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Grimms Märchen

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Die „Kinder- und Hausmärchen“ (KHM), volkstümlich „Grimms Märchen“ genannt, sind eine berühmte deutsche Anthologie von Märchen, die Jacob Ludwig Carl Grimm und sein Bruder Wilhelm Carl Grimm, bekannt als die „Brüder Grimm“, herausgegeben haben.

Illustriertes Titelblatt des ersten Bandes der zweiten Auflage von 1819

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Die Editionsgeschichte

Am 20. Dezember 1812 erschien der erste Band der „Kinder- und Hausmärchen“, in dem die Brüder Grimm ihre bis dahin gesammelten Märchen veröffentlichten, 1815 folgte der zweite. Der Verkauf, vor allem des zweiten Bandes, verlief schleppend, weshalb es zu Unstimmigkeiten zwischen den Grimms und ihrem Verleger Reimer kam. 1819 kam eine zweite Auflage beider Bände heraus, die als die wichtigste in der Editionsgeschichte angesehen wird. Eine Vielzahl von Texten wurde darin neu aufgenommen, darunter einige, die heute zum Grundbestand der KHM zählen (Die Bremer Stadtmusikanten, Hans im Glück, Tischlein deck dich), zahlreiche Texte der ersten Auflage wurden grundlegend bearbeitet. Die Grimms reagierten so auf Kritik von Freunden und Rezensenten. Die Auflage von 1819 wurde auch zur Grundlage für die ersten Übersetzungen (u.a. ins Englische) und für die „Kleine Ausgabe“, die 1825 erschien und den Siegeszug der KHM eigentlich erst einleitete. Für die „Kleine Ausgabe“ wählte Wilhelm Grimm 50 Märchen aus der Großen aus: KHM 1, 3, 4, 5, 6, 7, 9, 10, 11, 13, 14, 15, 19, 21, 24, 25, 26, 27, 34, 37, 45, 46, 47, 50, 51, 52, 53, 55, 58, 59, 65, 69, 80, 83, 87, 89, 94, 98, 102, 104a, 105, 106, 110, 114, 124, 129, 130, 135, 151, 153. Sie ist die erste deutsche Ausgabe der KHM, die mit Illustrationen (7 Kupferstichen) im Text herauskam, was von vielen Kritikern (u.a. von Achim von Arnim) zuvor als unabdingbar für einen Bucherfolg angesehen worden war. KHM 124 wurde 1833 durch KHM 161 ersetzt, KHM 104a 1858 durch KHM 104. Eine dritte Auflage der „Großen Ausgabe“ erschien 1837, die vierte 1840, die fünfte 1843, die sechste 1850, die siebte und gleichzeitig die Auflage letzter Hand kam 1857 heraus. Ihr ganzes Philologenleben lang feilten die Grimms (ab der zweiten Auflage fast ausschließlich Wilhelm) an den Texten, tauschten ganze Märchen aus, nahmen neue auf, verschmolzen mehrere Textfassungen oder fügten Redensarten und Sprichwörter ein. Deshalb gleicht keine Auflage in ihrem Textbestand der anderen. Von der „Kleinen Ausgabe“ erschienen zu Lebzeiten der Grimms zehn Auflagen (1825, 1833, 1836, 1839, 1841, 1844, 1847, 1850, 1853, 1858). Auch hier wurden Veränderungen vorgenommen, die Textfassung lehnt sich im Wesentlichen an die große Ausgabe von 1819 an.

Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es vereinzelte Stimmen, die diskutierten, ob ein Zusammenhang zwischen den grausamen Szenen in einzelnen Grimm-Märchen und den Gräueltaten der Nazis bestehe (z.B. schrieb Karl Privat im Berliner Tagesspiegel vom 7. Februar 1947 über die Vorschule der Grausamkeit. Eine Diskussion um die Märchen der Brüder Grimm). Doch dass es ein Druckverbot der KHM in der Britischen Besatzungszone bis 1948 gegeben habe, ist eine Legende.

Die wichtigsten aktuellen Editionen

Aktuell auf dem Buchmarkt gibt es zahlreiche Ausgaben der Grimm-Märchen: Bildbände für Kinder, fast immer in einer Auswahl und in mehr oder weniger treuen Textversionen. Die von Nikolaus Heidelbach herausgegebene und illustrierte Ausgabe (Weinheim/Basel 1995 u.ö) vermerkt hinter jedem Text die Auflage, aus der das Märchen stammt; die von Günter Jürgensmeier herausgegebene Edition (Düsseldorf 2007) bietet den Text der Ausgabe letzter Hand von 1857 zusammen mit einem nützlichen Register.

Wissenschaftlichen Ansprüchen genügen zurzeit vor allem drei Texteditionen: Die von Heinz Rölleke (Frankfurt 1985), die den vollständigen Text der dritten Auflage von 1837 bietet, mit einer informativen Editionsgeschichte der Grimm-Märchen, sehr knappen Einzelkommentaren, einer Auswahl der originalen Grimm-Anmerkungen und den Märchentexten der anderen Auflagen.

