der Nationalismus ist eine politische Bewegung, die auf Nationalgefühl und Nationalbewußtsein aufsetzt.
Der Nationalismus stellt keine objektive Wertungen über Völker und Nationen auf, wohl aber subjektive. Aus der Sicht eines Nationalisten verhält sich die eigene Nation zu fremden Nationen wie die eigene Familie zur fremden: Die eigene liebt man und steht ihr näher. Im Zweifel steht man für die eigene Nation / Familie ein. Eine Abwertung fremder Völker / Familien oder gar ein Hass gegen andere ist damit nicht zwangsläufig verbunden. Dies kann jedoch im Einzelfall in einem Streit geschehen. Im Falle der Pervertierung des Nationalismus zum Hass gegen andere Völker spricht man von Chauvinismus.
Es kommt vor, dass der Nationalismus ein reduzierter Universalismus ist. Wenn der Universalismus nicht durchgesetzt, sondern praktisch auf ein Volk reduziert wurde, dann kann sich dieses Volk als Träger einer an sich universalen Idee fühlen, das diese Idee bewahrt.
- Die Geschichte des deutschen Volkes ist teilweise dadurch bestimmt. Das Heilige Römische Reich hatte ursprünglich einen universalen Ansatz, nämlich die Christenheit in der ganzen damals bekannten Welt durch Wiederherstellung des alten Römischen Reiches zu vereinen. Daher kamen auch Bezeichnungen wie Kaiser (eigentlich Caesar). Erst als dies misslang, entstand der Begriff des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation.
- Georg W. F. Hegel sah daher "die germanischen Völker" dazu bestimmt, den Träger des christlichen Prinzips abzugeben. Dieser imperialistisch-universalistische Ansatz wurde im 19. Jahrhundert im Kaiserreich populär durch das zugespitzten Zitat
- "am deutschen Wesen soll die Welt genesen" (Geibel).
Geschichte des Nationalismus
Über die Entstehungsgeschichte des Nationalismus gibt es sehr unterschiedliche Auffassungen.
Nationalismus als Ausdruck der Verschiedenheit
Der Nationalismus begleite die gesamte Menschheitsgeschichte. Diese bestehe aus der ständigen Auseinandersetzung zwischen den universalistisch/imperialistischen Ansätzen der politischen und kulturellen Vereinheitlichung einerseits und andererseits den entgegengerichteten Kräften eines nationalistisch/emanzipatorischen Ansatzes, der die Verschiedenheit der Völker samt ihrer verschiedenen Wertesysteme anstrebt bzw. zu erhalten versucht.
Nationalismus als Phänomen der Moderne
Der Nationalismus sei ein Phänomen der Moderne. Von Nationen könne vorher noch keine Rede sein, deshalb ist alles, was vorher wie Nationalismus aussieht nur eine Projektion aus heutiger nationalistischer Perspektive. Vor der Herausbildung moderner Nationen sei vielmehr die persönliche Bindung (z.B. an den Lehnsherren) entscheidend gewesen. So wurde gerade mit der Herausbildung der Nationalstaaten eine nationalistische Mythenbildung betrieben, um die neuen Nationen zu rechtfertigen. (z.B. Richard Wagner)
In Europa bekam der Nationalismus einen erheblichen Schub durch die Ideen der Französischen Revolution. In ihrer Folge wurde die Idee der Volkssouveränität populär, welche sowohl einen demokratischen als auch einen nationalen Ansatz hat. Die in ihrer Folge entstehende Theoriebildung mit zahlreicher Literatur darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Nationalismus auch ohne theoretische Begriffsbildung bereits bestand.
Einen zweiten Schub erhielt der Nationalismus mit dem Zusammenbruch der Kolonialreiche in der Folge des Zweiten Weltkrieges. Die nach Unabhängigkeit strebenden ehemaligen Kolonialvölker erreichten zum Teil in blutigen Befreiungskriegen ihre Selbständigkeit. In Afrika konnten die ehemaligen Kolonialmächte vielfach ihre Kolonialgrenzen ohne Rücksicht auf Volksgrenzen als Grundlage der neuen Staatenbildung durchsetzen. Die daraus entstehenden Konflikte dauern heute noch an.
Weiterführende Hinweise
Nationalistische Theoretiker und Literaten
Ernst Moritz Arndt, Johann Gottlieb Fichte, Johann Gottfried von Herder, Theodor Herzl, Friedrich Ludwig Jahn, Karl Theodor Körner, Giuseppe Mazzini, Friedrich Ludwig Jahn.
Beschreibungen des Nationalismus
- Eugen Lemberg, Nationalismus I und II, Reinbek 1964. Das Standardwerk über Nationalismus. (vergr.)
- Otto Dann, Nation und Nationalismus in Deutschland, München 1993, ISBN 3406340865
Links:
(antikolonialistische) Befreiungsbewegungen, Faschismus, Großdeutschland Nationalgefühl, Nationalsozialismus, Nationalstaat, Patriotismus, Soziologie, Vielvölkerstaat, Volk (Nation), Volk (Soziologie), Antinationalismus