Von Heinz Rölleke stammt auch eine Neuedition der Ausgabe letzter Hand von 1857 (Stuttgart 1980), die einen Neusatz der Textbände und den faksimilierten Anmerkungsband von 1856 umfasst, mit ausführlichen Kommentaren und einer umfangreichen Bibliografie.

Eine dritte wichtige Edition ist die von Hans-Jörg Uther (Hildesheim/Zürich/New York 2004): Sie bietet neben einer kurzen Editionsgeschichte einen kompletten Reprint der wichtigen zweiten Auflage der Grimm-Märchen von 1819 und umfasst auch den dritten 1822 erschienenen Band mit den forschungsgeschichtlich bedeutenden Anmerkungen der Grimms.

Anfang Juli 2010 konnte die deutschsprachige Wikisource die Transkription aller großen Ausgaben bis zur siebten Auflage 1857, der Ausgabe letzter Hand, abschließen. Scans und E-Texte sind dort parallel einsehbar.

Populäre Rezeption

Obwohl Grimms Märchen zu den bekanntesten Werken der deutschen Literatur gehören, sind die Originaltexte der Märchen den meisten unbekannt, so dass vieles, was diesbezüglich an Allgemeinwissen vorherrscht, tatsächlich nicht in der grimmschen Märchensammlung belegt ist. Einige verbreitete Irrtümer:

  • Grimms Märchen beginnen keinesfalls immer mit "Es war einmal". In Wirklichkeit beginnen nur etwa 40 Prozent der Geschichten mit den Worten "Es war(en) einmal" beziehungsweise den entsprechenden mundartlichen Varianten.
  • Viele allgemein bekannte Verse haben im Originaltext eine andere Fassung als gemeinhin angenommen.
  • Das Hexenhaus in Hänsel und Gretel besteht nicht aus Lebkuchen, sondern aus Brot, Kuchen und Zucker.
  • Das Märchen Schneewittchen heißt bei den Brüdern Grimm Sneewittchen.

Liste der Märchen

ab 1. Auflage, Band 1 (1812)

ab 1. Auflage, Band 2 (1815)

ab 2. Auflage (1819)

ab 3. Auflage (1837)

ab 4. Auflage (1840)

ab 5. Auflage (1843)

ab 6. Auflage (1850)

Kinderlegenden (Anhang, ab 2. Auflage)

Bruchstücke im Anmerkungsband

  • Der Mann vom Galgen
  • Die Laus (entspricht KHM 85b: Prinzessin mit der Laus)
  • Der starke Hans
  • Der gestiefelte Kater
  • Die böse Schwiegermutter (entspricht KHM 84a: Die Schwiegermutter)
  • Märchenhafte Bruchstücke in Volksliedern

Weltdokumentenerbe

Die in Kassel aufbewahrten Handexemplare der Brüder Grimm der KHM (Kasseler Handexemplare) mit wertvollen handschriftlichen Einträgen der Grimms wurden 2005 von der UNESCO zum Weltdokumentenerbe erklärt.

Sie befinden sich im Bestand der Universitätsbibliothek Kassel. Die Handexemplare der Erstauflage von 1812/15 lassen sich inzwischen auch online einsehen.

Literatur

Textausgaben

  • Heinz Rölleke (Hrsg.): Brüder Grimm: Kinder- und Hausmärchen. 3 Bände. Stuttgart 2007 (6. Auflage) - Enthält den Text der 7. Auflage (letzter Hand) der "Großen Ausgabe" von 1857 im Neusatz und den Anmerkungsband von 1856 im Faksimile. Mit ausführlichen Kommentaren des Herausgebers zu jedem Märchen, einem Verzeichnis der Märchenbeiträger und -vermittler, einer tabellarischen Übersicht der verschiedenen Märchenfassungen und einer ausführlichen Bibliografie, ISBN 978-3-15-030024-4.
  • Heinz Rölleke (Hrsg.): Brüder Grimm: Kinder- und Hausmärchen. Stuttgart 2009. - Enthält den Text der 7. Auflage (letzter Hand) der "Großen Ausgabe" von 1857 ohne Anmerkungen. 978-3-15-010724-9
  • Hans-Jörg Uther, (Hrsg.): Brüder Grimm: Kinder- und Hausmärchen. 4 Bände. München 1996 (Reihe Märchen der Weltliteratur) - Enthält den Text der 7. Auflage (letzter Hand) der "Großen Ausgabe" von 1857 im Neusatz. Textkritisch bearbeitet, mit einem ausführlichen Nachwort zur Entstehungs- und Wirkungsgeschichte, umfangreichen Kommentaren zu jedem Märchen, großem Namen- und Sachregister, einem Wörterverzeichnis, einem Verzeichnis der Quellen, Beiträger und Vermittler sowie einer Typologie der Märchen. Leider nur noch antiquarisch erhältlich.
  • Hans-Jörg Uther (Hrsg.): Brüder Grimm: Kinder- und Hausmärchen. 3 Bände. Faksimile der 2. Auflage der KHM von 1819 sowie des Anmerkungsbandes von 1822. Hildesheim 2004 (= Bd. 43-45 der Forschungsausgabe: Jacob - Wilhelm Grimm. Werke). - Mit Vorwort, Wörterverzeichnis, Typen- und Motivkonkordanz, Literaturverzeichnis und Register, ISBN 3-487-12544-7.
  • Heinz Rölleke (Hrsg.): Kinder- und Hausmärchen gesammelt durch die Brüder Grimm. Vollständige Ausgabe auf der Grundlage der dritten Auflage (1837). Frankfurt 1985 u.ö. Diese Edition bietet eine informative Editionsgeschichte der KHM, knappe Einzelkommentare, eine Auswahl der originalen Grimm-Anmerkungen und die Märchentexte der anderen Auflagen, es gibt sie inzwischen auch in einer wohlfeilen Ausgabe, ISBN 978-3-618-68016-1.
  • Gerd Haffmans (Hrsg.): Kinder- und Hausmärchen gesammelt durch die Brüder Grimm. Ein buchstabengetreuer Neudruck der Erstausgabe der "Kleinen Ausgabe" von 1825. Mit einem Nachwort von Peter Rühmkorf. Haffmans Verlag bei Zweitausendeins, Frankfurt 2007, ISBN 978-3-86150-588-4.
  • Hans-Jörg Uther (Hrsg.): In Deutsche Märchen und Sagen. Die elektronische Version aus der Reihe Digitale Bibliothek enthält neben anderen deutschsprachigen Märchensammlungen den Text der Erstausgabe der KHM von 1812/1815 und den Text der Ausgabe letzter Hand von 1857. ISBN 978-3-89853-480-2

Aktuell auf dem Buchmarkt gibt es zahlreiche Ausgaben der KHM für Kinder, fast immer in einer Auswahl und in mehr oder weniger treuen Textversionen. Die von Nikolaus Heidelbach herausgegebene und illustrierte Ausgabe (Weinheim/Basel 1995 u.ö) vermerkt hinter jedem Text die Auflage, aus der das Märchen stammt, die von Günter Jürgensmeier herausgegebene Edition (Düsseldorf 2007) bietet den Text der Ausgabe letzter Hand von 1857.

Literatur zu Grimms Märchen

  • Rölleke, Heinz: "Wo das Wünschen noch geholfen hat" : Gesammelte Aufsätze zu d. "Kinder- u. Hausmärchen" d. Brüder Grimm. (Wuppertaler Schriftenreihe Literatur, Bd. 23), Bonn, 1984, ISBN 3-416-01855-9
  • Bluhm, Lothar: Grimm-Philologie. Beiträge zur Märchenforschung und Wissenschaftsgeschichte. Hildesheim 1995, ISBN 3-487-09860-1
  • Gerstner, Hermann: Brüder Grimm. (= rowohlts monographien, Band 201), 9. Auflage, Reinbek bei Hamburg 1997, ISBN 3-499-50201-1
  • Bluhm, Lothar und Rölleke, Heinz: „Redensarten des Volks, auf die ich immer horche“. Märchen, Sprichwort, Redensart, Stuttgart 1997, ISBN 3-7776-0733-9
  • Mazenauer, Beat und Perrig, Severin: Wie Dornröschen seine Unschuld gewann. Archäologie der Märchen. München 1998, ISBN 3-423-30670-X (zu den Märchen Dornröschen, Blaubart, Rotkäppchen, Aschenputtel und Dummling)
  • Heinz Rölleke: Grimmsche Märchen und die Weltliteratur. Anmerkungen zu einer unendlichen Geschichte. In: Märchenspiegel 4 (1), S. 6 - 7, 1993.
  • Rölleke, Heinz: Die Märchen der Brüder Grimm. Eine Einführung, Stuttgart 2004, ISBN 3-15-017650-6
  • Rölleke, Heinz: Die Märchen der Brüder Grimm: Quellen und Studien. Gesammelte Aufsätze, Trier 2004 (2. Auflage), ISBN 3-88476-667-8
  • Rölleke, Heinz: Grimms Märchen und ihre Quellen. die literarischen Vorlagen der Grimmschen Märchen synoptisch vorgestellt und kommentiert, Trier 2004, (2. Auflage), ISBN 3-88476-717-8
  • Rölleke, Heinz: Alt wie der Wald. Reden und Aufsätze zu den Märchen der Brüder Grimm. Schriftenreihe Literaturwissenschaft, Trier 2006, ISBN 978-3-88476-857-0
  • Uther, Hans-Jörg: Handbuch zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm, Berlin 2008, ISBN 978-3-11-019441-8
  • Franke, Julia; Harm-Peer Zimmermann (Hg.): Grimmskrams & Märchendising, Berlin 2008, ISBN 978-3-938714-06-5

Siehe auch

Wikisource: Kinder- und Hausmärchen – Quellen und Volltexte

Quellen